Jochen hatte es zwar auch nur kurz angesprochen, aber ich fand den Punkt interessant genug, um darauf noch einmal einzugehen. Wenn ich da in aktuelle Diskussionen einsteige ist ein häufiges Argument, dass Besitz da häufig als eine Belastung angesehen wird, wenn nicht gleich als überflüssig oder noch weitergehend unmoralisch klassifiziert wird. Der Punkt ist aber das mit der Ablehnung des Eigentums an einem Gut nicht etwa der Wunsch nach dessen Nutzung aufgegeben wird. Die Leute wollen halt keinen Dreck fressen.Das war jetzt eine ziemlich lange und ausufernde Herleitung zu einem banalen, letztendlich zutiefst kapitalistischen Punkt
Eigentum ist auch kein grundlegend kapitalistisches Phänomen, umgekehrt ist es richtiger, dass der Kapitalismus auf Eigentum beruht aber Eigentum nicht auf Kapitalismus. Eine Verschärfung der kapitalistischen Ordnung wird aber durch den derzeitigen (einseitigen, das ist der Punkt) Verzicht auf Eigentum verstärkt, weil damit der Eigentumsanspruch der Produzenten nicht nur auf die Produktionsmittel sondern sogar auf das Produkt bestätigt wird.
Anstatt also den Besitz weiträumig zu streuen und so einerseits die Macht im Vergleich einiger weniger über materielle und immaterielle Güter aufzubrechen, gibt man denen noch mehr Macht und liefert sich quasi deren Geschäftsmodellen aus. Ich lege zwar die mit dem Besitz verbundene Verantwortung ab und mache mich in der Form frei, werde aber insofern abhängig von ihm, weil er dann komplette Verfügungsfreiheit über das Produkt hat, ich aber das Produkt nur in dem engen Rahmen nutzen kann, den er mir setzt. Das Schlechte oder Problematische darin ist, dass er die Rahmenbedingungen dieser Nutzung quasi willkürlich ändern kann und mir entweder die Wahl bleibt oder einen kompletten Verzicht zu üben oder eben mitzuspielen.Warum das aber was schlechtes sein soll, begründest du nicht
Im Bereich der Spiele kann es auch bedeuten eben den Zugang zu regulieren oder zu beschränken. Man erlebt das ja mitunter schon auf Steam, das internationale Versionen eines Spiels für dt. Käufer gar nicht zu aktivieren oder zu spielen sind. Man kann das im Moment mit Verschleierung der IP und ähnlichen Dingen sicher noch umgehen, aber einen Frosch kocht man bekanntlich ja auch mit sanft ansteigender Temperatur. Andere Launcher versuchten vor ein paar Jahren versteckte Überwachung auf dem PC zu installieren. Damals gab es noch einen Aufschrei. In Zukunft heißt es dann akzeptier es oder nutze unseren Service nicht. Die Sache ist, wenn es sich bei den erworbenen Spielen eben nur noch um digitale Lizenzen die an einen Account und damit eine Plattform und eine Software gebunden sind handelt, dann verwirke ich halt auch meinen Anspruch auf die Spiele und die Ausstiegsschwelle wird mit jedem Spiel, dass ich auf Steam erwerbe (bzw. deren Nutzung freischalte) größer.
Ich denke der Gedanke den ich immer habe, wenn ich über eine Änderung der Nutzungsbedingungen per Mail informiert werde, illustriert das gut: Eigentlich werde ich ja nur in Kenntnis gesetzt, dass die Nutzungsbedingungen einseitig geändert werden. Mit meiner weiteren Nutzung des Dienstes gebe ich halt meine implizite Zustimmung zur Fortdauer des Nutzungsvertrages unter den neuen Bedingungen. Und man überlegt dann so: Vielleicht bin ich ja mit einigen neuen Sachen nicht einverstanden, aber ich hab jetzt Spiele im Gegenwert von mehreren 100 Euro auf dem Account liegen, also wie wahrscheinlich ist es für mich oder anderen, die da noch mehr Geld gelassen haben, dass die jemals wirklich die Nutzung einstellen würden. Und diese Abhängigkeit meine ich und ich finde das durchaus problematisch.
Hingegen wenn du Spiele drm-frei und am besten physisch kaufst, dann kann der bisherige Anbieter sein Geschäftsmodell ändern wie er will, im Endeffekt hast du dann aber tatsächlich die Wahlfreiheit zu sagen, ich kann dem als Konsument tatsächlich den Rücken kehren, weil ich durch den schrittweise Besitzerwerb an verschiedenen Titeln mich emanzipieren kann, weil ich über den Gegenwert meines investierten Geldes eben tatsächlich verfügen kann.
