Runde #093: "Wenn man es drauf anlegt, kann man Mafia 3 als rassistisch sehen"

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Tyrosh22
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Re: Folge 93: Diversität in Spielen

Beitrag von Tyrosh22 »

Tiberias hat geschrieben:
Decius hat geschrieben:Naja, ich werde die Folge in den nächsten Tagen nochmal hören. Vllt. ändere ich meine meinung ja noch.
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Cupp
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Re: Folge 93: Diversität in Spielen

Beitrag von Cupp »

Nach langem Hin und her habe ich mich dann auch mal registriert, um zu der Folge meinen Senf abzulassen.
Wie bei einigen anderen auch schon durchklang, finde ich das Thema wichtig, aber besser geeignet für eine Folge mit mehr Vorbereitung.

Zur Frage, warum die Witcher-Welt wenig divers ist, bzw. sich nicht geändert hat, wie die Welt von Dragon Age, würde ich argumentieren, dass sich CD Project ja sehr viel Mühe gibt, darzustellen, wie "schlecht" die Gesellschaft ist, also wie rassistisch, wie xenophob und auch sexistisch. Entsprechend würden mehr Frauen in wichtigen Positionen (von den Zauberinnen mal abgesehen, wobei die in Teil 3 ja ihre Positionen größtenteils auch verloren haben), oder eben auch mehr farbige Menschen/Zwerge/Elfen in der dort beschriebenen Welt aus unserer heutigen Sicht unpassend und fehl am Platz wirken. Das würde der Erwartung des Spielers an die Welt stark widersprechen. Bei Dragon Age Inquisition ist die Gesellschaft etwas offener und toleranter (und durch die Struktur der Inquisition sowieso offener als noch in Origins) und damit wirken andere Hautfarben, auch wieder aus heutiger Sicht, nachvollziehbarer. Die Leute strömen eben aus allen Himmelsrichtungen herbei. Das Frauenbild ist sowieso durch die Rolle der Frau, vor allem in der Kirche, seit Beginn der Reihe moderner definiert als beim Hexer.

Ein interessantes Beispiel für dieses Thema wäre meiner Meinung nach noch Tyranny, in dem die Rollen von Mann und Frau anfangs klar beschrieben werden und vom "alle Geschlechter sind gleich"-Ansatz vieler anderer Rollenspiele abweichen. Es bestehen gesellschaftliche Unterschiede, die im Spiel aber relativ wenig Einfluss auf den Spieler selbst (seine Position ist wichtiger als sein Geschlecht), sehr wohl aber auf die Personen haben, auf die man so trifft. So ist zum Beispiel die Mehrzahl der Begleiter weiblich, was im Kontext des Spiels auch vollkommen plausibel, trotzdem erst einmal ungewohnt ist. Und das führt dann zu Reaktionen wie "es gibt zu viele Frauen in dem Spiel", was man in einigen Foren dazu lesen konnte.
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Andre Peschke
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Re: Folge 93: Diversität in Spielen

Beitrag von Andre Peschke »

Prakon hat geschrieben:Vor einiger Zeit hab' ich im Netz eine hitzige Debatte verfolgt, als es um das Thema ging, ob der nächste James Bond von Idris Elba, einem schwarzen Briten, gespielt werden sollte. Wendet man nun Andres Zitat auf eben diese Fragestellung an, so würde das bedeuten, dass ein schwarzer Bond so einen Bruch mit dem Original bedeutete, da die Hautfarbe eines Menschen nun einmal ein primäres optisches Unterscheidungsmerkmal von Menschen ist.
Das kommt drauf an, ob man das als einen starken Bruch versteht. Im Beispiel aus "Siege of Dragonspear" wurde die Persönlichkeit verändert. Dadurch wird also aus einer etablierten Figur eine ganz andere. Offengestanden finde ich das beim Wechsel der Hautfarbe nicht so dramatisch, solange der Charakter Bond erhalten bleibt. Und im Falle von Bond offengestanden nichtmal das, da die Figur mit jedem Wechsel des Hauptdarstellers ein wenig umgedeutet wurde. Bond ist inzwischen für mich wie Dr. Who: Eine Figur, die nur innerhalb der Filme mit gleichem Darsteller konsistent bleiben sollte.

