Wertschätzung: What Remains of Edith Finch

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muh_haha
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Re: Wertschätzung: What Remains of Edith Finch

Beitrag von muh_haha »

Nachtfischer hat geschrieben:
muh_haha hat geschrieben:Rollenspiel
Ja, gut, ich verstehe dich schon. Du wirfst hier halt wirklich alles mögliche in einen Topf, nur weil das Teilwort "Spiel" darin vorkommt. Spielzeug, Schauspiel, Rollenspiel, Strategiespiel und so weiter. Kann man natürlich tun, wurde sprachwissenschaftlich auch schon gemacht (dazu kann man zum Beispiel Huizingas "Homo Ludens" lesen). Aber am Ende gucken wir dann auf eine Kategorie, in der sowohl Schach als auch eine Hamlet-Aufführung liegen und fragen uns, was wir davon haben, dass wir beide unter einen Hut gezwängt haben. Meine These wäre: Nicht wahnsinnig viel.
Der Begriff umfasst das einfach und auch ein Spielen mit Legos kann man nach den obigen Definitionen als Spiel bezeichnen. Einfach weil dieser Begriff so mächtig ist. Wenn man aber der Frage nachgeht ist Edith Finch ein (Computer-)Spiel? Dann würde ich nach obigen Definitionen JA sagen.
Das Beispiel des kindlichen Spielens sollte nur erläutern das Spiel und damit auch ein Computerspiel keine kompetitive Elemente braucht.
Zuletzt geändert von muh_haha am 28. Apr 2017, 17:22, insgesamt 1-mal geändert.
muh_haha
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Re: Wertschätzung: What Remains of Edith Finch

Beitrag von muh_haha »

Axel hat geschrieben: Das alles hast Du aber bei Walking Sims nicht. Egal ob Du erst dort oder da hin gehst. Du kannst nicht scheitern. Du kannst Dinge angucken, die Welt verändert sich aber in der Regel nicht nachhaltig auf das was Du machst.

Hättest Du Nachtis Masterarbeit zumindest quergelesen, dann würdest Du nicht auf den Vergleich kommen.
Das ist das Grundproblem: Die Möglichkeit des Scheiterns muss in einem Spiel eben nicht vorhanden sein.
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Nachtfischer
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Re: Wertschätzung: What Remains of Edith Finch

Beitrag von Nachtfischer »

Axel hat geschrieben:Lego ist ein Spiel, weil es ein Regelwerk hat.
Naja, du hast dir da gerade ein Regelwerk ausgedacht, das sagt, dass du irgendwas Großes bauen musst und dann gewinnst. Du kannst Lego-Bauanleitungen natürlich als Puzzles interpretieren. Einfach so "vor sich hin" mit Legosteinen zu spielen, macht sie aber nicht zum Spiel. Du musst dir schon selbst ein Ziel vornehmen und so weiter.
muh_haha hat geschrieben:Der Begriff umfasst das einfach
Nach deiner Definition. Die meisten Menschen würden unter "einem Spiel" erstmal nicht Hamlet verstehen, sondern beispielsweise Monopoly. Aber mal wieder weg von den Begriffen: Warum ist es dir so wichtig, dass wir das alles unter einen Hut bekommen? Wohin soll uns das führen? Schach und Edith Finch weisen doch offensichtlich formale Unterschiede auf. (Oder leugnest du deren Existenz vollständig?) Dann lass uns doch die Dinger doch auch auf unterschiedliche Arten und Weisen besprechen, die ihnen jeweils gerecht werden.
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Re: Wertschätzung: What Remains of Edith Finch

Beitrag von muh_haha »

Nachtfischer hat geschrieben:
muh_haha hat geschrieben:Der Begriff umfasst das einfach
Nach deiner Definition. Die meisten Menschen würden unter "einem Spiel" erstmal nicht Hamlet verstehen, sondern beispielsweise Monopoly. Aber mal wieder weg von den Begriffen: Warum ist es dir so wichtig, dass wir das alles unter einen Hut bekommen? Wohin soll uns das führen? Schach und Edith Finch weisen doch offensichtlich formale Unterschiede auf. (Oder leugnest du deren Existenz vollständig?) Dann lass uns doch die Dinger doch auch auf unterschiedliche Arten und Weisen besprechen, die ihnen jeweils gerecht werden.
Richtig. Wenn du die vorigen Beiträge liest und auf was ich mich beziehe, habe ich das Beispiel deshalb angeführt, um zu beweisen, dass Spiel auch ohne kompetitive Komponente möglich ist. Warum sollte das dann nicht auch für ein Computerspiel gelten?
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Nachtfischer
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Re: Wertschätzung: What Remains of Edith Finch

Beitrag von Nachtfischer »

muh_haha hat geschrieben:Richtig. Wenn du die vorigen Beiträge liest und auf was ich mich beziehe, habe ich das Beispiel deshalb angeführt, um zu beweisen, dass Spiel auch ohne kompetitive Komponente möglich ist. Warum sollte das dann nicht auch für ein Computerspiel gelten?
Das einzige, das du bewiesen hast, ist, dass die deutsche Sprache an dieser Stelle mit einigen Ungenauigkeiten gesegnet ist. Schauspiel, Rollenspiel, Spiel. Englisch: acting, roleplay, game. Da zieht das Wortstammargument nicht mehr wirklich. Klar haben diese Dinge auch rudimentäre Gemeinsamkeiten (das passende Buch habe ich schon genannt), aber sobald man sich auf einer einigermaßen tiefen Ebene über sie unterhalten will, sollte man sie unterscheiden.

