Nachgeforscht: Sexismus und Videospiele

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Feamorn
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Re: Nachgeforscht: Sexismus und Videospiele

Beitrag von Feamorn »

Walter ODim hat geschrieben:Mir war natürlich vorher klar, mit meiner Meinung in ein Wespennest zu stoßen.
Man wird meistens sofort angefeindet (was hier nicht passiert ist) und beschuldigt, alle über einen Kamm zu scheren, während die andere Seite genau dies ständig tut.
Ich, als Mann werde nämlich ständig unter Generalverdacht gestellt und mit irgendwelchen miesen Typen über einen Kamm geschoren, oder mit pubertierenden Heranwachsenden, die denken es sei cool, wenn man Frauenverachtend agiert.
Selbstredend wird auf den Rest der Argumentation 0 eingegangen. Interessanterweise sind es meistens Männer, die am eifrigsten sind.
Augenscheinlich ziehen sich viele die Schuhe an, die präsentiert werden und müssen dann aller Welt beweisen, wie verständnisvoll sie doch sind.
Ich habe diverse weibliche Bekannte, die über den Feminismus, in dieser Form, nur noch den Kopf schütteln. Wenn ich mal ein paar Sachen hier posten würde, die meine Freundinnen darüber abgelassen haben, würde ich wahrscheinlich hier gesperrt.
Lassen wir das, ich bin raus aus dem Thema. Mir war natürlich vorher klar, das weder eine Diskussion zustande kommt, die auch die schlechten Seiten des angebliche nur Guten beleuchten, noch das auf Argumente eingegangen wird.
Ich verallgemeinere nämlich überhaupt nicht, sondern habe konkrete Beispiele aufgezeigt, was mich an dieser Ideologie stört.
Aber es ist eben genau diese fehlende Diskursbereitschaft, unter Betrachtung aller Facetten, die ich meinte. Im Prinzip bestätigt das nur, was ich mir überlegt habe.
Wieder einmal schade, wenn auch erwartbar, dass sich mehr an fehlenden Wörtchen abgearbeitet wird, als an den eigentlichen Dingen.
Ich bleibe dabei: Menschen die Rassismus in verschiedenen Abstufungen schlecht finden, möchte ich leider nicht zuhören.
Da Du ja offensichtlich meinen Beitrag meinst (warum sprichst Du mich nicht direkt an?), hier meine fünf Cent dazu:
ich habe eine Sache heraus gegriffen, die mich beim Lesen deines Beitrag gestört hat, ja. Aber im gleichen Beitrag geschrieben, dass ein "Fehler" in einem Beitrag nicht den gesamten Beitrag entwertet. Das trifft auf deinen doch offensichtlich ebenso zu.

Ich habe nur nicht nach belieben Zeit, lange Antworten mit Zitaten etc. zu verfassen, gerade bei solchen Themen, in denen, wie Du ja auch fest stellst, man sich de facto auf einem Minenfeld bewegt.
Ja, ich hätte vielleicht noch schreiben können "später mehr" oder so, aber da ich nicht mal sagen kann, ob ich heute noch dafür Zeit finde, habe ich das weg gelassen, da Diskussionen zwei, drei Tage meist schon viel weiter sind. Dass von deiner Seite jetzt so eine Reaktion kommt, finde ich ehrlich gesagt bedauerlich und traurig.

Nur ist dir hier ja durchaus ausführlich geantwortet worden (siehe z.B. die Beiträge von stuttgarter). Da finde ich die Reaktion "hier wird man ja auch nur für einzelne Fehler abgestraft" und "eine Diskussion ist nicht möglich", "bestätigt meine bisherigen Gedanken" ehrlich gesagt etwas befremdlich und frage dich im Gegenzug mal, ob nicht vielleicht Du hier zu emotional aufgeladen an die Sache heran gehst? Ich hatte nicht den Eindruck, dass dich hier jemand in eine Schublade stecken wollte oder Argumente einfach wegignoriert hat.
Marius
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Re: Nachgeforscht: Sexismus und Videospiele

Beitrag von Marius »

