Nachgeforscht - Was findet Andre an virtueller Gewalt?

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Andre Peschke
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Re: Nachgeforscht - Was findet Andre an virtueller Gewalt?

Beitrag von Andre Peschke »

Lurtz hat geschrieben:Schön zu hörende Folge, auch durch den sehr angenehmen Gast, aber die eigentliche Frage wurde für mich nicht beantwortet.
Für mich kam raus, dass Andre vor allem technisch beeindruckend inszenierte und innovative Szenen mag. Wenn er dann noch selbst Regisseur spielen kann, umso besser. Kann ich sehr gut nachvollziehen, geht mir nämlich genauso.
Einen Hang zur Gewalt an sich sehe ich da kaum, abgesehen davon, dass Spiele solche Szenen oft in einem gewalttätigen Kontext inszenieren und die Technik da besonders auffällt.
Das ist doch auch eine Antwort. ^^

Ich fand die Folge schön und interessant. Es ging nicht darum, eine definitive Antwort aus dem Hut zu ziehen. Das hätte mich zumindest überrascht. Psychologie ist ja nicht Mathe. Ich dachte, das ist eine gute Gelegenheit ein interessantes Thema offen und aus einer anderen Perspektive zu präsentieren. Außerdem eine Chance, uns beide (Jochen dann nächsten Monat) einfach in einem Aspekt etwas besser kennen zu lernen. Wird ja auch viel immer über "authentisch" geredet und wie bei allem hier finde ich Ansätze interessant, die das für uns zu einem gewissen Grad unter Beweis stellen.

Andre
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Blaight
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Re: Nachgeforscht - Was findet Andre an virtueller Gewalt?

Beitrag von Blaight »

Andre Peschke hat geschrieben: Psychologie ist ja nicht Mathe.

Andre

Das ist für mich ein generelles Problem in der psychologischen Forschung. Die erhobenen Daten sind so häufig so weich. Mich nervt das bei neurodegenerativen Erkrankungen schon sehr, dass man in vielen Fällen nicht von Ursachen sondern von Risikofaktoren sprechen muss. Im Falle von "was bewirken Gewaltspiele" auf meiner Verhaltensebene, ist es sehr schwer messbare Werte zu bekommen.
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haise
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Re: Nachgeforscht - Was findet Andre an virtueller Gewalt?

Beitrag von haise »

Für mich hat die werte Gesprächspartnerin zu wenig zur Unterhaltung beigetragen. Es war mehr ein Monolog mit immer wieder kurzen (teils lenkenden) Einschüben von ihr.
Das mag vielleicht deckungsgleich mit einer echten Sitzung sein, aber als Zuhörer hätte ich von ihr gerne öfter (und etwas ausführlicher) Einschätzungen zum Gesagten bekommen, bzw. vielleicht erweitertes Wissen, wenn es passend gewesen wäre.

Aber sie hat ein sehr sympathisches Lachen.
Generell spannende Idee mit hörbarem Potenzial.

PS.: Authentisch seid ihr doch seit Folge 1. :D
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Zwart
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Re: Nachgeforscht - Was findet Andre an virtueller Gewalt?

Beitrag von Zwart »

Das ist für mich ein generelles Problem in der psychologischen Forschung. Die erhobenen Daten sind so häufig so weich. Mich nervt das bei neurodegenerativen Erkrankungen schon sehr, dass man in vielen Fällen nicht von Ursachen sondern von Risikofaktoren sprechen muss. Im Falle von "was bewirken Gewaltspiele" auf meiner Verhaltensebene, ist es sehr schwer messbare Werte zu bekommen.
Dennoch ist eine wissenschaftliche Herangehensweise an die Psychologie richtig und wichtig. :)
Wobei wir uns bei neurodegenerativen Krankheiten tatsächlich gar nicht im Gebiet der Psychologie befindet, sondern der Neurologie. Und die hat eben immer noch ihre Schwierigkeit ein so komplexes Organ wie das Gehirn in seiner Gänze zu verstehen. Von daher tut sich die Disziplin schwer damit, eindeutige Kausalitäten festzustellen.
Bei psychischen Störungen sieht das teilweise noch viel "weicher" aus, weil es dabei eben nicht (ausschließlich) um eine biologisch/chemische Funktionsstörung des Organs geht, sondern darum welche virtuellen und uns völlig rätselhaften "Netzwerke", in diesem Organ dessen Funktionsweise wir ebenfalls kaum verstehen, sich im Laufe der Zeit gebildet haben und dazu führen das die Patienten Verhalten zeigen, dass so weit weg von einer Norm ist, dass ihre Umgebung sich schwer tut mit der Interpretation und Einordnung dieses Verhaltens und zusätzlich die Patienten in irgendeiner Form von einem Leben abhält in dem sie sich selbst verwirklichen und ihre Potentiale ausschöpfen können.

