Handwerk #2: Feedback und Diskussionen

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Jochen

Handwerk #2: Feedback und Diskussionen

Beitrag von Jochen »

Zum Testen: Ein "offizieller" Thread. Hat euch die Kolumne gefallen? Seid ihr auch alle cyberkriminell? Sollte die Frankfurter Schule von Frankfurter Grüner Sauce abgelöst werden? Lasst es mich wissen!
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Nachtfischer
Beiträge: 1488
Registriert: 18. Jan 2016, 10:55
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Re: Handwerk #2: Feedback und Diskussionen

Beitrag von Nachtfischer »

Ich finde das wieder sehr toll! Kurz ein paar Gedanken:

1. Wichtiges Thema. Ich hatte mich auch schon gefragt, wo da vernünftige Grenzen des "kulturell Wertvollen" zu ziehen wären. Was ist denn mit eher abstrakten Spielen? Minecraft? Portal? Können die nicht auch "gesellschaftlich wertvoll" sein, indem sie ihren Spielern Ideale zwischen Kreativität und Cleverness vermitteln? Braucht es immer ein konkretes (realistisches) Thema oder einen historischen Bezug?

2. Hatte ich tatsächlich nicht mitbekommen (oder als völlige Absurdität unbewusst ausgeblendet). Immer wieder erstaunlich, was sich da ausgedacht wird. Und ich kann mir schon wieder bildlich vorstellen, wie da einige Konsorten nickend davor saßen: "Seht ihr! Ich habe es ja immer gewusst! Diese Spiele!" Die Kommentare will ich gar nicht lesen unter diesen Artikeln...

3. Hach, mit der Frankfurter Schule verbindet mich ja so eine Art Hassliebe. Finde das aber sehr spannend. Gerade Grinding-lastige Spiele trifft das so herrlich. Erinnert mich auch an ein Video, das ich kürzlich gesehen habe. Dort wurde MMOs "unterstellt", den Kapitalismus zu stärken:
When we're involved and immersed in chasing financial success within a digital society, we are both too distracted to challenge and revolt against the unfairness of the system that we physically live in, and we're perpetuating and living the system digitally simultaneously. [...] Our online presence is doing exactly what capitalism wants us to do in the empirical physical world.
Jochen

Re: Handwerk #2: Feedback und Diskussionen

Beitrag von Jochen »

Nachtfischer hat geschrieben:Wichtiges Thema. Ich hatte mich auch schon gefragt, wo da vernünftige Grenzen des "kulturell Wertvollen" zu ziehen wären
Ich finde es so wunderbar bezeichnend, wie sich die Protagonisten um eine konkrete Antwort stehlen, die eigentlich sehr einfach sein müsste, wenn ihr pars pro toto Argument stimmte: Sofern Spiele tatsächlich qua Definition Kunst/Kultur wären, sollte es doch eigentlich ein Einfaches sein, die Kunst bzw. Kulturhaftigkeit eines Spiels zu benennen. Aber natürlich ist das nicht so einfach. Natürlich ist nicht alles, was auf Steam veröffentlicht wird, Kunst oder kulturell wertvoll, bloß weil es sich einer geläufigen kulturellen Ausdrucksform bedient.

Ich bin gerne bereit, Portal Knights oder Shadow Tactics als Kulturbeiträge anzunehmen. Aber es obliegt verdammt nochmal der Industrie, mir zu erkären, warum sie welche sind, wenn die Inudstrie mein Geld für ihre Förderung will.
Hach, mit der Frankfurter Schule verbindet mich ja so eine Art Hassliebe
Ha! Mich auch. Bei Adorno denke ich immer: Mensch, was für ein kulturpessimistischer Grinch. So will ich nie werden! Und dann denke ich: Ach, verflixt, wenn er bloß nicht so oft Recht hätte ...
Colbi
Beiträge: 12
Registriert: 15. Nov 2016, 21:54

Re: Handwerk #2: Feedback und Diskussionen

Beitrag von Colbi »

Super Kolumne!
Finde das war die Beste bis jetzt.
Gute Themen und vor allem alles argumentationsbasiert und schöne Brücken geschlagen.
Auch sprachlich durchaus unterhaltend.
Danke, Jochen!
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Took
Beiträge: 91
Registriert: 15. Dez 2016, 18:49

Re: Handwerk #2: Feedback und Diskussionen

Beitrag von Took »

Passend zum Thema kann ich Walter Benjamins Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit empfehlen. Er bezieht sich hier zwar hauptsächlich auf Malerei und Musik und inwiefern die Wirkung dieser sich verändert, wenn man sie als Replikat erlebt und nicht mehr in ihrer eigentlich gedachten Umgebung (Galerie, Konzertsaal). Er beschreibt aber auch sehr gut wie sich das Verständnis und die Rezeption von Kunst durch die industrielle Massenproduktion verändert. Das lässt sich in gewissen Teilen auch auf Computerspiele übertragen.
Im Gegensatz zu Adorno und Horkheimer ist er sogar ganz angenehm zu lesen. :dance:
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Ricer
Beiträge: 731
Registriert: 18. Okt 2016, 08:55

