Runde #093: "Wenn man es drauf anlegt, kann man Mafia 3 als rassistisch sehen"

Alles, was nicht in ein anderes Forum gehört: Hier rein
Forumsregeln
Datenschutzerklärung: https://www.gamespodcast.de/datenschutzerklaerung/
Impressum: https://www.gamespodcast.de/impressum/

Forenregeln und zukünftige Weltverfassung
ART 1: Behandle andere Nutzer mit Respekt.
ART 2: Do NOT piss off the Podcasters

Lies bitte weitere Hinweise hier: viewtopic.php?f=4&t=2789
Benutzeravatar
Wudan
Beiträge: 1274
Registriert: 26. Dez 2015, 21:16
Kontaktdaten:

Re: Folge 93: Diversität in Spielen

Beitrag von Wudan »

Hmm also ich kritisier ja nur höchst selten was bei euch, aber ich muss leider auch sagen das sich der Cast für mich ganz schön gezogen hat. Ich hatte über eine weite Strecke das Gefühl das Jochen seinen Punkt nur ständig wiederholt (Entwickler stehen nicht dazu das ihre Spiele politisch sind), Andre schien vom Thema Nazis höchst gelangweilt, fast schon ablehnend; und es wurde - obwohl es eigentlich ein höchst komplexes Thema ist - unnötig lange nur über 2-3 Punkte mit den "üblichen Verdächtigen" Spielen diskutiert (Dragon Age, Mafia, Mass Effect, Witcher).
Vielleicht hat ein Vorredner recht und ein bisschen Vorbereitung wäre in diesem Fall dem Thema zuträglich gewesen. Aber sei´s drum, um Denkanstöße zu geben war der Cast allemal interessant.
Benutzeravatar
Brahlam
Beiträge: 832
Registriert: 3. Jan 2017, 08:24

Re: Folge 93: Diversität in Spielen

Beitrag von Brahlam »

Mich würde mal interessieren mit welcher Klasse und Rasse Jochen DA:I gespielt hat. Mein letzter Durchlauf war mit einem Homosexuellem Elfen Magier und mit so einem Charakter stößt man quasi ständig auf Intoleranz, zwar Hauptsächlich wegen der Herkunft als Elf und Magier sind ja so oder so immer ein Streitthema, aber auch die Homosexualität wird hier und da als unpässlich angesehen, auch wenn es fast nur in Dialogen und Quests mit und um Dorian und Sera passiert. Aber ehrlich gesagt ist das keine Dumme Entscheidung, denn so kann sich jeder selbst entscheiden ob man sich mit dem Thema in DA:I auseinandersetzen möchte oder nicht in dem er Dialoge und Quests mit diesen Charakteren durchführt oder es eben bleiben lässt. Witziger Fakt am Rande Iron Bull ist so ziemlich egal wo er seine Lanze reinsteckt, der kann von beiden Geschlechtern verführt werden. ^^

Und was die Diversität angeht setzt sich die Inquisition nun mal aus Mitgliedern aller Länder zusammen, da ist es nur verständlich wenn diese alle möglichen Rassen und Hautfarben beinhaltet. Von daher finde ich zumindest das nicht verwunderlich. Auch meine ich das man ein wesentlich größeres Reich bereist als noch in den Vorgängern, quasi ganz Thedas.

Was die Qunari und ihre Hörner angeht bin ich mir auch nicht mehr sicher ob es schon im ersten Teil thematisiert wurde aber Hornlose Qunari sind eher die Ausnahme und werden als etwas besonderes unter den Kossith angesehen. Ist jetzt die Frage ob das im ersten Teil schon so war oder nur mit der Zeit dazugedichtet wurde. Ich glaube aber nicht das Bioware Sten als Schwarzen angelegt hat, mir kam es zumindest nicht einmal in den Sinn.
Aber allgemein sind die Qunari sehr Kontrovers. Einerseits ist ihnen Sexualität dahingehend wichtig das jeder tun und lassen kann was er will, aber es gibt keine Liebe. Und Weibliche Qunari sind dazu verpflichtet Kinder zu zeugen, diese werden aber immer von einer bestimmten Gruppe erzogen und ausgebildet, also es gibt quasi keine Familien. Und wer sich verliebt, was nicht dem Qun entspricht, wird von den Benhassrath(?) umerzogen. Also Gehirnwäsche unterzogen. Für mich wirkte das alles als hätte man Nazi-Hippies erschaffen. Nazis wegen dem einheitlichem Gedankengut und der strikten Rassentrennung (es darf keine Mischung zwischen Kossith und anderen Rassen geben). Man stelle sich nur vor die Erobern die Welt. Dann würde ein großteil der Freidenker und vor allem "Strong Independend Woman" entweder um-erzogen oder entsorgt werden. Eine sehr merkwürdige Kombination. ^^

Hingegen was Lincoln Clay angeht muss ich euch recht geben. Man wollte hier einen Charakter erschaffen der Rassismus ausgesetzt ist, es scheitert aber vorne und hinten an der Umsetzung. Man ist einfach zu mächtig, dabei ist es doch gerade die Machtlosigkeit gegenüber der Regierung und der Misshandlung durch die vorherrschende "Rasse" der eine Minderheit ausgesetzt ist. Und ja er wirkt wie ein tumber Klotz. Nicht unbedingt ideal für einen Mafiosi, schon gar nicht wenn man sich auf die Fahnen schreibt Rassismus zu behandeln und dann so ein Abziehbild als Hauptcharakter verwendet. Da wäre mehr möglich gewesen.
Abgesehen davon tue ich mir sehr schwer auch nur irgendwie Mitleid mit ihm zu empfinden wenn man gerade den gefühlt 1000. Gegner niedergemäht hat, aber das ist allgemein ein Problem bei Open World Titeln.
Jochen

Re: Folge 93: Diversität in Spielen

Beitrag von Jochen »

Brahlam hat geschrieben:Mich würde mal interessieren mit welcher Klasse und Rasse Jochen DA:I gespielt hat. Mein letzter Durchlauf war mit einem Homosexuellem Elfen Magier und mit so einem Charakter stößt man quasi ständig auf Intoleranz
Ich habe einen heterosexuellen Elfen-Bogenschützen gespielt. Intoleranz und Rassismus ist da zwar tatsächlich ein Thema, aber im Vergleich zu Origins - wo rituelle Gruppen-Vergewaltigungen als etwas gesellschaftlich nicht Unübliches dargestellt werden - erheblich reduziert. Das wird ein paar Mal in (optionalen) Dialogen aufgegriffen, spielt erzählerisch aber nahezu keine Rolle. Der Stadtelf-Prolog von Origins beispielsweise setzt sich damit signifikant intensiver und nachdrücklicher auseinander.
Und was die Diversität angeht setzt sich die Inquisition nun mal aus Mitgliedern aller Länder zusammen, da ist es nur verständlich wenn diese alle möglichen Rassen und Hautfarben beinhaltet. Von daher finde ich zumindest das nicht verwunderlich. Auch meine ich das man ein wesentlich größeres Reich bereist als noch in den Vorgängern, quasi ganz Thedas
Der Knackpunkt ist: Ganz Thedas ist nahezu vollständig weiß. Jedenfalls im Entwurf von Origins. Die wenigen dunkelhäutigen Figuren stammen quasi allesamt aus dem kleinen Königreich Rivain, das gewissermaßen Spanien mit seinen maurischen Einflüssen (Qunari) darstellt. Inquisition entwirft die Welt in dieser Hinsicht völlig neu.
Ist jetzt die Frage ob das im ersten Teil schon so war oder nur mit der Zeit dazugedichtet wurde.
Das wurde später ebenfalls umgeschrieben.