Was die Wirkungsfrage in Punkto Gewalt angeht, ist es einfach verdammt schwierig sie zu operationalisieren und dementsprechend fallen dann auch die Ergebnisse aus. Das ist ja das Problem der aktuellen Forschung in Punkto "Wirkung von Videospielen mit gewalttätigen Inhalten". Wir wissen kaum etwas darüber und bisher fehlen uns sogar die passenden Messinstrumente um mehr darüber zu erfahren. Das ist aber kein Manko der Disziplin oder stellt sie in Frage, sondern zeigt nur dass an dieser Stelle mehr Forschung nötig ist.
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bluttrinker13
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Re: Nachgeforscht - Was findet Andre an virtueller Gewalt?

Beitrag von bluttrinker13 »

Blaight hat geschrieben:
Andre Peschke hat geschrieben: Psychologie ist ja nicht Mathe.

Andre

Das ist für mich ein generelles Problem in der psychologischen Forschung. Die erhobenen Daten sind so häufig so weich. Mich nervt das bei neurodegenerativen Erkrankungen schon sehr, dass man in vielen Fällen nicht von Ursachen sondern von Risikofaktoren sprechen muss. Im Falle von "was bewirken Gewaltspiele" auf meiner Verhaltensebene, ist es sehr schwer messbare Werte zu bekommen.
Das wurde meines Erachtens durch den Psychologen in der ersten von Andre's "Nachgeforscht" Folgen bereits ausführlich behandelt und auch dargestellt. Hast du die schon gehört? Empfehlung! Da hatte er sich mit Gewalt auf der Ebene psychologischer Forschung (und deren natürlicher Grenzen) eingehend befasst.

Diese Folge ist nun aber nicht direkt mit Forschung (die in der Psychologie immer zu einem Drittel aus Statistik besteht) gleichzusetzen. Hier wurde spaßhaft ein klinisches Modell auf einen Einzelfall angewandt, somit Kasuistik betrieben mit dem Ziel individueller Einsicht und eines interessanten Gesprächs. Das ist niemals nomologisch interpretierbar, also auch nicht generalisierbar, und wurde hier scheinbar auch gar nicht versucht (Folge noch nicht gehört).
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Andre Peschke
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Re: Nachgeforscht - Was findet Andre an virtueller Gewalt?

Beitrag von Andre Peschke »

bluttrinker13 hat geschrieben:nomologisch
Apropos psychologisch relevante Eigenarten: Es stimmt mich irrational freudig, dass ich hier ab und an Worte googlen muss. Das passiert mir in keinem anderen Games-Forum. :D

Andre
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Cupp
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Re: Nachgeforscht - Was findet Andre an virtueller Gewalt?

Beitrag von Cupp »

Zwart hat geschrieben: Was die Wirkungsfrage in Punkto Gewalt angeht, ist es einfach verdammt schwierig sie zu operationalisieren und dementsprechend fallen dann auch die Ergebnisse aus. Das ist ja das Problem der aktuellen Forschung in Punkto "Wirkung von Videospielen mit gewalttätigen Inhalten". Wir wissen kaum etwas darüber und bisher fehlen uns sogar die passenden Messinstrumente um mehr darüber zu erfahren. Das ist aber kein Manko der Disziplin oder stellt sie in Frage, sondern zeigt nur dass an dieser Stelle mehr Forschung nötig ist.
Ist ja ein bekanntes Problem gerade in ich nenne es mal erweitert sozialpsychologischen Fragestellungen. Verhaltensbeobachtung im Feld geht nicht so leicht und lässt sich in so einem Zusammenhang nur schwierig bis gar nicht experimentell durchführen. Laboruntersuchungen haben immer das Manko, dass die Aussagekraft für "draußen" in gewissem Maße eingeschränkt ist. Und damit haben wir das Problem der Langzeituntersuchungen noch gar nicht angeschnitten :?

