Der Wortbedeutung ist Loot die Beute, welche man z.B. auf Plünderfahrten gemacht hat. Das hat nichts mit Leistung, Videospielen, o.Ä. zu tun. Schon in den 70er haben Teenager in D&D bereits Dungeons gelootet und dort mit RNG auf Tabellen gewürfelt, um zu bestimmten, was für Loot in einer Kiste sei. Das hatte auch damals nichts mit Leistung zu tun, zumals Leistung nicht Synonym zu Skill ist. Das Freischalten von Levelups in Rollenspielen ist z.B. auch eine Belohnung, aber erfordert i.d.R. keinerlei Skill, sondern einfach nur Zeit.W8JcyyU hat geschrieben:Zieht man die eigentliche Wortbedeutung von Motivation heran, sollte Loot bestenfalls die Leistung des Spielers belohnen.
Natürlich kann man das. Aber mein Argument war, dass Glücksfaktoren offenkundig eine Motivation ausüben. Das ist eine Sachaussage, die ich z.B. an der Virulenz solcher Mechaniken insb. in Rollenspielen bestätigt sehe. Ob man das gut findet oder nicht, ist eine Urteilsfrage. Motivierend sind derartige Mechanismen aber offenkundig schon, denn z.B. Diablo ist quasi um den RNG herum aufgebaut. Die gesamte Loot-Spirale würde nicht funktionieren, würde ich vor dem Öffnen einer Kiste jederzeit wissen, was ich bekomme oder gar gezielt Items freischalten können. Ich mag Diablo auch nicht, weil mich Loot-Spiralen nicht motivieren können, eine ansonsten langweilige Gameloop zu ertragen. Aber ich nehme zur Kenntnis, dass das offenbar eine Spielerfahrung ist, die vielen anderen Spielern viel Spass macht. Sofern man die Loot-Spirale in Diablo als Teil des Gameloops sieht, kann man sagen, dass der Gameloop intrinisisch Spass macht. Bei Diablo gehört es ja wirklich zur Spielerfahrung, anders als bei Overwatch, wo es eine draufgepappte Mechanik ist, welche den Gameloop nicht tangiert.Nachtfischer hat geschrieben:Von Story hat ja niemand gesprochen. Aber man könnte ja auch eine an und für sich interessante Spielmechanik haben, die intrinsisch motiviert, statt immer der Loot-Spirale nachzuhecheln...
Das Problem ist hier die Theorie des Behaviorismus, welche das Subjekt als Blackbox behandelt, ohne aus der Theorie heraus erklären zu können, warum wie aus einem Stimulus für ein Subjekt ein Verstärker wird. Ein Grund, warum der Behaviorismus heutzutage nur noch mäßige Relevanz hat, weil er eben nur Verhalten beschreibt, aber nicht fähig ist zu erklären, warum dieses Verhalten gezeigt wird. Es ist nicht so, dass jeder Mensch auf gleiche Stimuli gleich reagiert. Im Gegenteil, Menschen reagieren auf gleiche Stimuli sehr unterschiedlich. Aber das ist der Behaviorismus nicht fähig zu erklären, weil er den Menschen - ganz in Tradition der naturwissenschaftlich-orientierten Psychologie - als Apparatur versteht, die nach kausalen Gesetzmäßigkeiten von Ursache und Wirkung funktioniert, aber dabei das komplette Innenleben - eben die Psyche - ignorierte.Nachtfischer hat geschrieben:Dass das auch Lootboxes sein können, hat glaube ich niemand bestritten. Die Frage ist aber, ob es ein Motivator ist, der mich wesentlich mehr Zeit in etwas investieren lässt, als ich aus mir selbst heraus je bereit wäre. Eben wie die Ratte in der Skinner-Box bei variabler Belohnung nicht mehr vom Hebel ablässt.
Einfaches Beispiel: Freunde von mir können stundenlang Diablo 3 spielen und Spass daran haben. Das Steigern von Zahlenwerten und das Hoffen, ein gewünschtes Item zu finden, vermag es sie zu motivieren. Für mich gilt das allerdings nicht. Mich tangieren diese Stimuli nicht, sodass dasselbe Spiel, welches das Verhalten meiner Freunde positiv verstärken kann, auf mich keinen Effekt hat. Ich spiele Diablo nicht, weil ich's langweilig finde. Das kann der Behaviorismus nicht erklären.
Gemäß der Annahme, dass diejenigen, die Diablo spielen auch Spass dabei haben, sind die Handlungen für sie eben nicht langweilig, weil die Spielerhandlung und Loot-Spirale zusammengehören und die Spielerfahrung ausmachen. Ich sehe schon deinen Punkt: Ich habe damals lange Zeit CounterStrike gespielt, obwohl es keinerlei extrinisische Motivation gab. Es gab kein Spielerprofile, kein Ranking, keine Unlocks, Achievements, etc. pp. Ich habe CounterStrike gespielt, weil ich CounterStrike spielen will. So ausschließlich auf den Gameloop verlässt sich heute kein Spiel mehr, d.h. alle sind mit extrinsischen Motivatoren - ob diese auch tatsächlich motivieren, steht wie oben gesagt auf einem anderen Blatt - ausgestattet.Nachtfischer hat geschrieben:Anders gefragt: Wird meine (gesunde) Reaktion auf an sich uninteressante Handlungen, nämlich Langeweile, hier bewusst und ganz gezielt ausgeschaltet beziehungsweise umgangen? Und wenn dem so ist, ist das etwas Gutes?
Ich merke an mir, dass das meine Spielerfahrung auf Dauer eher geschädigt hat. Denn zumindest das weiß man aus der Lernpsychologie: Wenn man Menschen zu sehr an extrinistischer Motivation gewöhnt, schädigt das am Ende das Potential des intrinisischen Motivation. Wirkt quasi wie Geschmacksverstärker; ist schwer von dem Stoff runterzukommen, aber gefühlt jedes heutige Spiel arbeitet mit solchen Geschmacksverstärkern. Das ist allerdings eine andere Debatte als diejenige bzgl. Lootboxen, dem RNG, Echtgeldkäufen, u.Ä. Die Debatte bzgl. der Virulenz extrinisicher Motivatoren in Videospielen könnte man mal eröffnen - da wäre ich wohl voll bei dir.