An dieser Stelle noch einmal: Ich sage um Gottes willen nicht, dass man das schlimm finden muss. Man kann es selbstverständlich auch begrüßen. Das tue ich grundsätzlich ja auch. Diversität ist kein verwerfliches Gut, sondern ein lobenswertes. Ich find's bloß schade und der künstlerischen Integrität abträglich, wenn man sich nicht die Mühe macht, diese Diversität glaubhaft in die Spielwelt zu integrieren. Letztlich gibt sich Bioware mehr Mühe, die Hörner der Qunari zu erklären als die plötzliche Weltoffenheit und Diversität einer zuvor sehr intoleranten und homogenen Gesellschaft. Auch das muss man nicht schlimm finden. Aber interessant erscheint es mir zumindest.
Benutzeravatar
Blaight
Lord Moderator of the Isles, First of his name
Beiträge: 1552
Registriert: 2. Jun 2016, 10:41

Re: Folge 93: Diversität in Spielen

Beitrag von Blaight »

Der Ton macht die Musik
Ich kannte den Begriff des Mansplaining nicht und habe mich einigermaßen ertappt gefühlt, da auch ich gelegentlich, vorallem bzgl Geschichte, Politik, Literatur und Technik, gerade Frauen gegenüber, eine gewisse Überheblichkeit ausstrahle.

Andre hat vielleicht mit seiner Aussage recht, dass Entwickler aus eigenem Eifer bestimmte Themen integrieren wollen und Jochen hat recht, dass sie dabei das Worldbuilding hintergehen.
Mein Vorschlag zum Mansplaining in Baldur's Gate wäre, dass man, wenn man eine Frau spielt, einen NPC zur Seite gestellt bekommt, der tatsächlich mit einem diese Art von überheblicher, patronisierende, entmündigende Kommunikation zu führen versucht. Oder andersrum, dass man als männliche Figur die Möglichkeit hat bei einem weiblichen NPC so zu handeln und wenn man das tut, sich an irgendeiner Stelle richtig zum Narren macht.

Auch cool wäre es meiner Ansicht nach, wenn man einen NPC als Loveinterest präsentiert bekommt, wo das Geschlecht nicht klar ist. Beim dem es keine Rolle spielt, ob männlich oder weiblich, sondern nur ob witzig, loyal, willensstark oder was sonst noch als attraktiv empfunden wird. Man muss diese Figur lieben, weil sie so gut geschrieben ist. Man ist mit dieser Figur durch dick und dünn und es ist mehr als Freundschaft und am Ende ist es egal ob es eine Frau, ein Mann oder ein Transgender ist. Wer schafft, eine Geschichte und Figuren darin dermaßen gut zu schreiben, der wird einen großen Schritt in der Debatte machen.

Übrigens finde ich die homosexuelle Version für den FemShep in ME gar nicht schlecht.


Wie überdrüssig die Menschen der Thematik in der derzeitigen Form sind liest man ja auch hier heraus:
mart.n hat geschrieben:Die Folge lass ich mal aus, ich kann das Thema echt nicht mehr hören. Ist ja schon soweit, dass Spiele bzw Filme auf einigen Seiten nur auf Grund des diversen Casts hochgejubelt werden und die restliche Qualität völlig irrelevant ist. Hauptsache alles ist vertreten und am besten Unisex Toiletten für alle dabei. ;)
Und das ist schrecklich, denn das Thema ist wichtig. Wenn man nichtmal Jochen und Andre zutraut das Thema differenziert anzugehen, dann hat man bereits aufgegeben sich der Debatte überhaupt zu stellen. Doch es geht andersrum genauso. Mein allseits beliebter Duncan Shields hat mal in einem Video versucht den Umgang mit Frauen im esport zu analysieren, das Video geht fast 45 min lang (https://www.youtube.com/watch?v=pkcRy0F3xyE" onclick="window.open(this.href);return false;), und wurde bei reddit aus dem anderen Extrem der Diskussionsecke als Hate-Speech abgestempelt. Und das ist genau der gleiche Unfug! Es findet keine zielführende Diskussion statt, zwischen denjenigen, denen das alles zuviel wird, und denjenigen, die mit zu viel Hysterie an die Sache herangehen.
Benutzeravatar
Brahlam
Beiträge: 832
Registriert: 3. Jan 2017, 08:24

Re: Folge 93: Diversität in Spielen

Beitrag von Brahlam »

Jochen hat geschrieben:Letztlich gibt sich Bioware mehr Mühe, die Hörner der Qunari zu erklären als die plötzliche Weltoffenheit und Diversität einer zuvor sehr intoleranten und homogenen Gesellschaft. Auch das muss man nicht schlimm finden. Aber interessant erscheint es mir zumindest.
Wäre natürlich interessant zu erfahren ob hier wirklich einfach nur Diversifiziert wurde um der Diversität Willen, oder ob es auch einen Hintergrund in der Geschichte dazu gibt und dieser nur der Schere zum Opfer fiel. Ich vermute aber eher das man sich wirklich keinen Großen Kopf darum gemacht hat. Was wirklich schade ist. Da hätte durchaus einiges Story Potential geschlummert.

