Runde #084: Die garantiert nicht kontroverse Folge, welche Spiele wir entwickeln würden

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toxic_garden

Re: Runde #84: Garantiert nicht kontroverse Spiele, die wir entwickeln würden

Beitrag von toxic_garden »

auch von mir zwei feucht-fröhliche "thumbs up" zu der Folge. :D
Zur Wehrmachts-Thematik wurde ja bereits genug geschrieben. Bei dem Lehrer-Shooter glaube ich, dass die meisten André da mißverstanden haben. Inklusive Jochen. ^^
Mit angemessen comichafter Grafik, die jegliche Realität aus der Sache nimmt, sehe ich da wenig moralische Bedenken. Es ist ja schon ein erheblicher Unterschied in der Wahrnehmung, ob man jemanden mit einer Dampfwalze überrollt und die Gedärme links und rechts weg spritzen, oder ob die Person hinterher wie eine Briefmarke auf der Straße klebt. Mit der nötigen Prise Humor könnte ich mir vorstellen, dass ein Teacher/Chef/Troll-Buster 2016 ziemlich genau diese casualmässige Laune macht, die André sich da auch bei vorgestellt hat.

Was den Politik-Sim angeht: es gibt wirklich nichts, was mich persönlich weniger ansprechen würde als ein Spiel, dass den Alltag eines ranghohen Politikers zu simulieren versucht. Vielleicht ist da aber auch meine grundsätzliche Abneigung gegen dieses doch leider sehr verlogene Metier zu stark, um mich ernsthaft damit auseinander setzen zu wollen, ob diese Verlogenheit nun notwendiges Übel ist oder nicht.

Zu der Sprachsteuerung würde ich noch ergänzen wollen, dass der Gameflow ziemlich sicher darunter leiden würde, wenn man erst jedes mal mit der Maus über das Item hovern müsste, um zu wissen, wie es in Kindersprech heißt. Ein intuitveres "erschlage den BEsucher mit dem Kerzenständer" wäre sicher besser umzusetzen als "benutze...*hover*...Leuchti-Ding, um...*hover*...dem großen Buhmann Aua zu machen". Außerdem käme ich mir als Spieler dann wesentlich weniger dämlich vor. :D
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Dr. Zoidberg [np]
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Re: Runde #84: Garantiert nicht kontroverse Spiele, die wir entwickeln würden

Beitrag von Dr. Zoidberg [np] »

Peninsula hat geschrieben:Zu "Teacher Busters 2016": Ich glaube man müsste den Jochen einfach abholen, dann wird ihm das Konzept vielleicht schmackhafter und er sieht ein, dass ihm Gewaltfantasien vielleicht doch nicht ganz soo fremd sind :D
Dazu erstmal mit einem Titel weg von der Lehrerthematik (ich weiß, damit verliert man natürlich die name recognition, aber als zukünftige Weltherrscher, habt ihr es nicht nötig euch an andere Marken zu hängen). Provisorischer Titel "Gebauer: gnadenlos gerecht" (da geht aber sicher noch einiges). Dann zum wichtigsten Punkt: Standardwaffe = Dachlatte. Und nun hat man die Möglichkeit mit der Spielfigur "J." einigen Vertretern der Spielebranche (inkl. Presse) und der Braukunst (Licher, isländische Kräuterbierhersteller) und Lokalrivalen (Levelarbeitstitel "Endstation Offenbach") einen Besuch abzustatten und alles kurz und klein zu schlagen - natürlich mit Hilfe einer wirklich spektakulären Physik-Engine. Na, wär das nicht doch vielleicht was, Jochen ;)
Das wäre natürlich auch ein gutes Werbespiel für den Podcast.
Apropos Werbespiel, da hätte ich noch einen Vorschlag: "Auf Samtpfoten in die Glashölle".
Ein Goat-Simulator-Klon bei dem man als kleines Kätzchen ein Münchner Apartment verwüstet. Bonuspunkte für hohe Lautstärke und Nähe zum Mikrofon des podcastenden Herrchens. "Endgegner" ist selbstverständlich der scheinbar unkaputtbare Laptop.
:lol:

Ich würde den Dachlatten-Simulator sofort spielen, aber nur wenns auch den Iltis-DLC gibt ^^
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jensscholz
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Re: Runde #84: Garantiert nicht kontroverse Spiele, die wir entwickeln würden

Beitrag von jensscholz »

@Jochen Gebauer: Das, was Du mit dem Wehrmachtsspiel intendierst gibt es quasi schon, allerdings nicht als Computerspiel. Es gibt inzwischen LARPs (jenseits von den bekannten Fantasy-Szenarien und Latexschwertern), die sehr weit gehen, um Erfahrungsräume zu eröffnen, die man sonst nicht betreten möchte und das Medium eignet sich dafür auch wesentlich besser als ein PC-Spiel, denn gerade bei den kontroversen und schwierigen Themen gibt es sehr gute Techniken, über die Briefing und Debriefing-Phasen das Setting und die Intention zu erklären. Vielleicht wäre sowas ja mal was für Dich. Ich würde dir das Thema auch sehr gerne mal etwas Nahe bringen, wenn Du da Interesse hast.
Jochen

Re: Runde #84: Garantiert nicht kontroverse Spiele, die wir entwickeln würden

Beitrag von Jochen »

jensscholz hat geschrieben:Ich würde dir das Thema auch sehr gerne mal etwas Nahe bringen, wenn Du da Interesse hast.
Vielen Dank für den Hinweis. Ich bin mit LARPS grundsätzlich recht gut vertraut, weil mir eine Freundin immer von ihren erzählt, allerdings spielen dort meist Zombies oder Orks eine tragende Rolle, insofern wäre ich sehr an einem (oder mehreren) Links sehr interessiert.
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Sebastian Solidwork
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Re: Runde #84: Garantiert nicht kontroverse Spiele, die wir entwickeln würden

Beitrag von Sebastian Solidwork »

Jochen hat geschrieben: insofern wäre ich sehr an einem (oder mehreren) Links sehr interessiert.
Ich glaube da kann Projekt Exodus genannt werden. Ich linke mal zu einem Gamestar-Artikel.
Ich habe auch mal eine Doku darüber gesehen, finde die aber gerade nicht.
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Rince81
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Re: Runde #84: Garantiert nicht kontroverse Spiele, die wir entwickeln würden

Beitrag von Rince81 »

Blaight hat geschrieben:Über die Fähigkeit oder Unfähigkeit sich Befehlen in einem solchen Szenario zu widersetzen gibt es einen über 50 Jahre alten Artikel, zu dessen Wikipedia-Eintrag ich Euch gerne verweise.
https://de.wikipedia.org/wiki/Milgram-Experiment" onclick="window.open(this.href);return false;

In diesem Experiment, wo Menschen, die freiwillig an einer Studie teilgenommen haben, sich bereits schwer gegenüber den Versuchsleitern getan haben ihr Pseudogegenüber nicht zu foltern, liegen interessante Extrapolationserkenntnisse.

Wenn man in einem totalitären System sozialisiert wurde und im Krieg unter Androhung der Strafe (Sippenhaft?!) einen Befehl verweigern kann, dann ist das außergewöhnlich. Wir dürfen nicht annehmen, dass die Kriegsverbrechen junger Soldaten dadruch erklärt werden können, dass alle rückgratlose Schweine waren.
Milgram hatte ich der Diskussion schon erwähnt und was da an der Ostfront zu Beginn des Krieges marschiert ist waren primär die Jahrgänge 1915-1917. Die haben einen Großteil ihrer Sozialisierung schon VOR den NS Zeiten erhalten. Aber wie man es auch dreht und wendet, das kann ein Medium wie ein Spiel nicht umsetzen.
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Re: Runde #84: Garantiert nicht kontroverse Spiele, die wir entwickeln würden

Beitrag von Kravion »

Wow was für eine tolle Folge. Jochen sprach mir, mit seinem letzen Vorschlag, fast eins zu eins aus der Seele. Leider besteht der Großteil der RPGs aus Heldengeschichten. Man spielt den strahlenden, vom Volk verehrten Helden, der die Welt rettet und in seiner leuchtenden Rüsung und mit wedelnden Fahnen in den Sonnenuntergang reitet... Diese Heldenverehrung in Rollenspielen nervt mich total. So sehr ich auch Mass Effect und Dragon Age mag, folgen diese Spiele immer dem selben Schema:

Phase 1: Alle hassen mich
Phase 2: ich werde nicht mehr beachtet
Phase 3: man fängt an mich langsam zu unterstützen
Phase 4: ich rette die Welt und werde wie ein Gott verehrt

Grob gesehen trifft das auch auf fast alle anderen RPGs zu. Ständig ist man der Dreh- und Angelpunkt der Geschichte und auch öfters mal die moralische Instanz. Anders als Jochen, glaube ich jedoch, dass das Gegenteil ebenfalls eintönig wäre. Ein durchschnittlicher Protagonist würde das Gameplay viel zu sehr einschränken. Als einfacher Soldat wäre die Erzählung viel zu linear und als "Zivilist" wäre man vom Kampfsystem viel zu eingeschränkt. Ich finde der Mittelweg wäre hierbei eine sehr gute Lösung. Am Beispiel von Dragon Age Inquisition: Man spielt den Anführer einer kleinen (Elite)Söldnereinheit im Dienste der Inquisition. So ist man ein Rädchen im Getriebe und hat trotzdem noch spielerische Freiheiten und im gewissen Maße Einfluss auf den Erfolg der Inquisition.
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Blaight
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Re: Runde #84: Garantiert nicht kontroverse Spiele, die wir entwickeln würden

Beitrag von Blaight »

Rince81 hat geschrieben:
Blaight hat geschrieben:Über die Fähigkeit oder Unfähigkeit sich Befehlen in einem solchen Szenario zu widersetzen gibt es einen über 50 Jahre alten Artikel, zu dessen Wikipedia-Eintrag ich Euch gerne verweise.
https://de.wikipedia.org/wiki/Milgram-Experiment" onclick="window.open(this.href);return false;

In diesem Experiment, wo Menschen, die freiwillig an einer Studie teilgenommen haben, sich bereits schwer gegenüber den Versuchsleitern getan haben ihr Pseudogegenüber nicht zu foltern, liegen interessante Extrapolationserkenntnisse.

Wenn man in einem totalitären System sozialisiert wurde und im Krieg unter Androhung der Strafe (Sippenhaft?!) einen Befehl verweigern kann, dann ist das außergewöhnlich. Wir dürfen nicht annehmen, dass die Kriegsverbrechen junger Soldaten dadruch erklärt werden können, dass alle rückgratlose Schweine waren.
Milgram hatte ich der Diskussion schon erwähnt und was da an der Ostfront zu Beginn des Krieges marschiert ist waren primär die Jahrgänge 1915-1917. Die haben einen Großteil ihrer Sozialisierung schon VOR den NS Zeiten erhalten. Aber wie man es auch dreht und wendet, das kann ein Medium wie ein Spiel nicht umsetzen.
Niemand behauptet das Spiel müsse alle Aspekte umsetzen. Wenn ein Spiel nur für einen kleinen teil der Bevölkerung dabei hilft diese Zeit aufzuarbeiten und die Wichtigkeit damit zu unterstützen solche Gräuel sich nicht wiederholen zu lassen, dann hat das Spiel bereits einen Zweck erfüllt.
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Re: Runde #84: Garantiert nicht kontroverse Spiele, die wir entwickeln würden

Beitrag von derFuchsi »

Wie ich schon weiter oben in meinem längeren Beitrag zu erklären versuchte:
Wenn mich das spiel ohne weitere Erklärung vor extreme Szenen stellt wie Zivilisten zu erschießen dann erfahre ich dadurch mehr über mich als über die Zeit damals. Ich spiele dann den in Shootern meist üblichen seelenlosen Protagonisten der bloß eine Hülle wäre für mich selbst.
Das wäre quasi ein Werk dass die moralischen Grenzen des Spielers auslotet. Sowas wie ein visualisiertes Trolley Problem worüber wir im Terror-Thread diskutierten.

