Warum sind Gamer so empfindlich, wenn Videospiele kritisiert werden?

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Blaight
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Re: Warum sind Gamer so empfindlich, wenn Videospiele kritisiert werden?

Beitrag von Blaight »

Für mich hat das ganze viel mit Wertvorstellungen zutun. Ich habe in meiner Jugend und auch heute noch hin und wieder damit zutun, dass eine Kritik am Medium Computerspiel, so berechtigt sie sein mag, ganz häufig auch direkt übergreift in eine pauschale Herabwürdigung der Spieler.

Ein Vergleich: Wenn ich zugebe, dass ich die Twilight-Reige gelesen und genossen habe, dann wird man sich über meinen Buchgeschmack vll lustig machen, aber mich als Menschen deswegen nicht weniger wertschätzen.

Wenn ich Adam Sandler Filme genieße, wird man das vielleicht nicht nachvollziehen können.

Wenn ich Computerspiele, die medial schlecht gemacht werden (GTA, CS), dann wird mir eine Schwäche meiner Persönlichkeit impliziert. Das ist besser geworden, aber das war jahrelang etwas, das mich sehr frustriert hat.

Ein Lösungansatz ist es selbstverständlicher mit dem Medium Spiel umzugehen. Darüberhinaus wird sich das Problem vermutlich weiter reduzieren und irgendwann keines mehr sein.
Eprom
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Re: Warum sind Gamer so empfindlich, wenn Videospiele kritisiert werden?

Beitrag von Eprom »

Ich glaube, das die Angst vor Verboten nicht irrational ist. Die Forderung nach mehr Vielfalt im Videospielbereich, besteht nicht nur darin, mehr Angebote zu schaffen. Wer mehr Vielfalt fordert, muss sich auch mit der Dominanz bestehender Spielegenres und deren Darstellung z.B. von Frauenfiguren befassen.
Nun kann es sehr gut sein, das sexistische Darstellungen von Spielefiguren etc. Frauen von Computerspielen abschreckt und damit den Mainstream zementiert.
Das zu ändern muss nicht durch Zensur geschehen, der Hebel könnte auch woanders angesetzt werden, z.b. wenn andere Frauenfiguren gefordert werden.
Darum ist die Forderung nach mehr Vielfalt eben irreführend. Wenn alles gehen würde, wären natürlich sexistische Frauendarstellungen kein Problem - nur leider würde das wieder die Dominanz bestimmter Narative zur Folge haben.

Vielfalt bedeutet in diesem Sinne die Dominanz einer bestimmten Gruppe zu brechen, damit Minderheiten etc. auch in Spielen angemessen repräsentiert werden.
In anderen Bereichen des Feminismus funktioniert das nach dem gleichen Prinzip. Die Fixierung auf Sprache etc.

Dazu kommt die Vorstellung, das Sexismus (bzw Rassismus) eine Waffe ist, um Herrschaft zu festigen und marginalisierte Gruppen klein zu halten. Videospiele sind da keine Ausnahme.
In Anbetracht solcher theoretischen Überlegungen von Feministinnen, liegt der Verdacht nahe das sowas unter Umständen auf Zensur hinauslaufen kann, ganz einfach um marginalisierte Gruppen zu schützen.

Die Paralellen zur Killerspieldebatte sind ersichtlich. Nur kam das damals von Konservativer Seite. Heutzutage kommt man aber wenn man das kritisiert, schnell in den Verruf Sexist, schwulenhasser oder Rassist zu sein. Für Gamer, die ihrem Selbstverständnis nach, keine Konservativen sind, weil sie sich ebenfalls gegen Zensur von Rechts gewehrt haben, ist das ganze schwer zu verdauen.

Ich persönlich Spiele überwiegend Indie Games, habe also kein Problem mit Vielfalt.
Ich habe aber ein Problem mit Feministinnen die dazu neigen, ihre ideologische Position zu übersteigern was zu weniger Toleranzfähigkeit führt. Auch wenn weiße heterosexuelle Männer nur noch als Agenten des Patriarchats wahrgenommen werden, hege ich zweifel das bei solchen verfestigten Denkmustern eine diffrenziertere Darstellung der sozialen Wirklichkeit von diesen Leuten zu erwarten ist.
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thewormking1190
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Re: Warum sind Gamer so empfindlich, wenn Videospiele kritisiert werden?

