Runde #122: Lineares Clickbait Indie Grinding

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Jochen

Re: Runde #122: Lineares Clickbait Indie Grinding

Beitrag von Jochen »

goschi hat geschrieben:Du bemängelst doch sonst kaputte Mechaniken auch sehr gerne und exzessiv.
Ich habe das kaputte Quest- und Missionsdesign doch weiter oben selbst konstatiert? Die ursprüngliche Frage war doch jene aus dem Podcast: Warum spielt man es selbst in Kenntnis der damit zusammenhängenden Langeweile nicht einfach anders? "Spieler min/maxen halt gerne" ist mir zu banal. Ich min/maxe auch gerne und spiele DA:O trotzdem anders.
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DexterKane
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Re: Runde #122: Lineares Clickbait Indie Grinding

Beitrag von DexterKane »

Brahlam hat geschrieben:
DexterKane hat geschrieben:Mal ganz davon abgesehen, dass Leute, die sich "epic builds" ausdenken, zumindest in den Pen & Paper Kreisen, in denen ich mich bewege, einen Ruf als üble Min/Maxer aka Powergamer weg haben (was alles andere als positiv ist :) ). Wenn einer von meinen Spielern mit sowas um die Ecke käme, dürfte er sich erstmal nen neuen Char machen und stünde die nächsten paar Wochen unter spezieller Beobachtung.

Klar, in einem Computerspiel neigt man eher dazu zu optimieren, weil das Korrektiv des Spielleiters in dem Fall der Computer ist und das eben nicht erkennen kann. Dieses spezielle Subset von Spielern aber zum Kern der Spielerschaft zu ernennen halte ich zumindest für gewagt.
Warum sollte jemand nicht seine Talente steigern um die ihm zugeschriebene Rolle im Kampf / Rollenspiel besser zu erfüllen. Natürlich Min/Maxt man dabei. Sicher steigert man auch Handwerkliche oder Wissens Talente je nach Charakter den man sich ersonnen hat und wie man ihn spielt aber irgendwie muss man ja auch seine Rolle in der Gruppe erfüllen. ^^
Was bringt dir ein Krieger der zu schwach ist um eine Rüstung zu tragen oder nach dem ersten Schlag umkippt? Oder ein Magier der nach einem Spruch keine Astral Energie / Mana mehr hat, oder gar nicht lesen kann? ;-P
Kenne es nur vom DSA aber da gibt es ja auch genug Regeln die verhindern das jemand seine Talente zu einseitig verteilt.
Ok, DSA hab ich ewig nicht mehr gespielt, deswegen hinkt der Vergleich vielleicht jetzt etwas. Es ist halt ein Unterschied ob ich als Kämpfer den Fokus auf Kampfeigenschaften und Talente setze und da besser bin, als bei z.B. sozialen Fähigkeiten (das macht bis zu einem gewissen Grad jeder), oder ob ich KL, IN, CH und FF auf den Mindestwert setze um noch den einen zusätzlichen Punkt Körperkraft oder Konsti auf Stufe 1 zu bekommen. Davon reden wir nämlich, wenn's um "epic-builds" geht.

Die Definition, was schon powergaming ist, ist hier natürlich fließend und wird von jedem anders definiert. Als Daumenregel nehm ich immer, das alles was mir im Rahmen des Charakterkonzepts sinnvoll erscheint, erlaubt ist, auch wenn es dicke Vorteile verschafft. Aka Min-/Maixing ist erlaubt, solange Du es ingame erklären kannst :)
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W8JcyyU
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Re: Runde #122: Lineares Clickbait Indie Grinding

Beitrag von W8JcyyU »

Jochen hat geschrieben:Eine FAQ, die 98% aller Käufer/Spieler nie zu Gesicht bekommen (geschweige denn lesen) erscheint mir ein sehr dürftiger Beleg zu sein. Und als Werbung ungefähr so relevant wie ein Impressum ;)
Die FAQ ist an der Stelle zitiert worden, weil sie a) direkt von Bioware gehosted wird und b) sich daran die Geisteshaltung ablesen lässt. Für beides ist irrelevant, wie viel Leute das gelesen haben. Die relevanten Pressemitteilungen dürften Dir wesentlich besser bekannt sein als mir.