Andre
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Filusi
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Re: Folge 93: Diversität in Spielen

Beitrag von Filusi »

Thx. fürs sehr schnelle Beheben des fehlenden DL Links! :handgestures-thumbupright:
Marius
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Re: Folge 93: Diversität in Spielen

Beitrag von Marius »

Zuerst dachte ich: Ach nein, was für ein ausgelutschtes Thema. Ich finde die Episode aber wider Erwarten sehr interessant (bin bei etwa einem Drittel).

Ich möchte mal wohlfeil einfach die - wenn ich es richtig verstanden habe - auch von euch geäußerte Ansicht vertreten, dass entscheidend ist, ob Charaktere und Welt glaubhaft und schlüssig sind.

Wenn hingegen Angehörige von bestimmten Gruppen keine glaubwürdigen Charaktere sind, sondern sich nur als Angehörige dieser Gruppe auszeichnen und womöglich auch noch ein Vehikel für eine Moralpredigt und politische Belehrung sind, dann stößt mich das ab. Wenn die Gruppenzugehörigkeit hingegen nur ein Aspekt des Charakters einer Person ist, dann habe ich kein Problem damit. Wenn es so gut und glaubwürdig gemacht ist, dass es die Spielwelt und Erzählung bereichert - um so besser.

Ich würde aber auch nie von einem Entwickler einfordern, eine bestimmte "Diversität" in seine Spiele einzubauen. Entsprechend albern finde ich z.B. die (in erster Linie amerikanische) Forderung, die Gesellschaft in The Witcher, die sich am osteuropäischen Mittelalter orientiert, müsse "divers" sein, mit anderen Worten: der heutigen amerikanischen Gesellschaft entsprechen. Aber diese Forderung ist wohl zu Recht eine Minderheitenposition.

Und wenn sich manche Menschen besser mit Protagonisten mit ihrer eigenen Hautfarbe / Geschlecht / sexueller Orientierung identifizieren können und der Entwickler auf diesen Bedarf eingeht: von mir aus gerne - solange sich dies eben glaubwürdig und natürlich in die Welt und die Erzählung einfügt und der Charakter hierauf nicht beschränkt wird, s.o.

@ Axel: Vielen Dank für den Tipp zu Velaya. Noch ein Spiel mehr auf meiner langen "Interessante-Spiele-Liste". :D
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Heretic
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Re: Folge 93: Diversität in Spielen

Beitrag von Heretic »

Marius hat geschrieben:Und wenn sich manche Menschen besser mit Protagonisten mit ihrer eigenen Hautfarbe / Geschlecht / sexueller Orientierung identifizieren können und der Entwickler auf diesen Bedarf eingeht: von mir aus gerne - solange sich dies eben glaubwürdig und natürlich in die Welt und die Erzählung einfügt und der Charakter hierauf nicht beschränkt wird, s.o.
Sehe ich auch so. Wobei ich aber noch nie nachvollziehen konnte, warum man unbedingt sein eigenes Ebenbild spielen möchte. Mir ist eigentlich völlig egal, ob mein Alter Ego im Spiel männlich oder weiblich, schwarz oder weiß, hetero- oder homosexuell ist. Ich spiele ja nicht mich selbst, sondern erlebe die Welt durch die Augen des entsprechenden Spielcharakters. Und der heißt nunmal Rufus oder Clementine, Lee oder Trevor und ist so drauf, wie er erdacht wurde - auch wenn ich in geringem Maße (mal mehr, mal weniger) Einfluss auf seine Handlungen habe.
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Leonard Zelig
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Re: Folge 93: Diversität in Spielen

Beitrag von Leonard Zelig »

ZERNICHTER hat geschrieben:Ich finde es total schwachsinnig, dass z.B. bei "The Great Wall" (neuer trashiger chinesischer Kinofilm) Matt Damon der Hauptdarsteller ist. Das dient einzig dazu, dass das westliche Publikum angesprochen wird.
Das ist leider die Regel bei solchen Themen:
https://youtu.be/XebG4TO_xss" onclick="window.open(this.href);return false;
"The whole problem with the world is that fools and fanatics are always so certain of themselves, but wiser people so full of doubts."