Und nochmal: Um "Spiel" als Begriff oder Wortstamm geht es mir nicht. Nenn meinetwegen Finch ein "A-Spiel" und Schach ein "B-Spiel" oder beide ganz anders.
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Re: Wertschätzung: What Remains of Edith Finch

Beitrag von muh_haha »

Nachtfischer hat geschrieben:
muh_haha hat geschrieben:Richtig. Wenn du die vorigen Beiträge liest und auf was ich mich beziehe, habe ich das Beispiel deshalb angeführt, um zu beweisen, dass Spiel auch ohne kompetitive Komponente möglich ist. Warum sollte das dann nicht auch für ein Computerspiel gelten?
Das einzige, das du bewiesen hast, ist, dass die deutsche Sprache an dieser Stelle mit einigen Ungenauigkeiten gesegnet ist. Schauspiel, Rollenspiel, Spiel. Englisch: acting, roleplay, game. Klar haben diese Dinge auch rudimentäre Gemeinsamkeiten (das passende Buch habe ich schon genannt), aber sobald man sich auf einer einigermaßen tiefen Ebene über sie unterhalten will, sollte man sie unterscheiden.

Und nochmal: Um "Spiel" als Begriff oder Wortstamm geht es mir nicht. Nenn meinetwegen Finch ein "A-Spiel" und Schach ein "B-Spiel" oder beide ganz anders.
Jo die ganze Thematik ist ziemlich heikel.
Es gibt an dieser Stelle einfach auch unterschiedliche Herangehensweisen.
Ich sehe ein Computerspiel als eine Unterkategorie von Spiel im weitesten Sinne. Was alle Computerspiele also gemeinsam haben ist, dass sie ein Spiel sind. Argumentiert man jetzt so: Edith Finch ist kein Computerspiel weil es keine kompetitiven Elemente hat, kann ich mich von meinen Standpunkt aus sagen, dieses Argument ist entkräftet, denn ich definiere nicht, dass das zwingend in ein Computerspiel eingebunden werden muss, da die Oberkategorie Spiel das ebenfalls nicht zwingen voraussetzt. Alle weiteren Anforderungen an ein Computerspiel erfüllt Edith Finch, Firewatch und Co.
Imo sind das Spiele die der Kategorie Computerspiel zugeordnet werden müssen. In welche Unterkategorie man solche Spiele steckt ist was anderes.
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W8JcyyU
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Re: Wertschätzung: What Remains of Edith Finch

Beitrag von W8JcyyU »

Heretic hat geschrieben:Was bringt es mir denn, ein "Dear Esther" beispielsweise mit einem "The Witcher 3" zu vergleichen? Das macht imo allenfalls bei der Qualität der Geschichte noch halbwegs Sinn.
"Man spielt keine TES wegen der Geschichte, es geht um Exploration!" Ist das Erkunden in Skyrim besser als in Walking Simulatoren? Gerade bei Open World Spielen nach Schema F mit Betonung auf Erkundung würde mich so langsam mal interessieren ob a) eine dichte Story über 2 Stunden nicht immer besser ist als eine inkohärente 100 Stunden plus Grütze und b) ob es in Sachen Atmosphäre und Erkundung nicht erheblich bessere Konkurrenz bei den Walking Simulatoren gibt.

"Keinen Sinn" ist da etwas vorschnell.
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LegendaryAndre
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Re: Wertschätzung: What Remains of Edith Finch

Beitrag von LegendaryAndre »

What Remains of Edith Finch hat mich stellenweise zutiefst beeindruckt. Die stimmige und liebevoll ausgearbeitete Spielwelt, die dazu passende Steuerung durch die sich manche Szenen ganz besonders intensiv anfühlen und die positive und meines Erachtens nach doch gleichzeitig auch traurige Thematisierung von Tod und Vergänglichkeit haben mich berührt. Zudem mag ich Geschichten die Raum für Interpretation lassen. Schon damals habe ich es geliebt mit einem Freund gefühlt endlose Diskussionen über das Ende von Bioshock Infinite zu führen, aber das ist eine andere Geschichte.

Zu den Highlights von What Remains Of Edith Finch gehörten für mich die Erzählung von Lewis Finch in der Konservenfabrik, die Story von Molly mit den unterschiedlichen Verwandlungsstufen sowie die Geschichte des einstigen Kinderstars Barbara. Im Gegensatz zu Sebastian haben mich die spielbaren Comicszenen nicht gestört, sondern sogar noch tiefer in das Geschehen eintauchen lassen, weil ich nicht damit gerechnet hatte dass ich das tun darf. Früher habe ich einzelne Ausgaben der Spuk- und Gespenstergeschichten verschlungen und so hat es mich wirklich gefreut ein Comic in diesem Stil interaktiv nachspielen zu dürfen. Auch die Anlehnung an Tales from the Crypt fand ich sehr gelungen. An diesen Stellen war das Spiel für mich wie ein Sog, den ich mich nicht entziehen konnte und wollte.

