Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

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thewormking1190
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von thewormking1190 »

Und ich fasse mich extra kurz... :)
Würde aber tatsächlich empfehlen, den Artikel ganz zu lesen, weil man ihn mMn dann besser nachvollziehen kann.
So begründet er beispielsweise seine strikte Ablehnung gegenüber den gestellten Forderungen unter anderem mit seinen Zensur- und Repressionserfahrungen aus der Sovjetzeit.
Zuletzt geändert von thewormking1190 am 16. Jan 2018, 06:26, insgesamt 2-mal geändert.
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Don Mchawi
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Don Mchawi »

Nimlod hat geschrieben:Also an alle, die behaupten, es gäbe mindestens für beide Seiten der PoC-Debatte keine Belege:

Ich hab einfach mal das gute alte Wikipedia gefragt, das seine Zahlen auch mit Literatur stützen kann:
1905, also viele Jahre nach dem Mittelalter, gab es in Deutschland bei einer Einwohnerzahl von ca 56 Millionen, 1 Million Ausländer. Die Hälfte waren Österreicher, der Rest waren in folgende Reihenfolge: Russen (und Polen), Niederländer, Italiener, Ungarn, Schweizer, Dänen, Franzosen, Briten und Amerikaner, Luxemburger, Belgier und Skandinavier, also soweit noch Europäer (bei den Russen kommts darauf an, wo aus Russland) UND
[...]
Also wenn das mal kein Beweis ist für ein Weißes Europa (so blöd sich dieser Begriff auch anhört), weiß ich auch nicht. Außer man zweifelt die Daten selbst an.
Ich bin zwar grundsätzlich auch eher der Ansicht/Vorstellung, dass es nördlich der Alpen und westlich der heutigen Ukraine wohl recht wenige POC (eventuell große Handelsstädte ausgenommen) gab, sprich tendiere eher gemäß der Quellenlage, die mir bekannt ist, zu deiner Meinung.

Dieses hier zitierte Argument kann ich aber so nicht mitgehen.
Zunächst: Eine ursprünglich asiatisch-stämmige Person des 15. Jahrhunderts wird nicht einen Ausländerstatus bis zum 20. Jahrhundert vererben.
Vor allem aber, du rechnest dabei deine Zahlen auf 500 Jahre sehr bewegter Geschichte zurück - Geschichte ist aber keine Einbahnstraße. Die ersten POC kamen wahrscheinlich nördlich der Alpen durch die römischen Eroberungskriege an, später durch die Hunnen und Völkerwanderungen.
Danach dürften ihre Anteile wieder rückgängig gewesen sein. Ich will damit sagen: Auch wenn in der Globalisierung Bevölkerungsaustausch deutlich zunimmt, muss das nicht einem kontinuierlichem Wachstum von 500 Jahren entsprechen. Ein Anteil einer ethnischen Minderheit kann auch wieder abnehmen (und spätestens das 17. Jahrhundert lieferte wahrlich genug Gründe, nicht ins Europa nördlich der Alpen zu ziehen).
Und: Ein asiatisch-stämmiger Mann um 1400 hat vielleicht Nachkommen mit einer böhmischen Frau. Ist ja nicht so, dass Ethnien nicht untereinander Ehen eingingen. Über die Jahrhunderte hinweg würdest du um 1900 nicht mehr viel von den optischen Merkmalen der Abstammung seines Ur-ur-...-ur-Großvaters sehen. 200 Jahre reichen völlig für eine komplette Vermischung, nach der du schon DNA-Analysen brauchst, um noch eine Abstammung festzustellen.
In 500 Jahren kann also viel passieren (und ist es ja auch), daher teile ich dieses Argument nicht.
Giovanni
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Giovanni »

Terranigma hat geschrieben:
Giovanni hat geschrieben: Es gibt doch mehrere Ethnien, mindestens zwei in Vavras böhmischen Dorf: tschechischsprachige Böhmer und Deutschböhmer. Je nachdem wie man Ethnien definiert wahrscheinlich viele, viele andere.
Wie würdest du Ethnie definieren bzw. was verstehst du unter dem Begriff?
Uhh, ein weites Feld voller Fallgruben. Kulturell, sprachlich und religiös - niemals biologisch, niemals eindeutig. Eher sinnverwandt mit "Volk" oder "Volksgruppe", niemals synonym zu "Rasse". Tatsächlich benutze ich den Begriff so gut wie nie, sondern umschiffe ihn sprachlich mit "Bevölkerungsgruppen", die ich dann je nach Kontext in Sprach-, Religions- und Kulturzugehörigkeit, seltener in Landschaftszugehörigkeit ausdifferenziere.
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Lord MacLeod
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Lord MacLeod »