Na, ihm jetzt eine Opferhaltung und Verallgemeinerung vorzuwerfen ist auch nicht die feine englische Art. Ich finde nicht, dass er undifferenziert argumentiert, nur weil ein paar Worte nicht hundertprozentig abgewogen und abgesichert waren, was er auch eingeräumt hat.
Die Behauptung vom strukturellen Sexismus und Rassismus in unserer heutigen westlichen Gesellschaft halte ich persönlich würde ich persönlich ja nicht unterschreiben. Ich würde das keineswegs als unumstößliche Tatsache hinstellen. Und ich halte es legitim und stimme da auch zu, Rassismus generell zu verurteilen und nicht zu unterscheiden zwischen "bösem" und "weniger bösem" Rassismus - die Geisteshaltung ist die gleiche. Meiner Meinung nach ist das sogar eine geradezu banale Aussage.
Stuttgarter
Beiträge: 1634
Registriert: 31. Dez 2016, 22:39

Re: Nachgeforscht: Sexismus und Videospiele

Beitrag von Stuttgarter »

Ich antworte jetzt nicht gezielt, sondern schreibe einfach mal, warum ich bei dem Thema so diskutiere wie ich diskutiere.

Ich hab mich immer für einen "guten" Mann gehalten im Sinne von "Ich behandle alle gleich, Frauen können sich bei mir sicher und wohl fühlen" etc. Seit der neunten Klasse wird mir (wohlwollend) das Prädikat "Utopist" oder (abwertend) "Gutmensch" und "Frauenversteher" verliehen.

Und dann kam #aufschrei. Ein massiver game changer. Ich hab in der Zeit hunderte Tweets von Frauen zu dem Thema gelesen, was sie als sexistisch, belästigend, übergriffig empfinden. Und merkte mehrfach "ups - schuldig". Ich könnte mich natürlich hinstellen und sagen, "Die sollen sich nicht so haben" - allerdings bin ich der unumstößlichen Meinung, dass nur der/die Betroffene selbst entscheiden kann, wann etwas belästigend, übergriffig, was auch immer ist. Ich KANN als Mann nicht beurteilen, was einer Frau unangenehm zu sein hat und was nicht.

Dann kam drei Jahre später die Silvesternacht in Köln und es wurde plötzlich über frauenverachtende Kulturen geredet. Ich habe daraufhin in meinem weiblichen Bekanntenkreis mal eine kleine Umfrage gemacht, was es für Erfahrungen zum Thema sexuelle Belästigung gibt - mit deutschen Männern.

Das absolut nicht repräsentative Ergebnis: Von 25 Frauen, mit denen ich in meinem Leben über dieses Thema geredet habe, wurden sechs bereits ein- oder mehrmals vergewaltigt. Von 25 Frauen hat mir EINE einzige gesagt, sie sei noch nie Opfer sexueller Belästigung geworden. Wobei keine einzige mit "Belästigung" derbe Sprüche meinte - wir reden von ungewolltem Körperkontakt aufwärts.

Kleines Experiment - ich war an einem Abend mal mit einer Freundin in einer Schwulenbar. Dort hat einer versucht, meine Hand zu halten. Allein DAS war mir schon so unangenehm, dass ich mir gar nicht vorstellen kann, wie es einer Frau geht, die praktisch jeden Abend, wenn sie in die Kneipe, in die Disco etc geht, ungewollt berührt wird. Aber genau DAS passiert.

Wenn Frauen abends weggehen, gleicht die Vorbereitung einem militärischen Manöver: Wen nehm ich als "Schutz" mit, wie sollte ich mich für diese oder jene Location anziehen, wie sehr schminken - und als Höhepunkt, "welche Straßenseite benutze ich um hinzukommen".

Übertrieben? Laut Bundesregierung wurde jede dritte Frau über 18 in Deutschland mindestens einmal Opfer sexueller Gewalt. Über 18 - alle missbrauchten Teenager tauchen in der Statistik nicht mal auf.

Manch einer fragt sich jetzt vermutlich, was das mit Sexismus zu tun haben soll, noch dazu in Spielen.