Das Spiel zu bewerten dürfte schwierig sein. Ich denke nicht dass die Spielzeit entscheidend für Abzüge der Wertung sein sollte, denn bei diesem Spiel bekomme ich in der kurzen Spielzeit mehr Innovationen geboten als in so manchem Vollpreistitel. Es kommt halt auch darauf an was man haben will und wer eine Vorliebe für Spiele dieser Art hat wird darin gewiss ein Highlight sehen.

Für den Aufstieg in höchste Wertungsregionen müsste es meiner Meinung nach einen höheren Wiederspielwert und mehr spielerische Substanz bieten. Ich hätte mir gewünscht dass ich zum Beispiel stellenweise Rätsel wie bei einem Adventure lösen muss oder dass es sich dahingehend vielleicht sogar ein bisschen in Richtung Myst entwickelt. Es hätte mir Freude bereitet auch die eine oder andere Kopfnuss zu knacken, um mit der Story des nächsten Familienmitglieds fortfahren zu dürfen. Gelegentlich war mir das Spiel auch etwas zu vorhersehbar, doch das ist Kritik auf hohem Niveau.

Insgesamt war es aber eine großartige Erfahrung und ich werde definitiv noch einen weiteren Durchgang machen, sei es nur um die Erfahrung zu wiederholen und um Details zu entdecken, die mir beim ersten Mal nicht aufgefallen sind. Ich habe nicht so genau darauf geachtet, aber ich frage mich ob es nicht das eine oder andere Geheimnis zu entdecken gibt. Das herauszufinden finde ich auch noch interessant.

Was die Interpretation des Endes anbelangt, glaube ich auch nicht dass es sich um einen Fluch handelt. Danke für eure Wertschätzung! Während der Abspann des Spiels lief, dachte ich mir dass ich mich jetzt noch auf eure Wertschätzung freuen darf! Sehr schön! :D
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W8JcyyU
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Re: Wertschätzung: What Remains of Edith Finch

Beitrag von W8JcyyU »

muh_haha hat geschrieben: Jo die ganze Thematik ist ziemlich heikel.
Es gibt an dieser Stelle einfach auch unterschiedliche Herangehensweisen.
Ich sehe ein Computerspiel als eine Unterkategorie von Spiel im weitesten Sinne. Was alle Computerspiele also gemeinsam haben ist, dass sie ein Spiel sind. Argumentiert man jetzt so: Edith Finch ist kein Computerspiel weil es keine kompetitiven Elemente hat, kann ich mich von meinen Standpunkt aus sagen, dieses Argument ist entkräftet, denn ich definiere nicht, dass das zwingend in ein Computerspiel eingebunden werden muss, da die Oberkategorie Spiel das ebenfalls nicht zwingen voraussetzt. Alle weiteren Anforderungen an ein Computerspiel erfüllt Edith Finch, Firewatch und Co.
Imo sind das Spiele die der Kategorie Computerspiel zugeordnet werden müssen. In welche Unterkategorie man solche Spiele steckt ist was anderes.
Unbrauchbarer Ansatz, da weder wissenschaftlich noch nachvollziehbar. An anderer Stelle wurden die generellen qualitativen Unterschiede bei der Analyse von Handlung und Mechanik diskutiert. Welchen Erkenntnisgewinn bringt da Dein Ansatz? Weder ermöglicht er einen schärferen Blick auf die Unterschiede, noch trägt er zur Klärung der Diskussion bei.

Im Kontext des Forums führt das dazu, dass 1) bei jedem AAA Release über die fehlende Spielmechanik gelästert wird, dass 2) jede subjektiv zu hohe Wertung an gekauftem Journalismus bzw. Unkenntnis liegt und 3) sobald man konstruktiv versucht eine geeignete Gesprächsgrundlage zu erarbeiten der Spielebegriff nicht weit genug gefasst werden kann. Wo ist hier bitte die Konsistenz?
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Terranigma
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Re: Wertschätzung: What Remains of Edith Finch

Beitrag von Terranigma »

muh_haha hat geschrieben:Einfach weil dieser Begriff so mächtig ist.
Und genau das ist das Problem, weshalb man den Begriff auseindernehmen muss um zu schauen, was für Phänomene unter diesen einen Begriff gepackt werden. Ein Schauspiel ist etwas dezidiert anderes als ein Gesellschaftsspiel oder ein Rollenspiel oder ein Computerspiel - der Umstand, dass die Begriffe allesamt das Element "Spiel" im Komposita enthalten, sagt etwas über die Begriffsbildung aus, nicht über die Sache. Begriffe sollen ein Ding beschreiben; nicht umgekehrt. "Meeresfrüchte" sind immerhin auch kein Obst, nur weil "früchte" als Namensbestandteil enthalten ist. Im Englischen gibt's diese Irritation nicht, da heißt es einfach nur "seafood".