Puschkin hat geschrieben:was ist mit sinti, roma oder zigeunern?
"Zigeuner" oder eben besser Roma erschienen wohl tatsächlich um ~1400 das erste Mal in Böhmen. Urkundliche Erwähnung finden sie insbesondere in einem Schutzbrief, der ihnen von Kaiser Sigismund (der im Spiel ja vorkommt) 1423 ausgestellt wurde:

http://www.minderheiten.org/roma/index2 ... ismund.htm

Auch hier könnte man aber wieder argumentieren, ja, sie existierten, waren aber noch eine neue und vermutlich nicht alltägliche Erscheinung, insofern *könnte* der Entwickler sie einbauen, sie aber ebenso gut als "exotische" Ausnahme weglassen.

Ich selbst würde aber auch fahrendes Volk in dieser Zeit eher in der Nähe der großen Städte (Prag, Brünn, Ostrau, Pilsen, z. B.) verorten, als in dem eher "gottverlassenen" Hinterland, den sprichwörtlichen "böhmischen Dörfern", in denen KC:D spielen soll.
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Philsen
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Philsen »

Den Artikel an sich möchte ich ungern bewerten, da ich keine Lust habe auf jeden zweiten Satz eingehen zu müssen.

Nur so viel:
1. Ich erachte es als schwierig die Ideologie eines Menschen nach seinen Klamotten zu bestimmen. Gerade Burzum galt auch schon vor seinen Eskapaden als Größe des skandinavischen Black Metals.
2. Ich finde den Threadtitel sehr reisserisch. Kingdom Come dafür zu kritisieren, dass es ausschließlich weiße Figuren im Spiel hat, ist für mich genau so lächerlich wie H & M dafür zu kritisieren dass sie einen schwarzen Jungen in einen Monkey Pullover packen, aber das ist ein anderes Thema.

Ich behaupte mal - ohne jegliche faktische Grundlage - dass im Mittelalter 95% der landläufigen Bevölkerung in Mitteleuropa weiss war. Wer mir das Gegenteil beweisen kann (faktisch) dem bin ich sehr dankbar dafür.

Im übrigen frage ich mich wieviele Leute auf die Barrikaden gehen weil bei Shenmue, Sleeping dogs oder Jade Empire keine schwarzen Charaktere vorkommen.

Achja, bei Game of Thrones sind 98% der Hauptcharaktere weiss, müsste also mit Grundlage dieser neuen Sensibilität in Sachen Rassismus auch fleißig diskutiert werden.
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Ricer
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Ricer »

Philsen hat geschrieben: 2. Ich finde den Threadtitel sehr reisserisch. Kingdom Come dafür zu kritisieren, dass es ausschließlich weiße Figuren im Spiel hat, ist für mich genau so lächerlich wie H & M dafür zu kritisieren dass sie einen schwarzen Jungen in einen Monkey Pullover packen, aber das ist ein anderes Thema.
Das Heimtückische am Rassismus ist nicht Absicht, sondern Ignoranz
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IpsilonZ
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von IpsilonZ »

thewormking1190 hat geschrieben:Ich wollte mich eigentlich aus dem Thread heraushalten, aber nun bin ich gerade über das Folgende gestolpert und glaube, dass darin einige interessante Aspekte für die Diskussion stecken; vor allem, was das Verhalten und Motivation Vávras angeht.

https://medium.com/@DanielVavra/dispell ... 66cde9bbeb" onclick="window.open(this.href);return false;
Also erstmal wäre es doch angebracht an diesen Blogeintrag die gleichen kritischen Maßstäbe anzusetzen, wie an den zuvor geposteten. Gerade wenn es um das Manipulative geht steht dieser nämlich dem vorherigen in nichts nach.