Euer Star Trek Beispiel hat auch gut dazu gepasst, ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen wie die gesamte Menschheit jemals diesen Punkt erreicht, an dem alle Religionen und Nationen gleichberechtigt zusammenarbeiten. Es widerstrebt einfach der Menschlichen Natur nicht nach Macht (Geld in den meisten Fällen) und Geltung zu streben und sich als Höher wertig zu betrachten. Das irgendwann der Punkt erreicht ist an dem dieses Streben aus den Menschen rausge“patcht“ wird, wage ich zu bezweifeln. Schon gar nicht durch die Möglichkeit den Weltraum zu bereisen, da geht dann eher der Kapitalismus mit den Menschen durch, wer als erstes welches Stück Weltraum für sich beanspruchen kann und am meisten Profit damit macht. Gefolgt von noch mehr Minderheiten: „die Typen von den Saturn Monden sind alle nur Diebe und Gesindel“. … Menschen sind halt Arschlöcher. Das ist so und bleibt immer so. :-P

Auch ein tolles Beispiel ist die Verfilmung vom Dunklem Turm von Steven King die dieses Jahr in die Kinos kommt. Idris Elba spielt jemanden der in den Romanen weißer nicht sein könnte. Sicher ist Idris Elba ein guter Schauspieler aber mich würde mal interessieren warum man zu dieser Wahl kam? Sicher Clint Eastwood ist zu alt, aber es wird doch ähnliche Schauspieler geben die wenigstens den Beschreibungen im Buch ein bisschen ähneln. Habe auch hier die Befürchtung das man durch diese Wahl mal wieder nur ein Statement setzen möchte ohne Rücksicht auf die Fans der Vorlage. :-/

Spannend wird dann ob sie in der Serie die danach produziert werden soll dann konsequent sind und einen schwarzen Schauspieler verwenden oder wieder einen Weißen, was dann sämtliche Zuschauer noch mehr verwirren wird… ^^
Benutzeravatar
Scheinprobleme
Beiträge: 42
Registriert: 4. Okt 2016, 20:45
Kontaktdaten:

Re: Folge 93: Diversität in Spielen

Beitrag von Scheinprobleme »

Vinter hat geschrieben:
Marius hat geschrieben: Oft ist der Wunsch, ein Spiel solle unpolitisch sein, aber tatsächlich einfach nur der Wunsch, wenigstens in Spielen mit politischer Polarisierung und dem Versuch politischer Belehrung in Ruhe gelassen zu werden.
Ich glaube du verkennst da ganz eindeutig das Problem. Du als (ich prognostiziere das jetzt einfach mal) weißer, heterosexueller Mann willst in Spielen mit politischer Polarisierung in Ruhe gelassen werden. Aus der Sicht einer schwarzen, homosexuellen transgender Frau ist dann aber beinahe JEDES Spiel eine politische Polarisierung. Denn sie zeigen Welten, in der sie keinen Platz hat. In der sie als Person und ihre Probleme nicht relevant sind. In der Frauen höchstens der hilflose McGuffin sind, der vom starken männlichen Hauptcharakter gerettet werden muss.
Eigentlich möchte ich nur Vinter für diesen wunderbaren Forumsbeitrag danken. Es ist schön, wenn es jemand schafft die eigene Einstellung unaufgeregt und differenziert in Worte zu fassen. Danke dafür. :)

Zum Cast muss ich leider sagen, dass auch ich ihn nicht zu Ende hören konnte und dass mir das das erste Mal passiert ist. Die Debatte um Diversität in Spielen und Medien ist meiner Ansicht nach bereits so viel weiter und differenzierter, als es hier dargestellt werden konnte. Vielleicht kamen ja in der 2. Hälfte auch noch aktuellere und weitere Thesen zur Sprache, das mag sein, dann war nur mir persönlich das Kratzen an der Oberfläche am Anfang zu viel. Nun, traf halt ausnahmsweise nicht meinen Geschmack, aber kann passieren. Danke trotzdem :)
Ubique
Beiträge: 209
Registriert: 5. Apr 2016, 10:10

Re: Folge 93: Diversität in Spielen

Beitrag von Ubique »

Ich möchte dem Diskussionsteilnehmer Vinter für seine Beiträge in diesem Thread danken. Ich für meinen Teil kann seinen Aussagen nur voll und ganz beipflichten.
Benutzeravatar
Ines
Beiträge: 361
Registriert: 27. Sep 2016, 07:22

Re: Folge 93: Diversität in Spielen

Beitrag von Ines »

So.
*angry-woman-mode on*: Ich kann den Aussagen in der Folge an vielen Stellen zustimmen, aber irgendwie ermüdet mich die Diskussion auch ein bisschen. Und nun muss es raus, ich kann es nicht nicht sagen: Ich will mehr Spiele, die für mich - also meine Zielgruppe - gemacht werden! Möglichst gute Spiele natürlich, mit glaubhaften Charakteren und stimmigen Welten und allem, aber ich bin auch durchaus bereit, meinen Anteil an schlechten Spielen zu nehmen, mit dem wir ja alle leben müssen. Bestimmt geht es anderen (People of Color, LGBT...) da ähnlich. *angry-woman-mode off*
Die Darstellung von realistischen Problemen dieser Gruppen finde ich allerdings, wie schon gesagt, nicht immer ganz unproblematisch, weil das echt belastend sein kann, wenn man sich im Alltag zum Beispiel mit sexualisierter Gewalt herumschlagen muss, oder auch nur Angst davor hat (und das geht vielen Frauen so) und dann plötzlich im Spiel mit sowas konfrontiert ist. Da halte ich auch die Distanz für geringer, als sie im Film beispielsweise wäre. Die Identifikation mit der Figur, der da etwas angetan wird, kann höher sein, und das ist durchaus fies. Ich weiß nicht, wie hoch der Anteil von PoC oder LGBT ist, die Erfahrungen mit Ausgrenzung und Gewalt haben und hier eine gewisse psychische Verletzlichkeit aufweisen, ich weiß aber, dass der Anteil an Frauen, die irgendeine Form von sexualisierter Gewalt erlitten haben, echt hoch ist, und dass das etwas ist, was häufig gesundheitliche Folgen hat. Deshalb finde ich es wichtig, zu thematisieren, wie mit solchen Themen umgegangen wird. Hier ist ein Artikel dazu:
https://broadly.vice.com/de/article/wir ... elen-reden
Das ist ein Teil, der mir in der Diskussion manchmal zu kurz kommt.