Auch wenn es sicherlich nicht unbeliebt aus: aus Namensgebungen kann man über das "Wesen" einer Sache nichts ableiten. Im Deutschen reden wir vom "Spielzeug", im Englischen vom "toy" - die Namensgebung unterscheidet sich, aber nicht die Sache, die benannt wird. Wenn man insofern eine Sache definieren will, muss man das nicht anhand von Sprache tun, sondern anhand der Merkmale, welche die Sache von anderen Sachen unterscheidet. Und ein "Spiel" unterscheidet sich in der Sache erkennbar von einem "Spielzeug", selbst wenn wir im Deutschen beides ähnliche Namen geben. Das ist sozusagen unser Problem als Deutschsprachige, hat aber nichts mit der Sache zu tun.
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JayTheKay
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Re: Wertschätzung: What Remains of Edith Finch

Beitrag von JayTheKay »

W8JcyyU hat geschrieben: Unbrauchbarer Ansatz, da weder wissenschaftlich noch nachvollziehbar. An anderer Stelle wurden die generellen qualitativen Unterschiede bei der Analyse von Handlung und Mechanik diskutiert. Welchen Erkenntnisgewinn bringt da Dein Ansatz? Weder ermöglicht er einen schärferen Blick auf die Unterschiede, noch trägt er zur Klärung der Diskussion bei.
Klar macht der Ansatz sinn, weil er zeigt, dass bestimmte Eigenschaften relevant für eine Kategorisierung sind und andere nicht. Er führt zur Erkenntnis, dass Spiele vielfältiger und breiter gefächert sein können als man vielleicht im ersten Moment denkt. Und dazu, dass man für die unterschiedlichen Arten von Spielen (gameplay-orientiert vs. story-orientiert) eigene Begriffe braucht, aber den Begriff "Spiel" nicht nur für die eine Art reklamieren kann und dadurch die andere ausschließt.
W8JcyyU hat geschrieben: Im Kontext des Forums führt das dazu, dass 1) bei jedem AAA Release über die fehlende Spielmechanik gelästert wird, dass 2) jede subjektiv zu hohe Wertung an gekauftem Journalismus bzw. Unkenntnis liegt und 3) sobald man konstruktiv versucht eine geeignete Gesprächsgrundlage zu erarbeiten der Spielebegriff nicht weit genug gefasst werden kann. Wo ist hier bitte die Konsistenz?
Was du damit aussagen willst versteh ich nicht.
muh_haha
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Re: Wertschätzung: What Remains of Edith Finch

Beitrag von muh_haha »

Terranigma hat geschrieben:
muh_haha hat geschrieben:Einfach weil dieser Begriff so mächtig ist.
Und genau das ist das Problem, weshalb man den Begriff auseindernehmen muss um zu schauen, was für Phänomene unter diesen einen Begriff gepackt werden. Ein Schauspiel ist etwas dezidiert anderes als ein Gesellschaftsspiel oder ein Rollenspiel oder ein Computerspiel - der Umstand, dass die Begriffe allesamt das Element "Spiel" im Komposita enthalten, sagt etwas über die Begriffsbildung aus, nicht über die Sache. Begriffe sollen ein Ding beschreiben; nicht umgekehrt. "Meeresfrüchte" sind immerhin auch kein Obst, nur weil "früchte" als Namensbestandteil enthalten ist.

Im Englischen gibt's diese Irritation nicht, da heißt es einfach nur "seafood". Aus dem Umstand, dass in der deutschen Sprache viele Dinge den Namensbestandteil "spiel" besitzen nun etwas über das Wesen dieser Dinge ableiten zu wollen, das funktioniert nicht. In Deutschland ist Lego ein "Spielzeug" im Englischen ein "toy" - da würde niemand auf die Idee kommen, das sprachlich mit "game" gleichzusetzen.
Ja und ich bin auch ganz schön weit abgedriftet nach der Frage was ein Spiel eigentlich ist, darauf gibt es keine konkrete Antwort. Schauspiel wäre an dieser Stelle auch nicht in meiner Definition von Spiel enthalten.
Spielen ist wenn ich in meiner Freizeit aus welchen Gründen auch immer einer scheinbar sinnlosen Beschäftigung nachgehe, sei es das Spiel mit Lego oder das Computerspiel. Das heißt ich setze mich irgendwelchen Regeln aus, verfolge in der Regel ein erdachtes Ziel und möchte im Besten Fall was positives erleben. Man muss also der Frage nachgehen was ist spielen überhaupt, und darauf gibt es keine einfache Antwort. Man muss also weiterhin die Frage erörtern was macht ein Computerspiel für mich aus? Reichen mir da die wenigen Defintionsmöglichkeiten die mir der Begriff Spiel lässt oder muss ich das für mich,neben der Bedingung das das Ganze auf einem Endgerät gespielt wird, konkretisieren?
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Heretic
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Re: Wertschätzung: What Remains of Edith Finch

Beitrag von Heretic »

W8JcyyU hat geschrieben:"Man spielt keine TES wegen der Geschichte, es geht um Exploration!" Ist das Erkunden in Skyrim besser als in Walking Simulatoren? Gerade bei Open World Spielen nach Schema F mit Betonung auf Erkundung würde mich so langsam mal interessieren ob a) eine dichte Story über 2 Stunden nicht immer besser ist als eine inkohärente 100 Stunden plus Grütze und b) ob es in Sachen Atmosphäre und Erkundung nicht erheblich bessere Konkurrenz bei den Walking Simulatoren gibt.

