Die Gamescom-Awards: Zwischen Selbstbeweihräucherung und Irrelevanz

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Phazonis
Beiträge: 490
Registriert: 29. Jul 2017, 21:37

Die Gamescom-Awards: Zwischen Selbstbeweihräucherung und Irrelevanz

Beitrag von Phazonis »

Nachdem ich als Besucher der Gamescom die offizielle Überreichung der Preise gesehen habe brannte mir so Vieles auf der Seele, was ich mir hier nun von der Seele schreiben will, denn ich sah leider sehr viel Trauriges und nur wenige Lichtmomente in dieser Award-Show und ich hatte ein sehr verblüffendes Déjà-Vu.

Am Anfang erstmal die Frage: Warum sollte man über die Gamescom-awards reden? Ein ähnliches Thema wurde ja schon von Andre, Jochen und Co. behandelt, da aber mit Fokus auf den Deutschen Computerspielpreis. Was macht also die Gamescom-Awards Besprechens wert? Nun es der Preis aus Deutschland ist, der mit Abstand die größte Strahlkraft hat. Wann auch immer man in Spieletrailern eine Auflistung von gewonnenen Awards sieht, dann ist, wenn ein deutscher dabei ist, meist der Gamescom-award dabei und deshalb sollte man mal über die Probleme beim Preis reden.

Nun zu meinem Déjà-Vu: Der Preis wurde von David Hain moderiert und er war auch Teil der Jury und ich erinnerte mich plötzlich an sein Video zum Webvideopreis, in dem er den Preis kritisierte. Während ich mich an die Kritik erinnerte wurde mir dann klar, dass diese sich so ziemlich 1:1 auch auf diesen Preis anwenden ließen.
Aber der Reihe nach: Die Kritik bestand damals ausfolgenden Dingen: (Quelle: https://www.youtube.com/watch?v=LqRuTM4aozk&spfreload=5 )
1. Die Kategorien wurden nur mit Teilnehmern befüllt, die eben große Reichweite haben und nicht mit Leuten die es vielleicht verdient hätten
2. Es gab Kategorien, die nicht klar definiert sind und somit für Verwirrung sorgten
3. Dadurch wird ein schlechtes Image nach außen getragen
4. Es scheint als gehe es dem Preis nur darum seine Reichweite zu vergrößern

All diese Kritikpunkte treffen, wenn auch in leicht abgewandelter Form, auf die Gamescom-Awards zu, aber lasst uns mal in die Details einsteigen (Eine Liste zu allen Preisen und Nominierten: http://www.pcgames.de/gamescom-Event-23 ... g-1236452/" onclick="window.open(this.href);return false; und zu den Gewinnern: http://www.pcgames.de/gamescom-Event-23 ... e-1236935/" onclick="window.open(this.href);return false; ):
In vielen/ wenn nicht allen Kategorien fehlt leider meist eine vernünftige Begründung. Am Schlimmsten wird es aber bei Best of Gamescom, wo aus allen Spielen die Jury nochmal den Besten raussucht. Gerade da sollte man eben bei der Verleihung die Begründung mitliefern, warum es nun der geworden ist. Ohne irgendeine Begründung ist dieser Preis nicht nachvollziehbar und wertlos, was eben auch ein allgemeines Problem der Awards darstellt und ich es nun voranstelle, damit ich nicht in jedem weiteren Beispiel darauf nochmal eingehen muss.

Best Booth:
Dies ist ein Paradebeispiel für eine Kategorie, wo man nicht weiß wie bzw. nach welchen Punkten entschieden wird. Mir fallen theoretisch mehrere Gesichtspunkte ein, nach denen man diese Auszeichnung vergeben könnte.

