Lootbox-Systeme als Glücksspiel?

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Rigolax
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Re: Lootbox-Systeme als Glücksspiel?

Beitrag von Rigolax »

Interessanterweise wurde nun in der internationalen Berichterstattung teils zurückgerudert. Dort wurde teils als Fakt behauptet, dass Lootboxen künftig in Deutschland "ab 18" eingestuft werden.

eurogamer.net schrieb zuerst "if the law makes it through the Bundesrat, video games with loot boxes will have to include an 18+ age rating" und nun als Update/Korrektur: "However, there is currently no indication that video games with loot boxes will be rated 18+". https://www.eurogamer.net/articles/2021 ... t-boxes-18

gamesindustry.biz: "A previous version of this article stated that minors would be prevented from playing games featuring loot boxes. This is not correct, and the article has been amended to reflect the facts." https://www.gamesindustry.biz/articles/ ... loot-boxes

Eurogamer bezieht sich als Erklärung für die Fehlinfo auf eine Ankündigung des Infodiensts des Bundestages, die auch gameswirtschaft.de wohl verwirrte: https://www.gameswirtschaft.de/politik/ ... lootboxen/ gameswirtschaft.de: "Der Parlamentsnachrichtendienst des Bundestags hat die Formulierung 'Auch ist vorgesehen, Kostenfallen wie "Loot Boxes" standardmäßig zu deaktivieren' aus dem zitierten Beitrag entfernt."

Tatsächlich stand im Beitrag vom Infodienst aber nicht konkret, dass Spiele mit Lootboxen nun definitiv 18er-Ratings erhalten. Ich schätze eher, dass teils der Spiegel-Artikel verwirrend war, der auch als Quelle bei eurogamer und gamesindustry genannt wird. Interessant ist vielleicht auch, dass -- soweit ich es sehe -- der Parlamentsnachrichtendienst des Bundestags den einen Satz aus der Ankündigung strich, ohne das transparent zu machen.

Um Verwirrung zuvorzukommen: Könnte sein, dass Lootboxen künftig in 18er-Ratings resultieren, es kann nur offenkundig aktuell nicht als Fakt gelten, siehe auch meinen Post direkt hierdrüber für ein paar Gründe, die eher dagegen sprechen, jedenfalls den Sachverhalt komplexer machen.
Rigolax
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Re: Lootbox-Systeme als Glücksspiel?

Beitrag von Rigolax »

Danke für den aktuellen Podcastbeitrag mit Schwiddessen: https://www.gamespodcast.de/2021/03/30/ ... her-nicht/

Meinte ich ja (auch) schon hier am 5. März, dass der Spiegel-Artikel (u.a.) womöglich eher verwirrt in Bezug auf künftige 18er-Ratings für Lootboxen. ;) Schön, dass das nochmal aufgegriffen wurde, zusätzlich zu der Skepsis von Andreas Lober in einem Artikel hier: https://www.gamesindustry.biz/articles/ ... ad-ratings ("There are some statements floating around in public, such as the ministry saying that loot boxes might have to be switched off by default, or a media article saying that loot boxes will lead to a USK rating of 18+. That's not exactly what the law says, (...)". Verlinkt in dem ersten Satz auf den Spiegel-Artikel.)

Gab auch just eine Meldung auf usk.de, die in Bezug auf künftig so hohe Ratings für Lootboxen recht zurückhaltend klingt imho:

"In Einzelfällen kann es dabei auch zu einer höheren Alterseinstufung kommen, wenn ein zusätzlicher Hinweis aufgrund eines signifikant erhöhten Risikos nicht ausreichend ist. Bei der Abwägung sollen künftig auch Vorsorgemaßnahmen des Anbieters einbezogen werden. Darunter fallen beispielsweise technische Einstellungsmöglichkeiten, mit denen sich potenzielle Risiken, die bei Chats oder uneingeschränkten Kauffunktionen entstehen können, verringern lassen." https://usk.de/jugendschutzgesetz-aktua ... ungen-vor/

EDIT: Name korrigiert.
Zuletzt geändert von Rigolax am 30. Mär 2021, 13:42, insgesamt 1-mal geändert.
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Andre Peschke
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Re: Lootbox-Systeme als Glücksspiel?

Beitrag von Andre Peschke »

Rigolax hat geschrieben: 30. Mär 2021, 00:13 Meinte ich ja (auch) schon hier am 5. März, dass der Spiegel-Artikel (u.a.) womöglich eher verwirrt in Bezug auf künftige 18er-Ratings für Lootboxen. ;) Schön, dass das nochmal aufgegriffen wurde, zusätzlich zu der Skepsis von Andreas Lorber in einem Artikel hier: https://www.gamesindustry.biz/articles/ ... ad-ratings ("There are some statements floating around in public, such as the ministry saying that loot boxes might have to be switched off by default, or a media article saying that loot boxes will lead to a USK rating of 18+. That's not exactly what the law says, (...)". Verlinkt in dem ersten Satz auf den Spiegel-Artikel.)
Lober, nicht Lorber. Fun-Fact: Andreas war einer meiner ersten Chefs als Redakteur. :D

Und Kompliment direkt zurück für deine Beiträge damals. Hat mit dem Podcast leider länger gedauert als geplant, wie zu Anfang ja erklärt. Immerhin war nun auch klar, dass das Gesetz ohne weitere Änderungen den BR passiert hat.