"Keinen Sinn" ist da etwas vorschnell.
Warum sollte eine dichte, zweistündige Geschichte immer besser sein als die eines 100stündiges RPGs? Weil letzteres seine Story in Etappen und mit Füllmaterial in Form von Nebenquests serviert? Manch ein Spieler mag es nunmal, zwischendurch grundlos durch die Gegend zu streifen, ein paar Kräuter zu pflücken und ein paar Schätze zu plündern, ohne von der Hauptstory "behelligt" zu werden. Will ich Story und Atmosphäre pur, ohne störendes Beiwerk wie Kämpfe oder Nebenaufgaben, schnappe ich mir lieber eine Walking Sim. Es gibt aber garantiert genug Leute, die auch den Witcher oder die Mass Effect-Reihe hauptsächlich wegen der Story spielen.

Ist doch schön, dass man heutzutage je nach Gusto aus einem derart reichhaltigen Angebot das Passende herausfischen kann. Und jeder halbwegs interessierte Spieler weiß doch, welche Spielerlebnisse er von den unterschiedlichen Genres geliefert bekommt. Ich frage mich daher, wozu diese "Ist das noch ein Spiel oder tut es nur so"-Debatte im Endeffekt gut sein soll. Für mich lassen sich sowohl Walking Sims als auch RPGs, Ego-Shooter oder (Telltale-)Adventures hevorragend unter dem Überbegriff "Computerspiele" zusammenfassen.
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W8JcyyU
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Re: Wertschätzung: What Remains of Edith Finch

Beitrag von W8JcyyU »

JayTheKay hat geschrieben: Was du damit aussagen willst versteh ich nicht.
Bei jedem AAA Titel wird die Spielmechanik kritisiert. Bei jedem AAA Titel werden einzelne Wertungen kritisiert mit teils sehr scharf formulierten Anschuldigungen. Als Ursachen führt man gern unlautere Methoden in der Spieleentwicklung bzw. dem Journalismus an.

Sind beides nicht Anzeichen, dass der Spielebegriff für sich zu schwammig ist? Führt diese Unklarheit nicht zwangsläufig dazu, dass Maßstäbe beliebig verschoben werden können, da (eindeutige) Kernmerkmale fehlen an denen man eine Analyse festmachen kann? Wie sinnvoll ist in diesem Szenario überhaupt eine Bewertung?

Wolfgang Walk nimmt in seinem Format regelmäßig sowohl Spieleentwickler, als auch Journalisten und Spieler in die Verantwortung. Einige Posts in diesem Thread verweigern sich schon im Ansatz einer ernsthaften Diskussion. Persönlicher Geschmack dient als Totschlagargument, alle weitere Diskussion ist damit hinfällig.

Bizarrerweise kritisieren eben diese Personen regelmäßig AAA Produktionen aus den bereits genannten Gründen. Ignoriert man jetzt die Zusammenhänge oder gefällt man sich bloß in der Rolle des ewigen Nörglers?
JayTheKay hat geschrieben: Und dazu, dass man für die unterschiedlichen Arten von Spielen (gameplay-orientiert vs. story-orientiert) eigene Begriffe braucht, aber den Begriff "Spiel" nicht nur für die eine Art reklamieren kann und dadurch die andere ausschließt.
Wurde von Andre in einem vergangenen Podcast mal vorgeschlagen. Es wird wie bisher weiter Handlung und Mechanik getrennt und durch die Wortwahl wird dies bewusst gefördert. Warum sollen für "story-orientierte" Spiele ein anderer spielmechanischer Maßstab gelten als für "gameplay orientierte" Spiele - langweilige und monotone Tätigkeiten bleiben langweilig und monoton. Ungeachtet von jeglicher Story. Analog selbe Argumentation bezogen auf Handlung und "gameplay orientiert".
Zuletzt geändert von W8JcyyU am 28. Apr 2017, 20:04, insgesamt 2-mal geändert.
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Terranigma
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Re: Wertschätzung: What Remains of Edith Finch

Beitrag von Terranigma »

muh_haha hat geschrieben:Das heißt ich setze mich irgendwelchen Regeln aus, verfolge in der Regel ein erdachtes Ziel und möchte im Besten Fall was positives erleben.
Sehe ich ebenso, d.h. du verfolgst ein Ziel anhand vorgegebener Regeln. Die Regeln bestimmen die Art und Weise, wie du zum Ziel sollen kannst - das "Können" im Spiel besteht nun darin, im Rahmen der Regeln das Ziel möglichst gut zu erreichen, z.B. mit dem Bewegungsrepertoire in Mario möglichst schnell das Ende zu erreichen, in X-Com mit dem zur Verfügung stehenden Mitteln eine Mission möglichst ohne Verluste abzuschließen, etc. pp. Wenn du ein Ziel verfolgst, bedeutet dies dabei allerdings eben auch, dass du daran scheitern kannst: Spiele bieten eine Hürde und an dieser Hürde kann man scheitern. Walking Simulatoren bieten allerdings keine spielerischen Hürden, an denen man scheitern kann.