Re: Handwerk #2: Feedback und Diskussionen

Beitrag von Ricer »

Wow! Was für ein tolle Kolumne und gelungene Medienkritik.
Colbi hat geschrieben:Danke, Jochen!
Auch von mir ein Danke :)
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大胖熊猫Pangda
Beiträge: 64
Registriert: 21. Mai 2017, 15:20

Re: Handwerk #2: Feedback und Diskussionen

Beitrag von 大胖熊猫Pangda »

Die Kolumnen sind für mich immer wieder ein kleines Juwel, danke dafür!
Bin leider erst jetzt dazu gekommen, mir diese hier in Ruhe anzuhören. Insgesamt finde ich dass die Texte hervorragend gelungen sind, wollte aber noch ein paar Gedanken dazu loswerden:

1. Kulturförderung für Spiele scheint politisch nach wie vor ein Minenfeld zu sein. Dass sich da die Lobby der Spieleindustrie entsprechend positioniert kann ich aus Industriesicht okönomisch gut nachvollziehen. Problem ist eher der fehlende Gegenpol. Daher kann der BIU ohne Probleme argumentativ eine Kulturförderung fordern aber de facto nach einer Wirtschaftsförderung streben. Das ist an sich nicht verkehrt, allerdings nicht erst ab einer bestimmten Projektgröße sinnvoll. Sowas gibts bei Filmen doch auch nicht...?
Ich könnte mir sehr gut vorstellen dass eine geteilte Förderung ein interessanter Ansatz sein könnte. Auf der einen Seite steht eine Wirtschaftsförderung für national ansässige Projekte und auf der anderen Seite eine Kulturförderung europäischer Themen, wie auch immer die konkret aussehen mag. Witcher 3 hat ja zum Beispiel kein Szenario das konkret in Europa verordnet werden kann, aber zumindest eine europäisch geprägte Welt. Für mich hat auch das in einer Form europäischen Kulturbezug. Deutsche Filmförderung geht ja z.B. auch nicht ausschließlich an Filme made in Germany. Darüber hinaus ist für mich auch Kreativität und cleveres Design zu fördern, vor allem weil es einer Gesellschaft Fortschritt bringen kann, auch wenn ein Erfolg auf kommerzieller Ebene ausbleibt. Doch solange nur Branchengrößen mit dem Ziel kommerzieller Unterstützung lobbyieren, ist das eine reine Wirtschaftsförderung.

2. Es gibt nur ganz wenige Medien die den Unterschied zwischen Kausalität und Korrelation wirklich verstehen und ihn korrekt wiedergeben. Doch alles differenzierte Schreiben wird oft in den Kommentarsektionen unter Artikeln schon so demontiert, dass man sich teilweise fragt ob Menschen einen Artikel überhaupt richtig verstehen wollen. Da ist es dann doch einfacher, zu simplifizieren - ob bewusst oder unbewusst. Und seien wir ehrlich: wissenschaftliche Artikel zu lesen ist nun wirklich nicht jedermanns Sache.
Eine Studie fand mal heraus dass Bildung am stärksten mit der Anzahl der Bücherregale im Haushalt der Eltern korreliert. Ich weiss leider nicht mehr, wo ich das gelesen habe, aber hier wird wohl niemand sagen dass hier eine Kausalität besteht - außer vllt. über dritte Faktoren wie Bildung der Eltern etc.
Solange also in einer Zeit der knapp bemessenen Budgets keine Kapazität für differenziertes Lesen und Recherchieren bleibt, wird sich wohl wenig ändern.

3.
Jochen hat geschrieben: Bei Adorno denke ich immer: Mensch, was für ein kulturpessimistischer Grinch. So will ich nie werden! Und dann denke ich: Ach, verflixt, wenn er bloß nicht so oft Recht hätte ...
Das Gefühl kenne ich leider nur zu gut :oops: Solange das nicht in Zweckpessimismus ausartet, treibt einen doch der Optimismus dass noch nicht alles verloren ist :shifty:


Jetzt muss ich aber dringend in den Baumarkt und mir ausreichend Material für neue Bücherregale besorgen...
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Took
Beiträge: 91
Registriert: 15. Dez 2016, 18:49

Re: Handwerk #2: Feedback und Diskussionen

Beitrag von Took »

大胖熊猫Pangda hat geschrieben:Jetzt muss ich aber dringend in den Baumarkt und mir ausreichend Material für neue Bücherregale besorgen...
:lol: :lol: :lol:
Marius
Beiträge: 283
Registriert: 12. Feb 2016, 22:10

Re: Handwerk #2: Feedback und Diskussionen

Beitrag von Marius »

Etwas spät, will nur kurz ein Lob loswerden: Sehr schöne Kolumne. Sehr gut geschrieben, intelligent und überzeugend argumentiert, und der letzte Teil regt zum Nachdenken an.
Siel
Beiträge: 571
Registriert: 10. Jun 2016, 11:02

Re: Handwerk #2: Feedback und Diskussionen

Beitrag von Siel »

Nur 8 antworten? Zu schade, bin erst heute dazu gekommen es mir anzuhören und fand es sehr schön präsentiert und ausgearbeitet!

