Axel hat geschrieben:Mal ne blöde Frage. Ist Twitter hierzulande wirklich so wichtig? Ernstgemeint, aus eigenem Interesse. Meiner Beobachtung nach wird doch Twitter eher von sehr jungen Menschen genutzt, wenn überhaupt.
Twitter ist nur so gut, wie deine Timeline. Und wenn die erstmal halbwegs steht, ist die Erfahrung meiner Ansicht nach mit keinem anderen Social-Media-Kanal zu übertreffen. Das Besondere ist eben, dass man dort ausschließlich (!) Kontakt mit Menschen hat, deren Interessen man teilt und keinen Kontakt mit Menschen - Hallo facebook - mit denen man einfach nur zufällig vor 15 Jahren gemeinsam zur Schule ging und sonst wirklich gar nichts gemeinsam hat. Das bedeutet, ich suche mir Menschen oder Accounts, die meine Hobbies teilen, deren politische Ansichten ich halbwegs ertragen kann und die mich nicht mit zwielichtigen, latent rechts angehauchten Bands nerven. Das letzte Beispiel ist mir erst kürzlich wieder passiert. :/
Es gibt schon einen Grund, warum es auf Facebook
Twitterperlen gibt, mit Zitaten aus den besten Tweets, aber keine Facebookperlen auf Twitter. Nennt mich elitär, aber das Niveau ist nun wirklich ein völlig anderes. Der Austausch bewegt sich nicht zuletzt durch die Pointiertheit auf einer ganz anderen Ebene und trotz der Kürze entstehen dort die spannendsten und fruchtbarsten Diskussionen. Zur Not diskutiert man im privaten Postfach weiter, deren Zeichenlänge nicht begrenzt ist. Es wird wesentlich offener, privater und herzlicher gesprochen und diskutiert, nicht zuletzt aufgrund der gewissen
Anonymität. Damit meine ich, dass nicht dein Arbeitgeber, Nachbar, Schwippschwager sieht, dass du gerade darüber diskutiert, ob das Abtrennen von Gliedmaßen in The Walking Dead nicht noch hätte drastischer dargestellt werden müssen, weil geil.
Seit kurzem versuche ich, mich wieder mit Facebook etwas anzufreunden, aber da ist
intellektuelle Ausbeute (es tut mir leid, ein besserer Begriff fällt mir dazu nicht, es trifft es einfach gut) sehr rar gesät. Ich mag kluge Gedanken. Darum bin ich ja auch hier?
Das heißt ja nicht, dass es diese bei Facebook nicht gibt, aber ich müsste die betreffenden Personen erst abonnieren oder mich im Zweifel sogar mit ihnen befreunden, was mir absolut nicht ins Konzept passt. Das ist kein "Freund", nur weil er ein paar kluge Gedanken zum besten geben kann. Auf Twitter hingegen kann ich folgen, entfolgen wie es mir gerade passt, niemand nimmt es dir krumm, wenn sich die Wege wieder trennen und gefühlt passt sich meine Timeline meinem Leben und der Interessenslage an. Ich muss auch nicht vorgeben irgendetwas zu sein oder meinen Hang zu Zombies und Gewaltspielen verstecken, ich bin einfach. So authentisch eben ein digital vermitteltes Bild des eigenen Ichs sein kann. Das hat Grenzen, klar.
Bezogen auf The Pod fällt es mir wie Skizzenbildner auch etwas schwer, den nicht genutzt Twitterkanal einfach stillchweigend hinzunehmen. Persönlich gebe ich gerne schnelle und euphorische Kommentare zu Dingen ab, die mich begeistern. Das mag sogar bei der ein oder anderen "Auf ein Bier"-Folge der Fall gewesen sein.
Die Möglichkeit wird mir derzeit in der Tat verwehrt. Klar, ich könnte das aktuell auch auf Twitter posten, aber lesen wird es niemand. Ein Kompliment, das nicht ankommt, ist äußerst unbefriedigend. Mir bleibt dann also
nur die Möglichkeit über Facebook etwas mitzuteilen, das im Zweifel dann auch von meiner Familie oder zukünftigen Arbeitgebern gesehen wird. Es ist nicht, dass ich mich dafür schäme, nein. Aber nicht jeder muss alles über meine Vorlieben wissen. Eine andere Möglichkeit wäre Discord, aber bestimmt habe ich keine Lust darauf zu warten oder hoffen, dass z.B. Herr Peschke mal auftaucht, um ihm zu sagen, dass dieser eine Satz letztens in XYZ ja ganz besonders lustig gewesen sei. Jedes Mal ins Forum zu gehen, ist auch äußerst unkomfortabel, besonders da es dort nicht so angemessen ist, mit einem kurzen Satz zu kommentieren. Andere Interessierte aus meiner Timeline würden diesen eh nie zu Gesicht bekommen und so bin ich eventuell ganz allein für mich happy. Etwas schade.
Nicht zuletzt: Ich kann im Zweifel meine Begeisterung (oder Wut, kam auch schon vor) nicht mit meinen Followern teilen. Ein Folgenannouncement ist mit einem persönlichen Kommentar schnell retweetet und aufgrund der Nähe der Interessen, bedeutet ein Retweet auf Twitter vermutlich wesentlich weniger Streuverlust als auf Facebook. Bestimmt interessiert sich mindestens 1/3 meiner derzeitigen Follower für Spiele und teilweise auch für Podcasts, da mich einige aus Podcastauftritten kennen. Diese Menschen kennen mich dementsprechend und können meine Meinung einfach besser einschätzen und schauen, ob das, was ich da jetzt vielleicht empfehle an Spielen oder sonstigem, zu ihnen passt. Das soll jetzt natürlich nur als Beispiel dienen und betrifft alle Aktiven auf Twitter. Nunja, ja, bestimmt gibt es auf Facebook mehr Reichweite, aber Quantität /= Qualität.
Very long story short: Ich würde mich sehr freuen, wenn vielleicht der Herr Stange seinen beiden Kollegen von der Großartigkeit dieser Plattform überzeugen oder einfach selber das Heft in die Hand nehmen würde. Im Grunde widerstrebt es mir, irgendjemanden den Nutzen dabei aufzeigen zu müssen/wollen, denn das sollte ja völlig offensichtlich sein. Hashtags machen Furore, nicht "Nachdenkliche Sprüche mit bilder drin." Man kann niemandem zu seinem Glück zwingen und vielleicht haben die Herren ja auch einfach schon genug interessierte, loyale Zuhörer?
Um das Ganze noch etwas Konstruktiv zu beenden, hier ein paar Folgeempfehlungen und ein spannender hashtag, für alle, die vielleicht doch mal reinschnuppern möchten. Denn zugegeben, aller Anfang ist schwer:
https://twitter.com/hashtag/gamedev #gamedev : Wer wissen möchte, an was die Entwicklerszene gerate arbeitet, wie sie denkt und tickt
https://twitter.com/ChristianHaH Christian Huberts, mächtiger Kulturwissenschaftler
https://twitter.com/vdgmtourism Videogametourism u.a. von Rainer Sigl
https://twitter.com/manuspielt Manu von Insert Moin
https://twitter.com/BenFlavor Ohne Worte
https://twitter.com/RottenHedgehog Jana Reinhardt, deutsche Entwicklerin, Mitgründerin der Indie Arena
https://twitter.com/tha_rami Rami von Vlambeer als Stellvertreter für internationale Gamedevs
und sehr viele mehr
Phu, das wurde jetzt doch eher eine "Ode an Twitter", aber ich glaube die Aussage mit "...das ist doch was für Jüngere?" hat mich hinterhältig provoziert!