Beitrag von thewormking1190 »

Zuallererst möchte ich sagen, wie gerührt ich bin, bereits mit meinem dreizehnten Beitrag in diesem tollen Forum, einem Thread Pate stehen zu dürfen. Bei dieser Gelegenheit möchte ich meinen Eltern danken, meinen 10 inexistenten Geschwistern, sowie meinem Kater Moritz. Außerdem der Firma AMD, dank deren Produkte ich diese Zeilen so komfortabel verfassen kann und im Winter wie im Sommer niemals friere. :lol:
Eprom hat geschrieben: Die Paralellen zur Killerspieldebatte sind ersichtlich. Nur kam das damals von Konservativer Seite. Heutzutage kommt man aber wenn man das kritisiert, schnell in den Verruf Sexist, schwulenhasser oder Rassist zu sein. Für Gamer, die ihrem Selbstverständnis nach, keine Konservativen sind, weil sie sich ebenfalls gegen Zensur von Rechts gewehrt haben, ist das ganze schwer zu verdauen.
Da steckt ja so viel drinnen, meine völligste Zustimmung. Insbesondere der letzte Satz beschreibt m.M.n. so treffend, warum das Thema für Computerspieler so schnell persönlich wird.
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Eprom
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Re: Warum sind Gamer so empfindlich, wenn Videospiele kritisiert werden?

Beitrag von Eprom »

Axel hat geschrieben:
Eprom hat geschrieben: Heutzutage kommt man aber wenn man das kritisiert, schnell in den Verruf Sexist, schwulenhasser oder Rassist zu sein.
Wo ist dir das denn in dem anderen Thread passiert? Ich habe da nie irgendwo gelesen, dass die "Gegenseite" als Sexisten und dergleichen bezeichnet wurden. Sowas kann Dir vereinzelt mal in sozialen Netzwerken passieren, ja. In sozialen Netzwerken wird viel blödsinn geschrieben. Aber das ist ja keine Grundlage dafür schon im Vorfeld auf harte Abwehrstellung zu gehen.
Jup, blogs, twitter, Internerpranger etc. Das ist meine persönliche Erfahrung und diese ist ihrer Natur nach sehr subjektiv.
Niemand muss sich also genötigt fühlen meine Sicht zu übernehmen (und vielleicht langweilt das den ein oder anderen sogar).
Ich habe den Eindruck gewonnen, das von diesen Kreisen Leute ideologisch überwältigt werden, das dort eine Fantatisierung und Polarisierung stattfindet der die eigenen Anhänger letztendlich selbst zum Opfer fallen.
Es ist keineswegs so, das man dort etwas Duldsamkeit walten läßt, weil alle in einer von Sexismus und Rassismus geprägten Gesellschaft aufgewachsen sind und vieles evtl. nicht besser wissen - eher wird darauf gelauert, das man etwas falsches sagt oder fragt um sich dann in überheblicher Empörung zu ergehen.

Ich lehne feministische Kritik nicht von vornherein ab, allein schon deshalb weil ich kein geschlossenes Weltbild pflege (glaube ich jedenfalls). Ich unterscheide zwischen dem was in einer Kritik vermittelt werden soll und wie genau das geschieht. Zum ersten Punkt, habe ich mich noch gar nicht geäußert. Zum zweiten Punkt schon. Ich finde diese Art zu kommunizieren einfach abschreckend und dumm.
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echtschlecht165
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Re: Warum sind Gamer so empfindlich, wenn Videospiele kritisiert werden?

Beitrag von echtschlecht165 »

Ich denke , daS hat mit der Intensität zu tun, mit dem dieses Hobby manchmal betrieben wird.
Manche Spieler buttern 3 und 4 stellige Stundenanzahlen in ein Spiel, in extremen Fällen werden es mehr. Das sind dann Wochen an Nettospielzeit. Dass man hier befremdlich reagiert, wenn andere dieses kritisieren, ist normal und betrifft viele Hobbys.
Dazu kommt (stereotype incoming), dass viele gamer sich schwer tun, sich mit etwas anderen als dem PC/ Konsole zu Sozialisieren. Da schmerzt es umso mehr, wenn der "einzige Freund" kritisiert wird.
Dazu kommt oft noch ein Alter, indem man sein baumhaus um jeden Preis verteidigen muss. Als jugendlicher HipHop Skateboarder schimpfte ich natürlich auch über die rollerskater, die Punk hörten. :D
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W8JcyyU
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Re: Warum sind Gamer so empfindlich, wenn Videospiele kritisiert werden?