Gelänge es dem Spiel mir nachvollziehbar zu erläutern warum jemand so etwas widerspruchslos tut lerne ich etwas über die damalige Zeit. Ich würde dann den Protagonisten spielen und nicht mich selbst was einer Erklärung der damaligen Zeit förderlich wäre. dann wäre es ein Lehrspiel das dem Spieler versucht zu erklären wie es zu solchen Taten kommen konnte.

Kommt eben auf das Ziel an das man mit dem Werk erreichen möchte.
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Rince81
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Re: Runde #84: Garantiert nicht kontroverse Spiele, die wir entwickeln würden

Beitrag von Rince81 »

Blaight hat geschrieben: Niemand behauptet das Spiel müsse alle Aspekte umsetzen. Wenn ein Spiel nur für einen kleinen teil der Bevölkerung dabei hilft diese Zeit aufzuarbeiten und die Wichtigkeit damit zu unterstützen solche Gräuel sich nicht wiederholen zu lassen, dann hat das Spiel bereits einen Zweck erfüllt.
Genau das wird aber nicht funktionieren. Das kann ein Spiel garnicht umsetzen. Und wir reden über das Klientel, dass in Rollenspielen teilweise "überflüssige" NPC für die Exp Points umnietet.

Das mit dem im "realistischen" Szenario Zivilisten Umbringen Szenario hatten wir bereits in Call of Duty: Modern Warfare 2. Da wollte der Entwickler die "Abscheulichkeit des Terrorismus" und dem Spieler ermöglichen, sich in die "Gedankenwelt der Täter" zu versetzen und hat dabei wirklich grandios versagt.

Jochens Spielidee würde niemandem helfen irgendwas aufzuarbeiten und nebenbei dem Medium Spiel vermutlich mal eben ziemlichen Schaden zufügen.
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Blaight
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Re: Runde #84: Garantiert nicht kontroverse Spiele, die wir entwickeln würden

Beitrag von Blaight »

Ich kann dem nur widersprechen. Ich bin überzeugt, dass Spiele das können und nur bisher nicht gezeigt haben.
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Terranigma
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Re: Runde #84: Garantiert nicht kontroverse Spiele, die wir entwickeln würden

Beitrag von Terranigma »

Rince81 hat geschrieben:Jochens Spielidee würde niemandem helfen irgendwas aufzuarbeiten und nebenbei dem Medium Spiel vermutlich mal eben ziemlichen Schaden zufügen.
Sehe ich ähnlich. Allerdings nicht deshalb, weil Spiele das grundsätzlich nicht können, sondern weil die Idee an der Stelle nicht ausgereift ist. Wenn man dem Spieler ohne historischen Kontext vor Extremsituationen stellt - z.B. eine Massenexekution von Zivilisten - dann erfährt man durch diese Szene eben nichts über die Zeit und Menschen, welche in dieser Situation unterwegs waren. Man erfährt nicht einmal was über sich, weil's eben eine Extremsituation ist, die in einem Spiel auch ein Extremverhalten toleriert. Das was ein historisches Spiel benötigt, ist (a) ein größerer Kontext und (b) ein Perspektivwechsel. Auch Jochens Spiel würde das nicht leisten, wie es derzeit quasi kein einziges Spiel in diesem Setting tut.

Wenn man eine Aussage über den Krieg treffen möchte, kann man den Krieg nicht auf die Front und die Perspektive eines Soldaten beschränken. Kriege finden nie im Vakuum statt, sondern haben politische und vor allem gesellschaftliche Implikationen: Sofern man aber stets nur einen Soldaten spielt - um das Shooter-Gameplay reinzubekommen - wird man diesen größeren Kontext nie erfahren, weil er an der Front in der Tat nicht sichtbar ist. Was Spiele tun müssten wäre, den Spieler nicht von Schlacht zu Schlacht oder Extremsituation zu Extremsituation zu hiefen, sondern die einzelnen Szenen vor- und nachzubereiten. Beispiel: in jedem WW2-Shooter spiele ich in zerbombten Städten, aber ich war nie dabei, wenn eine Stadt den Wechsel von "Wohnort" zu "Schlachtfeld" vollzog - ich war als Spieler noch nie dabei, wenn Zivilisten aus ihren Häusern flohen und sah nie, wie eine Stadt tatsächlich belagert oder zerstört wurde. Erst nachdem alle Zivilisten geflohen, die Häuser zerstört worden sind, etc. kommt man als Spieler in die Szene rein. Ebenso ist man aber auch nie dabei, wenn Zivilisten das erste Mal wieder in ihre alte Heimt zurückkehren, man ist nie beim Wiederaufbau dabei, etc. Dieser Kontext fehlt stets komplett, weil es für viele Spieler in der Tat unangenehm sein dürfte. Allerdings leistet auch Jochen Spielidee das nicht, sondern geht meiner Ansicht nach eher in die Call of Duty-Richtung, d.h. das Präsentieren von Extremsituationen - wirkt auf mich etwas nach Effekthascherei.