Eine ganze Menge. Wir leben in einer sexistischen Gesellschaft, in der Frauen so gut wie immer erstmal aufs Äußere reduziert werden - die entsprechenden Werbeanzeigen nannte ich schon. In der Bewertung von Frauen fließt fast immer eine sexuelle Komponente ein - läuft sie zu aufreizend rum, ist sie eine Schlampe, läuft sie zugeknöpft rum, ist sie verklemmt. Und wenn sie wagt zu widersprechen, "muss sie einfach mal wieder richtig...". Und wenn sie aus Männersicht zickt, hat sie vermutlich ihre Tage.

Wir reden von lauter Kategorisierungen, denen Männer so gut wie nie ausgesetzt sind. Als Kröung - ein Mann, der 30 Sexualpartnerinnen hatte, ist ein toller Typ. Eine Frau, die 30 Sexualpartner hatte, ist eine Schlampe.

Frauen sind in unserer Gesellschaft offensichtlich weniger wert als Männer. Und wenn jemand weniger wert ist, kann man ja auch mal bissl über die Stränge schlagen, sie soll sich doch nicht so haben.

Wie man das ändern kann? Unter anderem, indem man Frauen anders darstellt. In Büchern, Filmen. Und Spielen. Damit sich langsam aber beständig ein anderes gesellschaftliches Frauenbild etabliert.

Das wurde jetzt recht lang, sorry. Als Abschluss noch ein Link, der letztlich mehr sagt als alles, was ich schreiben könnte.

https://twitter.com/dominik_krause/stat ... 41130.html" onclick="window.open(this.href);return false;
Stuttgarter
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Re: Nachgeforscht: Sexismus und Videospiele

Beitrag von Stuttgarter »

Ach, noch ein Wort zu den Frauen, die über Feministinnen herziehen: Können die natürlich gern machen. Genau wie AfD-nahe Mädchen und Frauen auf Bildern posieren dürfen mit dem Schild "Ich bin stolz, keine Emanze zu sein".

Es würde ihnen aber eventuell gut tun, sich einfach mal klarzumachen, dass es die Feministinnen aus gerade mal einer Generation früher waren, die dafür gesorgt haben, dass heutige Frauen überhaupt die WAHL haben.

(Dieser Thread beweist aber aufs eindrücklichste, was Andre und Jochen immer wieder sagen: Dieses Forum hat ein Niveau, das seinesgleichen sucht. Ich kenne keinen Ort im Internet, wo man derart gesittet so ein Thema diskutieren kann. Chapeau!)
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Felidae
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Re: Nachgeforscht: Sexismus und Videospiele

Beitrag von Felidae »

Stuttgarter, erstmal Respekt und auch Danke für deine klaren Worte und dass du es so deutlich und vor allem sachlich auf den Punkt bringst.
Ich muss sagen, dass mich die Erfahrungen, die man in deinem Bekanntenkreis gemacht hat, schockieren und traurig machen.
Auch ich bin der Meinung, dass das Frauenbild in unserer Gesellschaft nicht so vorbildlich ist, wie man es oft darstellt.

Und ja, ich denke dass die Wahrnehmung bzw. das Bild von Frauen und Männern auf jeden Fall auch durch Medien beeinflusst wird - oft auf subtile Art. Der Soziologe Klaus Hurrelmann zählt Medien treffender Weise zu den "Sozialisationsinstanzen". Besonders im Leben junger Menschen spielen sie meist eine große Rolle.
Und leider scheinen tatsächlich viele Menschen zu vergessen, dass noch in der Generation meiner Großmutter der Mann entscheiden durfte, ob seine Frau arbeiten oder den Führerschein machen darf. So lange ist das nicht her. Wenn ich mich nicht täusche, war es damals üblich Frauen in der Werbung als brave Hausfrau darzustellen, deren größtes Glück darin bestand für die Wäsche der Familie das richtige Waschmittel gefunden zu haben.
So viel zum Thema Beeinflussung duch Medien.
Stuttgarter
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Re: Nachgeforscht: Sexismus und Videospiele

Beitrag von Stuttgarter »

Felidae hat geschrieben:Stuttgarter, erstmal Respekt und auch Danke für deine klaren Worte und dass du es so deutlich und vor allem sachlich auf den Punkt bringst.
Ich muss sagen, dass mich die Erfahrungen, die man in deinem Bekanntenkreis gemacht hat, schockieren und traurig machen.
Auch ich bin der Meinung, dass das Frauenbild in unserer Gesellschaft nicht so vorbildlich ist, wie man es oft darstellt.

