Runde #116: Lootboxen, Glücksspiel und Pay to Win

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Terranigma
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Re: Runde #116: Lootboxen, Glücksspiel und Pay to Win

Beitrag von Terranigma »

W8JcyyU hat geschrieben:Zieht man die eigentliche Wortbedeutung von Motivation heran, sollte Loot bestenfalls die Leistung des Spielers belohnen.
Der Wortbedeutung ist Loot die Beute, welche man z.B. auf Plünderfahrten gemacht hat. Das hat nichts mit Leistung, Videospielen, o.Ä. zu tun. Schon in den 70er haben Teenager in D&D bereits Dungeons gelootet und dort mit RNG auf Tabellen gewürfelt, um zu bestimmten, was für Loot in einer Kiste sei. Das hatte auch damals nichts mit Leistung zu tun, zumals Leistung nicht Synonym zu Skill ist. Das Freischalten von Levelups in Rollenspielen ist z.B. auch eine Belohnung, aber erfordert i.d.R. keinerlei Skill, sondern einfach nur Zeit.
Nachtfischer hat geschrieben:Von Story hat ja niemand gesprochen. Aber man könnte ja auch eine an und für sich interessante Spielmechanik haben, die intrinsisch motiviert, statt immer der Loot-Spirale nachzuhecheln...
Natürlich kann man das. Aber mein Argument war, dass Glücksfaktoren offenkundig eine Motivation ausüben. Das ist eine Sachaussage, die ich z.B. an der Virulenz solcher Mechaniken insb. in Rollenspielen bestätigt sehe. Ob man das gut findet oder nicht, ist eine Urteilsfrage. Motivierend sind derartige Mechanismen aber offenkundig schon, denn z.B. Diablo ist quasi um den RNG herum aufgebaut. Die gesamte Loot-Spirale würde nicht funktionieren, würde ich vor dem Öffnen einer Kiste jederzeit wissen, was ich bekomme oder gar gezielt Items freischalten können. Ich mag Diablo auch nicht, weil mich Loot-Spiralen nicht motivieren können, eine ansonsten langweilige Gameloop zu ertragen. Aber ich nehme zur Kenntnis, dass das offenbar eine Spielerfahrung ist, die vielen anderen Spielern viel Spass macht. Sofern man die Loot-Spirale in Diablo als Teil des Gameloops sieht, kann man sagen, dass der Gameloop intrinisisch Spass macht. Bei Diablo gehört es ja wirklich zur Spielerfahrung, anders als bei Overwatch, wo es eine draufgepappte Mechanik ist, welche den Gameloop nicht tangiert.
Nachtfischer hat geschrieben:Dass das auch Lootboxes sein können, hat glaube ich niemand bestritten. Die Frage ist aber, ob es ein Motivator ist, der mich wesentlich mehr Zeit in etwas investieren lässt, als ich aus mir selbst heraus je bereit wäre. Eben wie die Ratte in der Skinner-Box bei variabler Belohnung nicht mehr vom Hebel ablässt.
Das Problem ist hier die Theorie des Behaviorismus, welche das Subjekt als Blackbox behandelt, ohne aus der Theorie heraus erklären zu können, warum wie aus einem Stimulus für ein Subjekt ein Verstärker wird. Ein Grund, warum der Behaviorismus heutzutage nur noch mäßige Relevanz hat, weil er eben nur Verhalten beschreibt, aber nicht fähig ist zu erklären, warum dieses Verhalten gezeigt wird. Es ist nicht so, dass jeder Mensch auf gleiche Stimuli gleich reagiert. Im Gegenteil, Menschen reagieren auf gleiche Stimuli sehr unterschiedlich. Aber das ist der Behaviorismus nicht fähig zu erklären, weil er den Menschen - ganz in Tradition der naturwissenschaftlich-orientierten Psychologie - als Apparatur versteht, die nach kausalen Gesetzmäßigkeiten von Ursache und Wirkung funktioniert, aber dabei das komplette Innenleben - eben die Psyche - ignorierte.