Ich denke aber schon, dass das Medium das prinzipiell leisten kann. Es wäre sogar sehr einfach, z.B. in dem man mehrere Protagonisten spielt und regelmäßig währen des Spiels die Perspektive wechselt. Ähnlich, wie es Battlefield 1 tut - nur diesmal in gut, anstatt schlecht. Etwa: Man spielt Soldaten als auch Zivilisten. Schon durch diese zwei Perspektiven würde man einen deutlich differenzierten Blick bekommen. Sogar spielmechanisch wäre das leicht machbar: Als Soldat spielt sich der Titel wie ein Shooter, als Zivilist wie ein Survival- und/oder Stealth-Titel. Das Spiele das nicht tun, liegt meiner Ansicht eher daran, dass so ein Spiel sehr, sehr unangenehm zu spielen wäre. Wenn man den "Härtegrad" hochdrehen möchte, könnte man so einen WW2-Titel auch vor '39 ansiedeln, wo man z.B. u.a. in der Rolle eines jüdischen Zivilisten schlüpft, der aus Deutschland fliehen muss. Spielmechanisch könnte man das gut abbilden. Ich denke schon, dass Videospiele ihr "Der Pianist" haben könnten, wenn jemand den Schneid hätte.
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Yometheus
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Re: Runde #84: Garantiert nicht kontroverse Spiele, die wir entwickeln würden

Beitrag von Yometheus »

Bisher habe ich es noch nicht geschafft diese Folge zu Ende zu hören, über Jochens Wehrmachtsspiel bin ich beim Hören noch nicht herausgekommen. Daher mal meinen Senf zu den ersten beiden Spieleideen:

Andres "Adventure mit Sprachsteuerung" finde ich eine sehr großartige Idee. Zum einen ist alleine die Sprachsteuerung für mich ein sehr großes Plus, vorausgesetzt sie funktioniert einwandfrei. Das wäre für mich ein K.O.-kriterium, denn was nützt die zusätzliche Immersion durch mein gesprochenes Wort die Steuerung des Spiels zu übernehmen, wenn ich durch fehlerhaftes Verstehen oder zu formelhaften, aber notwendigen Satzbau immer wieder aus selbiger gerissen werde.
Zum anderen gefällt mir das Setting mit dem 3-jährigen Kind ganz gut, dessen imaginärer Freund man ist und durch ein "bedrohliches Szenario" begleitet. Hier eröffnen sich so dermaßen viele fantastische Möglichkeiten, angefangen von der bereits angesprochenen Möglichkeit dem Spieler bewusst die Kontrolle der Steuerung in kritischen Momenten zu entziehen (kleine Kinder lasen sich leicht ablenken usw.) über witzige Animationen (kleine Kinder und so) bis zu fantastischen, unrealistischen Einschüben (quasi kindliche Magie/Phantasie) oder einen unzuverlässigen Erzähler. Je länger ich darüber nachdenke, desto besser wird die Vorstellung dieses Spiels in meinem Kopf. Und das obwohl ich eigentlich gar kein Freund von Point-and-Click-Adventures bin. Aber das Szenario kombiniert mit der Sprachsteuerung - das da bisher noch keiner auf die Idee gekommen ist so was umzusetzen?
Das Szenario mit dem Vater als Bedrohung finde ich übrigens gar nicht so zwingend, auch wenn es entsprechend umgesetzt schon fast ins Horrorgenre reichen würde. Ein kindlicheres Szenario mit einer nicht so bierernsten Bedrohung fände ich jedenfalls keinen Minuspunkt.