Und doch hier zeigt sich das gerade. Sie hat wahrscheinlich da den Gegenwert mehrerer Alben in dieses System versenkt, aber als sie plötzlich nicht mehr in der Lage war zu bezahlen, sprich den Service zunächst aufrecht zu erhalten, hatte sie halt gar nichts mehr. Hätte sie nicht von aus der Vor-Spotify-Zeit eben noch richtige physische Alben gehabt, dann hätte sie die Zeit über, wo sie finanziell knapp war, eben überhaupt keine Musik hören können. Das ganze war eben dazu angedacht dieses Abhängigkeitsverhältnis zu illustrieren und zu zeigen, dass Besitz auch eine gewisse Unabhängigkeit gewährt.sondern bringst nur das Beispiel einer Person an, die aufgrund von Geldmangel eine Dienstleistung stornieren musste (Spotify)
Das ist richtig, aber das beschreibt nur warum Steam und Co. entsprechend ein Recht auf Refinanzierbarkeit haben. Das ist aber nichts, dass ein Recht auf freie Nutzung einschränken muss oder gar darf. Ich hätte deutlich weniger ein Problem mit Steam, wenn das ein Service ist, der mir um das Spiel herum gestrickte Dienstleistungen anbieten würde, die ich eben nicht wahrnehmen muss. Sprich wenn ich die Wahl habe, ob ich mein Spiel erstens bei Steam registriere oder nicht und zweitens, dass selbst wenn ich das Spiel registriere die normalen Spielfunktionen auch ohne Steam weiterhin intakt bleiben. Und das ist eben nicht der Fall. Wir reden hier also schon über zwei verschiedene paar Schuhe. Und nein Steam ist hier nicht allein der Buhmann sondern auch Publisher/ Entwickler, die eben genauso denken und Steam in dieser Art und Weise für sich gebrauchen.Spotify, Steam & co verkaufen vor allem Dienstleistungen. Nämlich die Dienstleistung, jederzeit auf die Bibliothek, uneingeschränkt, zugreifen zu können. Die Archiktur dafür kostet Geld und dieses Geld muss auch irgendwo her kommen.
Hier verkennst du das Konsumenten einen Scheiß haben. Die Macht des Konsumenten existiert faktisch nicht. Wenn du in einer Welt lebst in der die komplette lebensmittelproduktion von Nestle kontrolliert wird, dann hast du entweder die Wahl bei Nestle zu kaufen oder zu verrecken. Und so verhält es sich auch in anderen Bereichen. Wenn du auf den Konsum angewiesen bist, hast du nie eine Wahl. Ich rede anders als in dem fachfremden Beispiel nicht über lebensnotwendigen Konsum, sondern über Konsum der notwendig ist, um weiter das sein zu können, was du sein möchtest. Sag eben mal einem Spieler für den Spielern mehr als nur etwas ist, mit dem man mal ne stunde Zeit totschlagen kann, er soll doch mal seine Freiheit als Konsument einsetzen und nicht kaufen, genauso wie du einem Filmfan oder einem Vielleser dann kauft euch keine Bücher mehr oder schaut keine Filme mehr. Im Endeffekt spaltet sich da nämlich die Betrachtung des Produktes, eben einmal als Produkt das auf eine bestimmte mir unangeheme Weise vertrieben wird, und andererseits dem dahinterstehenden für mich relevanten Wert sprich das Spiel, der Text oder der Film an sich. Wäre es ein beschissenes Spiel mit einer beschissenen Vertriebspolitik dahinter, dann wäre es mir sicher pupsegal, wenn ich da drauf verzichte. Muss ich aber auf einen Kracher wie Half Life 2 verzichten, dann kratzt das schon an meiner Spielerseele. Das kann ich aber vielleicht noch aushalten, wenn ich dann aber feststelle, dass 70% aller interessanten Neuerscheinungen nur noch über diesen einen Vertriebsweg zu bekommen sind, dann habe ich nur noch die Wahl mein Spieler-Dasein an den Nagel zu hängen oder mich eben darauf einzulassen.Wer mit "Ich hab doch aber gar keine andere Alternative" argumentiert, der verkennt, welche Macht Konsumenten haben.
Ich hab mich noch vergleichsweise lange gegen Steam gewehrt etwa bis 2013. Ich hab als riesiger Elder-Scrolls-Fan Skyrim boykottiert. Ich hab als Fallout-Fan auf New Vegas verzichtet und generell klafft zwischen 2008/09 und 13 nach wie vor eine riesige spielerische Lücke bei mir. Gebracht hat es unter vertriebspolitischer Sicht gar nichts, weshalb ich im Endeffekt umgefallen bin, weil ich mir als Spieler damit im Endeffekt nur selbst geschadet habe. Die einzigen zwei Möglichkeiten die ich sonst gehabt hätte, wäre konsequent auf Raubkopien umzusteigen oder eben mit dem Spielen aufzuhören.