Noch ein kleiner Punkt, der hier im Thread kurz angesprochen wurde: ich bin sehr für weibliches Kanonenfutter, weil das ja dann keine wehrlosen Frauen sind, die beschützt werden müssen, sondern man sie einfach gleichberechtigt über den Haufen schießt. Vielleicht sogar "hässliche" Frauen (also solche, die nicht den Schönheitsnormen entsprechen)!
"Se faire objet, se faire passive, c'est tout autre chose q'être un objet passif" (S. de Beauvoir)
Benutzeravatar
Dostoyesque
The Half-Banned
Beiträge: 1154
Registriert: 26. Nov 2015, 13:09
Wohnort: Franklin Terrace, West Baltimore

Re: Folge 93: Diversität in Spielen

Beitrag von Dostoyesque »

Es wurde viel angesprochen, kann mich weiß Gott nicht an alles erinnern, aber hier ein paar Cent:

Ich war bei der Mafia 3 Diskussion doch etwas verwundert, vor allem, als Andre den Vorwurf in den Raum geworfen hat, dass der Protagonist aus Mafia 3 rassistischen Klischees entspreche. Imo hat man hier auf rein ästhetischer Ebene das besten aus allen Welten: Imo muss die Hauptinspiration für den Protagonisten, rein optisch, Muhammad Ali gewesen sein. Er heißt sogar "Clay", wie Ali vor seiner Namensänderung eben auch. Ich würde ihn auch als gutaussehend beschreiben, ist aber natürlich Geschmackssache. Gleichzeitig verkörpert Ali eben nicht nur den dummen Kämpfer, sondern einen Afroamerikaner, der sich wiederholt zu seiner aktiven Zeit gewählt (wenn auch entschieden) ausdrücken konnte im Bezug auf aktuelle, politische Themen. Imo hat man mit Ali die perfekte Vorlage für einen "Actionstar" gefunden, der nicht nur auf seine wilde Persönlichkeit und Kraft (ala "der böse schwarze Mann") reduziert werden kann. Noch dazu war er (im Gegensatz zu Ali) Kriegsveteran, auch etwas, was bei amerikanischem Publikum erst Mal gut rüberkommt. Insgesamt war der Protagonist für die Ära imo nahezu perfekt konzipiert. Kann den weiteren Verlauf im Spiel nicht beurteilen, aber die Konzeption passt imo.

Was DA:I angeht: Klar kann man sich hier über inkongruentes lore in Sachen Diversität beklagen. Gleichzeitig muss ich aber auch sagen, dass DA:I in Sachen art design so dermaßen andersartig ist als das art design in allen anderen Spielen der Reihe, dass das imo nicht mal auffällt. Hautfarben sind DA:Is kleinstes Problem. Hier noch auf lore continuity zu pochen ist zwecklos. Das beginnt allein schon damit, dass die Rassen schlicht anders aussehen. Ich wollte einen nahen Verwandten meines Protagonisten aus DA:O in DA:I kreiieren (Elfen Schurke), konnte das aber auf Gedeih und Verderb nicht schaffen, weil die Basischarakteristika im editor das nicht erlauben. Allein schon der Körperbau und die Proportionen sind ganz anders. Wenn also die Knochenstruktur sich phänotypisch grundlegend unterscheidet, fang ich gar nicht erst mit Hautfarben an, imho.

Ich finds auch bedauerlich, dass DA2 hier als Negativbeispiel aufgeführt wurde. Klar - ich fands auch uncool, als die Qunari auf einmal anders aussahen, aber insgesamt wird DA2 in narrativer Hinsicht sehr unfair behandelt. Imo ist es eins der wenigen Rollenspiele, die Klassenkämpfe und Konflikte innerhalb einer Gesellschaft wirklich spürbar vermittelt haben. Ich fands fantastisch, wie mir in diesem Spiel einerseits die Geschichte vom Champion von Kirkwall erzählt wurde und andererseits der Konflikt zwischen Magiern und Templern behandelt wurde MIT der spürbar hochbrodelnden Gefahr, die die Qunari darstellen. Nichts war zu dick aufgelegt, alles wurde imo sehr respektvoll erzählt, ohne zu pathetisch zu werden. DA2 erzählt eine meiner Lieblingsgeschichten im RPG Bereich. Ich finds unheimlich schade, dass die Risiken, die Bioware mit DA2 eingegangen ist nie gewürdigt wurden. Deswegen gibts seitdem auch nur den high-stakes Actionmist von Bioware. DA2 hat eine kleine, low-stakes Geschichte erzählt, die von der Struktur her sehr an die Struktur vom ersten Mafia erinnert: Es wird eine Geschichte eines Individuums und seinem Familien-/ Freundeskreis erzählt, die sich über Jahre streckt, vom Flüchtling zum Champion. Es werden auch immer wieder einige Jahre übersprungen (im Gegensatz zu DA:O passiert die Handlung in DA2 nicht innerhalb von gefühlt 10-20 Tagen), damit der Aufstieg auch glaubwürdig bleibt. Klar, DA2 war in Sachen gamedesign nicht perfekt, deswegen auch sicher kein DA:O in Sachen Gesamtkonzept, aber narrativ funktioniert es (mal abgesehen von den Begleitern) besser als DA:O. Was Diversität angeht fällt mir ehrlich gesagt nur Fenris als Negativbeispiel ein. Der schien direkt ausm Anime zu sein.

Was The Witcher angeht: Imo findet diese Reihe (auch wenn ich kein Fan der Bücher bin) im Spielebereich die perfekte Balance: Im Gegensatz zu Jochen würde ich durchaus behaupten, dass es Diversität gibt. Sie wird eben nur nicht durch den Konflikt zwischen "Schwarzen" und "Weißen" dargestellt. The Witcher abstrahiert diesen Konflikt auf Konflikte, die innerhalb der Spielwelt eben Sinn machen. Nichtsdestotrotz ist es sehr leicht übertragbar auf Konflikte, die sich in unserer Gesellschaft auftun. Ich würde TW jetzt nicht als high art bezeichnen, aber gute Kunst macht eben genau das. Wie viele "Schwarze" und "Weiße" sich in dem Spiel tummeln ist imo letztlich eine kindische Diskussion. Das Spiel wär für Aussenstehende sicher safer in Sachen Diversität, wenns mehr Schwarze gäbe, aber im wesentlichen zählt der vom Spiel tatsächlich erzählte Inhalt, nicht irgendeine Metastatistik. Wenn der erzählte Inhalt nicht stimmen würde hätte das Spiel ein echtes Problem. Das hat es aber in dieser Hinsicht nicht.
Lo-lo-look at you, poster-r: a pa-pa-pathetic creature of meat and bone, panting and sweating as you r-read through my post. H-how can you challenge a perfect, fat machine? - asfm
Good night, sweet prince, And flights of angels sing thee to thy rest!
Marius
Beiträge: 283
Registriert: 12. Feb 2016, 22:10

Re: Folge 93: Diversität in Spielen

Beitrag von Marius »