Mit Jochens Wehrmachtspiel habe ich hingegen so meine Probleme. Ich hatte auch schon bei dem öfters mal im Podcast zitierten "einen Wärter in Auschwitz spielen als Spielerfahrung" immer wieder die Stirn gerunzelt. Einige haben ja schon das Milgram-Experiment hier im Thread zitiert und ganz ehrlich, das ist dieses Wehrmachtsspiel am Ende für mich auch, nämlich mehr psychologisches Experiment als Spiel.
Obwohl ich unzählig mehr Stunden PC-Spiele in meinem Leben gespielt habe, ist mein Begriff des Spielens stark mit den "analogen" Varianten verbunden, sprich Brett- und Kartenspiele (gerne auch sehr komplex). Spiele sind für mich Zeitvertreib, Wettbewerb mit und gegen andere Spieler, das Verstehen von Mechaniken und deren Anwendung um im Spiel gestellte Herausforderungen zu lösen und dadurch irgendwann mal so etwas wie einen Sieg im Spiel davon zu tragen. Ich verbinde mit Spielen (auch im noch so abstrakten Sinne) Begriffe wie Phantasie, Fairness und auch ein Ziel, wodurch meine Handlungen in diesem Spiel motiviert werden.
Und gerade bei letzterem, dem Ziel des Spiels, beißt sich für mich die Katze in den Schwanz: Wenn ich jemandem dieses Spiel vorsetze und er lässt sich auf die virtuelle Erfahrung ein, Kriegsverbrechen in sehr krassem Ausmaß zu begehen, dann macht er sich entweder auf der virtuellen Ebene schuldig - sowohl in einem abstrakten, übergeordneten, moralischen Kontext (deswegen ja das Thema Kriegsverbrechen) als auch im Kontext des Spiels (deswegen wurde ja auch das WW2-Szenario gewählt) - oder er spielt dieses Spiel an der Stelle nicht weiter, wo die Erschießung von Unschuldigen notwendig ist um das Spiel weiterspielen zu können. Was ist also bitte das Ziel dieses Spiels? Das ich es am Ende gar nicht spiele um zu "gewinnen"? (um mal Wargames zu zitieren)
Mal abgesehen davon, ob so ein Spiel wirklich die intendierte Erfahrung glaubwürdig rüberbringt, so wie Jochen sich das vorstellt, würde ich diesem Titel das Prädikat "Spiel" nicht aufkleben. Auch wenn ich nachvollziehen kann, warum ihr es hier einordnet, finde ich die Einordnung irreführend. Denn im Grunde ist es ein soziales Experiment, dass aber wiederum nur funktioniert, wenn ich nicht weiß, was das Spiel im Kern sein will und am Ende tatsächlich ist. Und nur damit es bei meiner Kritik nicht zu Missverständnissen kommt: Die Idee des "Wehrmachtspiels" finde ich an und für sich sehr löblich und das Triggern von Empathie in den jetzigen Zeiten wichtiger denn je, wenn ich mir anschaue, welche politische Parteien und deren Kandidaten gerade in den Umfragen steigen oder Wahlen gewinnen. Nur beißt sich das vorgestellte Konzept mit meiner Vorstellung von einem Spiel.

Um auf einer humorigen Note zu enden: Der Anfang des Podcasts war ganz großes Impro-Kino. Herrlich! :mrgreen:
Rhetorik-Tipp: Diskussionen gewinnt man leichter, indem man ruhig und sachlich bleibt und eine Pistole vor sich auf den Tisch legt.
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Darkcloud
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Re: Runde #84: Garantiert nicht kontroverse Spiele, die wir entwickeln würden

Beitrag von Darkcloud »