Einfaches Beispiel: Freunde von mir können stundenlang Diablo 3 spielen und Spass daran haben. Das Steigern von Zahlenwerten und das Hoffen, ein gewünschtes Item zu finden, vermag es sie zu motivieren. Für mich gilt das allerdings nicht. Mich tangieren diese Stimuli nicht, sodass dasselbe Spiel, welches das Verhalten meiner Freunde positiv verstärken kann, auf mich keinen Effekt hat. Ich spiele Diablo nicht, weil ich's langweilig finde. Das kann der Behaviorismus nicht erklären.
Nachtfischer hat geschrieben:Anders gefragt: Wird meine (gesunde) Reaktion auf an sich uninteressante Handlungen, nämlich Langeweile, hier bewusst und ganz gezielt ausgeschaltet beziehungsweise umgangen? Und wenn dem so ist, ist das etwas Gutes?
Gemäß der Annahme, dass diejenigen, die Diablo spielen auch Spass dabei haben, sind die Handlungen für sie eben nicht langweilig, weil die Spielerhandlung und Loot-Spirale zusammengehören und die Spielerfahrung ausmachen. Ich sehe schon deinen Punkt: Ich habe damals lange Zeit CounterStrike gespielt, obwohl es keinerlei extrinisische Motivation gab. Es gab kein Spielerprofile, kein Ranking, keine Unlocks, Achievements, etc. pp. Ich habe CounterStrike gespielt, weil ich CounterStrike spielen will. So ausschließlich auf den Gameloop verlässt sich heute kein Spiel mehr, d.h. alle sind mit extrinsischen Motivatoren - ob diese auch tatsächlich motivieren, steht wie oben gesagt auf einem anderen Blatt - ausgestattet.

Ich merke an mir, dass das meine Spielerfahrung auf Dauer eher geschädigt hat. Denn zumindest das weiß man aus der Lernpsychologie: Wenn man Menschen zu sehr an extrinistischer Motivation gewöhnt, schädigt das am Ende das Potential des intrinisischen Motivation. Wirkt quasi wie Geschmacksverstärker; ist schwer von dem Stoff runterzukommen, aber gefühlt jedes heutige Spiel arbeitet mit solchen Geschmacksverstärkern. Das ist allerdings eine andere Debatte als diejenige bzgl. Lootboxen, dem RNG, Echtgeldkäufen, u.Ä. Die Debatte bzgl. der Virulenz extrinisicher Motivatoren in Videospielen könnte man mal eröffnen - da wäre ich wohl voll bei dir.
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MotherCake
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Re: Runde #116: Lootboxen, Glücksspiel und Pay to Win

Beitrag von MotherCake »

Ich persönlich finde das Prinzip der Lootboxen, so wie sie aktuell verwendet werden, wesentlich gefährlicher als das Spielen in Casinos/Spielhallen. Wie bereits erwähnt, gibt es gesetzliche Regelungen bezüglich dem max. Verlust pro Stunde an den Spielgeräten. Darüberhinaus muss der Spielhallenbetreiber/Automatenaufsteller ein Sozialkonzept anfertigen, in dem er beschreibt, welche Vorkehrungen und Sicherheitsmaßnahmen er im Bezug auf Jugendgefährdung und Spielsucht getroffen hat.
Ein weiterer Punkt ist, dass man in Spielhallen kein Alkohol ausschenken darf. Zuhause hingegen dürfte das sicherlich bei einigen die Hemmschwelle beim Kauf von Lootboxen etc. deutlich senken.

Was ich sagen möchte, meiner Meinung nach sollten ähnliche Schutzmechanismen auch im Onlinebereich vorhanden sein.
lnhh
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Re: Runde #116: Lootboxen, Glücksspiel und Pay to Win

Beitrag von lnhh »

Hierzu muss man sich nur mal den Skandal mit CSGO Waffenskins und Lotteriewebseiten der letzten Monate angucken.
Absprachen, Betrug, Schleichwerbung, Gluecksspiel fuer Minderjaehrige ...