Beitrag von W8JcyyU »

Als Hip-Hop Hörer und Spieler (der nicht mehr viel spielt) - dieses Phänomen tritt nicht nur bei Spielen auf, im Hip-Hop existiert es ebenfalls.

Mich ärgern schlechte Argumentationen. Falsche oder bewusst einseitig dargestellte Punkte alleine damit zu begründen, dass das eigentliche Anliegen erstrebenswert ist, funktioniert nicht. Daher kann ich mittlerweile gewisse Artikel aus der Zeit oder dem Spiegel nicht mehr lesen, da das argumentatorische Fundament auf offensichtlichste Weise schwankt.

Bei Spielen oder Musik kommt dazu, dass die intere Berichterstattung (Fachpresse) der externen (general interesst) vorwirft, sich nur unzureichend in die Thematik eingearbeitet zu haben. Wofür ich dann aber weiter keinerlei Verständnis habe ist, wenn die Fachpresse zweifelhafte Ansätze der gi direkt kopiert - wie eben sich den argumentatorischen Unterbau zu sparen.
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echtschlecht165
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Re: Warum sind Gamer so empfindlich, wenn Videospiele kritisiert werden?

Beitrag von echtschlecht165 »

W8JcyyU hat geschrieben:Als Hip-Hop Hörer und Spieler (der nicht mehr viel spielt) - dieses Phänomen tritt nicht nur bei Spielen auf, im Hip-Hop existiert es ebenfalls.

Mich ärgern schlechte Argumentationen. Falsche oder bewusst einseitig dargestellte Punkte alleine damit zu begründen, dass das eigentliche Anliegen erstrebenswert ist, funktioniert nicht. Daher kann ich mittlerweile gewisse Artikel aus der Zeit oder dem Spiegel nicht mehr lesen, da das argumentatorische Fundament auf offensichtlichste Weise schwankt.

Bei Spielen oder Musik kommt dazu, dass die intere Berichterstattung (Fachpresse) der externen (general interesst) vorwirft, sich nur unzureichend in die Thematik eingearbeitet zu haben. Wofür ich dann aber weiter keinerlei Verständnis habe ist, wenn die Fachpresse zweifelhafte Ansätze der gi direkt kopiert - wie eben sich den argumentatorischen Unterbau zu sparen.
Das stimmt. Gerade Diskussionen über Battlerap sind der killerspieldebatte nicht unähnlich.
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Marius
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Re: Warum sind Gamer so empfindlich, wenn Videospiele kritisiert werden?

Beitrag von Marius »

Ich bin mir ja gar nicht so sicher, dass "Gamer" da so viel anders reagieren als der Rest der Bevölkerung. Wie schreibe ich das jetzt möglichst neutral: "Feministische Kulturkritik" erhitzt nunmal schnell die Gemüter, wie Feminismus an sich oft auch. Es kommt schnell zu einer Verhärtung der Fronten, es wird sehr schnell ideologisch und persönlich. Dazu kommt, dass das Internet ein problematisches Forum ist, um über solche Reizthemen sachlich zu diskutieren, schließlich ist das schon im persönlichen Gespräch schwierig genug.
Ich denke, dass dieser "Kulturkampf" nicht nur bei Spielen stattfindet, sondern in vielen anderen Bereichen auch, und dass er überall verbissen, ideologisch und persönlich geführt wird. Dabei glaube ich, dass wenn man mal die ideologischen Scheuklappen ablegt, die persönlichen Angriffe sein lässt, die Position und Argumente des "Gegenparts" aufgeschlossen und gutmeinend in Betracht zieht und auch die eigene Position aus der Distanz betrachtet, die inhaltlichen Unterschiede gar nicht so groß sind. (Was nicht heißt, dass ich mich da nicht selbst oft schwer tun würde.)

Was die Befürchtung von Verboten und Zensur angeht. Ich befürchte das in Bezug auf Spiele nicht, um das klarzustellen. Genauso wie es unlauter ist, der einen Seite vorzuwerfen, sie wollte Spiele zensieren, so finde ich es unfair, der anderen Seite vorzuwerfen, sie "verstehe es nicht" und befürchte eine "Zensur", wobei Zensur meist nur im Sinne von staatlicher Zensur verstanden wird und nicht im weiteren Sinne von Selbstzensur durch gesellschaftlichen Druck.
Wie dem auch sei, ich spiele mal Advocatus Diaboli und erinnere an das "Vorgehen" gegen sexistische Werbung in Friedrichshain und die Pläne von Justizminister Maas, sexistische Werbung zu verbieten, z.B. hier: http://www.tagesspiegel.de/berlin/sexis ... 27810.html. Oder man denke an die Kontroverse um diese Eiweißgetränk-Werbung in der Londoner U-Bahn, woraufhin der neue Bürgermeister nun generell keine Werbung, die ein "unrealistisches Körperbild" abbilde, in der U-Bahn zulässt: https://www.theguardian.com/media/2016/ ... -transport.