Natürlich: Man kann daran scheitern, sich in der Spielwelt zurechtzufinden. Man kann ebenso an der Steuerung mit Maus und Tastatur scheitern. Etc. pp. Ebenso kann man aber auch beim Schach daran scheitern, die motorischen Fähigkeiten aufzubringen, um eine Figur hochzuheben und an der gewünschten Stelle abzusetzen. Oder beim Fußball kann man daran scheitern, einen Fuß vor den anderen zu setzen. Dies sind allerdings kaum spielerische Hürden, da diese Hürden nicht vom Spiel definiert sind. Auf dieser Ebene kann man auch an Edith Finch scheitern, wie auch ein älterer Mann mit einem Tremor in den Händen daran scheitern kann, eine Schachfigur an die gewünschte Position zu stellen. Einstiegshürden gibt es natürlich. Aber die sind nicht spielerischer Art.

Was wären deiner Ansicht nach denn die Spielregeln von Edith Finch? Gehen wir mal davon aus, das Spiel stünde im Handel und auf der Rückseite der Packung stünde nun die Spielanleitung: Wie würde die Spielanleitung zu Edith Finch aussehen? Zu Mario, X-Com, Mass Effect und Co kann ich mir diese vorstellen, aber bei Edith Finch, Firewatch und Co fällt mir nichts ein. Insofern würde ich Walking Simulatoren auch nicht als "Genre" bezeichnen, wie z.B. Ego-Shooter, RTS oder Adventures welche sind. Alle diese Spiele besitzen ein klar definiertes Gameplay mit klar definierten spielerischen Herausforderungen. Walking Simulatoren sind aber anhand ihres Gameplays aber kaum definierbar, weil dieses kaum erkennbar ist. Und das ist - wie gesagt - ja überhaupt nicht negativ gemeint: wenn ich sage, dass ein Actionfilm mehr Action hat als ein Liebesdrama, so treffe ich damit ja keine wertende Aussage. Die Frage, ob Walking Simulatoren insofern überhaupt in die Oberkategorie "Spiel" passen ist ja keine wertende.
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W8JcyyU
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Re: Wertschätzung: What Remains of Edith Finch

Beitrag von W8JcyyU »

Heretic hat geschrieben: Ist doch schön, dass man heutzutage je nach Gusto aus einem derart reichhaltigen Angebot das Passende herausfischen kann. Und jeder halbwegs interessierte Spieler weiß doch, welche Spielerlebnisse er von den unterschiedlichen Genres geliefert bekommt. Ich frage mich daher, wozu diese "Ist das noch ein Spiel oder tut es nur so"-Debatte im Endeffekt gut sein soll. Für mich lassen sich sowohl Walking Sims als auch RPGs, Ego-Shooter oder (Telltale-)Adventures hevorragend unter dem Überbegriff "Computerspiele" zusammenfassen.
DIe Unterscheidung, wie bereits an TES erläutert, führt mit der Zeit zu klareren Bewertungskriterien. Vorteil ist, dass man dann etwa bei Open World Spielen zwei unterschiedliche Sichtweisen einnehmen und dort die Spiele unterschiedliche bewerten kann.

Für "wird schon jemandem gefallen" braucht man weder einen Spielejournalismus noch Diskussionsforen. Diese 'Argumentation' begründet alles. Immer.

Wolfang Walk, Jochen und Nachtfischer kritisieren regelmäßig Versäumnisse im Spielejournalismus. Was bringt vor diesem Hintergrund Dein "aber das gefällt mir halt, wozu weiter darüber diskutieren"?
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Re: Wertschätzung: What Remains of Edith Finch

Beitrag von akill0816 »