Da war echt alles dabei.
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W8JcyyU
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Re: Runde #116: Lootboxen, Glücksspiel und Pay to Win

Beitrag von W8JcyyU »

Terranigma hat geschrieben:
W8JcyyU hat geschrieben:Zieht man die eigentliche Wortbedeutung von Motivation heran, sollte Loot bestenfalls die Leistung des Spielers belohnen.
Der Wortbedeutung ist Loot die Beute, welche man z.B. auf Plünderfahrten gemacht hat. Das hat nichts mit Leistung, Videospielen, o.Ä. zu tun. Schon in den 70er haben Teenager in D&D bereits Dungeons gelootet und dort mit RNG auf Tabellen gewürfelt, um zu bestimmten, was für Loot in einer Kiste sei. Das hatte auch damals nichts mit Leistung zu tun, zumals Leistung nicht Synonym zu Skill ist. Das Freischalten von Levelups in Rollenspielen ist z.B. auch eine Belohnung, aber erfordert i.d.R. keinerlei Skill, sondern einfach nur Zeit.
Ich spreche von der Wortbedeutung der Motivation, nicht des Loots. Wahrscheinlichkeitsgetriebene Belohnung kann nicht motivieren, da die Eigenleistung vollkommen irrelevant ist - bei gegebener Wahrscheinlichkeit p bekomme ich nach x Stunden im Erwartungswert so und soviel Beute. Irrelevant wie gut ich bin. Irrelevant wie sehr ich mich anstrenge. Motivation auf dem Level von Bots und Skripten.
mRcL
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Re: Runde #116: Lootboxen, Glücksspiel und Pay to Win

Beitrag von mRcL »

Moin Moin,

ich verfolge den Podcast schon eine ganze Weile, aber habe den Sonntagspodcast zum Thema Lootboxen einmal zum Anlass genommen auch im Forum anzumelden :)

Topic:
Ich gehe auf jeden Fall mit, dass sich die Auswüchse, die sich mittlerweile in nicht-F2P-Spielen einschleichen auch wirklich bedenklich.
Trotzdem muss man hier auch Differenzieren, wie ich finde.

Einige User haben ja bereits das populäre CS:GO Beispiel angerissen. Wenn wir jetzt einmal den Skandal um Wetten und das "Gambling" einiger Streamer weglassen und uns nur auf die Mechanik beziehen, finde ich, fällt einiges auf, was doch abweicht.

1. Das gezielte Kaufen von Skins --> Wurde bereits thematisiert

2. Die Limitierung der Woche und die Notwendigkeit von Schlüsseln --> Wurde bereits thematisiert

3. Das Aufwerten von mehreren "minderwertigen" Skins zu höherwertigen:
Hierbei hat man die Möglichkeit mit 10 Skins einer Sorte durch den "Trade-Up" 1 höherwertigen Skin zu bekommen.
Ich persönlich finde hierbei die Anleihen zu Magic o.ä. Trading Card Games sehr frappierend, da hier ein wirklicher Tausch geschieht- wenn auch digital.
Für mich stellt sich damit der Unterschied zu anderen Spielen, dass man mit vermeintlichem "Crap" noch etwas anfangen kann.

Dota 2, welches ja auch von Valve ist, geht meines Wissens nach noch einen zusätzlichen Weg, indem Einnahmen aus den Skin-Verkäufen mit in die Preisgelder für die Majorturniere fließen. Bin mir jetzt nicht sicher, ob das bei den CS:GO Majorn auch der Fall ist, finde ich aber an sich nicht verkehrt, wenn die Spieler so einen Beitrag zum eSport des Spiel sorgen können.