bluttrinker13 hat geschrieben:
Diese Folge ist nun aber nicht direkt mit Forschung (die in der Psychologie immer zu einem Drittel aus Statistik besteht) gleichzusetzen. Hier wurde spaßhaft ein klinisches Modell auf einen Einzelfall angewandt, somit Kasuistik betrieben mit dem Ziel individueller Einsicht und eines interessanten Gesprächs. Das ist niemals nomologisch interpretierbar, also auch nicht generalisierbar, und wurde hier scheinbar auch gar nicht versucht (Folge noch nicht gehört).
Wurde nicht versucht und ist ja auch nur richtig so.
Zumal das klinische Modell hier auf jemanden ohne (offensichtlich ;) ) vorhandene Störung angewandt wurde, der, wie Ines weiter oben ja auch schreibt, keinerlei Leidensdruck empfindet und das nur mal so zum Spaß macht. Eine ausführliche klinische Diagnostik wäre ja doch durchaus umfangreicher und mit weit weniger Abschweifungen.
cejian
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Re: Nachgeforscht - Was findet Andre an virtueller Gewalt?

Beitrag von cejian »

bluttrinker13 hat geschrieben: [...] Hier wurde spaßhaft ein klinisches Modell auf einen Einzelfall angewandt, somit Kasuistik betrieben mit dem Ziel individueller Einsicht und eines interessanten Gesprächs. Das ist niemals nomologisch interpretierbar, also auch nicht generalisierbar, und wurde hier scheinbar auch gar nicht versucht (Folge noch nicht gehört).
Genau, und das macht die Folge für mich leider uninteressant. Ohne das böse zu meinen, gibt es für mich spannender Dinge als Andre's Seelenleben. Zusätzlicher Kontext, wie ein Kommentar, könnte das Format für mich aufwerten. Hier könnten z. B. die zu Grunde liegenden psychologischen Verfahren erläutert und mir als Laien erklärt werden, warum das Gespräch so geführt wird.
Trombonix
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Registriert: 10. Nov 2016, 23:09

Re: Nachgeforscht - Was findet Andre an virtueller Gewalt?

Beitrag von Trombonix »

Die Folge hatte schon einige Monologe. Das lag aber vermutlich an dem lang aufgestauten Redebedürfnis.
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Inv1s1ble
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Re: Nachgeforscht - Was findet Andre an virtueller Gewalt?

Beitrag von Inv1s1ble »

Habe nur die ersten 30 Minuten gehört und finde die Folge unfassbar langweilig und nervig. Andre führt quasi einen Monolog über teilweise schon in diversen anderen Folgen angesprochene Erlebnisse und Erfahrungen und ab und an kommt mal eine belanglose Frage der Gesprächspartnerin, die zumindest in der ersten halben Stunde zu keiner weiteren Erkenntnis führt. Ist ja nett, dass man ein wenig mehr über Andre erfährt (und in meinem Fall viele Parallelen sieht), aber allein Andres Seelenleben ist für mich zu wenig Inhalt, zu wenig Erkenntnis.

Zudem hat es mich unheimlich genervt, dass man sich so sehr an einer bestimmten Theorie festbeißt. Hätte man die Theorie vorher ordentlich eingeführt und in diesem Zuge erklärt, warum man sich auf diese eine Theorie fixiert und Abweichungen aus welchen Gründen auch immer nicht möglich sind, hätte das vermutlich weniger sauer aufgestoßen.

Evtl. bin ich mit den falschen Erwartungen an die Folge rangegangen, aber irgendeine Erkenntnis/irgendeine Aussage dazu, was an Gewalt im Allgemeinen so faszinierend ist, hätte ich recht interessant gefunden. Oder auch die von Nachtfischer angesprochenen spielerischen Elemente von Gewalt in Spielen. Evtl. ist eine Folge zu diesem Thema mit einem Medienpsychologen aufschlussreicher - zumindest für diese Fragen.

Wird die Folge denn nach der ersten halben Stunde in irgendeiner Weise anders, sodass es sich für mich lohnt weiterzuhören?
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AluinKali
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Re: Nachgeforscht - Was findet Andre an virtueller Gewalt?

Beitrag von AluinKali »

Ich fand besonders die Wahrnehmung der Beiden zu Max Pain 3 sehr interessant, da sie sich sehr Stark von meinen eigenen unterscheiden. Mir ist das Spiel sehr nahe gegangen Besonders in dem Level
SpoilerShow
mit dem Organhandel
musste ich kurz aufhören zu Spielen und erstmal sacken lassen. Ich habe das Spiel besonders deshalb so gut in Errinerung weil es mich teilweise sehr emotional getroffen hat zwischen all dem shooty bang bang.

