Feedback zum Panel: Deutungshoheit über Computerspiele

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Peninsula
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Re: Feedback zum Panel: Deutungshoheit über Computerspiele

Beitrag von Peninsula »

Axel hat geschrieben:Doofes Beispiel.
Mein Beispiel bezog sich auf folgenden Argumentationsstrang:
Andre Peschke hat geschrieben: Viel interessanter finde ich daher die Diskussion, inwieweit das bloße Vorhandensein der Möglichkeit eine Herausforderung abzuschalten das Spiel in sich transformiert und ob diese Veränderung ein greifbarer Verlust wäre.
Nachtfischer hat geschrieben: Aber ich war der Ansicht, es gehe um die Frage, ob es irgendwem schaden würde, wenn bei Spielen jegliche Herausforderung übersprungen oder abgeschaltet wird.
Und in diesem Zusammenhang sind Cheats ein relevantes Beispiel, kein "doofes". Ob ein Metagame, das man sich möglicherweise mit Hilfe von Cheatcodes selbst zusammenspinnt, einer imo viel zu engen Spieldefinition gerecht wird, ist hingegen aus meiner Sicht keine relevante Frage.
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Terranigma
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Re: Feedback zum Panel: Deutungshoheit über Computerspiele

Beitrag von Terranigma »

Peninsula hat geschrieben:Und in diesem Zusammenhang sind Cheats ein relevantes Beispiel, kein "doofes".
Vom Gefühl würde ich allerdings unterscheiden, ob ich ein Feature via Cheatcode skippe oder ob es einen Skip-Button gibt. Im Resultat kann man sicherlich sagen, das es dasselbe ist. Auf meine Rezeption und Wahrnehmung eines Spiels macht es aber einen großen Unterschied, ob ich den Godmode erst via Konsole manuell und umständlich eingeben muss, oder ob der Entwickler mir dafür einen extra Button spendiert und signalisiert, dass es ihm egal ist, ob man das eigentliche Gameplay aushebelt. Das würde für mich das Gameplay gefühlt entwerten, weil das Spiel dadurch so ... beliebig würde.
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Peninsula
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Re: Feedback zum Panel: Deutungshoheit über Computerspiele

Beitrag von Peninsula »

Terranigma hat geschrieben:Vom Gefühl würde ich allerdings unterscheiden, ob ich ein Feature via Cheatcode skippe oder ob es einen Skip-Button gibt. Im Resultat kann man sicherlich sagen, das es dasselbe ist. Auf meine Rezeption und Wahrnehmung eines Spiels macht es aber einen großen Unterschied, ob ich den Godmode erst via Konsole manuell und umständlich eingeben muss, oder ob der Entwickler mir dafür einen extra Button spendiert und signalisiert, dass es ihm egal ist, ob man das eigentliche Gameplay aushebelt. Das würde für mich das Gameplay gefühlt entwerten, weil das Spiel dadurch so ... beliebig würde.
Ich rede tatsächlich von offen zugänglichen Cheats - also über Menüs, extra Buttons o.ä. - es geht ja schließlich darum, die Zugänglichkeit des Spiels zu erhöhen, da wären komplett versteckte Cheats wenig zielführend.
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Nachtfischer
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Re: Feedback zum Panel: Deutungshoheit über Computerspiele

Beitrag von Nachtfischer »

Peninsula hat geschrieben:Ich gehe davon aus, dass sowas wie Civilization auch deiner Vorstellung von einem Spiel entspricht.
Wenn du es so spielst, wie es offenbar gespielt werden will, ja.
Inwiefern schaden optional zuschaltbare Cheats dem Rezipienten, oder gefährden gar das ganze Medium?
Kommt jetzt natürlich sehr auf die "Cheats" an. Wovon ich sprach war erstmal ein völliges Abschalten der Herausforderung.

Das heißt entweder schaffst du die Interaktion ab und wirst einfach permanent mit Victory-Screens und Feuerwerk konfrontiert, was einigen Leuten bestimmt gefällt, meines Erachtens aber auf Dauer keine sonderlich bereichernde Erfahrung ist. Es brächte den meisten Menschen in meinen Augen mehr, sich mit Civ als Spiel auseinanderzusetzen, als sich monatelang mit bedeutungsloser Lobpreisung berieseln zu lassen. Außerdem existiert das Medium Spiel dann in Civ eben nicht mehr.

