Ich habe das Spiel zusammen mit meiner Freundin gespielt. Wir spielen nur selten Singleplayer Titel zusammen, dafür fehlt uns beiden die Geduld. Aber hier, wie auch bei The Talos Principle, funktionierte das sehr gut. Als ich sie vor ein paar Wochen fragte ob wir denn für den Abend schon etwas vorhätten. Sagte nur „Klar, wir müssen das scheiß Spiel weiterspielen“ Bei meiner Freundin ist immer das aktuelle Spiel das sie gerade spielt „das Spiel“. Das sie aber ein „scheiß Spiel“ weiterspielen möchte war neu.
Und das beschreibt es auch für mich ganz gut, ein Spiel das mir an so vielen Stellen missfällt wir es aber trotzdem „durchgespielt“ haben.
Ich versuche mal zu erklären warum ich The Witness so empfand.
Das Spielprinzip ist schnell erklärt. Egoperspektive, „offene“ Spielwelt in Form einer Insel. Paneele mit anfangs sehr simplen „verbinde zwei Punkte mit einer Linie“ Rätseln deren Lösung ein weiterkommen erst ermöglicht.
Es gibt zwölf Themengebiete welche für das Beenden des Spieles zu lösen sind. Am Ende eines Abschnittes wird ein Laser aktiviert welcher den Gipfel eins Berges auf der Insel anstrahlt. Das kann dazu führen das man als Spieler der Meinung ist dort geht es weiter wenn man den ersten Laser aktiviert hat, dem ist leider nicht so.
Damit kommen wir auch schon zu meinem ersten großen Kritikpunkt in dem Spiel. Die Spielerführung, nach dem Verlassen des Tutorial Abschnitts ist man völlig fei aber auch völlig ungeführt unterwegs. Die erste verschlossene Tür die man nach dem Tutorial erreicht ist mit dem bis dahin erworbenen Wissen des Spielers nicht zu lösen.
Den die Gebiete unterscheiden sich sowohl optisch als auch in ihrem Schwierigkeitsgrad erheblich voneinander. Alle gemein haben sie die in ihrer Grundmechanik immer gleichen Rätsel. Neben den Pflichtgebieten gibt es noch optionale Inselareale welche die mit Abstand schwierigsten Puzzle bieten. In gut 2/3 der Pflichtgebiete werden in jedem Themengebiet neue Regeln und Ausnahmen für die Lienen puzzle mal mehr mal weniger nachvollziehbar eingeführt. Im letzten Drittel werden die hoffentlich bis dahin erlernt und verstandenen Regeln neu durchgemischt und dem Spieler vorgesetzt.
Die Höhepunkte der Knobelaufgaben waren für mich die, welche die Umgebung und die Perspektive auf die Rätsel oder die Umwelt mit in die Lösung einfließen lassen. Perspektive scheint mir auch das leitende Thema des gesamten Spieles zu sein. Überall auf der Insel gibt es neben den Touchpad Linienrätsel, auch welche wo die Umwelt zum Rätsel wird.
Haben wir diese Linien in der Umgebung gefunden und eingezeichnet werden diese Symbole auf den, auf der Insel verstreuten schwarzen Obelisken einzeichnet. Die Entdeckung unseres ersten Umgebungsrätsels war schon ein ziemlich cooler Moment. Diese Übungen können nur durch eine exakte Perspektive im Spiel gelöst werden, sofern man sie überhaupt entdeckt. Wir haben in unserem Spieldurchlauf nur einen Bruchteil dieser optionalen Fleißarbeit erledigt.
Weiterhin gibt es in der Welt viele versteckte Bilder und Motive welche man, die richtige Perspektive vorausgesetzt, entdecken kann. So zeichnen sich in Baumkronen Gesichter, in Felsen und Wasserspiegelungen betende Mönche oder am Strandufer Meerespolypen ab.
Die Grafik hat insgesamt ihren eigenen Farbenfrohen leicht stilisierten Charme. Zugleich wirkt die Umgebung aber auch sehr künstlich und teilweise Steril, welches wohl eine gewollte Entscheidung darstellt.
Die Handlung wird unter anderem durch Audiologs erzählt. Diese sind selten Hinweise auf „Was mach ich hier eigentlich?“ und häufig eher philosophische Zitate, welche mehr Fragen offen lassen, als sie beantworten. Noch kryptischer sind nur die Videos welche man an einem zentralen Punkt der Insel anschauen kann, vorausgesetzt man probiert wahllos herum oder findet und versteht die sechs Hinweise welche ausschließlich in den anfangs erwähnten optionale Teilgebieten zu finden sind. Die Videos schwanken sowohl in ihrer Länge als auch in Ihrer Zugänglichkeit für den Betrachter stark. Zwei der sechs waren für meine Freundin und mich thematisch unzumutbar. Inhaltlich bewegen sich die Videos zischen Agnostik und blindem Glauben.
Die Soundkulisse oder besser die Abwesenheit dieser störte mich nach den ersten Spielstunden massiv. Es gibt bis auf eine Ausnahme keine Spielmusik, die wenn man Sie dann hören wird aber auch bald schon nicht mehr hören will. In einigen Rätseln kommen Geräusche zum Tragen. Abgesehen von einigen Ambiente Sounds, nada.
Nun zu den Punkten warum es bei The Witness nur zur Hassliebe reicht. Wir haben in dem Spiel bestimmt mehr als 80 Stunden verbracht und nicht alle der wohl 600+ Panellrätsel gelöst und nur einen Bruchteil der Monolith Rätsel. Dennoch eine stattliche Spielzeit für ein glorifiziertes Mobilgame. Folgende Punkte störten uns gewaltig.
Die fehlende Spielerführung und die eben nicht immer vorbildliche Einführung neuer Spielregeln (z.B. Abstrahieren bei den Soundrätseln Undgenauigkeiten bei den Schattenrätseln).
Für mich allein unlösbare Rätsel. Ohne meine Freundin hätte ich, ohne etwas spoilern zu wollen, einige Rätsel nicht lösen können (rot grün schwäche).
Unfaire Rätsel. Einige wenige Rätsel sind für unser Empfinden schlicht unfair (z.B. Eingang Schiffswrack oder die unsichtbaren Punkte im Berg)
Zu viele Rätsel. Es gibt schlicht und ergreifend zu viele Rätsel, vielen Arealen hätten weniger sehr gut getan.
Das Ende - Spoiler
Das Ende und das Zeitlimit. Das „richtige“ Spielende ist nur zu erreichen wenn man einen alternativen Abschnitt im Berg innerhalb eines Zeitlimits löst. Verstreicht das Limit muss von neuem Beginnen. Die Rätsel ändern sich bei jedem Neustart. Damit konnten wir das Spiel leider noch nicht durchspielen.