Der eine wäre Organisation. Viele Aussteller setzen in den letzten Jahren viel Arbeit daran genügend Anspielstationen zur Verfügung zu stellen, damit die Wartezeiten im Rahmen bleiben. Das an sich sollte man durchaus honorieren, da ich gerade in diesem Jahr persönlich erfahren durfte, wie es nämlich aussieht wenn die Organisation für den Arsch ist. Gemeint war damit Monster Hunter wo ich an allen Tagen direkt, als ich meist ca.30 Minuten nach Eröffnung der Messe dort war, darauf hingewiesen wurde, dass die Schlange entweder geschlossen war oder dass man mit 8h Wartezeit rechnen muss. Allerdings muss ich wohl eingestehen, dass ein solcher Preis wahrscheinlich ein negativer Preis sein müsste, da es eben die meisten es eben schon gut machen, aber hey warum eigentlich nicht? Man zeichnet solche Stände einfach mit dem Worst Booth aus, damit man ein klares Signal gegen Knauserigkeit der Publisher setzt und dadurch dafür sorgt, dass die Gamescom für die Besucher ein schöner Tag ist und man eben nicht ewig in Schlangen sitzen muss.

Die andere Art wäre eben Kreativität im Booth-Design und hier wurde zumindest in der Moderation der Anschein gegeben, dass danach entschieden wird. Aber dann kann ich nicht verstehen, warum EA da gewinnen kann, wenn es auf der Messe Spiele wie God’s Trigger gibt, wo der ganze Stand als Bar designt wurde in dem man dann auch Bier trinken kann während man spielt, was ja kein Problem ist dank USK-Freigabe ab 16. Das einzig kreative am Standdesign bei EA waren die großen Tie-Fighter oder X-Wings die rumhängen, aber da gab es weit Kreativeres auf der Messe, als dass sowas ausreichen darf für diesen Preis.

Best Console-/ PC-Game:
Auch wenn ich eher kein Freund von exklusiven Spiele-Titeln bin, finde ich aber, dass man gerade mit diesen Preisen eben zeigen kann, was die jeweilige Plattform so besonders macht und damit wird der Preis auch interessant, weil ich dann, wenn ich eine der Plattformen besitze weiß worauf ich mich freuen kann. Also schmeißt Multiplattform-Releases wie Assassin‘s Creed raus und befüllt stattdessen die Liste mit Spielen wie: bei Playstation Detroid Become Human, bei Microsoft Cuphead und beim PC Spellforce 3 oder Gilde 3,… Einzige Ausnahme kann da die Switch sein, denn ein Fifa auf einer portablen Konsole kann allein schon ein USP (Unique Selling Point) sein.

Best Mobile Game:
In dieser Kategorie werden Handyspiele und Handheld-spiele zusammengefasst. Das dies nicht wirklich fair ist muss ich denke ich nicht erklären ein Spiel auf dem 3DS wird immer dem Handy-Spiel weit voraus sein, also sollte man diese trennen, da gerade der Mobilemarkt sehr davon profitieren kann, wenn man Qualität auszeichnet. Ansonsten sollte man sich auch trauen den Rotstift anzusetzen. Ich habe zwar nichts dagegen Kategorien mit nur einen Teilnehmer zu haben, wenn es eben keine weiteren Spiele gab und das eine Spiel wirklich so gut ist, dass man es auszeichnen möchte. Dennoch sollte man eben wenn es gar kein spiel auf Der Gamscom für eine Kategorie gab sich auch nicht zu schade sein sie zu streichen. Außerdem stellt sich auch die Frage nach der Switch bzw. ob man diese zu den Handheld-Konsolen zählen kann.

Ansonsten ist das Problem bei den restlichen Kategorien die fehlende Begründung/ Definition der Kategorie. So war ich eben auch sehr stutzig, als Mario: Odyssey plötzlich unter Action auftauchte, einer Kategorie wo es meiner Meinung nach nichts zu suchen hat. Aber ohne irgendeine Erklärung kann man eben schwer darüber diskutieren, denn vielleicht versteht die Jury unter Action etwas anderes…

Und so kommen wir zum Ende und den Folgen des Ganzen: der Preis wirkt leider wie ein Preis von der Industrie für die Industrie, mit dem einzigen Existenzgrund sich selbst mal zu feiern. Das hat keinen Wert für den Konsumenten oder die Industrie und ist abgesehen davon einfach nur peinlich, denn man sollte Selbstbeweihräucherung nicht nötig haben. Aber auch wenn ich hier David als Aufhänge punkt genommen habe soll das ihn nicht persönlich angreifen. Ich würde mir einfach nur einen besseren Preis wünschen und zwar einen der den Geist der Gamescom wirklich trägt, nämlich neue und tolle Spiele auszuzeichnen, die das Medium so toll und facettenreich machen.