Und ja, ich denke dass die Wahrnehmung bzw. das Bild von Frauen und Männern auf jeden Fall auch durch Medien beeinflusst wird - oft auf subtile Art. Der Soziologe Klaus Hurrelmann zählt Medien treffender Weise zu den "Sozialisationsinstanzen". Besonders im Leben junger Menschen spielen sie meist eine große Rolle.
Und leider scheinen tatsächlich viele Menschen zu vergessen, dass noch in der Generation meiner Großmutter der Mann entscheiden durfte, ob seine Frau arbeiten oder den Führerschein machen darf. So lange ist das nicht her. Wenn ich mich nicht täusche, war es damals üblich Frauen in der Werbung als brave Hausfrau darzustellen, deren größtes Glück darin bestand für die Wäsche der Familie das richtige Waschmittel gefunden zu haben.
So viel zum Thema Beeinflussung duch Medien.
Kein Grund zum Dank - ich diskutiere gern gesittet und bin total geflasht, dass das hier wirklich geht. :-)

Zu meinem Bekanntenkreis - ich fürchte, dass es eben nicht nur mein Bekanntenkreis ist. Einerseits, weil ich nicht wüsste, warum ausgerechnet ich a) solche Frauen kennen sollte und b) auch noch zufällig die fragen sollte - ich hab ja nicht alle gefragt, die ich kenne, sondern ziemlich willkürlich. Könnte natürlich trotzdem Zufall sein - aber wie gesagt: "Jede dritte Frau...". Wären wir nicht in einem (mutmaßlich weitaus überwiegend männlich besetzten) Spieleforum, würde ich ja sarkastisch anregen, dass wir einfach mal durchzählen...

Die Bundesregierung hat vor paar Jahren einen Werbespot mit diesem "Jede dritte Frau..." im Kino gezeigt - das war so ein Moment, wo es selbst während der Werbung plötzlich mal ganz schnell still im Kino wird und vermutlich alle angefangen haben, über die Person neben ihnen, ob bekannt oder nicht, intensiv nachzudenken.

Und ich nehme mal an, dass Du um einiges jünger bist als ich :-) - ich muss nämlich nicht in die Generation meiner Großeltern zurückgehen. Konkret: In dem Jahr vor meiner ersten Bundestagswahl wurde endlich - übrigens gegen massiven Widerstand christlichkonservativer Politiker - ein Gesetz eingeführt, das Vergewaltigung in der Ehe strafbar machte. Das war 1997. Neunzehnhundertsiebenundneunzig. Einfach zum auf der Zunge zergehen zu lassen.

Einige der Politiker, die damals dagegen gestimmt haben, sind heute übrigens noch gern gesehene Talkshowgäste. Oder aktuell Ministerpräsident in Bayern. Das aber nur am Rande.
meisterlampe1989

Re: Nachgeforscht: Sexismus und Videospiele

Beitrag von meisterlampe1989 »

Stuttgarter hat geschrieben:Zu GoT kann ich im übrigen nichts sagen, das Ding geht bislang komplett an mir vorüber. Aber generell - selbst, wenn eine - von mir aus sogar DIE - Serie das jetzt anders macht, bedeutet das doch nicht, dass damit alles plötzlich gut ist. Ich würde genau umgekehrt argumentieren: Dass es bei GoT derart oft erwähnt wird, zeigt doch, dass das eben absolut nichts selbstverständliches ist.
GoT zeigt aber sehr schön, wo das Kommunikationsproblem liegt, was überhaupt Sexismus ist. Ich habe jetzt schon dreimal in der General Interest Presse gelesen, dass GoT sexistisch sei, einmal im Spiegel, einmal in der Süddeutschen und einmal in der FAZ. Die Autoren dieser "Kulturkritik" geben sich meiner Meinung nach der Lächerlichkeit Preis, denn eine diversere Besetzung und stärkere Frauenrollen sucht man woanders meist Vergebens in der Serien- bzw. Filmlandschaft.