Ein aktuelles Spiel von dem ich die Finger nicht lassen kann in dem Gewaltdarstellung echt gut ist, wäre für mich For Honor. Das Waffen Dellen und blutige Scharten in Rüstungen hinterlassen trägt echt super zur Atmosphäre bei. Außerdem ist es unglaublich befriedigend den Gegner mit Executions zu besiegen was riskannter aber gerade dadurch umso befriedigender ist. Das füttert die Machtfantasie des Spiels grandios.
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Peninsula
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Re: Nachgeforscht - Was findet Andre an virtueller Gewalt?

Beitrag von Peninsula »

Sehr schöne Folge, gerne mehr davon!

Nachvollziehbar aber dennoch irgendwie bemerkenswert fand ich die Schere zwischen euren Bauchschmerzen bei der unangemessenen Darstellung psychischer Krankheiten und Drogenmissbrauch bei gleichzeitiger Begrüßung der Tatsache, dass physische Gewalt nicht zu unangenehm erscheint und das damit verbundene Leid ausgeklammert wird. Teil 3 habe ich nie gespielt, aber kann Max Payne nicht schwerste Schussverletzungen durch Einnahme von Schmerzmitteln kurieren und sich sofort von "fast tot" zu "topfit" erholen? :)

Natürlich spielen da Genrekonventionen mit rein und die Gefahr, dass sich beim Publikum der Eindruck festsetzt, ein paar Kugeln im Körper seien nur halb so wild, so lang man denn ne Schachtel Ibuprofen parat hat, ist verhältnismäßig gering....
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Blaight
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Re: Nachgeforscht - Was findet Andre an virtueller Gewalt?

Beitrag von Blaight »

Andre Peschke hat geschrieben:
bluttrinker13 hat geschrieben:nomologisch
Apropos psychologisch relevante Eigenarten: Es stimmt mich irrational freudig, dass ich hier ab und an Worte googlen muss. Das passiert mir in keinem anderen Games-Forum. :D

Andre
Haha ich fühle mich versucht unpassende Fremdworte aus dem Bachelor auszugraben oder noch besser mit Neologismen zu beeindrucken. Ich fühle mich hier in der Truppe allerdings auch hin und wieder etwas intellektuell eingeschüchtert.
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Ines
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Re: Nachgeforscht - Was findet Andre an virtueller Gewalt?

Beitrag von Ines »

AluinKali hat geschrieben:Ich fand besonders die Wahrnehmung der Beiden zu Max Pain 3 sehr interessant, da sie sich sehr Stark von meinen eigenen unterscheiden. Mir ist das Spiel sehr nahe gegangen Besonders in dem Level
SpoilerShow
mit dem Organhandel
musste ich kurz aufhören zu Spielen und erstmal sacken lassen. Ich habe das Spiel besonders deshalb so gut in Errinerung weil es mich teilweise sehr emotional getroffen hat zwischen all dem shooty bang bang.
Mich hat tatsächlich überrascht, dass mich das nicht getroffen hat, deshalb habe ich diese Wahrnehmung an der Stelle auch so eingeworfen, mit einer genaueren Analyse wären wir aber sicherlich noch einmal eine Stunde beschäftigt gewesen (und ich hätte gnadenlos gespoilert, wo ich mir nicht sicher war, ob das erwünscht gewesen wäre ;-)). Auf das Thema gucke ich seitdem auch noch ein bisschen verstärkt, kann dazu aber nur wilde Theorien aufstellen.
Peninsula hat geschrieben:Sehr schöne Folge
Danke! :-)
Peninsula hat geschrieben:Nachvollziehbar aber dennoch irgendwie bemerkenswert fand ich die Schere zwischen euren Bauchschmerzen bei der unangemessenen Darstellung psychischer Krankheiten und Drogenmissbrauch bei gleichzeitiger Begrüßung der Tatsache, dass physische Gewalt nicht zu unangenehm erscheint und das damit verbundene Leid ausgeklammert wird. Teil 3 habe ich nie gespielt, aber kann Max Payne nicht schwerste Schussverletzungen durch Einnahme von Schmerzmitteln kurieren und sich sofort von "fast tot" zu "topfit" erholen? :)