Vinter hat geschrieben:
Marius hat geschrieben: Oft ist der Wunsch, ein Spiel solle unpolitisch sein, aber tatsächlich einfach nur der Wunsch, wenigstens in Spielen mit politischer Polarisierung und dem Versuch politischer Belehrung in Ruhe gelassen zu werden.
Ich glaube du verkennst da ganz eindeutig das Problem. Du als (ich prognostiziere das jetzt einfach mal) weißer, heterosexueller Mann willst in Spielen mit politischer Polarisierung in Ruhe gelassen werden. Aus der Sicht einer schwarzen, homosexuellen transgender Frau ist dann aber beinahe JEDES Spiel eine politische Polarisierung. Denn sie zeigen Welten, in der sie keinen Platz hat. In der sie als Person und ihre Probleme nicht relevant sind. In der Frauen höchstens der hilflose McGuffin sind, der vom starken männlichen Hauptcharakter gerettet werden muss.[...]
Natürlich kann man, wenn man es obsessiv genug darauf anlegt, fast überall eine politische Thematik oder sogar Aussage entdecken. Es geht mir darum, dass ich es für legitim halte, wenn man sich als Spieler wünscht (ich tue das meist auch), dass sich Entwickler mit politischen Aussagen und Belehrungen, ob explizit oder implizit, in ihren Spielen zurückhalten (wie sie sich außerhalb von ihren Spielen äußern, ist mir egal). Auch wenn sich die Ansichten des Entwicklers (sprich: v.a. der Autoren) immer irgendwie auf das Spiel auswirken, so kann ein Entwickler entweder versuchen, sich damit so gut es geht zurückzuhalten (auch um nicht einen Teil des Publikums zu verprellen), oder er kann im Gegenteil versuchen, diese sehr bewusst prominent in seinem Spiel zu platzieren, um den Spieler zu belehren. Und letzteres stört mich persönlich auch, und zwar selbst dann, wenn es inhaltlich meiner Meinung im Grunde entspricht.
Jeder hat da sicherlich eine andere Schwelle, was nach akzeptabel ist, die auch je nach konkreter Aussage (ob sie der eigenen Meinung entspricht oder nicht) unterschiedlich sein kann. Mir persönlich gefällt z.B. Gone Home sehr gut, finde es aber legitim, wenn sich jemand davon belehrt fühlt und ihn das stört. Ich persönlich habe kein Problem mit der Darstellung von Diversität und Sexualität in Bioware-Spielen, auch nicht im Hinblick auf die Konsistenz der Spielwelt (habe von den neueren nur Dragon Age Origins und 2 und Mass Effect gespielt), aber ich halte es für nachvollziehbar und legitim, wenn sich jemand daran stört, dass die Autoren ihre politischen Einstellungen bewusst prominent und plakativ platzieren.
Kann das auch aus „verwerflichen“ Motiven geschehen? Natürlich. Auch z.B. Rassisten spielen Spiele, und die stört es dann vielleicht, wenn z.B. Schwarze positiv dargestellt werden. Aber das ist denen ihr Problem. Ich will nicht wegen einiger Idioten mit politischen Botschaften belästigt werden, und sei es auch noch so gut gemeint. Und außerdem: Je direkter und ausdrücklicher so etwas geschieht, desto durchschaubarer und wirkungsloser ist es.
Und es gibt genug Spiele, die meiner Meinung nach höchstens mit viel Fantasie politisch sind (nur mal aus dem Bauch heraus: Journey, The Last of Us, Dark Souls, Tomb Raider, Super Mario (ja ich weiß, sexistisch), Monkey Island, Need for Speed). Ich würde sagen, die allermeisten Spiele sind jedenfalls darum bemüht, unpolitisch zu sein und niemanden vor den Kopf zu stoßen.
Vinter hat geschrieben:
Ein Plädoyer für die Homo-Ehe, am besten noch verbunden mit einem klaren Gut-Böse-Schema, eine undifferenzierte Verurteilung von deren Gegner?
Doch. Muss. Es kann für Menschenhass keine Entschuldigung geben. Und wenn der Charakter homophob oder Rassist ist, dann ist er unweigerlich als Arschloch angelegt. Was will man denn da differenzieren? Wie will man denn da NICHT Arschloch sein?
Na, jetzt lass mal die Kirche im Dorf. Ich habe geschrieben: Ablehnung der Homo-Ehe. Da gleich mit Menschenhass, Homophobie, Rassismus und Arschloch zu kommen, ist vielleicht ein kleines bisschen übertrieben. Außerdem war es nur ein Beispiel.
Zuletzt geändert von Marius am 17. Jan 2017, 19:30, insgesamt 1-mal geändert.
Benutzeravatar
Vinter
Foul Tarnished
Beiträge: 5061
Registriert: 25. Jan 2016, 02:50

Re: Folge 93: Diversität in Spielen

Beitrag von Vinter »

Marius hat geschrieben: Es geht mir darum, dass ich es für legitim halte, wenn man sich als Spieler wünscht (ich tue das meist auch), dass sich Entwickler mit politischen Aussagen und Belehrungen, ob explizit oder implizit, in ihren Spielen zurückhalten
Der Kernsatz an der Stelle ist, dass das, was die Leute als "unpolitisch" wahrnehmen in Wahrheit gar nicht unpolitisch ist - sondern ihnen nur nicht (negativ) als politisches Statement auffällt, weil es ihre weiß-männlich-heterosexuelle Lebenswirklichkeit nicht berührt. Aber virtuelle Welten, in denen weiße Heteros die "Guten" sind und die Araber die Bösen, SIND ein politisch Statement. Das versuch dir klar zu machen.

Stelle dir eine Welt vor, in der jeder Spielcharakter eine schwarze, lesbische Transfrau ist - und wenn man sich dahingehend äußert, dass es schön wäre, wenn auch mal deine (weiße/männliche/hetero) Lebensrealität abgebildet werden soll heißt es lapidar, dieser Politikquatsch hat nix in Spielen zu suchen. Stell dir eine Welt vor, in der Menschen wie du nur als Kanonenfutter dienen - immer und immer wieder. https://fahrplan.events.ccc.de/congress ... /8419.html" onclick="window.open(this.href);return false;

Es ist halt sehr bequem, von diesen Thematiken nichts hören zu wollen, wenn man selbst zu einer Gruppe zählt, die nicht ständig im Alltag mit Rassismus/Sexismus/Homophobie konfrontiert wird. Das ist dann nur das Problem der anderen und die ständige Diskussion darüber allerhöchsten lästig.
Spieleankündigungen und - updates 2024

Alle Spiele
Alle Streams
Marius
Beiträge: 283
Registriert: 12. Feb 2016, 22:10

Re: Folge 93: Diversität in Spielen

Beitrag von Marius »