Für mich macht es wenig Sinn einen gewachsenen Begriff wie das Computerspiel so zu verengen, dass Medienprodukte, die seit langem mit unter disen Begriff gefasst werden, plötzlich aus diesem Exkludiert werden. Das ist für mich auch bezüglich des Diskurses nicht notwendig, da ohnehin keine genreübergreifende Vergleichbarkeit hergestellt werden kann. Denn letztlich besteht auch ein Unterschied zwischen reaktionsbasierten Computerspielen und entscheidungsbasierten Spielen. Wenn man Unterkategorien bilden will, dann sollte man es so tun, dass neue Begriffe gefunden werden und nicht bestehende künstlich verengt werden um bestimmte Produkte auszuschließen.
Der Unterschied zwischen einem Walking-Simulator und einem storylastigen Adventure ist sicherlich geringer als der zwischen einen storylastigen Adventure und einen gameplayfokusiertem Strategiespiel oder Egoshooter.
Letztlich kann im Bereich der Computerspiele eine halbwegs objektive Vergleichbarkeit nur innerhalb enger Genregrenzen angestellt werden, weshalb es für mich nicht sonderlich sinnvoll ist sich um die Reichweite eines Begriffes zu streiten.
Jeder Test zu sogenannten "Walking-Simultatoren" macht klar, welche Art des Erlebnisses hier geboten wird und es ist klar, dass Spieler, die Spiele gefordert werden wollen und eine Spielmechanimk wollen, die entweder Gehirn oder Reaktion testet, mit solchen Spielen nicht glücklich werden. Das reicht mir an begrifflicher Genauigkeit ehrlichgesagt aus.
Wenn ich mir eine Meinung zu einem storylastigen Spiel durchlese, lege ich auch als Leser mehr wert und Qualität der Geschichte und ihre atmosphärische Umsetzung. Wenn Spiele sowohl eine gelungene Geschichte als auch ein ausgereiftes Gameplay bieten wollen, müssen sie sich den Vergleich mit anderen Produkten auf beiden Ebenen gefallen lassen. Genausogut müssen Spiele mit einer Kombination verschiedener Genres sich mit Vertretern beider Genres messen lassen. Eine solche Kombination kann in der Gesamtschau immernoch besser sein als die losgelösten Bestandteile.

Ich finde es jedenfalls angemessen und sinnvoll, dass sich Spielemagazine auch mit den Walking-Simulatoren befassen, denn letztlich besteht deren Zielpublikum immernoch stärker aus Spielern als aus Romanlesern und Filmfreaks. Für bringt bringt auch eine geringe Interaktion eine deutlich veränderte Rezeption mit sich verglichen mit einem statischen Film oder Roman. Selbst wenn die Interaktion des Spielers sehr gering ist, ist der Erfahrung doch eine, die eher mit storylastigen Spielen vergleichbar ist.
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Nachtfischer
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Re: Wertschätzung: What Remains of Edith Finch

Beitrag von Nachtfischer »

akill0816 hat geschrieben:Ich finde es jedenfalls angemessen und sinnvoll, dass sich Spielemagazine auch mit den Walking-Simulatoren befassen, denn letztlich besteht deren Zielpublikum immernoch stärker aus Spielern als aus Romanlesern und Filmfreaks.
Aber aus gutem Grund? Das ist ja dann eine der weiterführenden Fragen. Das ist jetzt historisch so gewachsen, aus technologischen Gründen, ehemalige Gameplay-Engines werden nun zum Erzählen benutzt und so weiter.

Aber ist der durchschnittliche Fan klassischer Spiele wirklich näher dran als der Filmfan oder Leser? Das bisschen Interaktion kriegt doch jeder hin. In Sachen Gameplay werde ich aber nicht glücklich, sondern primär durch die Geschichte.

Und ist der durchschnittliche Spielekritiker wirklich am "nächsten dran" und der richtige dazu, in dieses neue Medium einzusteigen? Viele Werkzeuge der Spieleanalyse lassen sich ja nicht gerade anwenden, wie wir auf vorherigen Seiten dieses Threads festgestellt haben. Der Podcast klang über weiter Strecken dementsprechend eher wie eine Filmrezension und Romaninterpretation (das ist keine Kritik, denn genau das entspricht ja dem neuen Medium).

Und ist die Konzeption solcher Werke näher am Game-Designer als am Autor? Dazwischen? Welcher Skill ist entbehrlicher? Alles zumindest sehr fragwürdig.

Der einzige Punkt, wo der Walking Simulator (oder die "Ego-Story") eindeutig näher am klassischen Spiel ist als an passiv-narrativen Medien, liegt letztlich auf technischer Ebene. Und sollten wir die als Primärfaktor heranziehen, wenn wir über ein Werk diskutieren, das eindeutig nicht in erster Linie technische Überlegenheit demonstrieren will. Sondern eben ganz konkret eine Geschichte vermitteln - mit einer 3D-Engine als (bloßem) Transporteur.
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Re: Wertschätzung: What Remains of Edith Finch

Beitrag von akill0816 »

Nachtfischer hat geschrieben: Aber aus gutem Grund? Das ist ja dann eine der weiterführenden Fragen. Das ist jetzt historisch so gewachsen, aus technologischen Gründen, ehemalige Gameplay-Engines werden nun zum Erzählen benutzt und so weiter.