Oder du gehst eben den von dir beschriebenen Schritt zum virtuellen Spielzeug:
Es würde mich nicht wundern, wenn es viele Leute gibt, die sich gerade für Aspekte des Regelsystems, die dir offenbar sehr am Herzen liegen, begeistern können, wenn sie sich nicht ums "Gewinnen" des Spiels zu scheren brauchen."Hmm... mal gucken, wie reagiert dieses System darauf, wenn ich völlig overpowert bin? Wie geht es damit um, wenn ich eine mittelalterliche Stadt mit Panzern angreife" usw.
Genau das. Das ist dann eben ein Experimentierkasten, eine große Legokiste mit allerlei Kram drin, mit dem ich herumspielen kann, Dinge ausprobieren kann und so weiter. Das ist ein fundamental anderes (viel mehr auf freie Exploration als auf zielgerichtetes Lernen fokussiertes) "Spielen" als bei Schach, XCOM oder Quake. "Toy" statt "Game". Und das geht damit von dem weg, was für mich das Medium auszeichnet.
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Re: Feedback zum Panel: Deutungshoheit über Computerspiele

Beitrag von Miilan »

Barrierefreiheit!

Mein Schwager ist geistig behindert und spielt für sein Leben gerne Videospiele. Leider kann er sehr sehr viele Spiele nicht beenden und ich muss dann helfen. Er spielt immer auf dem leichtesten Schwierigkeitsgrad. Ein Knopf, der bedeutet, dass kurzzeitig das Spiel für ihn von alleine spielt, wäre super, oder eben extrem leicht macht. (Er geht z.B. in Deckung indem er sein Blickfeld gegen eine Wand richtet, wie ein Kind, das Verstecken spielt. Oft recht das, oft auch nicht. (Er ist quasi sehr dumm, vereinfacht ausgedrückt.)
Eines seiner absoluten Lieblingsspiele ist Doom mit dem Unbesiegbarkeits-Cheat.

Der Aspekt der Barrierefreiheit hat mir gefehlt und mich wundert es, dass das nicht diskutiert wurde.
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Terranigma
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Re: Feedback zum Panel: Deutungshoheit über Computerspiele

Beitrag von Terranigma »

Peninsula hat geschrieben:Ich rede tatsächlich von offen zugänglichen Cheats - also über Menüs, extra Buttons o.ä. - es geht ja schließlich darum, die Zugänglichkeit des Spiels zu erhöhen, da wären komplett versteckte Cheats wenig zielführend.
Genau das war mein Punkt. In der klassischen Variante gab es in Spielen zwar Cheats, diese waren allerdings versteckt, d.h. die Entwickler besaßen nicht die Absicht, das Cheaten sozusagen zum Teil der Spielerfahrung zu machen, indem sie es direkt ins Hauptmenü einbetten. Das ist natürlich okay. Wenn Entwickler dies allerdings über extra Buttons, o.Ä. ins Spiel verbauen, geht für mich da die Integrität des Werkes kaputt, weil der Entwickler ja selbst auf gewisse Art damit die Geringschätzung seinem Werk gegenüber zum Ausdruck bringt: "Ach, wenn dir Kernspielmechanik X nicht gefällt, schalte sie halt ab. Wenn du den Bosskampf nicht spielen willst interessiert mich das auch nicht." Für mich beschädigt dies das Erleben des Spiels.

Um bei der alten Analogie zu bleiben: Das ist, als hätten Metallica 10 Varianten von Enter Sandman geschrieben, um möglichst alle Kundenvorlieben abzudecken, anstatt genau die eine Version zu schreiben, die Metallica eben schreiben wollte. Oder als würden Metallica bei einem Konzert nicht die Playlist bestimmen, sondern vorher eine Umfrage im Publikum machen, welche Lieder in welcher Version mit welchen Instrumenten sie denn spielen sollen. Das würde mir das Erfahren des Werkes kaputt machen.
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Peninsula
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Re: Feedback zum Panel: Deutungshoheit über Computerspiele

Beitrag von Peninsula »