Er spricht von "incensed hordes", von "crusaders" und natürlich den allseitsbeliebten "Social Justice Warriors". Er spricht davon, dass sie schreien und wüten. Dass sie ihn und andere Leute die nur ihre weiße Geschichte (im Namen der Diversität) erzählen wollen mundtot machen wollen. Er erwähnt, dass Witcher 3 ein größerer Erfolg war als Dragon Age Inquisition und verbindet das damit, dass die Leute wohl die "Polishness" an dem Spiel mochten. Und das ganze zieht sich durch den Text.

Dazu kommt... WER will ihn eigentlich jetzt konkret verbieten sein Spiel so zu machen wie er es will?
Das klingt für mich wie ein klassischer Fake Outrage. Sicher gibt es Leute die fragen, ob man nicht mehr Kulturen einbauen könne. Ob man nicht ne schwarze, weibliche Heldin spielen könne. Und was ist das Problem daran, dass diese Leute das fragen oder wollen? Wo wird er jetzt die konkrete Unterdrückung?

Übrigens gabs einen ähnlichen Fake Outrage bezüglich Cuphead . Da ging es darum, dass Cuphead von den Mainstreammedien unterdrückt wurde, weil es angeblich rassistisch sei. Und dass man überall nur über diesen Rassismus gelesen hat.
Wisst ihr noch? Cuphead? Das Spiel von dem man kaum etwas gehört hat und das nen mickigen Meta-Score von 88 (ja, ich weiß) hat?

Also um noch mal meinen Punkt zusammenzufassen. Ich glaube nicht, dass Kingdom Come: Deliverance oder The Witcher 3 Nicht-weiße Figuren enthalten muss. Ich sehe aber auch nicht warum es ein Problem sein soll über das Thema eine Debatte zu führen, ohne dass man sich gleich von wütenden Horden unterdrückt fühlt.
Voigt
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Voigt »

Wenige Personen können im Internet halt viel Raum einnnehmen. Wahrscheinlich fühlt er sich wirklich von wenigen "SJW" angegriffen und fühlt dass diese sein Spiel verbieten möchten. Daher sein Meinungsartikel.
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Philsen
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Philsen »

Ricer hat geschrieben:
Philsen hat geschrieben: 2. Ich finde den Threadtitel sehr reisserisch. Kingdom Come dafür zu kritisieren, dass es ausschließlich weiße Figuren im Spiel hat, ist für mich genau so lächerlich wie H & M dafür zu kritisieren dass sie einen schwarzen Jungen in einen Monkey Pullover packen, aber das ist ein anderes Thema.
Das Heimtückische am Rassismus ist nicht Absicht, sondern Ignoranz
Tut mir leid, aber die Kernaussage dieses Artikels ist für mich einfach Quatsch. Hätte auf dem Pullover gestanden "biggest badass in town", hätte sich keiner daran gestört, obwohl die Aussage dahinter zu 100% die gleiche ist wie bei besagtem Slogan "coolest monkey in the jungle". Das hat nichts mit Ignoranz zu tun, sondern mit der Fähigkeit zu differenzieren. Gerade die Genderdebatte ist doch schon so dermaßen vergiftet weil es auf beiden Seiten viel zu extreme Ansichten gibt, es wäre schön wenn wenigstens die Rassismusdebatte weiterhin fruchtbar geführt werden kann.

Meines Erachtens war der H&M Vorfall der erste Stoßstein der dazu führen kann dass uns bei diesem Thema wieder die sinnvolle Diskussion entgleitet, mit der Kingdom Come Sache scheint sich das nun weiter zu spinnen. Wichtig: Bei Kingdom Come rede ich allerdings nur vom Vorwurf des weißen Mitteleuropas im Mittelalter, alle Vorwürfe die Vavras Benehmen in den sozialen Netzwerken betreffen kann ich nicht beurteilen.
Wolfgang Walk
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Wolfgang Walk »

Jochen hat geschrieben:
Ricer hat geschrieben:Nochmal Obacht?: Der maskuline Gamer wird zitiert (warum auch immer), aber sagen tut es das Entwicklungsteam - https://www.kickstarter.com/projects/12 ... eliverance" onclick="window.open(this.href);return false;
Wobei das Verführen ortsansässiger Frauen eher in den Bereich "in welchem Rollenspiel gibt's das nicht?" denn "Alleinstellungsmerkmal" fällt.
Wobei DIE wiederum keine historische Wahrheit für sich reklamieren. Darum ging es mir ja.