Aber ist der durchschnittliche Fan klassischer Spiele wirklich näher dran als der Filmfan oder Leser? Das bisschen Interaktion kriegt doch jeder hin. In Sachen Gameplay werde ich aber nicht glücklich, sondern primär durch die Geschichte.
Gameengines wurden praktisch seit Beginn ihrer Existenz auch zum Erzählen genutzt. Allein die Möglichkeit, dass die Erzählung alleine ein Spiel tragen kann, ist mit der technischen Evolution des Mediums zu erklären. Dass Spiele auch anhand ihrer erzählerischen Qualität beurteilt werden, ist keine Entwicklung die erst mit den Walking-Simulatoren Einzug gehalten hat. Ob nun frühe Point&Click Adventures oder japanische Rollenspiele. Die Erzählung hat immer schon einen gravierenden Einfluss auf die Rezeption gehabt.
Zwischen Film und Walking-Simulator ist eine klare Grenzziehung einfach. Wenn der Spieler durch Interaktion auch nur gerige Teile der Handlung beeinflussen kann und sei es nur die Geschwindigkeit ihrer Fortlaufs, besteht ein interaktives Element und somit ein leicht zu erfassender Unterschied.
Bei der Frage Spiel/Walking Simulator gibt es wesentlich stärkere Grauzonen. Die Telltale-Spiele haben ja durchaus noch schwach ausgeprägte Gameplay-Elemente, die dem klassischen Adventure entliehen sind. Vom Spielgefühl sind sie trotzdem näher am Walking Simulator.
Ein Her Story arbeitet sogar mit dem Medium Film und war für mich trotzdem vom Spielgefühl her näher an einem klassischen Adventure, weil der Spieler durch das Nutzen der Suchmaske durchaus mitdenken muss um die Geschichte nachvollziehen zu können.
Her Story ist insofern ein gutes Beispiel dafür, wie problematisch eine Definition anhand der Möglichkeit des Scheiters ist. Hätte das Spiel ein Zeitlimit wäre diese Möglichkeit gegeben. Nur weils das Spiel auf ein solches Limit verzichtet um es jedem Spieler zu erlauben die Geschichte selbst zu entwirren, soll es kein Spiel mehr sein? Mich überzeugt das nicht.
[ Und ist der durchschnittliche Spielekritiker wirklich am "nächsten dran" und der richtige dazu, in dieses neue Medium einzusteigen? Viele Werkzeuge der Spieleanalyse lassen sich ja nicht gerade anwenden, wie wir auf vorherigen Seiten dieses Threads festgestellt haben. Der Podcast klang über weiter Strecken dementsprechend eher wie eine Filmrezension und Romaninterpretation (das ist keine Kritik, denn genau das entspricht ja dem neuen Medium).
Die Frage ist für mich hier was die Werkzeuge der Spielanalyse letztlich sind. Für mich sind Spieletests letzlich auch Rezensionen oder sollten es zumindestens sein. Eine Spielanalyse, die sich lediglich auf die Funktionalität der Gameplaymechanismen beschränkt, würde bei vielen Spielen an der Anforderung sich ganzheitlich mit dem Produkt auseinanderzusetzen scheitern. Man nehme nur mal ein Produkt wie Bioshock Infinite, dass seine Faszination (die ich übrigens nicht teile) sehr stark auf der erzählerischen Ebene erreicht. Es ist durchaus kein Spezifikum dieser Wertschätzung, dass sie mehr einer Filmrezension als einer Analyse von Spielsystemen ähnelt. Auch die Bioshock-Folge ist primär eine solche...
Das Computerspiel hat sich nunmal in spezifischer Art und Weise entwickelt und die erzählerische Ebene ist bei einem Großteil seiner Vertreter ein wichtiger Bestandteil. Deshalb muss ein fähiger Spieletester auch in der Lage sein sowohl die erzählerische Ebene als auch die spielerische Ebene zu beurteilen. Ansonsten würde er weder seinem Publikum noch dem Medium gerecht.
Dabei sollte er durchaus die Fähigkeit haben sowohl Spiele zu beurteilen, die die erzählerische Ebene kaum bedienen als auch solche, die sie sehr stark überbetonen.
Klassische Methoden der Filmanalyse lassen sie auf Walking Simulatoren jedenfalls auch nicht ohne weiteres anwenden. Alleine schon deshalb, weil dem Spieler die Steuerung der Kamera obliegt, die ein zentrales Element des Films darstellt.
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Heretic
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Re: Wertschätzung: What Remains of Edith Finch

Beitrag von Heretic »

Axel hat geschrieben:Es geht um eine gemeinsame Kommunikationsgrundlage! Es ist doch das perfekte Beispiel. Wenn Jochen eine 90 zückt und von dem Werk hier schwärmt, dann schauen ich und Nachti uns an und fragen uns: "Wo ist das Gameplay? Was macht es auf spielerische Seite so gut?" Und warum? Weil man das eben erwartet von einem Spiel. Weil das seit Jahrzehnten genauso gewachsen ist.
Antwort: "Gameplay? Es ist eine Walking Sim!" Damit ist doch im Grunde alles gesagt und jeder weiß Bescheid. Außer vielleicht die Oma vorm Media Markt-Regal, die ein Spiel für ihren Enkel sucht. Die hat mit Spielejournalismus aber wohl eher weniger am Hut.

Irgendwann erweitert sich eben das Spektrum und etwas Neues kommt zum Alten hinzu. Altbekanntes entwickelt sich weiter (nicht immer im positiven Sinne) und schwuppdiwupp werden aus klassischen Adventures Telltale-Adventures! Deren Gameplay mag rudimentär sein, aber es ist da. Ergo: Spiel. Zumindest in meinen Augen.
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