Was denen aufstößt ist die Sexualisierung. Sexualisierung ist aber kein Sexismus. Es gibt in der Serie (mittlerweile nicht mehr so viel) nackte Haut und die Darstellung einer nackten Frau ist für manche bereits sexistisch. Und da sage ich ganz klar: Nein. Es kommt auf den Kontext an.

War Basic Instinct sexualisiert? Ja... und frag nicht wie. War es sexistisch? Zur Hölle Nein! Catherine Tramell ist eine der stärksten Frauenrollen der Filmgeschichte und trotzdem war sie die Hälfte des Films nackt. Allein die Verhörszene in der sie mit einem Beinüberschlag alle Männer im Raum an der Nase herumführt ist genial. Darin zeigt eine Frau ihre Vagina und das ist trotzdem emanzipierend.

Also viele feministische Kulturkritiker machen es sich häufig zu einfach mit der Gleichsetzung von Nacktheit und Sexismus.
Stuttgarter
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Re: Nachgeforscht: Sexismus und Videospiele

Beitrag von Stuttgarter »

meisterlampe1989 hat geschrieben:
Stuttgarter hat geschrieben:Zu GoT kann ich im übrigen nichts sagen, das Ding geht bislang komplett an mir vorüber. Aber generell - selbst, wenn eine - von mir aus sogar DIE - Serie das jetzt anders macht, bedeutet das doch nicht, dass damit alles plötzlich gut ist. Ich würde genau umgekehrt argumentieren: Dass es bei GoT derart oft erwähnt wird, zeigt doch, dass das eben absolut nichts selbstverständliches ist.
GoT zeigt aber sehr schön, wo das Kommunikationsproblem liegt, was überhaupt Sexismus ist. Ich habe jetzt schon dreimal in der General Interest Presse gelesen, dass GoT sexistisch sei, einmal im Spiegel, einmal in der Süddeutschen und einmal in der FAZ. Die Autoren dieser "Kulturkritik" geben sich meiner Meinung nach der Lächerlichkeit Preis, denn eine diversere Besetzung und stärkere Frauenrollen sucht man woanders meist Vergebens in der Serien- bzw. Filmlandschaft.

Was denen aufstößt ist die Sexualisierung. Sexualisierung ist aber kein Sexismus. Es gibt in der Serie (mittlerweile nicht mehr so viel) nackte Haut und die Darstellung einer nackten Frau ist für manche bereits sexistisch. Und da sage ich ganz klar: Nein. Es kommt auf den Kontext an.

War Basic Instinct sexualisiert? Ja... und frag nicht wie. War es sexistisch? Zur Hölle Nein! Catherine Tramell ist eine der stärksten Frauenrollen der Filmgeschichte und trotzdem war sie die Hälfte des Films nackt. Allein die Verhörszene in der sie mit einem Beinüberschlag alle Männer im Raum an der Nase herumführt ist genial. Darin zeigt eine Frau ihre Vagina und das ist trotzdem emanzipierend.

Also viele feministische Kulturkritiker machen es sich häufig zu einfach mit der Gleichsetzung von Nacktheit und Sexismus.

Ich hab jetzt natürlich das Problem, eben zu GoT nix konkretes sagen zu können - das, worauf ich mich bezogen hatte, war ja aber die Aussage eines Users, dass GoT eben nicht sexistisch sei sondern, weil es dort starke Frauencharaktere gibt, der Beweis, dass Feminismus in der Hinsicht "Medienkritik" quasi überflüssig sei. Insofern hab ich erst mal diese Aussage "starke emanzipierte Frauen" geglaubt und dann gemeint, dass das allein trotzdem noch kein Grund sei, Feminismus für überflüssig zu halten. :-)