Miilan hat geschrieben:Der Aspekt der Barrierefreiheit hat mir gefehlt und mich wundert es, dass das nicht diskutiert wurde.
Hab ich doch gesagt! (ist aber ein paar Seiten her) :mrgreen:
Vielen Dank für deinen anschaulichen Beitrag "aus dem Leben" - Ich denke auch, dass das ein wichtiger Aspekt ist, hätte da aber mangels Erfahrungen im eigenen Umfeld nur spekulieren können.
Nachtfischer hat geschrieben:Oder du gehst eben den von dir beschriebenen Schritt zum virtuellen Spielzeug:
Es würde mich nicht wundern, wenn es viele Leute gibt, die sich gerade für Aspekte des Regelsystems, die dir offenbar sehr am Herzen liegen, begeistern können, wenn sie sich nicht ums "Gewinnen" des Spiels zu scheren brauchen."Hmm... mal gucken, wie reagiert dieses System darauf, wenn ich völlig overpowert bin? Wie geht es damit um, wenn ich eine mittelalterliche Stadt mit Panzern angreife" usw.
Genau das. Das ist dann eben ein Experimentierkasten, eine große Legokiste mit allerlei Kram drin, mit dem ich herumspielen kann, Dinge ausprobieren kann und so weiter. Das ist ein fundamental anderes (viel mehr auf freie Exploration als auf zielgerichtetes Lernen fokussiertes) "Spielen" als bei Schach, XCOM oder Quake. "Toy" statt "Game". Und das geht damit von dem weg, was für mich das Medium auszeichnet.
Aber würde dieser optional verfügbare Schritt dein Spielerlebnis beeinträchtigen? Und dann auch noch so sehr, dass es die Exklusion von Menschen, die - aus welchen Gründen auch immer, siehe z.B. Miilans Beitrag - nicht dasselbe Erlebnis suchen, rechtfertigen würde? Was ist die Gefahr für das Medium als solches? Dass nicht alle dasselbe aus einem Spiel herausholen?

IMO wäre es sogar denkbar, dass letztlich mehr Menschen, die zunächst frei herumexperimentieren, dann auch irgendwann die vom Entwickler intendierte Spielerfahrung ausprobieren - aber dieser letzte Punkt ist bloß eine Vermutung und führt vielleicht auch wieder von der zentralen Frage weg.
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Maulwuerfel
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Re: Feedback zum Panel: Deutungshoheit über Computerspiele

Beitrag von Maulwuerfel »

Mal eine grundsätzliche Frage zu dem Thema: Warum muss Spielen denn stetige Progression bedeuten? Als 8 jähriger habe ich mir damals auch an Super Mario World die Zähne ausgebissen... Hat mich das davon abgehalten es immer und immer wieder zu spielen? Nein. Das Spielen an sich hat mir Spaß gemacht. Und mit der Zeit wurde ich dann auch besser und bin wieder ein Stück weiter gekommen. Scheitern gehört doch zum Spielen auch dazu. Die Möglichkeit zu scheitern macht es doch erst spannend und ohne diese Möglichkeit ist ein Sieg doch vollkommen wertlos.
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STSdigger
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Re: Feedback zum Panel: Deutungshoheit über Computerspiele

Beitrag von STSdigger »