www.gamersglobal.de
Matthias Worch
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Re: Folge 93: Diversität in Spielen

Beitrag von Matthias Worch »

Ohne mich jetzt selbst gross zu Mafia III zu aeussern verweise ich gerne auf den Waypoint Podcast von Austin Walker und Steve Gaynor, der die gesamte Thematik, und die Gedankengaenge "des Entwicklers" sehr gut und aus einer amerikanischen Perspektive darstellt.

https://waypoint.vice.com/en_us/article ... oint-radio" onclick="window.open(this.href);return false;

Zudem hat sich zum Beispiel Charles Webb sehr viel ueber die Motivationen "der Autoren" geredet: https://waypoint.vice.com/en_us/article ... ont-racism" onclick="window.open(this.href);return false;
Matthias Worch
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Re: Folge 93: Diversität in Spielen

Beitrag von Matthias Worch »

Tetris kann uebrigens durchaus sehr politisch sein. Siehe http://www.gamasutra.com/view/news/1855 ... _games.php" onclick="window.open(this.href);return false; (Sektion Brenda Braithwaite)
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Vinter
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Re: Folge 93: Diversität in Spielen

Beitrag von Vinter »

Mir persönlich ist es völlig egal, ob ich mit Geralt oder Lara spiele. In der Regel betrachte ich Spielcharaktere auch in der dritten, nicht in der ersten Person. Insofern ist da grundlegend sowieso eine Abstraktionsebene vorhanden. Trotzdem sollte man das nicht als "scheißegal" abtun, denn als weißer, heterosexueller Mann ist man natürlich in der bequemen Situation, mehr als genügend oft einen repräsentativen Charakter zu bekommen. Es ist mir ein leichtes, darüber hinweg zu sehen, wenn ich dann mal nicht in dieser Form bedient werde.

Bei meiner Freundin nämlich kann ich beobachten, dass ihr starke Frauenrollen grundsätzlich positiv auffallen. Eine Frau als Charakter ist schließlich selten genug, d.h. man wird sich auch als Frau eher unterrepräsentiert fühlen und ist dann froh, wenn es mal anders ist.

Und zu dem von Jochen paraphrasierten "Die sollen die Politik weglassen", dass man ja tatsächlich öfter mal so hört: Ich finde das eine seltendämliche, paradoxe Sichtweise. Denn das Gleichsetzen des Zeigens diverser Charaktere mit einer politischen Agenda und die Forderung nach Verzicht darauf ist ja nichts anderes, als eine eigene politische Forderung: Man möge Minderheiten bitte nicht erwähnen. Diese ganzen Schwuchteln, Nigger und Weiber machen uns unsere schöne, konservativ-heile 50er-Jahre Videospielwelt kaputt.

Diese Leute gibt's aber überall. Auch Bands, die Stellung beziehen, kriegen gerne mal zu hören, sie sollen die Politik aus der Musik lassen. In meiner Wahrnehmung ist dieses Wort "unpolitisch" vorallem ein Feigenblatt für nicht-progressive Menschen. Lautstarke Statements für das "unpolitisch sein" bekomme ich in erster Linie mit, wenn es darum geht, sich nicht explizit von Menschenfeindlichkeit distanzieren zu wollen. Hooligangruppen, die die Gegenmannschaft als "Juden" bezeichnen, behaupten von sich, unpolitisch zu sein. Hier bei uns in Duisburg gibt es das auch: Die starken rechten MSV Hools, die mit rechtem Arm erhoben in der Kurve stehen, verlangen von den linken MSV Ultras, dass Politik im Stadion nix verloren hätte - und wenn doch Banner gegen Rassismus gezeigt werden, gibt's halt auf die Fresse.

Selbes Spiel im Black Metal: Die Veranstalter halbseidener Kleinstfestivals, die offen rechte Bands vor offem rechten Publikum auftreten lassen, bewerben ihr Festival im Interview oder auf Flyern als "unpolitisch", um damit pauschal Kritik abzuschmettern. Sie haben ein Problem damit, mit ihrer politischen Agenda konfrontiert werden, aber sie haben kein Problem damit, in der eigenen Gruppe ihre politische Agenda zu vertreten.