Aus der FAQ und der direkten Zitierung von Regelwerken, BG und NWN lese ich ab, dass das Kernregelwerk nicht als bloßes Beiwerk, das "im besten Fall zu funktionieren hat" zu verstehen ist. Sondern es wird als Feature beworben. Damit stellt sich die Frage, ob die Umsetzung den eigenen Ansprüchen genügt (tut sie nicht) und wie diese "Auswüchse" zu bewerten sind. Und da es eben kein Witcher ist, kann man mangelhaftes Balancing nicht bloß mit "Ja aber dann Spiel halt anders" abtun.
Zuletzt geändert von W8JcyyU am 9. Aug 2017, 18:02, insgesamt 1-mal geändert.
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W8JcyyU
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Re: Runde #122: Lineares Clickbait Indie Grinding

Beitrag von W8JcyyU »

DexterKane hat geschrieben:Mal ganz davon abgesehen, dass Leute, die sich "epic builds" ausdenken, zumindest in den Pen & Paper Kreisen, in denen ich mich bewege, einen Ruf als üble Min/Maxer aka Powergamer weg haben (was alles andere als positiv ist :) ). Wenn einer von meinen Spielern mit sowas um die Ecke käme, dürfte er sich erstmal nen neuen Char machen und stünde die nächsten paar Wochen unter spezieller Beobachtung.

Klar, in einem Computerspiel neigt man eher dazu zu optimieren, weil das Korrektiv des Spielleiters in dem Fall der Computer ist und das eben nicht erkennen kann. Dieses spezielle Subset von Spielern aber zum Kern der Spielerschaft zu ernennen halte ich zumindest für gewagt.
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Sebastian Solidwork
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Re: Runde #122: Lineares Clickbait Indie Grinding

Beitrag von Sebastian Solidwork »

Jochen hat geschrieben:Die ursprüngliche Frage war doch jene aus dem Podcast: Warum spielt man es selbst in Kenntnis der damit zusammenhängenden Langeweile nicht einfach anders?
Ich würde vermuten, dass diese Spieler grundlegend eine (mathematische) optimale/effiziente Spielweise einer interessanten bevorzugen.
Ich könnte mir folgendes dafür als Gründe vorstellen:
- allgemein leben wir in einer immer mehr optimierten Zeit. Das ist der Gesamteindruck den man bekommen kann und der einen prägt. So wie jemand bei seiner Arbeit effizient sein musst, so spielt er auch effizient.
- vermutlich gibt es auch einfach Menschen die so (zwanghaft?) optimieren müssen. Ansonsten kommen sie sich "beschmutz" vor, weil sie ineffizient sind. Eine andere Form deines Completionistentums.

Schlussendlich scheinen nicht alle Spass/Freude der gleichen Art in Spielen zu suchen. Manche Leute wollen vielleicht einfach "nur Arbeiten", aber an einem selbst gewählten Ort. (bzw. was diese unter Freude am Spielen verstehen ist was anderes)
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Nachtfischer
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Re: Runde #122: Lineares Clickbait Indie Grinding

Beitrag von Nachtfischer »

Sebastian S. hat geschrieben:Ich würde vermuten, dass diese Spieler grundlegend eine (mathematische) optimale/effiziente Spielweise einer interessanten bevorzugen.
Es könnte aber auch sein, dass diese Spieler vertrauen in das Design haben und daher erwarten, dass die optimale Spielweise (beziehungsweise das Herausfinden, wie diese genau aussieht) auch die interessanteste ist. So wie Tetris deutlich spannender wird, wenn du versuchst, deine Punkte zu maximieren und auf Tetris-Serien zu spielen, statt bloß zu "überleben".

Nur gilt das für viele Spiele - insbesondere die großen Produktionen - längst nicht mehr.
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echtschlecht165
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Re: Runde #122: Lineares Clickbait Indie Grinding

Beitrag von echtschlecht165 »

auch wenn ich nicht dazu gehöre, kenne ich doch einige für die Grinding wirklich Spass bedeutet.
Guter Freund von mir ist ein Grinder vor dem Herrn, bei dem sogut wie jedes Spiel in Grinding endet.

Beispiele:
Borderlands: Wir haben Coop begonnen, waren einige Tage gleichauf im Level, bis er mal an seinem freien Tag ein wenig alleine gespielt hat, und sämtliche Granaten, Schild und diverse Monsterkills (mach 1000 Kills mit Spike Shield, mach 1000 Kills mit Splittergranaten usw) fertig hatte, sodass er mir im Championsrang binnen einem Tag davongerannt ist.

