Angenehmer Gesprächspartner, schönes Format, gute Folge. Damit sei eigentlich alles gesagt!
Ironic Maiden hat geschrieben:Das Spiele auch ohne eine konventionelle Geschichte zu erzählen trotzdem eine spieleigene Geschichte haben können, fällt mir z.B. oft auf, wenn Leute über Schachpartien, Kartenspiele und ähnliches berichten. Eigentlich passiert in diesen erzählerisch nicht viel, aber für jemanden, der aktiv teilnimmt, gibt es trotzdem überraschende und dramatische Wendungen, Momente der Verzweiflung und des Triumpfs usw., also genau das, was man ansonsten in Geschichten auch erlebt. Diese Emotionen bleiben halt demjenigen, der an der Partie nicht teilgenommen hat, allerdings eher verschlossen und man kann sie schlechter nachvollziehen, als wenn jemand über eine Quest in einem Rollenspiel berichtet.
Ich denke auch, dass man es quasi über diese "Probe" gut veranschaulichen kann. Quasi als Kontrollfrage kann man sich stets die Frage stellen: "Kann ich das Erlebte als
Geschichte einem Dritten erzählen?" Falls ja, liegt eine Geschichte vor. Oder anders: die Geschichte entsteht ab dem Augenblick, wo ich einzelne Ereignisse in einen Zusammenhang setze, anordne und deute. Das tut man in der Tat selbst bei Tetris, weshalb man eine laufende Tetris-Partie auch
erzählen kann. Mit etwas Phantasie sogar nach dem klassischer Dreier-Schema: Einstieg ("Noch kein Stein liegt, die ersten Steine kommen runter") inkl. Anstieg der Spannungskurve ("Es liegen einige Steine, es wird immer schwerer, die folgenden einzubauen") bis zur Auflösung ("Man hat verloren"). Da jede Tetris-Partie sich in diesen sehr engen Spielregeln bewegt, ähneln sich Partien beim ersten Blick sehr stark - allerdings: dasselbe gilt für einen nicht-Fußball-Fan auch bei Fußball-Partien - aber dennoch erzählt jede Partie im Rahmen seiner geringen Variationsmöglichkeiten eine eigenständige Handlung. Im Prinzip nicht anders als bei Civiliation, lediglich mit dem Unterschied, dass Civilization auf Grund seiner mannigfaltigen Spielmechaniken deutlich größere Variationen im Ablauf erlaubt.
Dass man dies selbst bei nicht-Videospielen ohne jegliche embedded story kann, sieht man z.B. sehr gut daran, wie ein Fußballspiel - das ohne Frage keine Narration gemäß Alltagsvorstellung hat - dennoch als Geschichte erzählt werden kann, denn genau dies ist es, was Fußballkommentatoren tun. Die einzelnen Ereignisse in einem Spiel sind nicht wilkürlich und bedeutungslos, sondern erhalten im Kontext der Spielregeln eine Bedeutung, sie folgen einer Logik ("Plot") und werden ihre eine chronologische ("Erst war A, dann war B") sowie kontextuelle Anordnung ("Weil A war, folgte B") gebracht. André und Jochen sprachen das ja einmal in einer Folge an, wo sie über eSports sprachen. Quintessenz war: Wenn man keine Ahnung vom Spiel hat, erkennt man auch nicht die Narration, die sich während einer Partie entfaltet. Ist man allerdings in einem Spiel drin, kann man insb. beim eSport sehr gut am eigenen Leib erfahren, wie emotional solche Narrationen werden können, die sich bei einer Partie zwischen zwei Teams ergeben können. Gerade Multiplayer-Titel sind emerging storytelling par excellence.