Dass Medien generell oft keine Ahnung haben, worum es eigentlich geht (grade bei vermeintlichen Aufregerthemen) - volle Zustimmung. Eine der negativen Begleiterscheinungen unserer modernen Zeit, wo Aussagen sehr gern aus dem Kontext gerissen werden, verkürzt wiedergegeben werden, und das ganze auch noch möglichst schnell und somit maximal oberflächlich recherchiert. Anderes prominentes Beispiel dafür wäre Pirincis PEGIDA-Rede und sein "KZ"-Satz. Der Satz war fatal und schlimm - wurde aber in der vermutlich Hälfte der Presse in den völlig falschen Zusammenhang gestellt.
Und natürlich gibt es feministische Kulturkritiker, die einen an der Klatsche haben. Warum soll es ausgerechnet bei denen anders sein als in jeder anderen Gruppe? :-)

Speziell bei GoT kann ich das nun halt blöderweise nicht bewerten - grundsätzlich: Entscheidend ist ja nicht nur, wie ein Cast aussieht, sondern was die Figuren machen. Dass "The Wire" einen Stammcast von vermutlich 15 bis 20 schwarzen Schauspielern hat, macht die Serie nicht automatisch antirassistisch - antirassistisch wird sie durch das, was diese Figuren machen und wie mit ihnen umgegangen wird (sowohl von anderen Figuren als auch den Autoren).

Aber klar - mir würde spontan keine andere derart starke Frauenrolle einfallen im Kino wie Tramell. Aber ihre Stärke kommt ja grade eben daher, dass Eszterhas und Verhoeven nicht gesagt haben, "Wir haben ne wunderschöne Darstellerin, die lassen wir jetzt mal möglichst viel zeigen, damit wir Publikum kriegen" - sondern dass sie eine intelligente Frau gezeigt haben, die ihre Reize kalt berechnend einsetzt um zu bekommen, was sie will.
meisterlampe1989

Re: Nachgeforscht: Sexismus und Videospiele

Beitrag von meisterlampe1989 »

Natürlich macht ein gutes Beispiel nicht feministische Medien- und Kulturkritik überflüssig.

Mir ging es nur darum, dass man auch die richtigen Beispiele nimmt.

Ich finde es zum Beispiel, um auf Videospiele zurückzukommen, vollkommen hirnrissig bei Mario die Damsel in Distress als ein großes anti-feministisches und frauenfeindliches Problem zu kritisieren.

Mein Problem mit dem neuen Feminismus ist einzig und allein seine Vehemenz und Kleinlichkeit. Es wird aus der kleinsten Mücke der größte Elefant gemacht. Alles, ich wiederhole: ALLES , wo man auch nur mit der größten Fantasie Sexismus hineininterpretieren kann, muss angegriffen werden. Wenn der Feminismus wieder einen guten Ruf haben will, muss er lernen "auch mal Fünfe gerade sein zu lassen". Diese absolute Humorlosigkeit, frei von jeder Selbstironie ist es, was die meisten Leute so ankotzt. Es gibt heute sicher kaum noch Menschen, die tatsächlich der Meinung sind, dass eine Frau weniger wert ist als ein Mann. Oder Menschen die gegen Gleichberechtigung sind. Es ist diese Empörungskultur, die mich und die meisten anderen "Feminismus-Kritiker" ärgert.

Der Feminismus muss das angreifen, was auch wirklich sexistisch ist. Und das gibt es sicher auch heute noch in Hülle und Fülle. Aber das Peach von Mario gerettet wird, gehört nicht dazu.
Das soll nicht heißen, dass es in Videospielen auch deutliche sexistische Grenzüberschreitungen gibt.
Stuttgarter
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Re: Nachgeforscht: Sexismus und Videospiele

Beitrag von Stuttgarter »

Hm. Ich seh das nicht so optimistisch, was den derzeitigen Stand angeht. Wenn ich grade an #aufschrei zurückdenke, wurde im Internet der Journalistin, die es angestoßen hatte, gefühlt in jedem zweiten Post geraten, sich doch einfach mal wieder bumsen zu lassen. Und in den zig Talkshows zu dem Thema waren alle Beteiligten fleißig bemüht, das Thema streng bei Brüderle zu halten und um Himmels Willen nicht über Alltagssexismus zu reden. Während es, wenn ich mich recht entsinne, 60.000 Tweets unter #aufschrei von Frauen genau zu dem Thema "Alltagssexismus in der Kneipe in der Straßenbahn im Job etc" gab.