Elder Scrolls Online: Wie stolz er war, als er mir seine Rattenrunde zeigte, in der er binnen 2 min. soundsoviele Fischköder farmen konnte. Fischen war natürlich eine seiner Lieblingsbescvhäftigungen in TESO (neben dem Zombiespot zum leveln).

Skyrim: Hab ich ihm mal live zugeschaut, wie er (voll Freude) mir gezeigt hat, wie er Schwertkampf levelt indem er immer wieder auf den Eistroll (der sich selbst heilt) schlägt, bis er kurz vorm abkratzen ist, ihn wieder heilt und das ganze von vorne macht. :-)

Tetris am Nintendo 3DS: Da hat er mal nach ca. 1,5h abgebrochen bei ca. 1500 Lines, weil sich der Level eh nicht mehr erhöht, und es ihm tatsächlich zu blöd wurde, nur um dann wieder von vorn zu beginnen. :-)

Minecraft: Wir haben zusammen ein Stadion gebaut. Während ich die Planungen fürs Gebäude machte hatte er Riesenfreude dran, das Gelände einzuebnen :-)

Bei so ziemlich jedem Open World Spiel spielt er die Story grad mal zu 10% nur um paar Tage später 1000000 Kräuter und Edelsteine zu besitzen :-)
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Sebastian Solidwork
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Re: Runde #122: Lineares Clickbait Indie Grinding

Beitrag von Sebastian Solidwork »

Nachtfischer hat geschrieben:
Sebastian S. hat geschrieben:Ich würde vermuten, dass diese Spieler grundlegend eine (mathematische) optimale/effiziente Spielweise einer interessanten bevorzugen.
Es könnte aber auch sein, dass diese Spieler vertrauen in das Design haben und daher erwarten, dass die optimale Spielweise (beziehungsweise das Herausfinden, wie diese genau aussieht) auch die interessanteste ist. So wie Tetris deutlich spannender wird, wenn du versuchst, deine Punkte zu maximieren und auf Tetris-Serien zu spielen, statt bloß zu "überleben".

Nur gilt das für viele Spiele - insbesondere die großen Produktionen - längst nicht mehr.
Kein Widerspruch :) Ich würde das 'aber' streichen.

Dann gibt es wohl Leute, die das Spiel nehmen wie ist. Und Leute, wie Jochen und mich, die sich ihr Spiel im Spiel machen. Die Herausforderung selbst konstruieren, weil sie vom Spiel nicht gut genug vorgegeben ist.
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W8JcyyU
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Re: Runde #122: Lineares Clickbait Indie Grinding

Beitrag von W8JcyyU »

Sebastian S. hat geschrieben: Dann gibt es wohl Leute, die das Spiel nehmen wie ist. Und Leute, wie Jochen und mich, die sich ihr Spiel im Spiel machen. Die Herausforderung selbst konstruieren, weil sie vom Spiel nicht gut genug vorgegeben ist.
Das kann auch jeder privat gerne so halten, wie er mag. Allerdings ist es dann eher die Ecke Sandbox und ich vermute, dass die Mechaniken eines Kerbal Space Programms höheren Ansprüchen genügen als DA:O.

Was mir bei DA:O konkret missfällt (und selber Fehler hat sich in verschiedenen Abstufungen jeweils bei den Releases zu NWN, DA:O und jüngstens Pillars of Eternity wiederholt): dass die Presse Bausteine wie "taktische Kämpfe" oder "ausgefeiltes Charaktersystem" einerseits bereitwillig in Texten einbaut, die genauere Analyse aber schuldig bleibt. Mir geht es bei der Kritik um die Wahl der Referenzspiele und wie diese Wahl die Bewertung beeinflusst.
Jochen

Re: Runde #122: Lineares Clickbait Indie Grinding

Beitrag von Jochen »

W8JcyyU hat geschrieben:Und da es eben kein Witcher ist, kann man mangelhaftes Balancing nicht bloß mit "Ja aber dann Spiel halt anders" abtun.
Mal abgesehen davon, dass ich es nicht besonders einleuchtend finde, dass man bei TW3 ein mangelhaftes Balancing abtun dürfte, weil es ja nie von sich behauptet habe, gut balanciert zu sein - ich habe das bei DA:O an keiner Stelle "abgetan". Ich habe lediglich die Frage gestellt, warum man selbst in Kenntnis dieses Umstandes seine Spielweise nicht so umstellt, dass das schlechte Balancing nicht bzw. weniger ins Gewicht fällt und das Spiel mehr Spaß macht.
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Sebastian Solidwork
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Re: Runde #122: Lineares Clickbait Indie Grinding