Kann man sich alles nicht ausdenken. Genau deswegen ist gerade dann Widerspruch von nöten, wenn Menschenhass unter dem Deckmantel des "unpolitischen" tolerabel gemacht werden soll. Die Behauptung, etwas sei unpolitisch oder solle unpolitisch bleiben ist aus diesen Kreisen entweder das Abschmettern von Kritik am eigenen Weltbild oder gar ein Sprechverbot für die Gegenseite - weiter nichts.
Zuletzt geändert von Vinter am 15. Jan 2017, 23:07, insgesamt 1-mal geändert.
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Ines
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Re: Folge 93: Diversität in Spielen

Beitrag von Ines »

Heretic hat geschrieben:Sehe ich auch so. Wobei ich aber noch nie nachvollziehen konnte, warum man unbedingt sein eigenes Ebenbild spielen möchte. Mir ist eigentlich völlig egal, ob mein Alter Ego im Spiel männlich oder weiblich, schwarz oder weiß, hetero- oder homosexuell ist. Ich spiele ja nicht mich selbst, sondern erlebe die Welt durch die Augen des entsprechenden Spielcharakters. Und der heißt nunmal Rufus oder Clementine, Lee oder Trevor und ist so drauf, wie er erdacht wurde - auch wenn ich in geringem Maße (mal mehr, mal weniger) Einfluss auf seine Handlungen habe.
Oh, zu dem Thema muss ich was sagen, auch wenn ich die Folge noch nicht gehört habe. Mir geht es schon so, dass ich gerne zwischendurch einen weiblichen Charakter spielen mag und ich mag Spiele, in denen Frauen vorkommen, die auch irgendwie für mich als Identifikationsfiguren taugen. Ich kann mir vorstellen, dass es anderen, die nicht dem "Standard" "weißer, heterosexuller Mann" entsprechen, ähnlich geht, und dass es da ziemlich frustrierend ist, wenn überhaupt so wenige Figuren vorkommen, die einem selber ähnlich sind.

Ich finde aber, dass ein Spiel entweder die Schwierigkeiten, vor die eine Minderheit gestellt wird, darstellen, oder Identifikationsfiguren bereitstellen sollte. Es wird schwierig, wenn es beides tut. Zumindest ich habe kein Bedürfnis, eine Frau zu spielen, die sich mit ähnlichen Sexismusproblemen herumschlägt, wie die, mit denen ich mich im Alltag schon auf unterschiedlichen Ebenen beschäftigen muss.
"Se faire objet, se faire passive, c'est tout autre chose q'être un objet passif" (S. de Beauvoir)
Marius
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Re: Folge 93: Diversität in Spielen

Beitrag von Marius »

Vinter hat geschrieben:Genau deswegen ist gerade dann Widerspruch von nöten, wenn Menschenhass unter dem Deckmantel des "unpolitischen" tolerabel gemacht werden soll. Die Behauptung, etwas sei unpolitisch oder solle unpolitisch bleiben ist aus diesen Kreisen entweder das Abschmettern von Kritik am eigenen Weltbild oder gar ein Sprechverbot für die Gegenseite - weiter nichts.
Oft ist der Wunsch, ein Spiel solle unpolitisch sein, aber tatsächlich einfach nur der Wunsch, wenigstens in Spielen mit politischer Polarisierung und dem Versuch politischer Belehrung in Ruhe gelassen zu werden. Eine Darstellung von menschlichen Problemen und Konflikten gerne, aber bitte keine politische Indoktrinierung. Meiner Meinung können auch kontroverse politische Themen behandelt werden, aber dann bitte so zurückhaltend und fair, dass am Ende eine beobachtende und möglichst neutrale Darstellung herauskommt und nicht eine plumpe Parteinahme des Entwicklers. Glaubwürdige homosexuelle Charaktere, inklusive einer differenzierten und behutsamen Darstellung der daraus erwachsenden Probleme? Gerne! Ein Plädoyer für die Homo-Ehe, am besten noch verbunden mit einem klaren Gut-Böse-Schema, eine undifferenzierte Verurteilung von deren Gegner? Muss nicht sein.
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Vinter
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Re: Folge 93: Diversität in Spielen

Beitrag von Vinter »