Miilan hat geschrieben:
Der Aspekt der Barrierefreiheit hat mir gefehlt und mich wundert es, dass das nicht diskutiert wurde.
Das ist ein legitimer Punkt. Ich würde allerdings auch in diesem „Anwendungsfall“ in Frage stellen, ob jedes Spiel dementsprechend ausgestattet sein muss. Das war ja nun grade eine Kernthese des RPS Artikels von John Walker: Jedes Spiel, das eine an die Fähigkeit der spielenden Person gekoppelte mögliche Barriere enthält, sollte die Möglichkeit haben, sie zu überspringen.
Während ein vernünftig designtes Spiel mir auf dem Weg zum Bossfight die für den Erfolg notwendigen spielerischen Mittel beibringt (oder mir zumindest noch vor dem Start sagen sollte „Das kommt auf dich zu, das musst du können, um zu bestehen“), gibt es sicher Menschen, die das durch körperliche oder geistige Beeinträchtigungen nie schaffen werden, so sehr sie und das Spiel sich auch bemühen. Weil nicht das Spiel die Barriere schafft, sondern weil der Spieler die Barriere aus seinem Alltag mit in das Spiel hineinträgt. Aber auch hier würde ich sagen: Ja, bei einigen Spielen kann man das machen, bei anderen ergibt es wahrscheinlich keinen Sinn. Es funktioniert dann, wenn ich dem Spiel die eigentliche Spielmechanik nehmen und trotzdem für mich noch eine eigene, andere (er)finden kann. Also beim Beispiel Doom zu sagen: Ich möchte vom Levelanfang zum Levelende gelangen, an den Gegnern vorbeirennen oder draufhalten, ohne selbst je in Gefahr geraten, ohne genau zielen zu müssen, ohne die entsprechende Hand/Auge Koordination zu haben. Es gibt Spiele, die solche Freiheiten mitbringen. Es gibt Spiele, bei denen man etwas ein- oder ausschalten müsste, um sie wie gewünscht nutzen zu können. Aber es wird meiner Überzeugung nach auch immer Spiele geben, bei denen das nicht funktionieren kann. Und das wird immer dann der Fall sein, wenn das Spiel im Kern keine Umgebung ist, in der eine Spielmechanik abläuft, sondern die Spielmechanik selber das Spiel bildet. Ein Textadventure wird für Menschen mit Leseschwäche immer unzugänglich bleiben, wenn sie nicht Unterstützung von anderen Personen erhalten (wie Miilan es ja auch beschrieben hatte). Daher mein Fazit zu Walker: nicht jedes Spiel sollte, einige könnten, andere nicht.
Einen gangbaren Weg hat er im Ursprungsartikel ja beschrieben: Ich muss mich vor dem Spielstart entscheiden, ob ich im späteren Verlauf eine Skipfunktion als Option haben möchte oder nicht. Also genau die Situation, die es auch schon beim C64 gab: vorher den richtigen POKE eingeben oder es bleiben lassen.
Von Pong bis One, C64 bis iPad - seit über 40 Jahren Mitspieler
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DieTomate
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Re: Feedback zum Panel: Deutungshoheit über Computerspiele

Beitrag von DieTomate »

Ich konnte mir die Folge nicht länger als 15 Minuten anhören. Da hätte ich mir etwas differenziertere Kommentatoren gewünscht. Und wenn ich hier so lese (habe den Thread nur überflogen), dass das Thema noch auf GamerGate und Co. bezogen wurde, bin ich froh, abgeschaltet zu haben. Das hat doch hier absolut nichts verloren.

In einem anderen Thread zu diesem Thema hatte ich schon einmal was dazu geschrieben und versuche, das nochmal kurz wiederzugeben. Sorry, ich bin nicht oft hier und diskutiere ungern.
Warum muss jedes Spiel jeder Zielgruppe gerecht werden? Jeder weiß vorher, was einen z. B. bei Cuphead erwarten wird. Wenn das nicht meine Art Spiel ist, wird es eben nicht gekauft. Ich sehe mir auch keine Horrorfilme an.
Wie viele Leute würden schon beim geringsten Widerstand einfach den Skip-Button nutzen, obwohl sie eigentlich relativ locker dazu in der Lage wären, die Herausforderung zu meistern? Schon haben sie sich dieser Erfahrung beraubt.
Wenn Teile des Spiels frustrierend sind, weil sie schlecht gemacht sind, wäre dann die Lösung nicht, das Design zu verbessern statt einen Skip-Button einzuführen?
Würden solche Features nicht langfristig zu schlechtem Design führen? Warum sollten sich Entwickler wochenlang mit der Balance beschäftigen, wenn man den entsprechenden Teil auch einfach überspringen kann?
Und wenn man bestimmte Teile des Spiels überspringen kann, was haben sie dann überhaupt in dem Spiel verloren? Das Spiel sollte doch als Gesamtwerk zusammenhalten.
Würde das nicht unnötige Entwicklungszeit beanspruchen?
Ist nicht gerade das Gameplay welches Spiele von anderen Medien unterscheidet? Gameplay ist unsere Kunst. Warum sollte man das überspringen wollen? Hier wird das Medium meiner Meinung nach nicht ernst genommen.

