Maschendraht hat geschrieben:Güte, Zuneigung und Hilfsbereitschaft sind nach dieser Logik ebenfalls dem Menschen vorbehalten, weil er sich auch für das Schlechte entscheiden könnte.
Güte, Zuneigung, etc. pp. sind kein Verhalten, sondern können Motivationen für Verhalten. Die sind selbst aber nicht beobachtbar, d.h. wenn ein Mensch ein Verhalten zeigt, so ist dem Verhalten selbst nicht eindeutig zu entnehmen, ob es aus Güte, Hilfsbereitschaft, Taktik, Kalkül, Bösartigkeit, Neid, Sympathie, etc. pp. begangen wurde - das ist unsere Interpretation des Verhaltens, aber wir können Menschen - und erst Recht nicht Tieren - nicht in den Kopf gucken. Insofern würde ich es als Anthropomorphismus bezeichnen, wenn man Tieren sowas wie "Hilfsbereitschaft" unterstellt oder sagt, dass Katzen mit ihrer Beute "spielen" - eben weil man damit in Anlehnung an menschliche Kategorien eine Aussage über die Motivation des Tieres trifft, die man nicht treffen kann. Was ein Hund während eines s.g. "hilfsbereiten" Verhaltens denkt oder fühlt wissen wir nicht. Wie das in vegetarischen Kreisen gesehen wird, weiß ich nicht. Ich habe Freunde, die leben vegatarisch/vegan und andere nicht; was die Verwendung von Anthropomorphismen angeht scheint mir da aber kein Zusammenhang zu bestehen.
Ich nehme Tiere allgemein als unbedarft dar, das weckt in mir einen gewissen Beschützerinstinkt, weil sie - ähnlich Kinder - die Gewalt, die ihnen angetan wird, nicht begreifen können. Daher tue ich mir in Videospielen auch schwer damit, solche Gewalt zu verüben. Mit Kindern gibt es das Problem i.d.R. nicht, weil es in Videospielen eigentlich nie Kinder gibt. Es gibt ja ebenso auch nie Ältere, Behinderte, o.Ä. Menschen, die eine gewisse Schutzbedürftigkeit ausstrahlen. Aber es gibt Tiere und die dienen (a) als Deko oder (b) als Trash Mobs. (a) finde ich sympathisch, aber bei (b) regt sich in mir Widerstand. Da breche ich ein Spiel lieber ab.
Feamorn hat geschrieben:Ich kann deinen Punkt verstehen, aber bewegt sich eine Spielfigur, wie etwa Lara Croft die ein Tier tötet um das eigene Überleben zu sichern, sich dann nicht in dem Moment eher auf der Ebene der Tiere als auf Ebene der "überlegenen" Menschen? Sie tötet im Zuge der Geschichte ja auch nur um zu überleben. (Abseits von einem Hirsch und einem Wolfsrudel (Selbstverteidigung) muss man im ersten Teil der Neuauflage kein Tier töten und der Loot ist es, meiner Meinung nach, auch kaum wert, mehr zu töten.)
Ich habe wie gesagt die aktuellen Tomb Raider nicht gespielt, daher kann ich das nicht beurteilen. In den älteren Titeln hat Lara Croft ja auch regelmäßig Tiere getötet, waren die Standardgegner. Die Situationen könnte man als Notwehr klassifizieren, gleichwohl kann man natürlich auch die Frage stellen, ob es tatsächlich Notwehr ist, wenn Lara Croft vorsätzlich und wissentlich alte Ruinen erforscht, wo man erwarten kann, dass sich über die Jahre etwas dort eingenistet hat. Bei den aktuellen Tomb Raiders würde ich es ähnlich einstufen: Lara Croft muss nicht dort sein, wo sie landet - sie ist dort, weil sie dort sein weil, aus Abenteuerlust, o.Ä. Wenn sie am Ende des Tages also dort abstürzt, keine Nahrung hat, etc. pp. so ist's das Problem von Lara Croft, sie hat sich wissentlich in die Gefahr begegeben - in dem Fall habe ich Probleme damit, das Töten von Tieren als "Überlebenskampf" zu werten. Wenn ich als Großstadtmensch auf Safari gehe, in das Jagdrevier von Löwen gehe und dort - Suprise! Suprise! - von Löwen angefallen werde, so würde ich das auch nicht "Notwehr" begreifen. Ich hätte ja immerhin nicht wissentlich (!) dorthingehen müssen.
Feamorn hat geschrieben:Ich glaube, sobald mir ein Spiel einen (mehr oder minder) guten Grund liefert zu töten, habe ich dabei weder bei Tieren noch bei Menschen oder anderen Lebewesen ein großes Problem, wobei "gute Gründe" je nach Lebewesen stark unterschiedlich ausfallen können.
Sehe ich ähnlich. Aber bisher gab kein Spiel mir ein subjektiv guten Grund, sondern stets dachte ich mir: (a) "Das ganze hat nur einen spielmechanischen Sinn, eigentlich muss das überhaupt nicht sein" oder (b) "Du blöder Protagonist hast dich doch selbst in die Scheiße geritten, warum sollten andere dafür leiden?" Gerade (b) ist natürlich nicht ideal, wenn man eine emotionale Beziehung zum Protagonisten aufbauen soll.
Floater hat geschrieben:Hast Du die alten Thief/Dark Project-Teile gespielt? Dort waren die Wachen ja, zumindest zu Beginn, meist auch "unschuldig" und das Spiel bot meist die möglichkeit komplett ohne Mord gespielt zu werden.
Wenn ich in Spielen die Möglichkeit habe nicht zu töten, dann tue ich es auch nicht. In Dark Projekt habe ich "Skill" für mich auch darüber definiert, dass am Ende niemand starb. Aber nicht-letale Spielweisen erlauben ja (leider) nur sehr wenige Spiele, insb. Rollenspiele leben ja davon, dass man die lokale Fauna und Flora ausradiert. In Pen&Paper-Kreisen läuft das ganze unter dem Begriff "Murder Hobo".