Nichtsdestotrotz stimme ich eurem Aufruf nach mehr Kontrolle diesbezüglich voll zu. Hier handelt es sich um nichts weniger, als um Glücksspiel und sowas gehört reguliert.

Grüße,
mRcL
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Terranigma
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Re: Runde #116: Lootboxen, Glücksspiel und Pay to Win

Beitrag von Terranigma »

W8JcyyU hat geschrieben:Ich spreche von der Wortbedeutung der Motivation, nicht des Loots. Wahrscheinlichkeitsgetriebene Belohnung kann nicht motivieren, da die Eigenleistung vollkommen irrelevant ist - bei gegebener Wahrscheinlichkeit p bekomme ich nach x Stunden im Erwartungswert so und soviel Beute. Irrelevant wie gut ich bin. Irrelevant wie sehr ich mich anstrenge. Motivation auf dem Level von Bots und Skripten.
Motivation ist nicht über Eigenleistung definiert, sondern umfassen alle Gründe, die einer Handlungsbereitschaft fördern. Ich verstehe nicht ganz, wie du darauf kommst, dass Motivation ausschließlich anhand von Eigenleistung herstellbar oder definiert sei. Dass diese Mechanismen motivieren können, zeigt sich doch empirisch daran, dass sie eine Vielzahl von Spielern in Diablo, WoW, usw. de facto motivieren. Die Realität zeigt doch, dass es Spieler motiviert.
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W8JcyyU
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Re: Runde #116: Lootboxen, Glücksspiel und Pay to Win

Beitrag von W8JcyyU »

Terranigma hat geschrieben: Motivation ist nicht über Eigenleistung definiert, sondern umfassen alle Gründe, die einer Handlungsbereitschaft fördern. Ich verstehe nicht ganz, wie du darauf kommst, dass Motivation ausschließlich anhand von Eigenleistung herstellbar oder definiert sei. Dass diese Mechanismen motivieren können, zeigt sich doch empirisch daran, dass sie eine Vielzahl von Spielern in Diablo, WoW, usw. de facto motivieren. Die Realität zeigt doch, dass es Spieler motiviert.
Diablo und WoW motivieren mich nicht. Eben genau aus den genannten Gründen: Ich verstehe das nicht als motivierend, sondern höchstens suchtfördernd. Es ist vollkommen beliebig wie klever ich mich anstelle - im Mittel bekomme ich in einer gewissen Zeitspanne ein gewisses Loot. Das ist für mich daher 1:1 das Drehen am Einarmigen Banditen. Das Interface mag ein anderes sein, der zugrundeliegende Mechanismus ist der gleiche.
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Terranigma
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Re: Runde #116: Lootboxen, Glücksspiel und Pay to Win

Beitrag von Terranigma »

W8JcyyU hat geschrieben:Diablo und WoW motivieren mich nicht.
Mich auch nicht. Aber du und ich sind nun nicht der alleinige Maßstab dafür, was als motivierend definiert werden kann. Den Spielerzahlen nach zu urteilen motivieren diese Mechaniken eben doch. Nur eben nicht dich und mich, sondern andere Menschen. Ich muss diese Mechanik ja nicht selbst mögen, um anerkennen zu können, dass sie für andere Menschen eben funktioniert. Mich motivieren und tangieren auch Lootboxen nicht, weshalb ich das Lootboxen-Modell in Battlefront 2 - ganz egoistisch betrachtet - lieber habe als das DLC-Modell.
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Heretic
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Re: Runde #116: Lootboxen, Glücksspiel und Pay to Win

Beitrag von Heretic »