Natürlich spielen da Genrekonventionen mit rein und die Gefahr, dass sich beim Publikum der Eindruck festsetzt, ein paar Kugeln im Körper seien nur halb so wild, so lang man denn ne Schachtel Ibuprofen parat hat, ist verhältnismäßig gering....
Ja, genau das kann er. Das will ich auch (Kleine Anekdote am Rande: Ich war einige Tage vor der Aufnahme bei Glatteis gestürzt und habe mir eine Wunde zugezogen, von der mein Chirurg sagte, sie habe ausgesehen, wie eine Schusswunde).
Aber zu der Diskrepanz in unseren Bewertungen: Ich glaube, dass reales körperliches Leid und reale Gewalt bei vielen Menschen eine unangenehme körperliche Reaktion auslösen, die man sich, wenn man damit häufiger zu tun hat, abtrainieren muss. Auch Ekel beim Anblick bestimmter Dinge wird eher etwas sein, was zumindest schonmal biologisch gebahnt ist. Höhenangst ist zum Beispiel deshalb so häufig, weil es eine Phase gibt (die, in der ein Kind anfängt, die Umgebung krabbelnd zu erkunden), in der das Kind schon natürlicherweise Höhenangst hat, Wenn es in dieser Zeit stürzt, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass sich eine bleibende Höhenangst entwickelt, und ich denke, so ähnlich wird das auch mit der Wahrnehmung von echtem Leid sein (ich bin beim Anblick meiner eigenen Verletzung übrigens kollabiert) . Ich denke, es gibt einen sehr klaren Unterschied zwischen realer Gewalt und der virtuellen Darstellung und ich würde mal denken, dass die meisten Spieler wenige Erfahrungen mit diesen Formen der realen Gewalt haben und die in ihrem Alltag keine Rolle spielt. Ich arbeite relativ viel mit älteren Menschen, die noch den zweiten Weltkrieg miterlebt haben, und ich kann nicht gut Spiele spielen, die in diesem Setting stattfinden, weil ich einfach so viele reale Geschichten und Emotionen damit verbinde.
Das ist bei der Darstellung von psychischen Erkrankungen und Drogenmissbrauch anders (oder auch bei der Darstellung von Frauen, die André ja auch kurz angeschnitten hat), weil das erstmal etwas ist, was keine biologisch gebahnte Reaktion hervorruft. Deshalb gibt es nicht die klare, "natürliche" Unterscheidung zwischen dem, was real ist, und der künstlerischen, abstrahierten Darstellung. Außerdem ist die Wahrscheinlichkeit, zumindest hier in unserer Gesellschaft, mit diesen Themen konfrontiert zu werden, sehr vel höher, als die, mit Schusswaffengewalt konfrotiert zu werden. Auch ist ja der Übergang zwischen Gesundheit und Krankheit bei psychischen Störungen fließend und man weiß oft gar nicht so genau, ob man schon behandlungsbedürftig erkrankt ist, oder das nur eine vorübergehende Verstimmung ist. Dann kommen noch häufig Selbstabwertungen in der Depression dazu.
Ob die Darstellung von Gewalt in dieser Form tatsächlich begrüßenswert ist, ist vielleicht nochmal eine andere Frage.
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Terranigma
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Re: Nachgeforscht - Was findet Andre an virtueller Gewalt?

Beitrag von Terranigma »

Claudine_Salome hat geschrieben:Ich denke, es gibt einen sehr klaren Unterschied zwischen realer Gewalt und der virtuellen Darstellung und ich würde mal denken, dass die meisten Spieler wenige Erfahrungen mit diesen Formen der realen Gewalt haben und die in ihrem Alltag keine Rolle spielt.
Interessant finde ich dabei allerdings, dass trotz der kognitiven Unterscheidbarkeit realer und virtueller Gewalt, die Empfindungen die Andre - und auch andere Spieler haben - in beiden Fällen real sind. Während der Täter, die Tat und das Opfer in einem Videospiel virtuell sind und für den Durchschnittsspieler auch klar als von der Realität getrennt wahrgenommen werden, ist doch aber das emotionale Empfinden seinerseits nicht virtuell, sondern real. Oder anders gesagt: Wenn ich beim Anblick eines verbrannten Leichnams in (a) einem fiktiven Film, (b) einer Realaufnahme oder (c) einem Videospiel ein Gefühl von Ekel empfinde, so bin es ich, der den Ekel empfindet. An der Stelle löst sich für mich die klare Unterscheidbarkeit von realer und virtueller Gewalt, weil beide gleichermaßen eine reelle Emotion evozieren können, selbst wenn ich es kognitiv trennen kann, wie André es am Beispiel von Postal deutlich machte. Offenbar ist unser Verstand so zur Differenzierung zwischen Realität und Virtualität fähig, unser Gefühlsleben ist es aber nicht.