Nein, ich denke nicht, dass mittlerweile die meisten Menschen wirklich denken, dass Frau und Mann völlig gleichwertig sind. Stattdessen glaube ich, dass das ein immer noch sorgsam gehütetes Tabu ist. Und so sehr mich die Humorlosigkeit oft auch stört - ich kanns nachvollziehen, solange eben Frauen systematisch diskriminiert werden. (Siehe meine ganzen Postings oben.)

Das ist so ähnlich wie bei Homosexuellen, denen oft vorgeworfen wird, so kompromisslos und unentspannt für ihre Rechte zu kämpfen.

Auch da denk ich halt - als weißer heterosexueller Mann kann ich ziemlich entspannt der Meinung sein, dass sich andere, die nicht diesem Kriterium entsprechen, doch bitte nicht so haben sollen.
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TheDarkShadow
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Re: Nachgeforscht: Sexismus und Videospiele

Beitrag von TheDarkShadow »

Stuttgarter hat geschrieben:Ach, noch ein Wort zu den Frauen, die über Feministinnen herziehen: Können die natürlich gern machen. Genau wie AfD-nahe Mädchen und Frauen auf Bildern posieren dürfen mit dem Schild "Ich bin stolz, keine Emanze zu sein".
Ich weise hier einfach mal unauffällig darauf hin das es solche Verallgemeinerungen sind,welche Diskussionen vergiften.
Viele Frauen regen sich vielleicht auch über Feminsten auf, weil diese Feminsten die anderen Frauen, welche nicht die gleiche Meinung vertreten, beleidigt haben und Sachen unterstellt haben. Sicherlich aber nicht jede.

Was ich sagen will, man sollte nicht nur anderen falsches Verhalten vorwerfen, sondern auch prüfen ob man nicht ab und an den gleichen Fehler begeht, auch wenn man es ja für die 'gute Sache' tut. ;)
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Re: Nachgeforscht: Sexismus und Videospiele

Beitrag von Stuttgarter »

Worin bestand da jetzt eine Verallgemeinerung? Ich hab geschrieben, dass Frauen sich über Feministinnen aufregen können und sich AfD-Fangirls mit so Schildern ablichten lassen können. (Zu letzteren - diejenigen, die ich da gesehen habe, waren halt AfD-nah.) Ich versteh den Vorwurf der Verallgemeinerung nicht?
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TheDarkShadow
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Re: Nachgeforscht: Sexismus und Videospiele

Beitrag von TheDarkShadow »

Du hast recht, da steht keine Verallgemeinerung. Ich sollte nicht schreiben, wenn ich zu müde bin, habe das wohl etwas falsch gelesen.
Ich entschuldige mich.
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Re: Nachgeforscht: Sexismus und Videospiele

Beitrag von Stuttgarter »

Kein Problem, deshalb hab ich nachgefragt. :-)

Entschuldigung angenommen. :-)
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W8JcyyU
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Re: Nachgeforscht: Sexismus und Videospiele

Beitrag von W8JcyyU »

Stuttgarter hat geschrieben:Hm. Ich seh das nicht so optimistisch, was den derzeitigen Stand angeht. Wenn ich grade an #aufschrei zurückdenke, wurde im Internet der Journalistin, die es angestoßen hatte, gefühlt in jedem zweiten Post geraten, sich doch einfach mal wieder bumsen zu lassen. Und in den zig Talkshows zu dem Thema waren alle Beteiligten fleißig bemüht, das Thema streng bei Brüderle zu halten und um Himmels Willen nicht über Alltagssexismus zu reden. Während es, wenn ich mich recht entsinne, 60.000 Tweets unter #aufschrei von Frauen genau zu dem Thema "Alltagssexismus in der Kneipe in der Straßenbahn im Job etc" gab.
Dafür gab es in den Printmedien einige brauchbare Meinungen und Artikel. Wie Du habe ich mich nach dem Twitterausbruch mit Frauen im Freundeskreis unterhalten. Und genau wie Du war ich überrascht wie allgegenwärtig Belästigungen für Frauen sind. Rückblickend war ich da ziemlich naiv.
Stuttgarter
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Re: Nachgeforscht: Sexismus und Videospiele

Beitrag von Stuttgarter »

Ja, die gab es - ich befürchte aber, dass jeder noch so gute Printartikel nicht mal annähernd die Durchschlagskraft hat wie Jauch oder Will...