Should Dark Souls Have an Easy Mode? | Game Maker's Toolkit

Mich hätte übrigens mehr interessiert, was Wolfgang Walk zu diesem Thema zu sagen hat, als die beiden eingeladenen Gäste.
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Nachtfischer
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Re: Feedback zum Panel: Deutungshoheit über Computerspiele

Beitrag von Nachtfischer »

Peninsula hat geschrieben:Aber würde dieser optional verfügbare Schritt dein Spielerlebnis beeinträchtigen?
Konkret betrachtet kommt das auf die Umsetzung an. Wenn es praktisch zwei getrennte Produkte sind, geschenkt. Wenn es ein jederzeit verfügbares Tool der Marke "Gewinne den nächsten Kampf" ist, ist das was anderes. Dann muss ich mich - genau wie bei einer dominanten Strategie - permanent dazu zwingen, das nicht zu benutzen, damit das Spiel interessant bleibt beziehungsweise maximal viel Spaß macht.

Die spaßigste Art, ein Spiel zu spielen, sollte auch die erfolgsversprechendste sein. Ansonsten spiele ich immer nebenher selbst den Designer und muss mir selbst irgendwelche Zusatzregeln auferlegen (mal abgesehen davon, dass das spätestens im Online-Multiplayer quasi unmöglich wird). Und aus Erfahrung beeinträchtigt eine solche ständige kognitive Dissonanz mein Spielerlebnis tatsächlich erheblich und führt in der Regel dazu, dass ich ganz schnell wieder aufhöre, zu spielen.

Auf übergeordneter Ebene könnte man aber auch noch argumentieren, dass der Markt hier stur den Wünschen der Kunden (und damit nun mal in aller Regel von Amateuren) angepasst wird. Klar will oberflächlich betrachtet jeder einen "I win"-Button. Aber ist der tatsächlich gut fürs Spiel/Medium? Wird Schach (gegen die KI) ein besseres Spiel, wenn den jeder hat? Henry Ford schreibt man immer folgenden Satz zu: "Wenn ich die Leute gefragt hätte, was sie wollen, hätten sie gesagt: schnellere Pferde!" Menschen wollen nicht immer, was das beste für sie wäre.

Oder um es mit Alan Moore zu sagen:
It is not the job of artists to give the audience what the audience want.
If the audience knew what they needed, then they wouldn’t be the audience; they would be the artists.
It is the job of artists to give the audience what they need.
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Re: Feedback zum Panel: Deutungshoheit über Computerspiele

Beitrag von vorübergehend »

Aber Nachtfischer, was hältst Du denn von der schon erwähnten Variante, dass man zu Spielstart entscheiden muss, ob man im Spiel die Option haben will und die Entscheidung dann nicht mehr geändert werden kann? Man muss sich also nicht permanent zwingen, sondern nur ganz am Anfang, wo man noch nicht in Versuchung ist, weil man noch nicht gefrustet ist. Oder sogar bei der Installation. Wäre das nicht wie "praktisch zwei getrennte Produkte" (zum Preis von einem)?
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Terranigma
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Re: Feedback zum Panel: Deutungshoheit über Computerspiele

Beitrag von Terranigma »

goschi hat geschrieben:Ich finde, man sollte einen Podcast schon selbst zu Ende gehört haben, wenn man abschliessend darüber urteilen will.
Denn es wurde zB. sich nicht "auch noch auf GamerGate und Co bezogen", dieses Thema wurde im Kontext dessen als Beispiel gebracht, wie Abwehrreaktionen aussehen können aber dabei wurde nichts gleichgesetzt, sondern sehr differenziert Syndrome besprochen.
Kann ich nicht bestätigen. Gerade da die These in der Episode von keinem Gast selbst vertreten oder tatsächlich nachvollzogen werden konnte, wurde - was ja in dieser Konstellation leider notwendig war - ein fiktiver Gegenpart entworfen, dem man allerlei nachsagte, um anschließend gegen ihn argumentieren zu können. Dass in diesem Kontext überhaupt von einer "Abwehrreaktion" gesprochen wird, anstatt von einem "Standpunkt", zeigt eigentlich, dass die Diskussion leider nicht sehr differenziert war. Dass will ich den Gästen nicht einmal direkt vorwerfen, weil deren Unverständnis ja ehrlichwar. Die Auswahl war da für dieses Thema einfach nicht gut. Da hätte man lieber den Nachtfischer oder so zum Gespräch einladen sollen, damit die Kontra-Fraktion irgendwie personell vertreten ist.
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Nachtfischer
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Re: Feedback zum Panel: Deutungshoheit über Computerspiele