Wo ich zustimme ist die Wirkung bzgl. der Darstellung von psychischen Krankheiten, Drogenmissbrauch, Frauen, o.Ä. in Videospielen - oder Medien im Allgemeinen. Nicht einmal so sehr deshalb, weil diese Themen uns prinzipiell näher sind - auch wenn sie das sind - sondern weil hinter diesen Themen auch gesellschaftspolitisches Handeln steckt. Wenn ich Gewalt als ästhestisch beurteile, ist dies eine Feststellung, aus der allerdings keinerlei Implikation für mein Handeln oder eine Implikation für meine Weltsicht folgt. Wenn ich allerdings Depressionen als Mangel an Charakterstärke beurteile, so hat dies unmittelbare Implikationen auf meine Wahrnehmung und damit auf mein Verhalten im Umgang mit depressiven Menschen. Anders gesagt: Wenn ich mich an der Rotfärbung und Anordnung von Blutspitzen ästhetisch erfreue, mag das der ein oder andere als sonderbar empfinden, aber dies hat keinerlei Implikationen für das menschliche Miteinander, weil es eben ein rein ästhetisches Werturteil ist. Es hat auch keine Implikation für das Miteinander, ob jemand Kaffee oder eher Tee mag. Attestiert man aber Depressiven einen Mangel an Charakterstärke oder betrachtet man Drogen als Mittel zur Steigerung der Leistungsfähigkeit, dann trifft man damit nicht nur ein Werturteil, sondern auch ein Sachurteil, nämlich: "Der Depressive soll sich mal mehr anstrengen" oder "Drogen taugen gut um besser klar zu kommen". Und das kann ganz klare Implikationen auf das Miteinander haben.

Insofern ist's eigentlich auch interessant, dass das ästhetische Empfinden von Gewaltdarstellungen als moralisch anstößig wahrgenommen wird - oder André zumindest diesen Eindruck hat, obwohl es eigentlich keinerlei moralische Qualität besitzt. Moral beschreibt Verhaltensmaßstäbe, d.h. zielt auf Verhalten ab. Die Frage, ob man virtuelle Gewaltdarstellungen - oder sogar reale! - als ästhetisch angenehm empfindet, ist keine Frage des Verhaltens, sondern des Empfindens und damit nicht Gegenstand der Moral. Gegenstand der Moral könnte lediglich sein, dass man das Aussprechen dieser positiven Wahrnehmung als unmoralisch beurteilt. Genauso wenig wie das ästhetische Empfinden von Musik, Filmen, etc. pp. irgendeine moralische Qualität hat. Ich fand in der Folge daher den Begriff "Moral" schwierig. Zumindest war mir nicht klar, was für einen "Moral"-Begriff ihr da gemeint habt, denn eine Moral im Sinne der Ethik ist von Andrés persönlichen Schönheitsempfinden ja nicht tangiert. Er bricht eher mit einer Norm als mit einer Moral, dachte ich mir beim hören so.
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Peter
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Re: Nachgeforscht - Was findet Andre an virtueller Gewalt?

Beitrag von Peter »

Ironic Maiden hat geschrieben:Ich muss leider sagen, dass ich die Folge nicht besonders interessant oder unterhaltsam fand, obwohl ich das Thema an sich spannend finde. Für mich war die Herangehensweise aber einfach zu subjektiv, ich sehe jetzt eher wenig Mehrwert darin, jemandem 90 Minuten zuhört, wie er über seine persönliche Wahrnehmung spricht. Die Einwürfe und Nachfragen von Ines mögen aus psychologisch/therapeutischer Sicht so fundiert sein, ich weiss zu wenig über die Thematik um das beurteilen zu können, und vielleicht für Andre selbst neue Erkenntnisse beinhaltet haben, aber ich dachte mir oft: "Ja, und jetzt weiter? Wie kann man das jetzt einordnen? Worauf lässt das schließen? Welche Prinzipien stecken dahinter?"