Finde ich sexistische Werbung toll? Nein, im Gegenteil, ich finde sie peinlich und pubertär.
Will ich deshalb, dass sie verboten wird? Nein, weil ich finde, in einer freien Gesellschaft muss man - von Extremfällen abgesehen - auch Dinge ertragen, die das persönliche ästhetische oder moralische Empfinden verletzen.
Und deshalb finde ich solche Vorhaben schon bedenklich.

Nochmal: Ich unterstelle niemandem, er wolle Spiele irgendwie inhaltlich beschränken, das ist mir auch im Laufe der Sexismus-Diskussion nochmal deutlicher geworden, aber unabhängig davon teile ich zwar nicht die dahingehende Befürchtung bzw. halte die "Gefahr" für recht gering, halte sie aber angesichts des Vorgehens gegen "sexistische Werbung" auch nicht für komplett unsinnig.
biaaas
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Re: Warum sind Gamer so empfindlich, wenn Videospiele kritisiert werden?

Beitrag von biaaas »

Ich würde auch sagen das Gamer da nicht anders regieren als andere Menschen. Man muss sich nur mal die Flüchtlingsdebatte der letzten Jahre anschauen.
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s8g
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Re: Warum sind Gamer so empfindlich, wenn Videospiele kritisiert werden?

Beitrag von s8g »

Ich glaub, dass das stark damit zu tun hat, dass Spieler in ihrer Jugend mit dem Hobby begonnen haben und es für viele identitätsstiftend wirkte und bis heute wirkt. Heutzutage hat Spielen ein breitere Akzeptanz und zerfällt schon sehr stark darin, einzelne Spiele zu spielen. Als ich in den 90ern aufgewachsen bin, haben die meisten ja nicht oder nur sehr wenig gespielt. Und das bedeutete damals auch, dass man aus den üblichen Beschäftigungen der meisten Altersgenossen raus war, schon aus Zeitgründen, eben weil man ja spielen wollte, statt zu kicken oder irgendwo abzuhängen.

Offtopic: Ich bin eindeutig dafür, der Kunstfreiheit bei offensichtlich kommerziellen Interessen wie bei Werbung Grenzen zu setzen. Das ist keine Zensur, sondern eine Regelung darüber, wie wir leben wollen. Über die Regelung kann man gerne politisch streiten, aber doch bitte nicht ständig von Zensur reden, wenn entweder keine Zensur vorliegt, weil keine staatliche Stelle beteiligt ist oder weil der betroffene Gegenstand nicht wirklich unter die Kunst- oder Redefreiheit fällt.
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Peninsula
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Re: Warum sind Gamer so empfindlich, wenn Videospiele kritisiert werden?

Beitrag von Peninsula »

Ich glaube, dass ein wichtiger Aspekt dabei ist, dass Gaming für viele eine Art eskapistischen Rückzugsraum darstellt. Damit meine ich nicht etwa einzelne Spiele, die "eskapistische" Settings haben, sondern das Spielen "als solches", als eine Freizeitaktivität, die man ganz alleine für sich wahrnehmen kann. Viele scheinen dies auch als Chance zu nutzen, die Realität zeitweilig abzuschalten. Daran könnte es IMO liegen, dass dieser vermeintlich autarke Schutzraum dann so vehement verteidigt wird gegen jede Art von Kritik von "außen", weil die betreffenden Spieler sich grundsätzlich jede Einmischung verbitten wollen. Das geht IMO insgesamt mal wieder sehr in die Richtung der"Get out of my treehouse!"-Attitüde.
Canardo
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Re: Warum sind Gamer so empfindlich, wenn Videospiele kritisiert werden?