Ganz von alleine spielt sich auch ein "Diablo 3" nicht. Auf den unteren Schwierigkeitsgraden kann man sich recht einfach durch die Gegnerhorden klicken, das stimmt. Später beißt man auch mit guter Ausrüstung öfter mal ins Gras, wenn man überhaupt nicht weiß, was man tut. Sicherlich ist ein Diablo kein "Dark Souls" oder "The Surge" - zum Glück! Ich mag nämlich kein repetitives Dauersterben in Verbindung mit dem Auswendiglernen von Gegner-Verhaltensmustern und Abkürzungen. Das ist für mich Arbeit. Ich kann aber absolut nachvollziehen, dass man auch daran Spaß haben kann. Ich gebe mir stattdessen lieber die Loot- und Level Up-Suchtspirale eines "Diablo 3".
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Ricer
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Re: Runde #116: Lootboxen, Glücksspiel und Pay to Win

Beitrag von Ricer »

Terranigma hat geschrieben:
W8JcyyU hat geschrieben:Ich spreche von der Wortbedeutung der Motivation, nicht des Loots. Wahrscheinlichkeitsgetriebene Belohnung kann nicht motivieren, da die Eigenleistung vollkommen irrelevant ist - bei gegebener Wahrscheinlichkeit p bekomme ich nach x Stunden im Erwartungswert so und soviel Beute. Irrelevant wie gut ich bin. Irrelevant wie sehr ich mich anstrenge. Motivation auf dem Level von Bots und Skripten.
Motivation ist nicht über Eigenleistung definiert, sondern umfassen alle Gründe, die einer Handlungsbereitschaft fördern. Ich verstehe nicht ganz, wie du darauf kommst, dass Motivation ausschließlich anhand von Eigenleistung herstellbar oder definiert sei. Dass diese Mechanismen motivieren können, zeigt sich doch empirisch daran, dass sie eine Vielzahl von Spielern in Diablo, WoW, usw. de facto motivieren. Die Realität zeigt doch, dass es Spieler motiviert.
Es gibt die Erwartung-mal-Wert-Theorie. Diese besagt, dass die Motivation abhängig ist von der Formel: Motivation = Erwartung x Wert

Der Wert bezieht sich auf die Aufgabenerfüllung -> Was bringt es mir überhaupt, mich mit einer Aufgabe auseinanderzusetzen. (z.B.: Preis erhalten, etwas lernen, befördert werden, Kompetenz demonstrieren...)
Die Erwartung bezieht sich darauf, wie sehr man davon überzeugt ist, sein Ziel zu erreichen. (z.B.: Gewinnwahrscheinlichkeit, Vertrauen in eigenes Können, kann ich das Ergebnis beeinflussen...)

Übertragen auf das Beispiel Glücksspiele kommt man zur altbewährten Weisheit: Ein wertloser Preis braucht eine hohe Gewinnwahrscheinlichkeit und ein sehr sehr wertvoller Preis kann die minimalste Gewinnwahrscheinlichkeit haben und die Leute spielen trotzdem.

Die Dosis macht das Gift/die Sucht.
mib
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Re: Runde #116: Lootboxen, Glücksspiel und Pay to Win

Beitrag von mib »

Also unabhängig von der Tatsache, dass ich durchaus Glücksspiel-Elemente sehe und andere Nachteile an Lootbox-Systemen, muss ich leider sagen, dass wenn ich Overwatch nicht spielen würde, ich ein deutlich verzerrtes Bild vom realen Lootbox-System hätte.

Und leider war die Argumentation nicht immer schlüssig, auch wenn ich im Ergebnis nicht widersprechen mag. Es geht um den Gamasutra-Artiktel (so nach 30 Minuten). Also es gibt keine Auswahl von Lootboxen bei Overwatch und die Near-Misses sind ja in der Natur der Sache... also das Spiel kann ja gar nicht wissen, was du willst - beim Einarmigen Banditen ist der Near-Miss ja deutlich einfacher, weil das Ziel ja eindeutiger ist.. zwei gleiche Elemente und ein abweichendes - boom, kein Gewinn, aber fast... Selbst wenn Blizzard weiß, welchen Helden ich am liebsten spiele, so müsste es für einen effektiven Near-Miss ja den falschen epischen Skin bekommen... wenn ich für mich in der Slot-Machine das Ziel setzte, unabhängig vom Gewinn lieber einen Hund, eine Katze und eine Maus zu bekommen, dann denke ich dürfte der Near-Miss wohl kaum noch gezielt kommen... rein statistisch wird es immer Near-Misses geben. Das ist gar nicht zu verhindern.