Ich sehe schon, dass viele das hier anders sehen, und ich kann auch keinem der beiden Beteiligten irgendeinen "Fehler" unterstellen, die beiden haben das was sie gemacht haben schon gut gemacht. Aber ich persönlich möchte irgendwie den Eindruck haben, etwas Fundiertes dazu gelernt zu haben, wenn ich einem oder zwei Experten zuhöre. So habe ich vielleicht den Eindruck, jemanden besser kennengelernt zu haben, aber das interessiert mich in Rahmen eines Podcasts nur bedingt.
Das kann ich im Großen und Ganzen unterschreiben. Ich habe die Folge zwar einigermaßen gerne gehört, da es einfach ein angenehmes Gespräch war. Letzten Endes hat mir die Folge aber keinerlei Erkenntnisgewinn gebracht, was ich bei diesem Format aber eigentlich schon erwartet hätte.
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Ines
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Re: Nachgeforscht - Was findet Andre an virtueller Gewalt?

Beitrag von Ines »

Terranigma hat geschrieben:
Claudine_Salome hat geschrieben:Ich denke, es gibt einen sehr klaren Unterschied zwischen realer Gewalt und der virtuellen Darstellung und ich würde mal denken, dass die meisten Spieler wenige Erfahrungen mit diesen Formen der realen Gewalt haben und die in ihrem Alltag keine Rolle spielt.
Interessant finde ich dabei allerdings, dass trotz der kognitiven Unterscheidbarkeit realer und virtueller Gewalt, die Empfindungen die Andre - und auch andere Spieler haben - in beiden Fällen real sind. Während der Täter, die Tat und das Opfer in einem Videospiel virtuell sind und für den Durchschnittsspieler auch klar als von der Realität getrennt wahrgenommen werden, ist doch aber das emotionale Empfinden seinerseits nicht virtuell, sondern real. Oder anders gesagt: Wenn ich beim Anblick eines verbrannten Leichnams in (a) einem fiktiven Film, (b) einer Realaufnahme oder (c) einem Videospiel ein Gefühl von Ekel empfinde, so bin es ich, der den Ekel empfindet. An der Stelle löst sich für mich die klare Unterscheidbarkeit von realer und virtueller Gewalt, weil beide gleichermaßen eine reelle Emotion evozieren können, selbst wenn ich es kognitiv trennen kann, wie André es am Beispiel von Postal deutlich machte. Offenbar ist unser Verstand so zur Differenzierung zwischen Realität und Virtualität fähig, unser Gefühlsleben ist es aber nicht.
Oh da sehe ich zwei Themen (an der Stelle meinte ich allerdings die abstrahierte Darstelung von Gewalt, die emotional scheinbar von vielen nicht als solche "erkannt" wird?): Einerseits kann unser Gefühl sicherlich nicht zwischen realistisch dargestellter virtueller Gewalt und realer Gewalt unterscheiden, das Gefühl kann aber ja kognitiv gedämpft werden. Interessant finde ich das auch bei anderen Emotionen, wie zum Beispiel bei ANgst in einem Horrorspiel, die ja real empfunden wird, die aber sicherlich nicht so groß ist, wie sie es in der realen Situation tatsächlich wäre. Genau so wäre Andrés Ekel bestimmt bei der echten verbrannten Leiche deutlich größer, als bei der virtuellen - also würde ich mal unterstellen...
Das Zweite ist das Verhältnis von Spiel, Realität und Phantasie im Allgemeinen. Es gibt da eine psychoanalytische Theorie von Donald W. Winnicott über das Spielen (in erster Linie das Spielen in der Kindheit, aber er sagt, dass auch Erwachsene spielen können sollten und bringt es auch in Verbindung mit Kunst oder Religion). Ich bin mir noch nicht so ganz sicher, ob das auch auf Computerspiele übertragbar ist (die kannte Winnicott noch nicht), ich denke aber mal schon und mache das jetzt einfach mal. Demnach ist Spielen etwas, was quasi am Rande des eigenen Inenlebens stattfindet. Es ist ja eine Handlung, hat also seinen Ort im Außen, aber es müssen nicht alle Regeln so gelten, wie im Außen. Ich vollziehe im Spiel also Quasi eine Phantasiehandlung, die aber nach außen sichtbar ist.
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Mahtan
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Re: Nachgeforscht - Was findet Andre an virtueller Gewalt?