Beitrag von Canardo »

Marius hat geschrieben:Ich bin mir ja gar nicht so sicher, dass "Gamer" da so viel anders reagieren als der Rest der Bevölkerung. Wie schreibe ich das jetzt möglichst neutral: "Feministische Kulturkritik" erhitzt nunmal schnell die Gemüter, wie Feminismus an sich oft auch. Es kommt schnell zu einer Verhärtung der Fronten, es wird sehr schnell ideologisch und persönlich. Dazu kommt, dass das Internet ein problematisches Forum ist, um über solche Reizthemen sachlich zu diskutieren, schließlich ist das schon im persönlichen Gespräch schwierig genug.
Ich denke schon dass Gamer da recht speziell reagieren und in einer Art und Weise die vom Rest der Bevölkerung abweicht. Immerhin zeigt ja allein die Tatsache das wir darüber diskutieren das es es da Aufälligkeiten zu geben scheint.
Ich vermute aber mal das diese Art schnell an die Decke zu gehen auch damit zu tun hat das sie eben meist innerhalb einer abgegrenzten Gruppe geschieht innerhalb derer diese Reaktion eben üblich erscheint. Will sagen: Wenn Spieler Peterchen2000xl dreimal in Foren liest wie andere Spieler wegen, in seinen Augen nichtigen, Kritikpunkten an einem Spiel zum verbalen Berserker werden dann lernt er eben das diese Art des Verhaltens auch bei ihm wohl eher geduldet wird. Man passt sich halt an die Gruppe an in der man sich bewegt. Und innerhalb solcher Gruppen ( wie schon oben erwähnte Rapper, Feministinnen, aber ich denk da auch immer gern an große Teile der Antifa oder Tierschützer) kann sich die Art wie über gewisse Themen gedacht,, geredet und eben auch argumentiert wird schon deutlich verschieben.
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s8g
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Re: Warum sind Gamer so empfindlich, wenn Videospiele kritisiert werden?

Beitrag von s8g »

Peninsula hat geschrieben:Ich glaube, dass ein wichtiger Aspekt dabei ist, dass Gaming für viele eine Art eskapistischen Rückzugsraum darstellt. Damit meine ich nicht etwa einzelne Spiele, die "eskapistische" Settings haben, sondern das Spielen "als solches", als eine Freizeitaktivität, die man ganz alleine für sich wahrnehmen kann. Viele scheinen dies auch als Chance zu nutzen, die Realität zeitweilig abzuschalten. Daran könnte es IMO liegen, dass dieser vermeintlich autarke Schutzraum dann so vehement verteidigt wird gegen jede Art von Kritik von "außen", weil die betreffenden Spieler sich grundsätzlich jede Einmischung verbitten wollen. Das geht IMO insgesamt mal wieder sehr in die Richtung der"Get out of my treehouse!"-Attitüde.
Witzigerweise haben sich die Spiele ja auch von diesem Eskapismus wegentwickelt. Große Singleplayer-Titel sind ja nur noch ein kleiner Bruchteil des Marktes. Da merke ich aber auch, dass viele Spieler, die mit dem Medium aufgewachsen sind, damit häufig Probleme haben. Mobas und CCGs (um nur zwei Genres zu nennen), sind ja inzwischen Riesenmärkte, aber der traditionelle "Gamer" versteht beides nicht.
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flomo
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Re: Warum sind Gamer so empfindlich, wenn Videospiele kritisiert werden?

Beitrag von flomo »

Ich glaube nicht dass Spieler hier speziell reagieren. Wer viel Zeit und Leidenschaft investiert, identifiziert sich oft mit dem Gegenstand der Beschäftigung. Ich vermute dass man deshalb Kritik daran oft auch als Kritik an seiner eigenen Person wahr nimmt. Es ist falsch was ich mag, deshalb bin ich falsch. Ich kann mir vorstellen, dass das bei vielen durch die ungeschickte Art zu kommunizieren ankommt. Es wird ja oft nur kritisiert aber in der Regel außen vorgelassen, dass man durch die Kritik das Spielerlebnis in Zukunft verbessern will.

PS: und ein Hallo an alle mit meinem ersten Beitrag
Zuletzt geändert von flomo am 15. Mai 2017, 23:19, insgesamt 1-mal geändert.
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Terranigma
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Re: Warum sind Gamer so empfindlich, wenn Videospiele kritisiert werden?

