xaan hat geschrieben:Und vielleicht noch kurz zu den männlichen Prostituierten in GTA ... GTA ist bis zu einem gewissen Grad eben ein Abbild der Realität - wenn auch an gewissen Stellen überzeichnet. Und die Realität ist nun mal, dass hauptsächlich weibliche Prostituierte auf den "Strich" gehen. Dem Spiel Sexismus vorzuwerfen weil es einen Zustand der de facto so ist realistisch abbildet ist in meinen Augen mindestens unlauter.
Es ist nicht unlauter, denn GTA ist - wie du sagst -
zu einem gewissen Grad eine Abbildung der Realität, und zwar in mehrer Hinsicht. Erstens, weil es nicht die Realität gibt. GTA spielen wir aus der Perspektive der jeweiligen Protagonisten, so wie wir jede Geschichte aus den Perspektiven der jeweiligen Protagonisten erleben - auch deine Geschichte, die du dein Leben nennst, kennst du nur aus deinen Augen. Wenn das die Realität ist, so ist deine Lebensrealität fraglos eine andere Lebensrealität als meine. Dein Sozialmillieu, deine Erfahrungen, etc. pp. unterscheiden sich von meinen. Insofern bildet GTA nicht die Realität ab, sondern es nimmt eine Perspektive ein und konstruiert eine eigene Realität und die Entwickler haben sich hier bewusst dazu entschieden, dass Prostitution zu dieser Realität dazu gehören soll. Aber wie viele von uns hier haben schon einmal persönlichen Kontakt zu Prostituierten gehabt? Wie genau will man eigentlich als Spieler, der ggf. keinerlei Kontakt zu diesem Millieu hat, entscheiden können, ob die Darstellung im Spiel "authentisch" oder "realitätsnah" ist, wenn Prostitution überhaupt nicht zur Lebensrealität der Mehrheit gehört, erst recht nicht zur Realität von Kindern und Jugendlichen, die auch GTA spielen?
Ich stimme dir natürlich zu, dass es Prostitution gibt und sie real und in diesem Sinne ein Element der Realität ist. Allerdings: LKW-Fahrer gehören ebenso zur Realität, genauso auch Klofrauen, Lehrer, Behinderte, etc. pp. Wie viele Behinderte hast du schon in einem GTA gesehen oder wie viele Lehrer? Bezüglich Strichern hast du das Argument aufgemacht, dass es naheliegend ist, dass es in GTA keine Stricher gibt - immerhin gibt es mehr Nutten als Stricher in der Realität, was fraglos stimmt. Allerdings: Es gibt wahrscheinlich auch mehr Menschen mit Behinderungen, LKW-Fahrer oder Lehrer als Nutten, dennoch spielen Lehrer, LKW-Fahrer oder Behinderte in GTA keine Rolle, Nutten allerdings schon. Insofern bildet GTA die Realität gewiss nicht ab, sondern wählt bewusst einzelne Elemente aus und stellt diese im Spiel dar. Und in dieser von den Entwicklern entworfenen Konstruktion gehört es dazu, dass Frauen
auch als Nutten in Erscheinung treten, Männern in Videospielen aber niemals als Stricher. Insofern kann man GTA natürlich vorwerfen, dass es seine Realität so konstruiert, wie es das eben tut. Zur Realität gehören halt auch Stricher. Zur Realität gehören auch noch 383.978.370.381 weitere Dinge, die allesamt in GTA nicht auftauchen. Hier z.B. ein "Ding", dass es in GTA gar nicht gibt, das aber weitaus "realitätsnäher" ist als Nutten:
Kinder. Es gibt in GTA keine Kinder.
Insofern finde ich das Argument, dass Nutten nur eine Abbildung der Realität wären in keinsterweise stichhaltig.
Wichtig: Das ist keine Wertung, das ist nur eine Beobachtung. Ich spiele Hitman sehr gerne, ebenso wie ich GTA mag, obwohl ich auf die homophobe Tonart in den Titeln sicherlich anders reagiere, als heterosexuelle Spieler.
Auch im Podcast wurde von den beiden Frauen explizit gesagt, dass sie keine Verboten, o.Ä. fordern. Auch ich würde nicht fordern, dass es kein Hitman oder GTA geben dürfe, auch nicht, dass es keine Nutten, o.Ä. in Videospielen geben dürfte. Die Forderung - auch im Podcast - geht eigentlich in genau die andere Richtung. Es darf in Videospielen auch weiterhin Nutten geben, wie in Filmen, Romanen, usw. auch. Es dürfte aber eben
auch Stricher geben. Es dürfte
auch Spiele geben, in denen das Thema der Prostitution nicht kommentarlos abgehandelt wird. Ebenso darf es in Videospielen natürlich auch weiterhin den maskulinen, heterosexuellen, weißen 30-jährigen Mann in der Hauptrolle geben. Es wäre aber schön, würde es
auch öfters mal was anderes geben. Wie viele schwarze Hauptcharaktere gibt es in AAA-Titeln? Wie viele Homosexuelle? Na, eben. Es geht nicht darum geht, was Videospielen "dürfen", sondern vielmehr darum, dass sie so viel mehr "könnten".