Beitrag von Mahtan »

Schon nach 15 Minuten bin ich total schockiert was fuer ein Seelenstriptease das ist. Ich bin sowas wie die Gamestar-Doppelseite gewohnt, wo Redakteure kleine Belanglosigkeiten ueber sich preisgeben und hier bekomme ich einen tiefen Einblick in das Seelenleben eines Menschen. Das überfordert mich grade total :D
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Andre Peschke
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Re: Nachgeforscht - Was findet Andre an virtueller Gewalt?

Beitrag von Andre Peschke »

Terranigma hat geschrieben: Insofern ist's eigentlich auch interessant, dass das ästhetische Empfinden von Gewaltdarstellungen als moralisch anstößig wahrgenommen wird - oder André zumindest diesen Eindruck hat, obwohl es eigentlich keinerlei moralische Qualität besitzt. Moral beschreibt Verhaltensmaßstäbe, d.h. zielt auf Verhalten ab. Die Frage, ob man virtuelle Gewaltdarstellungen - oder sogar reale! - als ästhetisch angenehm empfindet, ist keine Frage des Verhaltens, sondern des Empfindens und damit nicht Gegenstand der Moral. Gegenstand der Moral könnte lediglich sein, dass man das Aussprechen dieser positiven Wahrnehmung als unmoralisch beurteilt.
Das der Affekt, also die ästhetische Empfindung, sich keiner Moral unterwirft, ist ja im Grunde "das Problem". :D Ich meine mich aber zu erinnern, dass wir in der Folge diskutiert haben, dass es die gesellschaftliche Erwartungshaltung ist, die zu einer gewissen Beschämung führt (und damit auch zum Teil zu einer Zensur des öffentlichen Diskurses). Denn wie in vielen anderen Fällen kann die Wahrnehmung von außen ja sehr kategorisch erfolgen. Der Konsument von Mangas und Animes scheut die Diskussion vielleicht, weil er erlebt hat, dass man ihn als Kindskopf oder latent pädophil stigmatisiert. Oder, um das Podcast-typischere Beispiel zu bemühen: Wenn du die Filme von Leni Riefenstahl im Regal stehen hast, wirst du bei einigen Besuchern auch erstmal in eine Rechtfertigungssituation geraten, selbst wenn sicher viele Filmkritiker sofort attestieren würden, dass ihr Werk aus ästhetischen Gesichtspunkten einmal sehr avantgardistisch war. Es würde manchen Menschen sowohl bei Gewalt als auch bei Leni nicht nur schwer fallen zu akzeptieren, dass sich deine Wahrnehmung eines Werkes von ihrer möglicherweise grundlegend unterscheidet und du in der Lage bist, die vorhandenen negativen Konnotationen auszublenden, es wäre ihnen sogar suspekt das du es kannst (während sie den Pomp und die Ikonografie des Nazi-Regimes in Filmen wie "Star Wars 7" wegkonsumieren, da hier durch Abstraktion den werksfremden Einflussfaktoren enthoben).

Ich finde dieses Thema, welche Mauern der eigene kleine Kosmos zwischen manchen Menschen errichtet, grundsätzlich total interessant. Ich habe das in der Folge "Was bestimmt, wie wir ein Spiel wahrnehmen?" auch schonmal versucht im Podcast zu thematisieren. Auch wenn der Begriff der "Filter-Bubble" heutzutage sehr populär ist, wird man sich ja selten gewahr, dass man in einer eigenen Version der Realität lebt, bis man plötzlich auf solche Inkongruenzen trifft und bemerkt, wie schwer sie zu überbrücken sind (und wie wichtig daher Konventionen für ein reibungsloses Zusammenleben sind). Über den Einfluss von "werksfremden Faktoren" will ich auch unbedingt nochmal eine Nachgeforscht-Folge machen. Da brauche ich nur noch den passenden Experten.

Andre
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Took
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Re: Nachgeforscht - Was findet Andre an virtueller Gewalt?

Beitrag von Took »

*** Kurzer Einwurf ***

Ich muss hier mal kurz an passender Stelle loswerden wie unfassbar toll ich dieses Forum finde. Allein die Diskussion in diesem Thread zeigt, dass hier vorwiegend intelligente, hinterfragende und auch aufgeschlossene Zocker unterwegs sind. Danke dafür!

*** Einwurf Ende ***
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