Das stimmt macht aber die Einschränkung der Verfügung über Medien eben nicht besser. Das das Verbot der Umgehung eins Kopierschutzes das Recht auf eine zur privaten Verwendung bestimmten echten Privatkopie aushebelt und damit die freie Verfügung über das Medium einschränkt, führt aber eben noch nicht in eine Abhängigkeitsverhältnis eines Leasing-Dienstes.Dabei vergisst du, dass sie, höchstwahrscheinlich, um diese CD auch unterwegs hören zu können, sagen wir mal im Fitnessstudio, mindestens ein gültiges Gesetzt brechen muss (die Sinnhaftigkeit des Gesetztes sei jetzt mal dahingestellt).
Grundsätzlich ging es erstmal nur darum Jochen an der Stelle zu korrigieren, das wir keineswegs in einer Share-Economy leben sondern in einer sich vergrößernden Leasing-Economy wo sich der Graben zwischen Besitzenden und Nicht-Besitzenden vermutlich noch vertiefen wird.Insgesamt finde ich es interessant, dass du Kapitalismus mit Kapitalismus als Gegenargument kritisierst ^^
Man muss außerdem unterscheiden zwischen einem marktwirtschaftlichen System der Gütervertelung und einer darauf aufsetzenden kapitalistischen Wirtschaftslogik. Marx definierte Kapitalismus kurz gefasst als ein System zu fortschreitenden Akkumulation von Kapitel oder allgemeiner formuliert Eigentum in, durch seine innere Logik, determiniert immer weniger Händen. Anstatt also die Güter der Gesellschaft gerecht oder halbwegs ausgeglichen zu verteilen (wenn wir mal nicht utopisch sprechen wollen) setzt die innere Logik des Kapitalismus voraus, dass das Eigentum der Vielen zum Eigentum der Wenigen wird, was dann, so Marx Massenverelendung und Unterdrückung zur Folge hat. Zunächst werden die Arbeiter in die Abhängigkeit gezwungen und genötigt das einzige eigentum, was sie noch haben, nämlich ihre Arbeitskraft zu verkaufen, wobei das große Angebot den Nachfrager, hier die Besitzenden in die Lage versetzt die bedingungen diktieren zu können, was zu einer weiteren Eskalation der Lage führt. Weil der Ton aggressiver wird, rüsten die Besitzenden gegen die Massen der Armen auf, und versuchen sie zu unterdrücken. Die Unterdrückung führt zum Aufbegehren und dazu das die wenigen Besitzenden von der Masse der armen in einer Revolution hinweggespült werden. Für Marx bedeutet Eigentum (an Produktionsmitteln) Macht. Da mit diesen Produktionsmitteln eben all das hergestellt wird, was die menschliche Gesellschaft, je nach dem wie "entwickelt" sie ist für ihren täglichen Bedarf benötigt. wenn ich der Einzige bin der Nahrungsmittel herstellt oder das ganze Trinkwasser unter meiner Kontrolle habe, kann ich Macht ausüben. Wenn ich Medikamente herstelle, kann ich Macht auf diejenigen ausüben, die krank sind. Bin ich der einzige Anbieter von Bildungsmaterial kann ich Einfluss auf die Lehre nehmen.
Die Sache das wir immer noch eine funktionierende kapitaltisch orientierte Wirtschaftsordnung verfolgen hat nicht zwangsläufig damit zu tun, das Marx mit seiner prognose unrecht hatte, sondern das im Gegenteil Mechanismen eingerichtet wurden, um der Konzentration des Kapitals und damit der Machtakkumulation entgegenzuwirken: die Beteiligung der Vielen an der wirtschaftlichen Progression und deren soziale und rechtliche Absicherung. Das verhindert das Entstehen von materieller Unwucht. Aus diesem Grund leisten wir uns auch eine staatliche Marktaufsicht, die Kartelle und mächtige Unternehmen abstrafen oder zerschlagen kann, damit Eigentum und damit Marktmacht diversifiziert bleiben.
In diesem Sinne wenn wir die Forderung nach eigenem Besitz und nach Verfügungsfreiheit darüber aufgeben, gerade jetzt auch im digitalen Bereich, tragen wir maßgeblich dazu bei uns eben von Unternehmen abhängig zu machen, die wie gesagt, primär nicht unser Wohl im Auge haben sondern eben die Monetarisierung dieses Abhängigkeitsverhältnisses.