Beitrag von Nachtfischer »

vorübergehend hat geschrieben:Aber Nachtfischer, was hältst Du denn von der schon erwähnten Variante, dass man zu Spielstart entscheiden muss, ob man im Spiel die Option haben will und die Entscheidung dann nicht mehr geändert werden kann? Man muss sich also nicht permanent zwingen, sondern nur ganz am Anfang, wo man noch nicht in Versuchung ist, weil man noch nicht gefrustet ist. Oder sogar bei der Installation. Wäre das nicht wie "praktisch zwei getrennte Produkte" (zum Preis von einem)?
In der imaginären Welt, wo beide Produkte perfekt auf ihre jeweilige Natur zugeschnitten sind, würde mich das dann logischerweise nicht weiter stören. Aber, ich glaube Terranigma hatte es schon hinterfragt, wie realistisch ist das? Ist es nicht denkbar, dass es dann bei der Arbeit gerne mal heißt: "Das Balancing ist nicht so wichtig, das kriegen ja alles eh nur 50(?)% der Spieler mit."? So würde mein Erleben immer noch (indirekter) tangiert.

Und so oder so, ist diese Entscheidung wirklich das Optimum, das das Medium leisten kann? Alles oder nichts? Wie wahrscheinlich ist es, dass ein Produkt als forderndes Spiel gut funktioniert und dann ebenso gut, wenn man die fordernden Passagen streicht? Wie schon mehrfach gesagt, in meinen Augen sähe ein Idealzustand (für das Medium "Spiel" im Sinne von zielgerichtet fordernden interaktiven Systemen) eher so aus, dass jeder Spieler entsprechend seines Vorwissens, seiner Fähigkeiten, seiner Lerngeschwindigkeit und so weiter gefordert wird. Dann sind Spiele am stärksten. Ein dynamischer Schwierigkeitsgrad, der durch das Spiel geregelt wird, nicht durch Auswahl des Spielers und erst recht nicht durch willkürliches Überspringen von Passagen oder ungefähres Zahlengeschiebe (Stichwort: Grinding). Eben das, was wir mit Matchmaking, Placement Matches und so weiter schon haben. Nur auch für Single-Player-Spiele.
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monkeypunch87
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Re: Feedback zum Panel: Deutungshoheit über Computerspiele

Beitrag von monkeypunch87 »

Für mich ist die Diskussion abgeschlossen mit einem Gewinner. :)

Ich war zwar eh auf der Seite der Befürworter, aber an Miilans
Miilan hat geschrieben:Barrierefreiheit!
habe ich bisher nicht gedacht und empfand sein Beispiel als sehr anschaulich. Da muss schon argumentativ mehr aufgefahren werden als bisher um zu verdeutlichen, weshalb man einem offensichtlichen Videospielfan, wie Miilans Schwager, auch noch Steine in den Weg legen soll, wenn die "Lösung" vielleicht tatsächlich ein simpler Vorspulknopf sein kann?
Ich drücke mich durchgehend unpräzise aus.
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Danke für das Verständnis, Goldwaagen bitte bei der Arbeit lassen. :mrgreen:
vorübergehend
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Re: Feedback zum Panel: Deutungshoheit über Computerspiele

Beitrag von vorübergehend »

Am Ende kommt jemand noch darauf, dass es eine gute Idee sein könnte, einen Überspringen-Knopf als Mikrotransaktion anzubieten: Du kannst den Bosskampf überspringen, kostet 2 €. Jetzt zuschlagen, für jeden neuen Versuch wird es 10 Cent teurer. :twisted:
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monkeypunch87
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Re: Feedback zum Panel: Deutungshoheit über Computerspiele

Beitrag von monkeypunch87 »