Beitrag von Sebastian Solidwork »

W8JcyyU hat geschrieben:
Sebastian S. hat geschrieben: Dann gibt es wohl Leute, die das Spiel nehmen wie ist. Und Leute, wie Jochen und mich, die sich ihr Spiel im Spiel machen. Die Herausforderung selbst konstruieren, weil sie vom Spiel nicht gut genug vorgegeben ist.
Das kann auch jeder privat gerne so halten, wie er mag. Allerdings ist es dann eher die Ecke Sandbox und ich vermute, dass die Mechaniken eines Kerbal Space Programms höheren Ansprüchen genügen als DA:O.
Naja, ist es nicht, wie Nachtfischer auch schrieb, denn dann eine Schwachstelle im Gamedesign? Das die optimale und die interessante Spielweisen zwei unterschiedliche sind anstatt einer einzigen.
Eigentlich sollte es doch interessant sein die optimale Spielweise/Strategie heraus zu "arbeiten" / zu erlernen. Und die optimale nicht die langweiligere sein.

Eigentlich will ich mir nicht eine explizit interessante Spielweise suchen müssen weil die optimale langweilig ist. Die optimale soll die interessante sein.
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echtschlecht165
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Re: Runde #122: Lineares Clickbait Indie Grinding

Beitrag von echtschlecht165 »

nur ist nicht für jeden Gamer die gleiche Spielweise die Interessanteste.
Kerbal Space Program ist da eh ein schönes Beispiel: Welches Szenario ist das interessanteste bzw das optimalste?

1. Die Apollo Mission möglichst akkurat nachzufliegen. (inkl. den An und Abdockmanövern usw.)
2. SSTOs bauen und damit zzum Mond fliegen (also futuristische Raumschiffe die in einer einzigen Stage starten und landen können)
3. Asteroiden einzufangen und zu Rasumstationen ausbauen
4. Versuchen mit Expolosionen beim Start möglichst viel seiner Basis aufeinmal zu zerstören
5. Tankstationen auf Monden zu bauen?
6. Mit Satelliten planeten Scannen?

Für jede dieser Tätigkeiten ist eine andere Spielweise vonnöten, und jede kann für einen interessant oder auch nicht sein.
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Nachtfischer
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Re: Runde #122: Lineares Clickbait Indie Grinding

Beitrag von Nachtfischer »

echtschlecht165 hat geschrieben:Kerbal Space Program ist da eh ein schönes Beispiel
Weil es ein Sandkasten ist, der dir von vornherein sagt: "Probiere Dinge aus und such dir selbst deine Ziele!" Das gehört da zum Konzept. Das ist etwas fundamental anderes als Tetris oder Schach, die sehr wohl sagen: "Wir glauben, das Spiel ist am interessantesten, wenn du versuchst, das Ziel, das wir dir vorgeben, zu erreichen."
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W8JcyyU
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Re: Runde #122: Lineares Clickbait Indie Grinding

Beitrag von W8JcyyU »

Jochen hat geschrieben: Mal abgesehen davon, dass ich es nicht besonders einleuchtend finde, dass man bei TW3 ein mangelhaftes Balancing abtun dürfte, weil es ja nie von sich behauptet habe, gut balanciert zu sein - ich habe das bei DA:O an keiner Stelle "abgetan". Ich habe lediglich die Frage gestellt, warum man selbst in Kenntnis dieses Umstandes seine Spielweise nicht so umstellt, dass das schlechte Balancing nicht bzw. weniger ins Gewicht fällt und das Spiel mehr Spaß macht.
Zu Witcher - ja, im Grunde ist schlechtes Balancing immer kritikwürdig. Das ist daher meine persönliche Ansicht.