Beitrag von Terranigma »

Peninsula hat geschrieben:Ich glaube, dass ein wichtiger Aspekt dabei ist, dass Gaming für viele eine Art eskapistischen Rückzugsraum darstellt.
Halte ich auch für einen relevanten Aspekten. Dazu aber mit dem Hinweis, dass Spieler es auch nicht gewohnt sind, dass die Inhalte der Spiele tatsächlich ernst genommen werden. In der Literatur- und Filmkritik ist es völlig üblich, das man über Motiviken, Tropen, Stilmittel, u.Ä. spricht und das es legitim ist, einen Film auch z.B. auf der Ebene seine Motivik zu besprechen und eben auch zu kritisieren. Die meisten werden genau sowas auch aus dem Deutsch- oder Englischunterricht kennen: Literatur ist ebenfalls Eskapismus, aber nicht nur - man kann auch tiefergehend in ein Werk einsteigen und es anhand verschiedenster Perspektiven besprechen, wenn man denn mag. Spielern - behaupte ich mal - ist so ein Zugang zum Videospiel aber weitgehend fremd, für diese sind Spiele tatsächlich nur Eskapismus, der mit der Realität, in der sie entwickelt und für dessen Publikum zu geschaffen wurde, gänzlich losgelöst ist. Was, wenn man kurz darüber nachdenkt, natürlich kaum haltbar ist: Es ist natürlich kein Zufall, dass seit 9/11 der Nahe Osten als Setting in Shootern derart populär ist und dass der arabische Terrorist als Repräsentation "des Feindes" den ehemaligen Russen oder Nazi quasi abgelöst hast. Da finde ich dann den Hinweis, dass dies Eskapismus sei, der mit der Realität nichts zu tun hätte, wenig überzeugend. Selbiges auch für Rollenspiele und andere Genres.

Videospiele werden von Menschen entwickelt, die in der hiesigen Realität leben und in hiesigen Gesellschaften leben für Kunden, die genauso im hier und heute verankert sind. Videospiele sind insofern genauso Ausdrücke ihrer Gesellschaft wie es Filme, Literatur, u.Ä. ebenfalls sind. Ich habe aber das Gefühl, dass gerade dieser Punkt für einige Videospieler unangenehm ist, d.h. dass sie ihre eskapistische Freude gefährdert sehen, wenn zum Ausdruck kommt, dass auch Videospiele als Medium soziale Normen und Werte kolportieren, genauso wie jedes andere Medium auch. In Filmen der 50er-Jahre haben die Männer zumeist Hüte getragen. Wieso? Na, weil Männer in den 50ern das eben so taten. In heutigen Filmen sieht man es nicht mehr. Nicht, weil der Film sich verändert hat, sondern weil die Gesellschaft, in der Filme gedreht werden, sich verändert hat. Für Videospiele gilt dies genauso, aber ich würde behaupten, dass dafür bei der Mehrzahl der Videospieler keine "Sensibilität" gegeben ist, sondern für diese sind Videospiele tatsächlich von der Realität gänzlich losgelöste Artefakt die in einem gesellschaftlichen Vakuum schweben.
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Darkcloud
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Re: Warum sind Gamer so empfindlich, wenn Videospiele kritisiert werden?

Beitrag von Darkcloud »

Ich würde aber auch sagen der Großteil der Menschen​ die auch viel Filme schauen oder viel lesen werden sich auch da nicht groß mit Gesellschaftlicher Analyse beschäftigen und sagen im Zweifel auch das ihnen das egal ist so lange sie unterhalten werden.

Ich hab auch den Eindruck das die Buchanalyse bei vielen dazu führt, dass sie eher weniger Lust dazu bekommen, danach noch privat zu lesen als umgekehrt.
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Terranigma
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Re: Warum sind Gamer so empfindlich, wenn Videospiele kritisiert werden?

Beitrag von Terranigma »

Es geht mir nicht um Analysen, sondern lediglich um ein Bewusstsein dafür, dass Videospiele - oder auch Filme und Bücher - von ... nun, jemanden - d.h. einem Erschaffer mit Wertehaltungen, Ansichten, Wissen, etc. pp. - geschaffen werden und dieser Erschaffer genau so wie das Erschaffene eben aus einem sozialen Kontext stammen und für Konsumenten geschaffen werden, die ebenso in einer Gesellschaft leben.