Vinter hat geschrieben:Der Kernsatz an der Stelle ist, dass das, was die Leute als "unpolitisch" wahrnehmen in Wahrheit gar nicht unpolitisch ist - sondern ihnen nur nicht (negativ) als politisches Statement auffällt, weil es ihre weiß-männlich-heterosexuelle Lebenswirklichkeit nicht berührt. Das versuch dir klar zu machen.
Aber was ist denn z.B. an Journey oder Tomb Raider oder Half-Life politisch, das ich nur nicht erkenne, weil ich ein "privilegierter weißer heterosexueller Mann" bin? (P.S.: Ich vergaß: cisgender ;) )
Vinter hat geschrieben:Stelle dir eine Welt vor, in der jeder Spielcharakter eine schwarze, lesbische Transfrau ist - und wenn man sich dahingehend äußert, dass es schön wäre, wenn auch mal deine (weiße/männliche/hetero) Lebensrealität abgebildet werden soll heißt es lapidar, dieser Politikquatsch hat nix in Spielen zu suchen.
Aber ich habe doch schon geschrieben, dass ich überhaupt kein Problem damit habe, wenn ein Entwickler jedem Grüppchen seine Identifikationsfigur gibt. Ich persönlich habe mich z.B. in Tomb Raider aber nie an der weiblichen Protagonistin gestört und spiele auch ab und zu weibliche Hauptpersonen. Ich brauche keine Hauptfigur, die das gleiche Geschlecht oder die gleiche Hautfarbe hat wie ich, viel wichtiger sind Charaktereigenschaften, und auch da stört es mich nicht sonderlich, wenn die abweichen. Ich finde das für sich genommen auch noch nicht politisch. Ich will nur nicht, dass mir der Entwickler seine politische Auffassung aufoktroyiert.
Vinter hat geschrieben:Stell dir eine Welt vor, in der Menschen wie du nur als Kanonenfutter dienen - immer und immer wieder. https://fahrplan.events.ccc.de/congress ... /8419.html" onclick="window.open(this.href);return false;
So wie Deutsche in 2. Weltkriegs-Shootern? Das verkrafte ich eigentlich ganz gut.
Vinter hat geschrieben:Es ist halt sehr bequem, von diesen Thematiken nichts hören zu wollen, wenn man selbst zu einer Gruppe zählt, die nicht ständig im Alltag mit Rassismus/Sexismus/Homophobie konfrontiert wird. Das ist dann nur das Problem der anderen und die ständige Diskussion darüber allerhöchsten lästig.
Ich glaube nicht, dass die meisten Frauen unbedingt Sexismus in Spielen thematisiert haben müssen, Schwarze Rassismus und Homosexuelle Homophobie. Die wollen sicherlich auch nicht ständig mit diesen Themen in ihren Spielen konfrontiert werden. Wenn sie einfach mal dem Alltag entfliehen wollen, was ist dann so verwerflich daran, wenn sie eben keine expliziten oder impliziten politischen Aussagen zu diesen Thematiken in ihren Spielen haben wollen?
Benutzeravatar
Vinter
Foul Tarnished
Beiträge: 5061
Registriert: 25. Jan 2016, 02:50

Re: Folge 93: Diversität in Spielen

Beitrag von Vinter »

Zw. Nazis und mir als Besitzer eines deutschen Passes liegt so eine enorme Abstraktionsebene, dass mir der Gedanke nicht mal gekommen ist, als ich das geschrieben hab. Ich glaub, dass ist schon noch mal was anderes, als die permanente Darstellung junger Muslime als potentielle Bedrohung, die seit ~15 Jahren quer durch alle Medien stattfindet. Ich bin jedenfalls nicht aufgewachsen unter dem ständigen Eindruck, dass Feindbild für alle zu sein - dass das bei jungen Muslimen derzeit auch so sein soll, kann ich kaum glauben.

Edit: Es geht ja nicht darum, immer explizit Sexismus/Rassismus/Homophobie anzusprechen. Aber in aktuellen Shootern schießen eben seit Jahren primär gute weiße Westler auf böse Araber - dass ist Teil des aktuellen Narrativs. Klar gibt es Gegenbeispiele, aber eine Tendenz zu leugnen ist unredlich. Es geht also eher nicht darum, dass ich mit einen erhobenen Zeigefinger in jedem Spiel wünsche, sondern einfach nur um die Feststellung, welche Darstellungen auch implizit ein gewisses Weltbild vermitteln. Also nicht "Sexismus/Rassismus ist böse, Dude", sondern einfach mal eine positive bzw. schlicht "normalisierende" Darstellung von "abweichenden" Lebensarten - und das ist imho die Art und Weise, wie z.B. Homosexuelle aktuell vielfach in Medien dargestellt wird, siehe z.B. Modern Family. Da sind halt Leute schwul - aber die Serie rechtfertigt sich nie dafür oder stellt sie relativ zu anderen außergewöhnlich positiv dar. Das es da draußen, insbesondere auch bei Videospielen, auch unfassbar schlechte Darstellungen gibt, darüber brauchen wir uns nicht streiten, siehe der Transmann in AC:Syndicate.

Und es geht im übergeordneten Kontext ja auch nur um Videospiele als Teil einer Medienlandschaft. Das fängt beim Gatekeeping in der Zeitung an, die ein verzerrendes Bild wiedergeben, weil Negativschlagzeilen über Moslems gut klicken und hört beim Videospiel noch lang nicht auf.
Zuletzt geändert von Vinter am 17. Jan 2017, 20:22, insgesamt 1-mal geändert.
Spieleankündigungen und - updates 2024

Alle Spiele
Alle Streams
Marius
Beiträge: 283
Registriert: 12. Feb 2016, 22:10

Re: Folge 93: Diversität in Spielen

Beitrag von Marius »

Naja, islamistische Terroristen sind nunmal zur Zeit das realistischste Feindbild. Dafür können Spieleentwickler nichts, das muss keine politische Aussage sein. Wenn sich ein junger Moslem mit islamistischen Terroristen identifiziert, dann ist das sein Problem.

Außerdem erschießt man in 2.WK-Shootern u.a. Wehrmachtssoldaten, das müssen nicht Nazis sein, und zu denen haben viele, auch ich, einen gewissen Bezug, vielleicht sogar Sympathie, weil das auch die eigenen Großväter gewesen sein könnten. Trotzdem fühle ich mich nicht diskriminiert.
Benutzeravatar
Vinter
Foul Tarnished
Beiträge: 5061
Registriert: 25. Jan 2016, 02:50

Re: Folge 93: Diversität in Spielen

Beitrag von Vinter »

Es sind ja nicht nur die jungen Muslime, die sich mit Videospielterroristen identifizieren, es sind auch nicht-Muslime, die aus Videospielterroristen Rückschlüsse auf die Realität ziehen.
Spieleankündigungen und - updates 2024

Alle Spiele
Alle Streams
Benutzeravatar
Ines
Beiträge: 361
Registriert: 27. Sep 2016, 07:22

Re: Folge 93: Diversität in Spielen

Beitrag von Ines »