Axel hat geschrieben:Äh, in einer Diskussion gibt es keine Gewinner und Verlierer. Was ist das denn bitte für ein Mindset?
Für mich gibt es da immer einen Gewinner und Verlierer, gerade wenn ich selber noch keine Meinung zu einem Thema hatte. Die überzeugenste Partei "gewinnt" halt meine Zustimmung. Das ist mein "Mindset", ziellose Diskussionen führen auch zu nichts. Außerdem möchte ich da gerne was rausziehen.
Axel hat geschrieben:Ansonsten: Spiele für Menschen mit Behinderung! So gibt es beispielsweise reine Audiospiele für Menschen, die blind sind.
Menschen die gehörlos sind können auch jetzt schon sehr gut Spiele spielen - sofern Untertitel vorhanden sind.
Und bei Menschen mit motorischer Behinderung? Es gibt ja nicht nur zeitkritische Spiele, sondern auch beispielsweise Rundenstrategie und dergleich. Zumal: Letztere haben ja schon auf sie abgestimmte Eingabemethoden. Ich kenne im entfernten Bekanntenkreis eine junge Frau, die ihren rechten Arm schlicht nicht mehr bewegen kann. Trotzdem spielt sie. Auf dem PC Spiele die man mit Maus spielen kann wie Strategiespiele oder Adventures oder auf dem Tablet Geschicklichkeits- und Puzzlespiele, da man diese häufig nur mit einer Hand spielen kann.

Und in keiner dieser Spiele gibt es irgendwelche "Skip the Boss" Buttons. Hier geht es nur um die richtigen Eingabemethoden.
Aber warum ausschließen? Das ist die gleiche Diskussion wie bzgl. Inklusion.
Ich drücke mich durchgehend unpräzise aus.
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Danke für das Verständnis, Goldwaagen bitte bei der Arbeit lassen. :mrgreen:
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Re: Feedback zum Panel: Deutungshoheit über Computerspiele

Beitrag von Terranigma »

monkeypunch87 hat geschrieben:habe ich bisher nicht gedacht und empfand sein Beispiel als sehr anschaulich. Da muss schon argumentativ mehr aufgefahren werden als bisher um zu verdeutlichen, weshalb man einem offensichtlichen Videospielfan, wie Miilans Schwager, auch noch Steine in den Weg legen soll, wenn die "Lösung" vielleicht tatsächlich ein simpler Vorspulknopf sein kann?
Weil Miilans Schwanger an einer Behinderung leidet und dies dem Wort nach bedeutet, dass er bestimmte Tätigkeiten eben nur eingeschränkt durchführen kann. Wenn man ihm also die Möglichkeiten bieten möchte Videospiele spielen zu können, dann ist's eine Güterabwägung: Entwickler arbeiten mit begrenzten Personal, begrenzten Budget und begrenzter Zeit. Ich halte die Forderung, dass Videospiele nun für jedwede denkbare Einschränkung angepasst sein sollen, sehr schwierig. Eben weil es Personal, Budget und Zeit benötigt, die an anderer Stelle fehlt.

Miilans Schwanger mag man ja ggf. mit einem einfachen Vorspulknopf helfen, aber dann gibt es noch eine Vielzahl weiterer Menschen, denen damit nicht geholfen wäre, sondern die für ihre Barrierefreiheit andere Maßnahmen benötigen - würdest du dann schlussfolgern, dass auch die alle berücksichtigt werden müssten - oder würdest du irgendwo eine Grenze ziehen? Ich sehe keine Möglichkeit, dass man es allen recht haben. Zu einem gewissen Grad ist alles exklusiv. Gegen Steuerungshilfen, o.Ä. gibt es hier keine Einwände. Ob man einen Modus für Rot-Grün-Blinde oder Linkshänder einbaut ändert ja immerhin nicht die Spielerfahrung, insofern soll man das bitte tun. Auch die Maßnahmen in Uncharted 4 greifen nicht ernsthaft in das Gameplay ein. Mit einem jederzeit verfügbaren "Skip-Button" erscheint mir das nicht vergleichbar.

Das an persönlichen Einzelschicksalen aufzuziehen, finde ich nicht vernünftig. Ich persönlich habe auch eine körperliche Behinderung, wegen der ich kein 3D sehen kann. Das ist dann aber halt, ... naja. Mein persönliches Pech. Dann stehen mir bestimmte Medien eben nicht offen. Wer z.B. Probleme mit der Motorik hat, dem dürften Jump&Runs nicht offen stehen, aber weiterhin eine Vielzahl anderer Titel. Walking Simulatoren sind in der Hinsicht sehr inklusiv.
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Re: Feedback zum Panel: Deutungshoheit über Computerspiele

Beitrag von W8JcyyU »