Gerade der Award für die Indie Spiele zeigt so, wie der Preis sein könnte. Dort wo wirklich viele gute und neue Spiele gezeigt wurden und die Entwickler noch wirklich froh über den Preis waren und nicht irgendein PR-Manager seine Floskeln runterrattert.
meisterlampe1989

Re: Die Gamescom-Awards: Zwischen Selbstbeweihräucherung und Irrelevanz

Beitrag von meisterlampe1989 »

Das beste Strategie-Spiel wurde übrigens Mario+Rabids... Letztes Jahr hat man gegen seine eigenen Regeln verstoßen, um Zelda einen Preis zu geben. Man pempert doch ganz offensichtlich Nintendo.
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Andre Peschke
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Re: Die Gamescom-Awards: Zwischen Selbstbeweihräucherung und Irrelevanz

Beitrag von Andre Peschke »

Ich hatte das schonmal im Podcast erwähnt: Auf der Games Convention wurde bei der Award-Vergabe ernsthaft diskutiert, ob ein großer Hersteller (damals Sony) leer ausgehen dürfte. Die Jury hat danach nicht entschieden, aber der Eindruck, dass es hier darum gehen soll, dass möglichst jeder wichtige Kunde am Ende sein Bapperl an den Stand heften kann, war damit natürlich entstanden. Die Vielzahl der Kategorien beim Gamescom-Award weckt bei mir auch wieder ein bisschen die Befürchtung, dass hier jedes Kind eine Trophäe kriegen soll.

Aber das sind wie nur Spekulationen. Man müsste sich das mal genauer anschauen: Wie oft gewinnen bei diesem Award Indie-Titel? Wie viele werden nominiert? Wie erfolgt die Jury-Entscheidung?

Jochen hatte hierzu ja mal angefangen zu recherchieren und ist IIRC schnell darauf gestoßen, dass die Entscheidung der Jury so früh fallen muss und auf einem wenig erhellenden Modus basiert, dass zweifelhaft ist, dass hier eine wirklich fundierte Urteilsfindung überhaupt möglich ist.

Andre
Jochen

Re: Die Gamescom-Awards: Zwischen Selbstbeweihräucherung und Irrelevanz

Beitrag von Jochen »

Um bei den Gamescom-Awards überhaupt teilzunehmen, muss man sein Spiel einreichen. Aus diesen Einreichungen (laut Pressemeldung in diesem Jahr "über 100") wählt dann die Jury die Nominierten (laut Pressemeldung in diesem Jahr "über 50").

Sprich: Wenn ein Indie-Hersteller bzw. ein Publisher ein Spiel nicht einreicht, dann kann es auch nicht nominiert werden oder gewinnen.

Man müsste also a) herausfinden, was überhaupt im Laufe der Jahre eingereicht wurde (das wird "seltsamerweise" nicht öffentlich gemacht), b) wie die Jury die Nominierten auswählt (es steht zu vermuten, dass die wahrscheinlich keine spielbare Version erhalten) und wie c) die Gewinner.

Und am Ende wird man vermutlich zu dem Schluss gelangen, dass das eine reine Werbeveranstaltung ist und je weniger man darüber spricht, desto besser ;)
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Steph
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Registriert: 26. Aug 2016, 14:05

Re: Die Gamescom-Awards: Zwischen Selbstbeweihräucherung und Irrelevanz

Beitrag von Steph »

Jochen hat geschrieben:Und am Ende wird man vermutlich zu dem Schluss gelangen, dass das eine reine Werbeveranstaltung ist und je weniger man darüber spricht, desto besser ;)
Genauso habe ich das wahrgenommen, als ich selbst vor der Verleihung stand und dem Treiben zugeschaut habe. Am Ende hat mich das Ganze auf ein Indie-Spiel aufmerksam gemacht, was mir wahrscheinlich an dem Tag entgangen wäre - Werbezweck erfüllt. Sicherlich kann man das alles hinterfragen, aber für mich persönlich könnte der Preis nicht unwichtiger sein, als er in der Realität wahrscheinlich sowieso schon ist :mrgreen:

Fazit: Für mich also reine "Unterhaltung", welche ich absolut nicht als ernsthafte Preisvergabe angesehen habe.
Marius
Beiträge: 283
Registriert: 12. Feb 2016, 22:10

Re: Die Gamescom-Awards: Zwischen Selbstbeweihräucherung und Irrelevanz

Beitrag von Marius »

Ach, ich finde bei Büchern und Filmen gibt es schon ernstzunehmende Preisauszeichnungen. Bei Spielen: nicht wirklich. Braucht man auch nicht, es gibt ja Jahresbestenlisten!!! (Wird Zeit für die Gamespodcast-Preise.)
meisterlampe1989

Re: Die Gamescom-Awards: Zwischen Selbstbeweihräucherung und Irrelevanz

Beitrag von meisterlampe1989 »

goschi hat geschrieben:Mario&Rabbids ist aber Ubisoft ;)
Aber eine Kooperation mit Nintendo.
Phazonis
Beiträge: 490
Registriert: 29. Jul 2017, 21:37

Re: Die Gamescom-Awards: Zwischen Selbstbeweihräucherung und Irrelevanz

Beitrag von Phazonis »

meisterlampe1989 hat geschrieben:Das beste Strategie-Spiel wurde übrigens Mario+Rabids... Letztes Jahr hat man gegen seine eigenen Regeln verstoßen, um Zelda einen Preis zu geben. Man pempert doch ganz offensichtlich Nintendo.
Ja ein weiterer typischer Fall von Erklärung fehlt. Ich könnte mir schon Gründe ausmalen, warum das an Mario+Rabbids gehen kann, aber es ist nicht die Aufgabe des Zuschauers den Sinn hinter den Auszeichnungen zu suchen. Und wenn man sich noch nicht mal an seine eigenen sehr laschen Regeln halten kann, dann wirft das auch kein sehr gutes Bild.
Jochen hat geschrieben:Um bei den Gamescom-Awards überhaupt teilzunehmen, muss man sein Spiel einreichen. Aus diesen Einreichungen (laut Pressemeldung in diesem Jahr "über 100") wählt dann die Jury die Nominierten (laut Pressemeldung in diesem Jahr "über 50").

Sprich: Wenn ein Indie-Hersteller bzw. ein Publisher ein Spiel nicht einreicht, dann kann es auch nicht nominiert werden oder gewinnen.

Man müsste also a) herausfinden, was überhaupt im Laufe der Jahre eingereicht wurde (das wird "seltsamerweise" nicht öffentlich gemacht), b) wie die Jury die Nominierten auswählt (es steht zu vermuten, dass die wahrscheinlich keine spielbare Version erhalten) und wie c) die Gewinner.

Und am Ende wird man vermutlich zu dem Schluss gelangen, dass das eine reine Werbeveranstaltung ist und je weniger man darüber spricht, desto besser ;)
Ja vermutlich wäre es am einfachsten das Ganze als Werbeveranstaltung abzuschreiben. Nur muss man auch sagen ist dies der Preis der hauptsächlich vom Game und vom BIU getragen wird. Den Leuten in die man die Rettung der deutschen Videospielindustrie steckt und wenn die es noch nicht mal schaffen einen Preis auf die Beine zu stellen, der halbwegs was taugt, warum sollte ich dann glauben, dass sie überhaupt in der Lage wären etwas nachhaltiges für deutsche Videospielindustrie zu schaffen? Ich sag es mal ganz zynisch so: Wenn ihre Förderung so aussieht wie der Preis, dann wird in Deutschland keine eigene, neue Spieleindustrie entstehen, sondern man wird es den Großen so angenehm machen, das sie sich hier ansiedeln und das wars. Dann kann sich Deutschland dafür rühmen eines von 15 Zulieferstudios für Assassins Creed zu besitzen.
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