Und es freut mich, dass ich nicht der einzige war, der das gemacht hat. :-) "Naiv" trifft es ziemlich gut, ja.
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Kirkegard
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Re: Nachgeforscht: Sexismus und Videospiele

Beitrag von Kirkegard »

Habe die Folge erst die Tage gehört, bin aber der Meinung das man auch lange danach noch loben sollte.
Das heikle Thema wurde unverkrampft und adäquat besprochen. Die Teilnehmerinnen wirkten authentisch und glaubwürdig.
Klasse, für diese Beiträge bin ich gerne Backer.
WoW hat das Genre nicht revolutioniert, sondern nur Idiotensicher gemacht!

"Ich hab zwar keine Ahnung, aber ich erklärs euch trotzdem."

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Stein
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Re: Nachgeforscht: Sexismus und Videospiele

Beitrag von Stein »

Interessante Folge. Bei der Problematik Geschlechterklischees/Stereotypen sehe ich ja die Presse in der Verantwortung, dies stärker herauszuarbeiten und hierfür zu sensibilisieren. Dafür muss die Spielepresse aber stereotype Darstellungen aber erst mal erkennen und als Problem wahrnehmen. Nicht als ideologischer "Feminismus-Kompatibilitäts-Check", sondern als ein erzählerisches Problem, als Anspruch an Glaubwürdigkeit von Geschichte und Charakteren. Die Spielepresse hat, früher sicherlich stärker jetzt gegenwärtig, durchaus einen Einfluss sowohl auf die Wahrnehmung von Stereotypen durch die Spieler, als auch auf die Darstellung durch die Hersteller. Da hat die Spielepresse meinem Eindruck nach seit ihrem Bestehen weitgehend versagt (Ausnahmen bestätigen die Regel, dass das nicht für Auf ein Bier gilt versteht sich von selbst.). Auf Gamergate und vermeintlich chauvinistische Spieler einzuhauen ist ja schön und gut, aber es ist auch sehr einfach. Die Spielepresse müsste sowas eigentlich zum Anlass nehmen, sich an die eigene Nase zu fassen und sich vornehmen, das in Zukunft selber besser zu machen und einen höheren Anspruch nicht nur an Geschichten und Charaktere in Spielen zu haben, sondern auch an die eigene Wahrnehmung von und Sensibilisierung für derartige Probleme.
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MediaNOX
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Registriert: 20. Okt 2016, 12:18

Re: Nachgeforscht: Sexismus und Videospiele

Beitrag von MediaNOX »

Heretic hat geschrieben: 16. Mai 2017, 13:59

Ich habe keine Ahnung, wie sich die Spielerschaft von "Heroes Of The Storm" zusammensetzt (no MOBAs for me), vermute aber mal (auch aufgrund des Werbespots), dass die größtenteils aus männlichen Teenagern besteht. Deren Reaktionen auf denselben Spot mir vertauschten Rollen würde mich echt interessieren. Besonders, wie die Mehrheitsmeinung dazu ausfallen würde. Denn...

Falls es dich noch interessiert: Ich kann dir nur meine Erfahrungen schildern dazu anhand meiner Freundesliste und sechs Jahren Spielerfahrung. Ungefähr sind meine Freunde dort zwischen 24 und 40 und zu 90 Prozent männlich. Der Tenor warum das besonders die älteren Semester anspricht kann ich leider nur spekulieren. Zum einen muss man leider feststellen, dass ein nicht gerade kleiner Anteil an Leuten in LoL hochgradig toxisch ist und eben leider auch sehr jung. Ich denke, die Einsteigerfreundlichkeit spielt auch eine große Rolle bei HotS.
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