Also wenn man gezielt einzelne Items will, muss man ja nicht endlos Lootboxen kaufen, um es zu erhalten, da es quasi ja auch eine In-Game-Währung gibt. Lootboxen enthälten solche Credits und doppelte Items geben ja auch etwas.

Was leider auch nicht erwähnt wurde war die Tatsache, dass gerade die Aktionszeiträume (Sommerspiele, Weihnachten, 1 Jahr Jubiläum usw...) viel schlimmer sind, da die Items eben nur in diesem Zeitraum erhältlich sind und die Items das dreifache an Credits kosten wie die "normalen". Und Sommerspiele-Items konnte man gar nicht über In-Game-Währung erhalten, da war wirklich nur das Lootbox-Glück ausschlaggebend. So lange ich keinen Zeitdruck zum Erhalt von Items habe, finde ich das ganze relativ undramatisch... ich habe auch schon Lootboxen gekauft, aber auch aus bewusster Entscheidung, den Entwickler damit zu unterstützen.
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gnadenlos
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Re: Runde #116: Lootboxen, Glücksspiel und Pay to Win

Beitrag von gnadenlos »

mib hat geschrieben:Was leider auch nicht erwähnt wurde war die Tatsache, dass gerade die Aktionszeiträume (Sommerspiele, Weihnachten, 1 Jahr Jubiläum usw...) viel schlimmer sind, da die Items eben nur in diesem Zeitraum erhältlich sind und die Items das dreifache an Credits kosten wie die "normalen". Und Sommerspiele-Items konnte man gar nicht über In-Game-Währung erhalten, da war wirklich nur das Lootbox-Glück ausschlaggebend. So lange ich keinen Zeitdruck zum Erhalt von Items habe, finde ich das ganze relativ undramatisch...
Da gebe ich Dir recht - den Punkt mit den Aktionszeiträumen hatte ich oben ja auch schon angesprochen. Über solche Aktionszeiträume erhöht man den PayOrGrind-Druck tatsächlich nochmal sehr deutlich. Man muss in diesen Zeiträumen noch mehr über seine natürliche Spiellust hinaus Grinding betreiben oder eben doch Geld ausgeben, wenn einem bestimmte "kosmetische" Items wichtig sind. Das funktioniert psychologisch dann ähnlich wie Sonderangebote oder limitierte Sammlerstücke, bei denen man den Kunden/User unter zeitlichen Druck setzt.

Auf diese Weise erzeugt dann ein Vollpreis-Titel wie Overwatch bei einer gewissen, dafür anfälligen Zielgruppe einen Grind- und Zeitdruck, der eher an F2P-Titel wie Heartstone erinnert und selbst bei F2P schon extrem kritisch zu betrachten ist. Bei einem Vollpreis-Titel ist sowas IMO nicht akzeptabel. Das sind einfach extrem schäbige Praktiken, auf die Blizzard spiel-übergreifend zurückgreift. Es ist mir ein Rätsel dass eine solche Firma noch immer einen so guten Ruf in Spielerkreisen genießt - eigentlich müssten deren CEOs von der Bühne gepfiffen werden, statt für jedes neue grindbasierte Lootbox-Spiel erneut abgefeiert zu werden.
ich habe auch schon Lootboxen gekauft, aber auch aus bewusster Entscheidung, den Entwickler damit zu unterstützen.
Da stellt sich für mich die Frage, ob ein Entwickler der solche Sucht-Mechanismen einsetzt, eine Unterstützung verdient - ich würde das pauschal verneinen.
meisterlampe1989

Re: Runde #116: Lootboxen, Glücksspiel und Pay to Win

Beitrag von meisterlampe1989 »

Passt zum Thema:

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dreikoenig
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Re: Runde #116: Lootboxen, Glücksspiel und Pay to Win

Beitrag von dreikoenig »

Ich finde ihr habt das Thema wirklich gut behandelt.