Zum Abtun - in dem Fall habe ich Deinen Post überinterpretiert: Bei DA:O geht mir die Kritik in der Regel nicht tief genug. Die Schlampereien beim RPG Kern in DA:O wären bei mir auf der selben Stufe, wie wenn in FIFA die Ballphysik verpfuscht werden würde - dann ist auf fundamentaler Ebene etwas in Schieflage. Natürlich kann man die eigene Spielweise anpassen. Aber die Pressestimmen zum Release zeichnen das Bild eines Über-RPG und zumindest rückblickend muss man da vieles relativieren.
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Sebastian Solidwork
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Re: Runde #122: Lineares Clickbait Indie Grinding

Beitrag von Sebastian Solidwork »

echtschlecht165 hat geschrieben:nur ist nicht für jeden Gamer die gleiche Spielweise die Interessanteste.
Kerbal Space Program ist da eh ein schönes Beispiel: Welches Szenario ist das interessanteste bzw das optimalste?

1. Die Apollo Mission möglichst akkurat nachzufliegen. (inkl. den An und Abdockmanövern usw.)
2. SSTOs bauen und damit zzum Mond fliegen (also futuristische Raumschiffe die in einer einzigen Stage starten und landen können)
3. Asteroiden einzufangen und zu Rasumstationen ausbauen
4. Versuchen mit Expolosionen beim Start möglichst viel seiner Basis aufeinmal zu zerstören
5. Tankstationen auf Monden zu bauen?
6. Mit Satelliten planeten Scannen?

Für jede dieser Tätigkeiten ist eine andere Spielweise vonnöten, und jede kann für einen interessant oder auch nicht sein.
Es ist ja in Ordnung oder gar wünschenswert wenn es, mit Absicht, für unterschiedliche Typen unterschiedliche interessante Spielweisen gibt die gleichberechtigt existieren.

Aber DA:O macht nicht den Eindruck als wäre es hier die Absicht gewesen. Die optimale(n) und leider langweilige(n) Spielweise(n) ist/sind nicht die interessante(n).
Nachtfischer hat geschrieben:
echtschlecht165 hat geschrieben:Kerbal Space Program ist da eh ein schönes Beispiel
Weil es ein Sandkasten ist, der dir von vornherein sagt: "Probiere Dinge aus und such dir selbst deine Ziele!" Das gehört da zum Konzept. Das ist etwas fundamental anderes als Tetris oder Schach, die sehr wohl sagen: "Wir glauben, das Spiel ist am interessantesten, wenn du versuchst, das Ziel, das wir dir vorgeben, zu erreichen."
Das hier.
„Schönheit ist auch immer ethisches Empfinden.“

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Re: Runde #122: Lineares Clickbait Indie Grinding

Beitrag von vicsbier »

Nachtfischer hat geschrieben:Ich definiere Grinding in der Regel als die wiederholte Ausführung weitgehend risikoloser Aktionen zur Erzielung eines spielerischen Vorteils.
Ich empfinde auch Kämpfe ohne Anspruch und Auswirkung als ein Grinding.
Ich muss da zB an DA:O denken, wo ich zwischendurch mehrere Monate Pause gemacht habe, weil es immer nur wieder die gleichen Kämpfe waren und die Auswirkung auf die Story gen 0 tendiert. Was passiert, wenn ich einen Kampf verliere? Ich lade das Spiel neu. Ich muss es tun - sonst ist das Spiel zu Ende. Gewinne ich den Kampf, geht einfach nur die Handlung weiter. Es dient damit nur der Steigerung meiner Fähigkeiten...
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Jon Zen
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Re: Runde #122: Lineares Clickbait Indie Grinding

Beitrag von Jon Zen »

Um hier ein paar postive Beispiele zu nennen, die durch gutes Spieldesign den Grind reduzieren konnten:
XCOM 2 und XCom Long War (Mod dafür) setzen auf wiederkehrende Missionen, die sich nur wenig unterscheiden (besonders Long War, da dort die Kampagne 200-300 Stunden ca. lang ist). Durch den hohen Schwierigkeitsgrad und Skillfaktor sind die Spiele nur wenig grindy. Jede Entscheidung, die man trifft ist wichtig, Unaufmerksamkeit wird gnadenlos bestraft - dadurch fühlen sich aber richtige und kluge Entscheidungen umso besser an.
XCOM: Enemy Unknown hingegen war sehr viel einfacher und, zumindest für mich, dadurch viel mehr grindy.