Ich erwarte auch, dass wir alle am Ende eher überrascht sind, wie verhalten die praktischen Auswirkungen sind. Der Bundesrat hat ja aber auch weniger "zugestimmt", als auf einen Vermittlungsausschuss verzichtet und dabei direkt angemerkt, dass da noch nachgearbeitet werden muss. Wobei das vermutlich eher auf die durch Schwiddessen angesprochenen Kompetenzverteilungen abzielt.

Andre
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HerrReineke
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Re: Lootbox-Systeme als Glücksspiel?

Beitrag von HerrReineke »

Auch von mir erstmal danke für die Folge, hat mir gut gefallen (auch wenn für mich persönlich jetzt nichts spektakulär Neues dabei war :ugly: ) - habe ich das richtig verstanden, dass da noch andere Folgen kommen sollen, in denen auch noch weitere für Computerspiele relevante Änderungen durch das Jugenschutzgesetz angesprochen werden?
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Rigolax
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Re: Lootbox-Systeme als Glücksspiel?

Beitrag von Rigolax »

Andre Peschke hat geschrieben: 30. Mär 2021, 11:02
Rigolax hat geschrieben: 30. Mär 2021, 00:13 Meinte ich ja (auch) schon hier am 5. März, dass der Spiegel-Artikel (u.a.) womöglich eher verwirrt in Bezug auf künftige 18er-Ratings für Lootboxen. ;) Schön, dass das nochmal aufgegriffen wurde, zusätzlich zu der Skepsis von Andreas Lorber in einem Artikel hier: https://www.gamesindustry.biz/articles/ ... ad-ratings ("There are some statements floating around in public, such as the ministry saying that loot boxes might have to be switched off by default, or a media article saying that loot boxes will lead to a USK rating of 18+. That's not exactly what the law says, (...)". Verlinkt in dem ersten Satz auf den Spiegel-Artikel.)
Lober, nicht Lorber. Fun-Fact: Andreas war einer meiner ersten Chefs als Redakteur. :D
Woops, dachte ich hätte seinen Namen sogar copypasted bei dem Post. Stand aber schon immer korrekt im Artikel bei gamesindustry.biz. Sorry an Herrn Lober. ;)
HerrReineke hat geschrieben: 30. Mär 2021, 12:47 Auch von mir erstmal danke für die Folge, hat mir gut gefallen (auch wenn für mich persönlich jetzt nichts spektakulär Neues dabei war :ugly: ) - habe ich das richtig verstanden, dass da noch andere Folgen kommen sollen, in denen auch noch weitere für Computerspiele relevante Änderungen durch das Jugenschutzgesetz angesprochen werden?
Gibt da tatsächlich imho auch sonst nicht sonderlich viel neues Spannendes, zumindest konkret interessantes für Nutzer, denke ich. Das sind eher Änderungen, die Anbieter etwas Kopfzerbrechen bereiten oder eher technischer Kram, behaupte ich. Soll aber nicht heißen, dass so eine Folge nicht interessant sein könnte.

Die Index-Listenführung bei der BPjM wird so zwar geändert (keine A/B/C/D-Listenteile mehr), aber das ist imho nur auf dem ersten Blick eine radikale Änderung, weil die bisherigen Vorkehrungen imho faktisch beibehalten werden (weiterhin nicht-öffentlich geführt/indiziert bei Telemedien wie aktuell Listenteil c/d; oder Prüfung auf bestimmte StGB-Normen mit Info an die Staatsanwaltschaften, was erster Glied in der Kette der meisten Beschlagnahmen früher war). Sonst wird die BPjM ja dann bald "PjM" heißen (das Bundes- bei der Prüfstelle fällt weg) und nur noch Teil der neuen Super-BPjM sein, der "Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz" (diese Bundeszentrale ist aber im engeren Sinne keine neue Behörde, anders als im Tagesschaubeitag suggeriert (https://www.youtube.com/watch?v=qeFPzojYNPM&t=626s), siehe § 17JuSchG n.F., das ist buchstäblich nur die BPjM mit neuer Bezeichnung). "Super-BPjM" klingt auch etwas krasser, als es am Ende sein wird, denke ich.

Imho zum großen Teil Gesetzgebung als Quasi-PR, ein "wir machen was". Dann doch kein Paradigmenwechsel, trotz Interaktionsrisiken und Vorsorgemaßnahmen.
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Andre Peschke
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Re: Lootbox-Systeme als Glücksspiel?

Beitrag von Andre Peschke »

HerrReineke hat geschrieben: 30. Mär 2021, 12:47 habe ich das richtig verstanden, dass da noch andere Folgen kommen sollen, in denen auch noch weitere für Computerspiele relevante Änderungen durch das Jugenschutzgesetz angesprochen werden?
Nein. Wir schauen jetzt, wie es sich in der Praxis auswirkt und machen dann ein paar Monate nachdem es inkraft getreten ist evtl. noch eine weitere Folge, falls interessant.