Gerade wenn man Produkte aus unterschiedlichen Kulturen vergleicht - z.B. Bioware-Titel mit japanischen Rollenspielen - ist doch klar erkennbar, dass da sehr verschiedene Menschen verantwortlich waren. Videospiele existieren in keinem Vakuum und fallen nicht vom Himmel. Aber ich habe das Gefühl, dass bei den “Spiele sind nur Spiele“-Vertretern solch ein Annahme zugrunde liegt. Wenn ich hingegen einen US-Kriegsfilm sehe erwarte ich schon den US-typischen Patriotismus und sehe die Filme in dem Bewusstsein, dass es eben Filme sind, die von US-Filmemachern gemacht wurden.

Meinen Eskapismus schadet dies allerdings nicht.
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Decius
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Re: Warum sind Gamer so empfindlich, wenn Videospiele kritisiert werden?

Beitrag von Decius »

Weil sich viele Leute mit Spielen so identifizieren wie selten mit was anderem. Fängt doch schon im Titel hier an - "Gamer". Als wäre es ein Lebenstil (Camper, Weltreisender, Tramper), viel mehr als jemand der Bücher liest (Leser?) oder Filme schaut (Cineast). Selbst Leute, die hunderte Bücher im Jahr lesen oder hunderte Filme sehen würde es nicht unbedingt als "ihren" dominierenden oder gar einzigen Lifestyle sehen und sich nur über das identifizieren. Bei Spielen ist das was anderes, das ist man "Gamer" und wenn jemand an den Spielen kritisiert - berechtigt oder nicht (und meist ist es eher berechtigt, weil es da viel, viel zu kritisieren gibt), dann fühlt man sich schnell persönlich angegriffen, eben wegen der hohen Identifikation. Dann kritisiert man nicht nur LoL wegen der Darstellung der Frauen mit Boob Armour und Kettenbikini (ja, ja, gerade LoL hat daran gearbeitet das zu verbessern, ich weiß), sondern den Spieler, der 2000h darin investiert hat und vielleicht viel Geld für die Skins diverser Heldinnen in dieser Form ausgegeben hat.

Dazu kommt auch das Jaulen getroffener Hunde - wir haben glaube ich alle Tomb Raider gespielt weil Lara einen beeindruckenden Vorbau hatte - das es auch ein wirklich gutes Spiel war, war da eher ein Bonus. Das Argument "wenn ich schon 5000h auf einen Hintern starren muss, dann wenigstens einen weiblichen" kommt auch recht häufig. Mit 15 habe ich mich auch eher darüber gefreut, dass die Damen in Spielen leichtbekleidet und willig waren, kritisches Hinterfragen kam auch erst 10 Jahre später. Und viele sind vermutlich noch in der Gaffer-Phase oder sind nie draus rausgekommen.
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Mericat
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Re: Warum sind Gamer so empfindlich, wenn Videospiele kritisiert werden?

Beitrag von Mericat »

ich halte es persönlich für (wie oft genug erwähnt) primär eine baumhaussache, wenn jemand von aussen reinkommt und die ersten worte nach nem 5 minuten eindruck sind "das ist ja alles kindisch / wer das spielt muss ja krank sein / zeitverschwendung, kauf dir lieber wie ich ein 100.000€ auto" dann hat der gamer berechtigte gründe über die jahre sensibel und geradezu "feindseelig" zu werden, wenn er sich kritisiert fühlt! ich halte kritik von menschen die keine verbindung und ahnung haben, immer für sehr heikel - man kann über alles urteilen, wer aber urteilt ohne zu wissen wovon er redet (die person sollte einfach selbst mal mehr als ein spiel 5 minuten gespielt haben) der stößt oft auf gegenwehr und setzt sich mit dieser dann ungern auseinander, der kritiker an diesem medium meint er hätte das recht das hobby anderer madig zu reden, das oftmal in einer sehr öffentlichen art und weise wo es dann wirklich wie am pranger rüberkommt, die gegenargumente der menschen die das hobby ausüben sind dann oft komplett egal

eine verständliche, aber dennoch nicht richtige folge: spieler reagieren immer härter auf JEDE kritik, einfach weil man oft genug steine gegen ihr baumhaus geworfen hat, weil man oft genug regelrecht (verzeiht den ausdruck) aufs hobby GEPISST hat, das hobby sowie seine liebhaber herabgewürdigte - die killerspieldebatte, die grad damals noch harte zensur, das darstellen von spielern als durchweg "hässliche versager" (gestellte reportagen.. genug erinnern sich)

spieler haben gute gründe so übermäßig empfindlich zu sein, sie haben ziemlich gelitten in der öffentlichkeit - das haben aber auch andere für ihre hobbys! ich habe persönlich die hoffnung, die "gamer" werden über zeit ein wenig offener, auch wieder für berechtigte kritik - denn diese existiert nicht unbedingt in geringer menge