Marius hat geschrieben: Oft ist der Wunsch, ein Spiel solle unpolitisch sein, aber tatsächlich einfach nur der Wunsch, wenigstens in Spielen mit politischer Polarisierung und dem Versuch politischer Belehrung in Ruhe gelassen zu werden.
Ich glaube du verkennst da ganz eindeutig das Problem. Du als (ich prognostiziere das jetzt einfach mal) weißer, heterosexueller Mann willst in Spielen mit politischer Polarisierung in Ruhe gelassen werden. Aus der Sicht einer schwarzen, homosexuellen transgender Frau ist dann aber beinahe JEDES Spiel eine politische Polarisierung. Denn sie zeigen Welten, in der sie keinen Platz hat. In der sie als Person und ihre Probleme nicht relevant sind. In der Frauen höchstens der hilflose McGuffin sind, der vom starken männlichen Hauptcharakter gerettet werden muss.

Ein Medium KANN gar nicht unpolitisch sein. Das, was du als unpolitisch wahrnimmst, ist lediglich in einer Form politisch, die dich nicht unangenehm tangiert, weil du in der Lotterie des Lebens das lange Streichholz gezogen hast und in der bequemen Position sitzt, dass sich alle Welt nach dir richtet. Auch "Alles soll bitte so bleiben wie es ist" ist Politik. Das steckt schon im Wort: Konservatismus. Und die extremsten Vertreter dieser Politik des angeblich "Unpolitischens" wünschen sich aktuell Deutschland direkt zurück in die 50er - mindestens. In Zeiten, in der Homosexualität noch strafbar war, Homosexuelle gesellschaftlich ausgegrenzt und in der Öffentlichkeit totgeschwiegen wurde.

Und jetzt kommen mal Videospiele, die auch die Probleme anderer Menschen in den Fokus rücken als nur die Allmachtsphantasien kleiner weißer Jungs und schon heißt es von denen, die eh schon vom Leben gebabysittet werden, die politische Indoktrinierung wäre unerträglich. (Ich leg dir das nicht alles in den Mund, ich paraphrasiere nur die Meinungen manch anderer zum Thema)

Imho bellen hier die getroffenen Hunde (wieder: Nicht du!) am lautesten. Und dieses Bellen ist Beleg dafür genug, dass diese Art der "politischen Polarisierung", die in Wahrheit nichts anderes ist als eine Haltung, sehr notwendig ist. Warum haben denn ausgerechnet Kunstschaffende kein Recht auf eine politische Position? Die Forderung nach "keine Politik" ist also - wie oben schon erwähnt - lediglich die Forderung nach einer Politik, die dem Forderer gefällt. Eine Politik, die ihn nicht damit konfrontiert, dass es neben seinem weißen, heterosexuellen Vater-Mutter-Kind noch andere Lebensstile geben könnte und die - oh schreck - womöglich sogar gleichberechtigt neben dem seinen existieren.

Das entschuldigt natürlich keine schlechte geschriebenen Charaktere in Videospielen, aber ich bezweifel mal ganz stark, dass das Problem darin beruht, dass diese Charaktere zur Indoktrination angelegt wurden, sondern ganz einfach: Weil der Autor es nicht drauf hat. Aber es gibt da draußen unfassbar viele schlechte Autoren und noch viel mehr schlechte Plots und Charaktere. Und der überwiegende Teil davon ist auf eine männlich-weiße und heterosexuelle Zielgruppe angelegt - aber niemand käme auf die Idee zu sagen, die wären deswegen so schlecht, weil sie für Heteros geschrieben sind. Und ja: Wenn in AC: Syndicate, dass im London des 19. Jhd spielt ein selbstbewusster, akzeptierter Transmann vorkommt, weil Ubisoft für sein ungeschicktes "Frauen sind so schwer zu animieren"-Statement im Jahr davor Flak bekommen hat und jetzt überkompensiert, dann fasse ich mir an den Kopf. Aber wir brauchen auch nicht so zu tun, als wäre AC vorher der heilige Gral der Videospielhandlung gewesen ;) Und wir brauchen auch nicht so zu tun, als entzünde sich der Konflikt am Thema lediglich an solchen Negativbeispielen. Die Wahrheit ist ja, das manch einer Schwarze und Araber nur als Kanonenfutter will und Transsexuelle und Schwule gar nicht.
Ein Plädoyer für die Homo-Ehe, am besten noch verbunden mit einem klaren Gut-Böse-Schema, eine undifferenzierte Verurteilung von deren Gegner?
Doch. Muss. Es kann für Menschenhass keine Entschuldigung geben. Und wenn der Charakter homophob oder Rassist ist, dann ist er unweigerlich als Arschloch angelegt. Was will man denn da differenzieren? Wie will man denn da NICHT Arschloch sein?
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Maschendraht
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Re: Folge 93: Diversität in Spielen