Nachtfischer hat geschrieben: In der imaginären Welt, wo beide Produkte perfekt auf ihre jeweilige Natur zugeschnitten sind, würde mich das dann logischerweise nicht weiter stören. Aber, ich glaube Terranigma hatte es schon hinterfragt, wie realistisch ist das? Ist es nicht denkbar, dass es dann bei der Arbeit gerne mal heißt: "Das Balancing ist nicht so wichtig, das kriegen ja alles eh nur 50(?)% der Spieler mit."? So würde mein Erleben immer noch (indirekter) tangiert.
Für mich als Spieler der wichtigste Gesichtspunkt - die möglichen Auswirkungen auf das Gamedesign. "Überspring den Boss" Knöpfe können potentiell dazu führen, dass nötiges Feintuning eingespart wird. Weiter bekommt man als Entwickler ein Argument an die Hand, mit der sich jegliche Kritik relativieren lässt: "Dann skip halt".

Damit bleiben Story und Mechanik weiter getrennt (eine ähnliche Aussage von Dir wurde in eine der ersten Walkthroughs schon durch Wolfgang aufgegriffen). Dieser Sachverhalt wird wenn überhaupt verstärkt - schlechte Mechanik kann man ja skippen. Als Spieler sehe ich hier keinen Gewinn.
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monkeypunch87
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Re: Feedback zum Panel: Deutungshoheit über Computerspiele

Beitrag von monkeypunch87 »

Terranigma hat geschrieben:
monkeypunch87 hat geschrieben:habe ich bisher nicht gedacht und empfand sein Beispiel als sehr anschaulich. Da muss schon argumentativ mehr aufgefahren werden als bisher um zu verdeutlichen, weshalb man einem offensichtlichen Videospielfan, wie Miilans Schwager, auch noch Steine in den Weg legen soll, wenn die "Lösung" vielleicht tatsächlich ein simpler Vorspulknopf sein kann?
Weil Miilans Schwanger an einer Behinderung leidet und dies dem Wort nach bedeutet, dass er bestimmte Tätigkeiten eben nur eingeschränkt durchführen kann. Wenn man ihm also die Möglichkeiten bieten möchte Videospiele spielen zu können, dann ist's eine Güterabwägung: Entwickler arbeiten mit begrenzten Personal, begrenzten Budget und begrenzter Zeit. Ich halte die Forderung, dass Videospiele nun für jedwede denkbare Einschränkung angepasst sein sollen, sehr schwierig. Eben weil es Personal, Budget und Zeit benötigt, die an anderer Stelle fehlt.

Miilans Schwanger mag man ja ggf. mit einem einfachen Vorspulknopf helfen, aber dann gibt es noch eine Vielzahl weiterer Menschen, denen damit nicht geholfen wäre, sondern die für ihre Barrierefreiheit andere Maßnahmen benötigen - würdest du dann schlussfolgern, dass auch die alle berücksichtigt werden müssten - oder würdest du irgendwo eine Grenze ziehen? Ich sehe keine Möglichkeit, dass man es allen recht haben. Zu einem gewissen Grad ist alles exklusiv. Gegen Steuerungshilfen, o.Ä. gibt es hier keine Einwände. Ob man einen Modus für Rot-Grün-Blinde oder Linkshänder einbaut ändert ja immerhin nicht die Spielerfahrung, insofern soll man das bitte tun.

Das an persönlichen Einzelschicksalen aufzuziehen, finde ich nicht vernünftig. Ich persönlich habe auch eine körperliche Behinderung, wegen der ich kein 3D sehen kann. Das ist dann aber halt, ... naja. Mein persönliches Pech. Dann stehen mir bestimmte Medien eben nicht offen. Wer z.B. Probleme mit der Motorik hat, dem dürften Jump&Runs nicht offen stehen, aber weiterhin eine Vielzahl anderer Titel. Walking Simulatoren sind in der Hinsicht sehr inklusiv.
Nein, du schreibst ja selber "Güterabwägung". Kosten/Nutzen muss schon stimmen.

Vielleicht ist mit einer anderen Funktion als dem Vorspulen mehr Menschen geholfen, die sich wahrscheinlich ähnlich einfach implementieren ließe. Mir fällt keine ein, aber vielleicht dir?

Ich habe nicht davon geschrieben, dass jetzt für jede mögliche Einschränkung eine Anpassung her muss, aber warum nicht irgendwo mal starten?
Ich drücke mich durchgehend unpräzise aus.
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