Marius hat geschrieben:
Vinter hat geschrieben:Es ist halt sehr bequem, von diesen Thematiken nichts hören zu wollen, wenn man selbst zu einer Gruppe zählt, die nicht ständig im Alltag mit Rassismus/Sexismus/Homophobie konfrontiert wird. Das ist dann nur das Problem der anderen und die ständige Diskussion darüber allerhöchsten lästig.
Ich glaube nicht, dass die meisten Frauen unbedingt Sexismus in Spielen thematisiert haben müssen, Schwarze Rassismus und Homosexuelle Homophobie. Die wollen sicherlich auch nicht ständig mit diesen Themen in ihren Spielen konfrontiert werden. Wenn sie einfach mal dem Alltag entfliehen wollen, was ist dann so verwerflich daran, wenn sie eben keine expliziten oder impliziten politischen Aussagen zu diesen Thematiken in ihren Spielen haben wollen?
Genau das ist das, was ich meine. Aber Spiele können ja auch divers sein, ohne diese Probleme darzustellen. Spielwelten, in denen Frauen, Schwarze, Homosexuelle, Transpersonen und möglicherweise auch Menschen mit Behinderung als positiv wahrnehmbare (Identifikations-)Figuren vorkommen, ohne dass immer (!) deren reale Probleme thematisiert werden, wären total nett. Ansonsten wird schlimmstenfalls ein Spiel zu einer Art Erklär-Erfahrung für "weiße Männer", die endlich mal sehen sollen, wie das so ist. Aber gut wäre es trotzdem, wenn diese Diversität vorkäme. Auch das ist aber wieder eine politische Aussage.
"Se faire objet, se faire passive, c'est tout autre chose q'être un objet passif" (S. de Beauvoir)
Benutzeravatar
Erlkönig
Beiträge: 27
Registriert: 17. Jan 2017, 20:31

Re: Folge 93: Diversität in Spielen

Beitrag von Erlkönig »

Tiberias hat geschrieben:
Decius hat geschrieben:Nilfgaard in den Büchern ist ganz klar ein verbrähmtes Nazideutschland. In den Spielen ist es dagegen viel stärker an das römische Reich (ästhetisch) und ein Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation mit einem stärkeren Kaiser und Zentralorganisation (politisch) angelehnt und die Nazibezüge wurden stark abgeschliffen und reduziert. Entsprechend ist Nilfgaard in den Spielen auch deutlich positiver und deutlich weniger der große Antagonist (vor allem in Teil 3) als das Nilfgaard in den Büchern. Was aber auch Storygründe hat (eines der Enden mit Ciri würde mit Nazi-Nilfgaard deutlich schlechter funktionieren).
So sehe ich das auch. Ich habe bis jetzt nur die Kurzgeschichten gelesen und als Jochen das mit seiner Nazi These raushaute kenne ich halt nur die "Spiel-Nilfgarder" und dachte mir Waaaaas? Wo hat der das denn her? Mag ja sein, dass das in den Büchern mit leichter NS-Doktrin beschrieben wird, im Spiel ist da jedoch nichts mehr von übrig. Naja, vllt. abgesehen vom zentralen Kaiser :roll:
Auch die visuelle Darstellung erinnert eher Gothische Ritter und die Architektur (bsp. Thronsaal in Wyzima) an Gothische Kathedralen.
Mag sein, dass das für die Bücher nicht gilt, für's SPIEL aber ist mir die Nazi-These hier zu plumb.

Ich weiß ohnehin nicht so wirklich wo ich mit dieser Folge hin soll. Irgendwie kann ich das gehörte noch nicht so wirklich einordnen bzw. stimme ich ausnahmsweise bis jetzt nur in wenigen Punkten mit euch überein. Naja, ich werde die Folge in den nächsten Tagen nochmal hören. Vllt. ändere ich meine meinung ja noch.
Auch ich kann Dir bestätigen, dass in den Büchern die Parallelen von Nilfgaard zu Nazi-Deutschland einem nahezu ins Gesicht springen. Die von Jochen bereits angesprochene frappierend an den Ostfeldzug erinnernde Einteilung der Heeresgruppen, wie auch das gesamte Militärvokabular sind einfach zu eindeutig. Mir ist es damals spätetestens wie Schuppen von den Augen gefallen, als die generelle Kriegstaktik der Nilfgaarder als "blitzkriegsartig" bezeichnet wird, in deren Fokus schnelle, mobile und schwergepanzerte Kavallerie steht, die tief in feindliche Hinterland vorstößt. Wer da nicht an Panzer denkt, dann weiß ich auch nicht... :roll:

Wenn man das ganze sogar noch weiter spinnt ist die Parallele zu wahren geschichtlichen Ereignissen nahezu perfekt, selbst in den Spielen. So habe ich damals beim Spielen erwartet, dass Novigrad für die Nilfgaarder wie das Stalingrad für die Wehrmacht wird. Je nach Ende trifft das ja auch zu.

War auch ein Grund, warum mich Witcher 3 damals übrigens (zwar auf hohem Niveau aber trotzdem) enttäuscht hat:
Ich erwartete die große Konfrontation und das Finale in einer großen Schlacht um Novigrad, wo man letztlich für eine der konkurrierenden Mächte hätte Partei ergreifen müssen. Mensch wäre das episch gewesen wie damals zu Beginn von Witcher 2 La Valette zu stürmen oder Vergen zu verteidigen nur jetzt alles nochmal zwei Nummern größer mit Novigrad. Aber gut da hatte ich selbst einfach zu große Erwartungen :D
Marius
Beiträge: 283
Registriert: 12. Feb 2016, 22:10

Re: Folge 93: Diversität in Spielen

Beitrag von Marius »

Vinter hat geschrieben:Also nicht "Sexismus/Rassismus ist böse, Dude", sondern einfach mal eine positive bzw. schlicht "normalisierende" Darstellung von "abweichenden" Lebensarten - und das ist imho die Art und Weise, wie z.B. Homosexuelle aktuell vielfach in Medien dargestellt wird, siehe z.B. Modern Family. Da sind halt Leute schwul - aber die Serie rechtfertigt sich nie dafür oder stellt sie relativ zu anderen außergewöhnlich positiv dar. Das es da draußen, insbesondere auch bei Videospielen, auch unfassbar schlechte Darstellungen gibt, darüber brauchen wir uns nicht streiten, siehe der Transmann in AC:Syndicate.
Das sehe ich grundsätzlich auch so. Wie Du selbst sagst, kommt es im Einzelfall darauf an, wie es gemacht wird. Ich möchte da übrigens Transparent hervorheben, wo es nur um "Aufregerthemen", aber in einer so persönlichen und meistens "unpolitischen" Art, dass ich selten den Eindruck hatte, jetzt belehrt zu werden.
Vinter hat geschrieben:Es sind ja nicht nur die jungen Muslime, die sich mit Videospielterroristen identifizieren, es sind auch nicht-Muslime, die aus Videospielterroristen Rückschlüsse auf die Realität ziehen.
Das sind dann aber Idioten, und ich halte es für falsch, Inhalte zu verändern, weil irgendwelche Idioten die Call-of-Duty-Handlung und die Realität nicht unterscheiden können.
Klar wäre eine ausgewogene und differenzierte Darstellung wünschenswert. Aber das werden wir in einem Call of Duty kaum bekommen. Das hat halt eine klischeehafte Action-Handlung, die auf den kleinsten gemein gemeinsamen Nenner reduziert ist. Finde ich das gut? Nein. Aber ich glaube, die meisten können da schon zwischen Spielehandlung und Realität trennen. Wer das nicht kann, dem ist ohnehin nicht zu helfen.