Andre
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Puschkin
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Re: Lootbox-Systeme als Glücksspiel?

Beitrag von Puschkin »

Ich weiss nicht ob es hierhin passt, aber das Magazin Spezial war ganz interessant. Allerdings hat mir gefehlt die Geschichte nachzuzeichnen, wer diese schwammigen Gesetzestexte befürwortet hat und wer sie kritisiert hat.
Gerade steht eine Bundestagswahl an und da gehört es nochmal extra mit in die Berichterstattung.

Und wir hören gerade auch viel von Lobbyisten die Politiker schmieren oder Lobbyisten die Bundestagsabgeordnete sind.
Und bei dem Thema hier frage ich mich direkt ob z.B. der Glücksspiellobbyist Wolfgang Kubicki vielleicht einfluss genommen hat.

Also kurzgesagt: Gesetze sollten nicht nur isoliert betrachtet werden als seien sie Deus Ex Machina enstanden sondern sind ausfluss von Mehrheitsverähltnissen ud Machtverhältnissen in Gesselschaft und Parlament.
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johnnyD
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Re: Lootbox-Systeme als Glücksspiel?

Beitrag von johnnyD »

Ich hatte ja schon ein wenig die Hoffnung, den Publishern mit Ihrer selbst Beweihräucherung mit Lippenbekenntnissen endlich mal den Wind aus den Segeln zu nehmen: ein Fifa FUT ab 18 ist mMn überfällig, ähnlich das Basketball Pendant oder das MMO Genshin Impact. Die ausgeklügelten Mechanismen sind geschätzt von Experten/Psychologen genau so konzipiert worden (wahrscheinlich gibt es dafür extra Fortbildungen)...

Wenigstens ein bisschen Belgien ;). Aber danke für die informative Folge!
"Wenn man den Sumpf trocken legen will, darf man nicht die Frösche fragen!"
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HerrReineke
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Re: Lootbox-Systeme als Glücksspiel?

Beitrag von HerrReineke »

Ich krame diesen Thread hier nochmal raus, denn ich Österreich gibt es in dieser Frage neue Bewegung:
Das österreichische Bezirksgericht Hermagor hat Sony verurteilt für Ultimate Packs gezahltes Geld an den Käufer zurückzuzahlen, weil der Vertrag wegen Verstoßes gegen das Glücksspielgesetz (Sony hat keine Glücksspiellizenz) nichtig sei (Newsbericht dazu). Das Urteil ist nicht rechtskräftig und es wird sicher in die nächsten Instanzen gehen. Aber der hinter der Klage stehende Prozessfinanzierer ist gerade auf solche Rückzahlungsklagen bei Glücksspiel spezialisiert und scheint da großes Interesse zu haben, das weiter zu verfolgen.
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Leonard Zelig
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Re: Lootbox-Systeme als Glücksspiel?

Beitrag von Leonard Zelig »

Derweil Deutschlands Behörden noch ‚Zukunftswerkstätten‘ über die umstrittenen Lootboxen abhalten, werden im benachbarten Österreich weiter Fakten geschaffen: Nachdem Electronic Arts und Sony Interactive bereits zur Rückzahlung investierter Lootboxen-Beiträge im EA Sports FC 24-Vorgänger FIFA verurteilt wurden, hat nun auch die Valve Corporation einen ähnlich gelagerten Prozess vor einem Gericht in der Steiermark verloren.

Der US-Spielehersteller, der auch die PC-Plattform Steam betreibt, muss einem Kunden 14.096,58 € zurückzahlen, die dieser Spieler im Online-Dauerbrenner Counter-Strike: GO für Lootboxen ausgegeben hatte. Im konkreten Fall handelt es sich um kosmetische ‚Skins‘ für Gewehre, Pistolen und Messer, die sich durch das Öffnen von Waffenkisten erwerben und handeln lassen. Der Wert der Skins bemisst sich insbesondere nach deren Seltenheitsklasse – die Spanne am Steam-Community-Markt reicht von wenigen Cent bis zu fünfstelligen Euro-Beträgen.

Analog zum Sony-/EA-Prozess hatten die klagende Wiener Kanzlei Salburg und der Prozessfinanzierer Padronus erfolgreich argumentiert, dass es sich bei den bei den zufallsgenerierten Inhalten der Waffenkisten um illegales Glücksspiel handelt. Das Gericht schloss sich dieser Einordnung an und sah es als erwiesen an, dass eine „vermögenswerte Leistung im Sinne des österreichischen Glücksspielgesetzes“ vorliegt, da eine Gewinnerzielung möglich sei.

Valve besitzt keine Glücksspiel-Konzession – daher seien die abgeschlossenen Verträge nichtig und die Zahlungen rückforderbar. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
https://www.gameswirtschaft.de/wirtscha ... ch-181223/
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