Bleibt nur zu sagen, weiter so Jochen!
Gute Arbeit und ich freu mich auf die nächste Kolumne ^^
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bluttrinker13
Beiträge: 4898
Registriert: 4. Jun 2016, 22:44

Re: Handwerk #2: Feedback und Diskussionen

Beitrag von bluttrinker13 »

Ich hänge immer noch zurück, habe es gerade auf der Fahrt gehört und: Großartig!

Noch viel besser als die erste Kolumne, wahrscheinlich weil zwei meiner Lieblingsthemen drin vorkamen - Philosophie und Wissenschaft.

Zur Wissenschaft und der Fake-News (obwohl ich finde, "Falschmeldung" reicht hier als Begriff weiterhin aus): Genau! Alter, ich kann gar nicht sagen, wie oft mich das schon angekotzt hat, wie viele offenkundig völlig falsche Behauptungen in den Medien Verbreitung finden. In meinem Bereich, Psychologie, kann ich das ja sagen - so circa jede zweite Studie über die berichtet wird, wird entweder falsch interpretiert, unzulässig generalisiert, oder komplett gegenstandslos aufgebauscht. Und das von den großen Magazinen. Das ist die Pest!!
Ich habe selbst mal ein Telefoninterview gegeben, das war für die Wissenschaftsseite der Süddeutschen (= hoher Anspruch, viel Ressourcen). Der Redakteur hat einen sehr vernünftigen, offenen und wissbegierigen Eindruck gemacht. 2 Stunden habe ich den zugelabert, war ein sehr schönes Gespräch. Am Ende waren das 2-3 Absätze in einem längeren Artikel. Und ich durfte noch mal quer lesen. Und ich fand Fehler, die waren auch nach meiner Redigierung noch drin. Sie waren eher minor, und nicht so schlimm als das sie Aussagen komplett verzerrt hätten, aber bspw etwas das ich beim proof eines Fach-Papers nicht durchgehen lassen würde.
Aber angesichts dieser Erfahrung, und dann der Häufigkeit mit der Studien hoch und runter zitiert werden die sehr wahrscheinlich mit sehr viel weniger Aufwand journalistisch beackert werden, wie in diesem Falle mit der Süddeutschen, - ist mittlerweile meine Meinung: Glaubt keine, ich wiederhole, keine Meldungen aus der Wissenschaft in einem Magazin das kein Fachmagazin ist oder Fachleute beschäftigt (wie bspw der Spektrum-Verlag). Zumindest nicht solange man sich die Quelle nicht selbst angeschaut hat. Und wer macht das schon, bzw. hat die Zeit dafür?
Leider ist das ein ganz großes Problem, auch für die Wissenschaft selbst natürlich, über das z Glück mittlerweile innerhalb immer mehr diskutiert wird (Stichwort: Öffentlichkeitsarbeit, neue Medien).

Adorno: Guter Mann, interessante Schule. Sie sehen es natürlich alles etwas sehr eng und verbissen, und sind teilweise auch selber ideologisch-biased (ich denke da vor allem an Erich Fromm, nichtsdestotrotz einer meiner Lieblingsautoren weiterhin). Genauso ist evt deren Gültigkeit in der aktuellen Postmoderne noch mal prüfungswürdig. Aber was du am Ende sagst stimmt, und ich könnt dich knutschen dafür das du wiederholt in deiner Kolumne Philosophie nund Gesellschaftskritik mit Gaming verknüpfst. Ich meine, wer sonst macht das schon? (RPS vielleicht...?)

Daher: Weiter so! Ruhig noch intellektueller! Einfach großartig.
Und ich bin schon gespannt, was bald vom Walk kommt. :D
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Ricer
Beiträge: 731
Registriert: 18. Okt 2016, 08:55

Re: Handwerk #2: Feedback und Diskussionen

Beitrag von Ricer »

Ein Nachtrag zu den Gedanken aus dem Elfenbeinturm.

Der Pixeldiskurs widmet die aktuelle Folge dem Artikel Wie uns Games zu braven Arbeitern erziehen – und was wir dagegen tun können von Christian Huberts.
Christian Huberts hat geschrieben:Fun – das wussten schon Adorno und Horkheimer – ist ein Stahlbad. Games sind in einer gesellschaftspolitischen Atmosphäre groß geworden, in der Effizienz, Ordnung und Leistung den allerhöchsten Stellenwert besitzen. Zeitverschwendung dürfen sie schon seit den frühen 1980ern nicht mehr sein, sondern generieren brav Rendite, Job-Skills oder Erholung für harte Arbeiter. Ein Trauma, von dem sie sich bis heute nicht ganz erholen konnten und das mit Flow-Heilsversprechen und dem Auslachen von Nicht- und Casual-Gamern gelindert wird.
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