Mir fällt da übrigens die von mir "geliebten" Deponia-Spiele ein. Der dritte Teil wurde bei Rock Paper Shotgun sehr kontrovers besprochen: https://www.rockpapershotgun.com/2013/1 ... e-deponia/.
Ich habe es irgendwann doch gespielt, aber ich fand diese rassistischen und sexistischen Untertöne (auch in anderen Spielen der Reihe, z.B. bei Lotti) daneben und nicht einmal lustig. Darauf hätte man gerne verzichten können. Gleichzeitig glaube ich nicht, dass Poki damit eine politische Aussage bezweckt hat, sondern einfach nur ein paar geschmacklose politisch unkorrekte Scherze machen wollte. Bei diesen Darstellungen ist ebenfalls zu hoffen, dass die Spieler klug genug sind, das von der Realität zu unterscheiden und dass nicht doch etwas hängen bleibt.
Claudine_Salome hat geschrieben:
Marius hat geschrieben:
Vinter hat geschrieben:Es ist halt sehr bequem, von diesen Thematiken nichts hören zu wollen, wenn man selbst zu einer Gruppe zählt, die nicht ständig im Alltag mit Rassismus/Sexismus/Homophobie konfrontiert wird. Das ist dann nur das Problem der anderen und die ständige Diskussion darüber allerhöchsten lästig.
Ich glaube nicht, dass die meisten Frauen unbedingt Sexismus in Spielen thematisiert haben müssen, Schwarze Rassismus und Homosexuelle Homophobie. Die wollen sicherlich auch nicht ständig mit diesen Themen in ihren Spielen konfrontiert werden. Wenn sie einfach mal dem Alltag entfliehen wollen, was ist dann so verwerflich daran, wenn sie eben keine expliziten oder impliziten politischen Aussagen zu diesen Thematiken in ihren Spielen haben wollen?
Genau das ist das, was ich meine. Aber Spiele können ja auch divers sein, ohne diese Probleme darzustellen. Spielwelten, in denen Frauen, Schwarze, Homosexuelle, Transpersonen und möglicherweise auch Menschen mit Behinderung als positiv wahrnehmbare (Identifikations-)Figuren vorkommen, ohne dass immer (!) deren reale Probleme thematisiert werden, wären total nett. Ansonsten wird schlimmstenfalls ein Spiel zu einer Art Erklär-Erfahrung für "weiße Männer", die endlich mal sehen sollen, wie das so ist. Aber gut wäre es trotzdem, wenn diese Diversität vorkäme. Auch das ist aber wieder eine politische Aussage.
Das halte ich auch für wünschenswert (so lange es "passt" natürlich). Nur bin ich der Meinung, dass man das bis zu einem gewissen Grad "politisch neutral" oder belehrend machen kann. Konkret: Politisch jedenfalls um Neutralität bemüht wäre es, indem alle Menschen eben als Menschen dargestellt werden, mit Stärken und Schwächen, die nichts mit ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe zu tun haben. Ich behaupte nämlich: So ist das in der Realität, und die Realität versuchen abzubilden ist meiner Meinung nach politisch neutral. Klar, ganz objektiv geht das nicht, aber man merkt es einem Spiel (oder sonst einem "Kunstwerk") schon an, welche Absicht der Schöpfer damit hatte. Wenn hingegen z.B. auf einmal alle weißen heterosexuellen Männer Arschlöcher sind und Frauen, Schwule und Schwarze ausschließlich positiv und sympathisch dargestellt werden, oder indem eine bestimmte Gesellschaftsordnung als utopisch, eine andere als dystopisch dargestellt wird, oder wenn alle Anhänger der einen politischen Seite holzschnittartig positiv, alle der anderen Seite holzschnittartig negativ dargestellt werden, dann sehe ich darin schon eine implizite politische Aussage.

P.S.: Nur um das nochmal klarzustellen: Für mich und ich glaube auch für viele andere heißt unpolitisch schlicht und einfach, dass es keine bewusste politische Botschaft enthält. Das scheint vor allem ein sprachliches Missverständnis zu sein. Auch bewusste politische Botschaften sind in der Kunst absolut legitim, ich spreche niemandem ab, das in sein Werk einzubauen, und auch Spieleentwickler dürfen das. Aber genauso ist niemand gezwungen, das gutzuheißen. Es ist legitim, das nicht zu mögen.
Benutzeravatar
Vinter
Foul Tarnished
Beiträge: 5061
Registriert: 25. Jan 2016, 02:50

Re: Folge 93: Diversität in Spielen

Beitrag von Vinter »

Marius hat geschrieben: Das sind dann aber Idioten, und ich halte es für falsch, Inhalte zu verändern, weil irgendwelche Idioten die Call-of-Duty-Handlung und die Realität nicht unterscheiden können.
Nee, das würde ich so nicht sagen. Das Problem lautet ja keineswegs monokausal "Shooter XY". Das sind ja alles nur ein einzelne Mosaiksteine, die dann zum Gesamtbild beitragen. Das Problem ist, dass man mittlerweile Muslime als Feindbild nicht mehr groß einführen bzw. begründen muss (so wie auch die Nazis), sei es in Spielen, Büchern oder Filmen - und das ist gesamtgesellschaftlich eigentlich ein sehr erschreckender Zustand.
Spieleankündigungen und - updates 2024

Alle Spiele
Alle Streams
Benutzeravatar
W8JcyyU
Beiträge: 552
Registriert: 4. Sep 2016, 10:47

Re: Folge 93: Diversität in Spielen

Beitrag von W8JcyyU »

Der Vortrag an der Uni Berlin über das Bild arabischer Männer in Videospielen ist für mich ungenügend eingebettet. Welche Fragen werden dort beleuchtet und was gibt es bisher an Ergebnissen? Islamischer Terrorismus als Feindbild taugt ohne weitere Erläuterung nicht als Indiz für Fremdenfeindlichkeit.
Antworten