Ich finde übrigens, dass ein Spiel wie WoW auch nichts anderes wie ein Glücksspiel ist. Da spreche ich aus jahrelanger Erfahrung.
Die einen nennen es Grind, aber letztendlich ist jeder Boss dort eine Lootbox mit dem Nachteil, dass alle Gruppenmitglieder auch noch Anrecht auf diese Lootbox haben. Meine Abogebühr ist in dem Fall meine Münze, die ich jeden Monat einwerfe.
Das Glücksgefühl ist das gleiche wie beim Öffnen einer Lootbox.

Ingesamt finde ich solche Mechanismen, die massiv auf dem Zufall basieren als fragwürdig. Es dient einerseits zum Strecken der Spielzeit (ohne dabei deutlich mehr Spaß zu bieten) anderseits versucht man damit Spieler zum Ausgeben von mehr Geld zu "nötigen".

Das Schlimme ist, dass es gut funktioniert. Ich spiele auch gerne Fifa, man merkt aber, dass der Hauptaugenmerk auf FUT liegt und nicht mehr auf der normalen Karriere. Selbst bei The Journey bei Fifa bekommt man als Belohnung Dinge für FUT.
Der meistgespielte Modus ist aber bei Fifa auch noch FUT.

Mich tangiert dieser Modus nicht, aber als Spieler merkt man recht schnell in welche Richtung Fifa optimiert wird.

Lootboxen sind das was einst DLCs für die Entwickler waren: Der heilige Gral des Melkens...
Wenn das die Lösung ist, kann ich dann bitte mein Problem wieder haben?
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echtschlecht165
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Re: Runde #116: Lootboxen, Glücksspiel und Pay to Win

Beitrag von echtschlecht165 »

hihihi....er hat FUT gesagt
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Nachtfischer
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Re: Runde #116: Lootboxen, Glücksspiel und Pay to Win

Beitrag von Nachtfischer »

Terranigma hat geschrieben:Gemäß der Annahme, dass diejenigen, die Diablo spielen auch Spass dabei haben, sind die Handlungen für sie eben nicht langweilig, weil die Spielerhandlung und Loot-Spirale zusammengehören und die Spielerfahrung ausmachen.
Dann ist aber die nächste Frage, ob es die Loot-Spirale dann wirklich bräuchte. Trägt die wirklich ganz direkt zur Verbesserung des Kernspiels bei und macht die spaßigen Elemente, die da sind, interessanter? Ich glaube, wenn man dafür argumentieren wollte, würde man relativ schnell an seine Grenzen stoßen. Ginge es um die Maximierung der Interessantheit der Spielerfahrung selbst, wären vermutlich ganz andere und sehr viel gezieltere Designentscheidungen sinnvoll. Zumal Entscheidungen, die mit Loot zusammenhängen, ja ohnehin die meiste Zeit bloß aus No-Brainern bestehen: "Willst du das Schwert mit +9382 Schaden wirklich durch das mit +12294 Schaden ersetzen?" Am Ende ist der primäre Mehrwert der Loot-Spirale aus Entwicklersicht meines Erachtens, dass man eben auch die Leute kriegt und bei der Stange hält (man könnte auch sagen "süchtig macht"), die das Spiel selbst gar nicht so wahnsinnig interessant finden. Die Hardcore-Nische derer, die wirklich der Spielmechanik wegen spielen und beispielsweise bewusst Loot-unabhängige Rift Runs durchziehen und so weiter ist dann doch eher klein (und wie gesagt, für die bräuchte es den Kram erst gleich gar nicht).
echtschlecht165 hat geschrieben:hihihi....er hat FUT gesagt
Wenn Avatar und Name perfekt zum Inhalt eines Posts passen...
Marius
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Re: Runde #116: Lootboxen, Glücksspiel und Pay to Win

Beitrag von Marius »

Nachtfischer hat geschrieben:Aber man könnte ja auch eine an und für sich interessante Spielmechanik haben, die intrinsisch motiviert, statt immer der Loot-Spirale nachzuhecheln...
Was ist denn Deiner Ansicht nach "intrinsische Motivation"?