ich habe selbst die erfahrung gemacht: viele gamer nehmen kritik von innen um EINIGES offener entgegen, ich habe wunderbare und kritische gespräche über genres, entwicklung, darstellung und co geführt wo unter 30-40-50 leuten, die dieses hobby extrem betreiben, keiner aggresiv o.ä wurde! sie zeigen ihre "expertise" aus vielen jahren des spielen, sie haben sich intensiv mit den themen der gespräche auseinandergesetzt und wir hatten stunden der diskussionen darüber, zum teil wirklich sehr kritisch, auch selbstkritisch was man so alles durchgehen lässt und was man selbst zu selten kritisiert - ich glaube nicht so hätte man auf jemanden reagiert, der selbst nichts zum thema zu sagen gehabt hätte
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Mericat
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Re: Warum sind Gamer so empfindlich, wenn Videospiele kritisiert werden?

Beitrag von Mericat »

Axel hat geschrieben:
Mericat hat geschrieben: weil man oft genug regelrecht (verzeiht den ausdruck) aufs hobby GEPISST hat, das hobby sowie seine liebhaber herabgewürdigte - die killerspieldebatte, die grad damals noch harte zensur, das darstellen von spielern als durchweg "hässliche versager" (gestellte reportagen.. genug erinnern sich)
Was da abgelaufen ist, war aber noch ziemlich harmlos im Vergleich was sich beispielsweise de Gothic-Szene in den 90ern und frühen 00er Jahren anhören durfte. War damals nicht selten, dass ich als mordender Satanist galt und jeden zweiten Tag Prügel angedroht bekam. Denn was da die Medien über viele Jahre lang abgezogen haben, das grenzte häufig schon an mittelalterliche Hexenverfolgung. Das hörte im öffentlichen Raum auch lange nicht auf. In den Familien gab es aufgrund dessen heftigste Auseinandersetzungen, es gab nicht wenige Eltern welche den psychatrischen Dienst gerufen haben, nur weil die Tochter oder der Sohn im Teenie-Alter mit einem Undercut nach Hause kam.

Trotzdem ist die Gothic-Szene nun nicht für ihre übermäßige Aggression bekannt, im Gegenteil. Allein längere mediale Berichterstattung kann da also nicht der Hauptgrund sein.

Vielleicht liegt es daran, das viele Gamer unbedingt mit ihrem Hobby akzeptiert werden wollen. Den meisten Grufties dagegen war das immer sehr egal, ob man nun akzeptiert wurde oder nicht. Außer es kam zu Handgreiflichkeiten, aber sonst ging einem das immer sonstwo vorbei, wenn Sprüche kamen. Mittlerweile ist es ja sogar so, dass sich vor allem Altgrufties wieder wünschen, dass man wieder gesellschaftlich ausgegrenzt wird. Und sei es nur, damit man auf dem WGT Ruhe hat.
man sollte dazu sagen: das hobby des spielers findet zu großen teilen online statt, online ist der ton von grad einfach nur "dummen" kritiken meistens um einiges roher und offensiver, als ein komischer blick auf der strasse, natürlich ist in der berichterstattung - da gebe ich dir recht - für andere schon schlimmeres gefallen, jedoch steht man mit einem hobby das sich eher anonym abspielt, natürlich nochmal auf einer ganz anderen ebene was den alltag angeht, nicht ausschliesslich medien - wenn man den 10000ten titel online liest (wo man sich als gamer nunmal deutlich mehr aufhält als der durchschnitt) wo das hobby, die spielergemeinschaft oder ähnliches angegriffen wird ist es einfach viel präsenter in der wahrnehmung

ich unterstütze auch weiterhin das spieler wieder offener für kritik sein müssen, verstehe sie aber zu großen teilen bei der vergangenheit und dem immernoch sehr präsenten "online"-bashing welches man doch relativ häufig sieht, zum glück sind wir von zeiten weg wo aus allen ecken "killerspiele" gerufen wurde, wenn ein kind aufm fahrrad ausversehen über den schwanz einer katze gefahren ist, für viele ist aber dieses gefühl noch da, ich würde also sagen: es ist zum großteil auch die angst WIEDER in die schublade gedrückt zu werden, aus der "wir" spieler uns über die jahre zumindest mit einem bein befreit haben
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