Axel hat geschrieben:Mein Ansatz ist, dass hier bis vor 27 Jahren noch eine Diktatur herrschte und man damals schon wegen kleinsten Vergehen ins Gefängnis gesteckt wurde, Vergehen die man sich heute nicht mehr vorstellen kann. Und wenn Du Dir mal die Beschreibungen von Hoheneck der damaligen Zeit anhörst, das war von nem KZ nicht mal sooo weit Weg was die Bedingungen betrifft. Gut, da wurden keine Leute systematisch vernichtet, aber Folter, Psychoterror, Zwangsarbeit für den Westexport, katastrophale hygienische Bedingungen und extrem überfüllte Zimmer waren auch da an der Tagesordnung. Du konntest da reinkommen, wenn Du Dich auch nur irgendwie "subversiv" verhalten hast, zumindest aber hatte das Folgen für die eigene Familie, angefangen das Dir Dein Kind weggenommen und ins Heim gesteckt wurde. So und nicht anders hat man in der DDR das Volk kontrolliert. Und nun wollen heute Leute einen sagen, dass in Diktaturen die Menschen alles freiwillig gemacht haben wollen? Sorry, aber das glaub ich tatsächlich nicht!
Wichtiger unterschied. Der Wehrmachtssoldat war eine wichtige, umso weiter der Krieg Fortschritt begrenzte Resource. Wenn der den nackten Juden vor dem Grab nicht erschießen wollte war er halt nicht für höhere Positionen geeignet aber trotzdem viel zu wichtig um ihn einfach abzuknallen. Außerdem ist die eigenen Soldaten bei jeder Kleinigkeit abknallen nicht gerade förderlich für freiwillgen Nachschub.

In der DDR hingegen waren die Bürger halt recht entbehrlich. Gerade wenn man eine unglaublich ineffektive Planwirtschaft hat, in der nur Vollbeschäftigung herrschte weil 70% der stellen ineffektive ABMs waren. Außerdem hatte man eine Grundsituation in der Frewilliges arbeiten fürs Regime zumindest zu beginn eben einfach schwerer zu erreichen war als zur Zeit des 3. Reiches. Jetzt in hinblick auf den Deutschen Bürger.
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Re: Runde #84: Garantiert nicht kontroverse Spiele, die wir entwickeln würden

Beitrag von Tofa »

Junge junge 5 Seiten Diskussion und ich weiß immer noch nicht wie es dem Notebook geht. :(
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derFuchsi
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Re: Runde #84: Garantiert nicht kontroverse Spiele, die wir entwickeln würden

Beitrag von derFuchsi »

Tofa hat geschrieben:Junge junge 5 Seiten Diskussion und ich weiß immer noch nicht wie es dem Notebook geht. :(
Die Tatsache dass der Podcast nicht an der Stelle abbrach zeigt dass wohl keine ernsthaften Schäden geblieben sind ;)
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Re: Runde #84: Garantiert nicht kontroverse Spiele, die wir entwickeln würden

Beitrag von Mr. Trombone »

Bin heute breit grinsend und spontan loslachend durch die Stadt gelaufen. Habe verwirrt seltsame Blicke geerntet, aber das war mir egal. Tolle Folge, danke für diese höchst unterhaltsame Einblicke in eure krank-kreativen Köpfe :lol: :lol: :lol: :banana-explosion:
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Re: Runde #84: Garantiert nicht kontroverse Spiele, die wir entwickeln würden

Beitrag von Voigt »

Dem Notebook geht es gut, eine Kaffedusche ist doch nichts, das Bier hat es auch überstanden. Tastatur wird nur etwas klebrig sein.

Auch wenn Andre sein möglichest versucht, er bekommt wohl doch keinen neuen Laptop zu Weihnachten geschenkt als Ersatz. ^^
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Re: Runde #84: Garantiert nicht kontroverse Spiele, die wir entwickeln würden

Beitrag von Tofa »

Vielleicht ist das die Anschaffung die den Podcast auf ein neues Level heben wird. Bei 10000€ gibt es einen Wasserfesten Laptop für Andre :lol:
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Blaight
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Re: Runde #84: Garantiert nicht kontroverse Spiele, die wir entwickeln würden

Beitrag von Blaight »

Oder ne Schnabeltasse, ist im Zweifel günstiger.
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