Ich frage das aus ehrlichem Interesse. Meine persönliche Theorie ist nämlich, dass zu Spielspaß notwendig die Belohnung gehört. Und zwar entsteht meiner Meinung nach Spaß durch hinreichende Belohnung für die Bewältigung einer der eigenen Kompetenz angemessene Herausforderung. Wer hingegen immer nur verliert, der hat keinen Spaß, da kann die Spielmechanik noch so toll sein (es sei denn, die Belohnung erfolgt durch die soziale Komponente, wie es z.B. bei Brettspielen möglich ist). Wobei diese Belohnung ja nicht nur in virtueller Ausrüstung, Erfahrungspunkten, Spielfortschritt, Levelaufstiegen oder höherem Ansehen etc. ("extrinsische Belohnungen"?) bestehen kann, sondern schon in dem Erfolgserlebnis und der Genugtuung, etwas gemeistert zu haben. Letzteres kann man vielleicht als intrinsischen Motivationsfaktor ansehen. Ist es das?
Da sind dann Glücksspielmechaniken natürlich die billigste, hässlichste, bedenklichste (und wohl wirksamste) Form der extrinsischen Motivation, die noch die schlechteste Spielmechaniken übertünchen können.
mib hat geschrieben:... ich habe auch schon Lootboxen gekauft, aber auch aus bewusster Entscheidung, den Entwickler damit zu unterstützen.
Wobei Blizzard wirklich nicht auf Spenden angewiesen ist, denen geht es gut genug.


[Das Forum hat auch Glücksspielmechaniken: Man weiß nie, wann was für Beiträge und Antworten kommen und schaut deshalb immer mal wieder vorbei, jedenfalls geht es mir zeitweise so. Gilt natürlich generell für soziale Medien.]
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Re: Runde #116: Lootboxen, Glücksspiel und Pay to Win

Beitrag von gnadenlos »

Marius hat geschrieben:[Das Forum hat auch Glücksspielmechaniken: Man weiß nie, wann was für Beiträge und Antworten kommen und schaut deshalb immer mal wieder vorbei, jedenfalls geht es mir zeitweise so. Gilt natürlich generell für soziale Medien.]
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Re: Runde #116: Lootboxen, Glücksspiel und Pay to Win

Beitrag von Ricer »

gnadenlos hat geschrieben:
Marius hat geschrieben:[Das Forum hat auch Glücksspielmechaniken: Man weiß nie, wann was für Beiträge und Antworten kommen und schaut deshalb immer mal wieder vorbei, jedenfalls geht es mir zeitweise so. Gilt natürlich generell für soziale Medien.]
And we have a winner! Du bekommst *drei* *blaue* Glückssterne. Wenn Du morgen wieder einen Beitrag schreibst, bekommst Du noch einen *grünen* Glücksstern als Bonus obendrauf.
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Nachtfischer
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Re: Runde #116: Lootboxen, Glücksspiel und Pay to Win

Beitrag von Nachtfischer »

Marius hat geschrieben:
Nachtfischer hat geschrieben:Aber man könnte ja auch eine an und für sich interessante Spielmechanik haben, die intrinsisch motiviert, statt immer der Loot-Spirale nachzuhecheln...
Was ist denn Deiner Ansicht nach "intrinsische Motivation"?
Das hier. Die Spielmechanik selbst erfasst das insbesondere über den klassischen Gameplay-Zyklus aus Spielen und Feedback (bzw. der Beobachtung dieses iterativen Lernprozesses an sich selbst).
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