Beitrag von Maschendraht »

Ich stimme zu, dass Spiele sicherlich per se politisch sind, aber was viele glaube ich stört ist das bewusste und zielgerichtete Einbringen politischer Haltung im Sinne von "Politik machen". Und wenn man den Spielen anmerkt, dass da künstlerisch etwas nicht stimmt, bewusst oder unbewusst, dann wird das Einbringen von Diversität als bewusstes Statement der Entwickler gedeutet - und das stört einige offenbar. Und zwar nicht immer inhaltlich, sondern die Tatsache eines Statements an sich.

Dieses Forderung "lasst Spiele einfach Spiele sein" (die ja oft synonym gebraucht wird für "keine Politik") hängt glaube ich auch mit der Erwartungshaltung der Leute zusammen, die in einem Spiel nicht damit rechnen, dem Ernst des Lebens zu begegnen. Immer wieder merke ich bei "schweren Themen" in Spielen, dass manchen Leute das unangenehm finden, also die Geschichte ist zu traurig und das wollen sie in einem Spiel nicht.

Ist die Forderung nach "unpolitischen Spielen" vielleicht auch so ein Reflex von Leuten, die eben keine ernsten Konfrontationen mit echten Themen erwarten, sondern eine Abenteuergeschichte, die nichts weiter aussagen soll? Bei Beispielen, in denen Diversität nicht aus künstlerischer Perspektive ein Fremdkörper ist, wird es glaube ich auch weniger aufgegriffen. Wenn ich z. B. in Call of Duty plötzlich viele weibliche Soldaten als Gegnerinnen hätte, gäbe das vermutlich Kritik, aber ich habe noch nie gehört, dass sich jemand über weibliche Banditen in Skyrim beschwert.

Das heißt ja nicht, dass es das was du beschreibst, nicht auch gibt, nämlich die Abwehr von politischen Themen aus dem Konservatismus heraus. Ich selbst wäre ja der erste, der hochwertige und stimmige Thematisierungen von Diversität begrüßen würde. Aber eben auch, weil ich ernste Themen und gute Storys generell schätze und nicht schockiert bin, wenn das vorkommt.
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Vinter
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Re: Folge 93: Diversität in Spielen

Beitrag von Vinter »

Die Frage ist, wie tiefsinnig kann eine Story sein, die nicht irgemdwie gesellschaftlichen Themen aufgreift? Es geht in Geschichten immer um Konflikt und damit immer um die Konfrontation zwischen Charakteren mit unterschiedlichen Ansichten. Autoren können inhärent nur Geschichten aus dem "Inneren" der Gesellschaft erzählen, denn sie sind von ihr geprägt und damit hast du automatisch unterschiedliche Ansichten und durch die Anlage von Protagonist/Antagonist auch automatisch eine Aussage über Richtig und Falsch aus Sicht des Werkes.
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Darth_Mueller

Re: Folge 93: Diversität in Spielen

Beitrag von Darth_Mueller »

Prakon hat geschrieben:
Vor einiger Zeit hab' ich im Netz eine hitzige Debatte verfolgt, als es um das Thema ging, ob der nächste James Bond von Idris Elba, einem schwarzen Briten, gespielt werden sollte. Wendet man nun Andres Zitat auf eben diese Fragestellung an, so würde das bedeuten, dass ein schwarzer Bond so einen Bruch mit dem Original bedeutete, da die Hautfarbe eines Menschen nun einmal ein primäres optisches Unterscheidungsmerkmal von Menschen ist.

Sehe ich komplett anders.
Die Hautfarbe mag zwar klar ein optisches Unterscheidungsmerkmal sein, das ist die Haarfarbe aber auch.
Und die ist bei den ganzen Bond Darstellern sicherlich auch anders.