Auch das (zurecht) sehr gescholtene Mass Effect: Andromeda konnte mittels seinem schweren Schwierigkeitsgrad im Gefecht überzeugen. Die Gefechte spielten sich deutlich spannender und tötlicher, gutes Spielen wurde befriedigend belohnt. Das Spiel war zwar weiterhin scheiße (und das "entdecken" war grindy as fuck), immerhin hat so für mich ein Teil des Spiels Spaß gemacht, nachdem ich mich an den Schwierigkeitsgrad gewöhnt hatte.
Über den Standard-Schwierigkeitsgrad war der Kampf nahezu belanglos und daher schnell grindy.

----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

Ich muss noch meinen meistgehassten Grind posten, der so dumm ist, dass ich mich frage, wer das bei EA zugelassen hat:

In Fifa 16 und 17 gibt es im Managermodus die Möglichkeit seine Spieler "zu trainieren". Man kann bis zu 5 Trainingsübungen abhalten, bei der je ein Spieler verbessert wird (man kann 5 verschiedene oder auch nur einen Spieler alle 5 Übungen machen lassen). Das Training wird bewertet im Notensystem A,B,C,D,F und je besser die Note, desto besser der Fähigkeitszuwachs des Spielers.
Man kann das Training simulieren (zufällige Note) oder selbst spielen. Die Übungen trainieren 2-4 verschiedene Fähigkeiten und sind verschieden schwer, je schwieriger, desto mehr wird die Fähigkeit trainiert (beim Simulieren daher immer schwere Übungen nehmen!). Junge talentierte Spieler bekommen einen größeren Trainingszuwachs als Ältere, bei denen das Training kaum Sinn macht.

Eine Übung dauer etwa 1-3 Minuten, man kann jede bis zu 3 Mal wiederholen, also 4 Mal absolvieren, wenn man unzufrieden mit der Note ist. Am Anfang sind die meisten Übungen noch ziemlich schwer, später kennt man sie auswendig und bekommt garantiert immer ein "A".
Damit ein Spieler aber nur einen Punkt mehr bekommt (z.B. Schusskraft von 76 auf 77) muss man etwa 3-4 Mal diese Übung machen. Bei den 2-4 Fähigkeiten, die gleichzeitig trainiert werden, bekommt man pro 3 Minuten etwa einen Fähigkeitspunkt für den Spieler. Um einen Gesamtpunkt aufzusteigen (z.B. von 78 auf 79) muss man aber vielleicht 10 Mal trainieren, je besser der Spieler wird, desto mehr.

Das heißt, wer den Trainingsmodus richtig nutzen will ist pro Woche etwa 10-15 Minuten am Trainieren, während er 12 Minuten spielt (ein Spiel, 2x 6 Minuten). Das heißt, wer immer nur den Trainingsmodus simulieren lässt, wird fast doppelt so schnell mit der ganzen Saison fertig, als jemand der alles selbst trainiert. Und der, der die Saison schneller fertig spielt, hat auch die besseren Spieler, da diese sich (in Spielzeit gemessen) schneller entwickeln, wenn einfach nur Wochen vergehen.
Grind ad absurdum geführt.
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Terranigma
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Re: Runde #122: Lineares Clickbait Indie Grinding

Beitrag von Terranigma »

Ich möchte an dieser Stelle lediglich das Angebot von @Jochen wahrnehmen und darauf hinweisen, dass Erklärungslinie anhand von intrinsischer und extrinsischer Motivation von @Nachtfischer und mir vor einigen Wochen im Thread zum Thema Lootboxen durchgekaut wurde. Streitpunkt war die Frage, inwiefern extrinsische Motivation zu Titeln wie u.a. Diablo nicht elementar zum Spielprinzip gehört oder nicht. Ich würde aus Schutz des geistigen Eigentums daher bitten zukünftig darauf zu verzichten, diesen Gedankengang als Andre-Jochen-Axiom zu bezeichnen! :snooty:


Ernsthaft: Ich finde die Erklärung anhand der Motivation sehr schlüssig. Wo ich direkt zu Anfang des Podcasts widersprechen würde wäre die geäußerte Idee, dass Grinding in Spielen enthalten ist, da hiermit suggeriert wird, dass es Grinding als eine Art eigene Entität gäbe. Wenn wir allerdings von Grinding sprechen, beschreiben wir damit ja nicht unbedingt eine Sache, sondern unser Empfinden der Sache. Die Wiederholung einer immergleichen Tätigkeit ist daher a priori weder Grinding noch kein Grinding. Ob etwas Grinding ist, entscheidet sich nicht im Spiel, sondern in der Wahrnehmung des Spiels, d.h. Grinding entsteht als Gefühl im Spieler, nicht als Objekt im Spiel - auch wenn das Design eines Spiels natürlich dieses Empfinden bestärken kann. Analog gesehen würde wohl auch niemand sagen, dass ein Roman Langeweile oder Spannung enthält, sondern dies sind Empfindungen, die ein Roman im Leser auslösen kann.
Nachtfischer hat geschrieben:Ich definiere Grinding in der Regel als die wiederholte Ausführung weitgehend risikoloser Aktionen zur Erzielung eines spielerischen Vorteils.
Würde ich widersprechen, insb. im Hinblick auf Ranking- und Achievement-Systeme in aktuellen Multiplayer-Titeln.

Als ich um 2000 herum CounterStrike spielte, besaß das Spiel kein Matchmakingsystem, kein Rankingsystem, keine Achievements, keine Unlocks, kein Levelsystem und keinerlei Form von Progression. Eine Partie CounterStrike diente - sofern man nicht gezielt als ProGamer trainierte - keinem übergeordneten Ziel. Sobald eine Partie vorbei ab, lud der Server die nächste Map und alle Kills, Punkte, usw. waren wieder auf null gesetzt. Selbiges auch bei UnrealTournament. Keiner der damaligen Multiplayer-Titel bot überhaupt die Möglichkeit ein externes Ziel zu verfolgen, weil es keinerlei externen Ziele gab.

Heutige Multiplayer-Titel sind allerdings überladen mit extrinsischen Motivatoren - Tabellen, Achievements, Skins, Unlocks, Accountlevel, usw. Und das wirkt sich spürbar (negativ) auf die Spiele aus. Eine Form ist das "Grinden" von Sessions um in der Ladder aufzusteigen. Schaue ich mich in Foren um, so gibt es z.B. im Moba-Bereich einige Spieler, die eine Partie mit dem Ziel starten in der Tabelle aufzusteigen. Gespielt wird nicht, weil man das Spiel spielen will, sondern weil man während der Saison nach oben will. Diese Tätigkeit ist allerdings nicht risikolos, gewährt aber keinen spielerischen Vorteil. Multiplayer-Titel arbeiten mittlerweile ja sehr stark mit solchen "Meta-Spielen" und auch da findet sehr viel Grinding statt. Grinding würde ich daher nicht nur auf das eigentliche Spiel begrenzen. Das Spielen des Spiels kann im Kontext heutiger Meta-Games selbst zum Grind werden, z.B. wenn man für Skins und F2P-Titeln grindet.
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Jon Zen
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Re: Runde #122: Lineares Clickbait Indie Grinding

Beitrag von Jon Zen »

goschi hat geschrieben: Ich verstehe jetzt noch nicht, inwiefern ewig in die Länge ziehen das Gegenstück von "grinden" sein soll. :think:
Das Gegenstück ist es nicht. Ich wollte damit ausdrücken, dass es nur ein schmaler Grad sein kann zwischen "Darum spiele ich das Spiel" und "Grind". Wenn die Hauptspielmechanik so viel Spaß macht, dass ich sie praktisch ewig weiterspielen kann, wird sie nie zum Grind.
Das genannte Dragon Age Origins macht das wohl nicht besonders gut (habe selbst damals nach ca. 40 Stunden abgebrochen).
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Sebastian Solidwork
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Re: Runde #122: Lineares Clickbait Indie Grinding

Beitrag von Sebastian Solidwork »

goschi hat geschrieben:Der Thread zeigt sehr gut, dass es kaum eine universelle Definition von Grind gibt, jedenfalls hat noch niemand hier eine genannt.
Ich will nicht abstreiten, dass es das nicht gibt was hier so alles aufgeführt wurde. Aber muss alles auf Zwang in dieses eine Wort gepresst werden?
Könnten wir nicht eine Definition für das Wort nehmen und den Rest anders benennen?

Wenn das alles Grind ist, müsste ja erstmal jede Unterhalten in der das Wort fällt damit anfangen zu erklären was derjenige unter Grind versteht.
Für mich macht es keinen Sinn ein mehrdeutiges Wort zu haben bei dem wir im Zweifel aneinander vorbei reden. "Mein Grind" "Dein Grind".
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