Die Figur James Bond und auch roland der Revolvermann zeichnet sich durch zig Merkmale aus, und die Hautfarbe ist da wirklich ein total unwichtiges.
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Ragnaer
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Re: RE: Re: Folge 93: Diversität in Spielen

Beitrag von Ragnaer »

Darth_Mueller hat geschrieben:
Prakon hat geschrieben:
Vor einiger Zeit hab' ich im Netz eine hitzige Debatte verfolgt, als es um das Thema ging, ob der nächste James Bond von Idris Elba, einem schwarzen Briten, gespielt werden sollte. Wendet man nun Andres Zitat auf eben diese Fragestellung an, so würde das bedeuten, dass ein schwarzer Bond so einen Bruch mit dem Original bedeutete, da die Hautfarbe eines Menschen nun einmal ein primäres optisches Unterscheidungsmerkmal von Menschen ist.

Sehe ich komplett anders.
Die Hautfarbe mag zwar klar ein optisches Unterscheidungsmerkmal sein, das ist die Haarfarbe aber auch.
Und die ist bei den ganzen Bond Darstellern sicherlich auch anders.

Die Figur James Bond und auch roland der Revolvermann zeichnet sich durch zig Merkmale aus, und die Hautfarbe ist da wirklich ein total unwichtiges.
Bei James Bond ist sie unwichtig ja, bei Roland aber sicherlich nicht. Vor allem da im zweiten Buch Rassismus eine wichtige Rolle spielt.
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Nachtfischer
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Re: Folge 93: Diversität in Spielen

Beitrag von Nachtfischer »

1. Naja, die Hautfarbe ändert man aber nicht mal eben wie die Haarfarbe. Wenn es um Kontinuität ginge, dann könnte man ohne Weiteres erklären, James Bond habe halt jetzt mal Lust auf blonde Strähnchen gehabt.

2. Soweit ich weiß, geben die Bond-Filme da aber eh nicht viel drauf. Das sind einfach abgeschlossene Geschichten mit immergleichem Aufbau und Protagonisten, wobei letzterer vor allem charakterlich festgelegt ist und nicht optisch. Ob da jetzt ein Film logisch-inhaltlich zum anderen passt, scheint den Machern (und Fans) ziemlich egal zu sein.
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MediaNOX
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Re: Folge 93: Diversität in Spielen

Beitrag von MediaNOX »

2. Do NOT piss of the Podcasters.
Ich kenne die Regel und werde mich mit aller Macht auch daran halten aber ich musste nach einer Stunde und 20 Minuten den Podcast abbrechen. Woran lags ? Zum einen hängt mir dieses Thema unglaublich zum Hals raus. Zum anderen ist es diese "Art" von Jochen die mich so "angewidert" hat. Dieses ständige (wir Ossis sagen bei uns dazu, "vom hunderstel ins tausendstel diskutieren"). Alles möglichst nochmal und noch detaillierter erwähnen und "was jetzt nicht heißen soll, dass...". Sich diese Ausdrucksweise noch bei diesem Thema an zu tun war in der Podcast Folge stellenweise sehr anstrengend. Es kann natürlich, wie anfangs auch erwähnt am Thema liegen. Trotzdem ist es meine erste Folge, wo ich in der Mitte eine Pause machen musste.

Da kann ich nur auf das nächste Thema hoffen...
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W8JcyyU
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Re: Folge 93: Diversität in Spielen

Beitrag von W8JcyyU »

Bisher nur bis zur Hälfte gehört. Finde das Thema an sich spannend und im Gegensatz zum Sarkeesian Podcast differenzierter aufgezogen.

Allein gesellschaftliche Fragen anhand von Witcher oder Dragon Age zu diskutieren, fesselt mich nicht längerfristig. Aus spielerischen Gründen werde ich mir diese Titel nicht antun. Macht wenig Sinn sich durch 20, 30 oder 40 Stunden Monotonie zu quälen um dann zufällig auf ein oder zwei interessante und anregende Punkte zu stoßen.

Wenn ihr das Thema nochmal aufgreifen solltet, würde ich mich ebenfalls über einen Gast aus der Entwickler/Forschungsecke freuen.
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