Und darum, dass hier immer noch niemand (glaube ich) mal reingeschrieben hat, ob das Game eigentlich als Game was taugt.
Don Mchawi
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Don Mchawi »

Philsen hat geschrieben:
Achja, bei Game of Thrones sind 98% der Hauptcharaktere weiss, müsste also mit Grundlage dieser neuen Sensibilität in Sachen Rassismus auch fleißig diskutiert werden.
Die Diskussion gibt es, genauso bei Herr der Ringe.
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Puschkin
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Puschkin »

thewormking1190 hat geschrieben:Ich wollte mich eigentlich aus dem Thread heraushalten, aber nun bin ich gerade über das Folgende gestolpert und glaube, dass darin einige interessante Aspekte für die Diskussion stecken; vor allem, was das Verhalten und Motivation Vávras angeht.

https://medium.com/@DanielVavra/dispell ... 66cde9bbeb" onclick="window.open(this.href);return false;

Also dann widmen wir uns doch mal wieder dem Text des Barden selbst. Oder skalde wie er sich selbst nennt.

Diversität?
Zunächst mal warum ist die Forderung nach Diversität in Medien gut? Das ist ja nicht einfach nur ein Selbstzweck, sondern es ist die demokratische Forderung das alle Menschen an Kultur, Gesellschaft etc. Teilhaben sollen. Weil alle sich mal zusammenreißen müssen, weil es für die wirtschaft besser ist, weil...
Da geht es um Inklusion als Ziel nicht Diversität als Selbstzweck. Das mag bei denen die sich für Diversität aussprechen untergehen, sie können es falsch begründen usw. das macht aber die Idee der Inklusion nicht falsch.


Multiculturalismus ist das Ende von Diversität?

Hier findet sich eine Argumentation wieder die ich dem "Ethnopluralismus" zuordnen würde.

https://de.wikipedia.org/wiki/Ethnopluralismus" onclick="window.open(this.href);return false;

Dieses Konzept geht weiterhin von sehr gefestigten ethnischen Identitäten aus, die nicht vermischt werden sollten. Polen nach Polen, Wallonen in die Wallonie, Flamen nach Flandern usw. oder vielleicht in der paneuropäischen Variante wird für alle weißen Christen davon ausgegangen, dass sie sich ähnlich genug sind. Dann sollen aber alle nicht Europäer draußen bleiben.

"Der Multiculturalismus" kommt nun daher und will uns unsere nationale Identität wegnehmen? Ich denke nicht.
Eine Zensur gibt es nicht in Deutschland oder sonst wo.
Wenn Diversität nur verfolgt wird als Geschmacksurteil, ja das würde ich als falsch kritisieren.

Eine Selbstzensur? Vielleicht, aber ich finde den Prozess zusehr verknüpft mit den Überlegungen wie ich mein Kulturprodukt verkaufen kann in all den verschiedenen Kulturindustrien. Die Entwicklung hin zu "more of same" ist dabei ein Problem der Kulturindustrie. Das ist nicht das Problem von Diversität.


Meinungsfreiheit damals und heute
Die Vorgaben und Zensur einer staatlichen Behörde über Inhalte in Kulturprodukten und gleichgeschaltete Medien wie etwa in der CSSR sind etwas anderes als in einer auf Recht und Prozess gegründeten Demokratie. Das ist der Teil von Meinungsfreiheit den alle aushalten müssen. Natürlich kann einem das erdrückend vorkommen und man hat das Gefühl von allen Seiten Widerspruch zu ernten. Wenn man dann für etwas kritisiert wird ist das Teil der Meinungsfreiheit.

Wenn du ein für Japan, was keine sehr diverse oder inklusive Gesellschaft zu sein scheint, ein sehr westliches Spiel dort mit "exotik Bonus" verkaufen kannst, ja und? Da sehe ich keinen Beweis. In so einem Umfeld kann das für ein Kulturprodukt förderlich sein. Und vielleicht funktioniert es besser in eine so "undiverse" Gesellschaft wie Japan ein Spiel zu verkaufen dass nicht mit dem Thema Diversität mit aufmacht.

Statistiken
Was die Statistiken angeht würde ich behaupten, dass sich Sexismus in Spielen nicht allein daran festmacht welches Geschlecht die Hauptfigur hat.
Das mag ein Indiz sein, aber dazu gehört mehr. Es ist vielleicht "weniger Sexismus" wenn man wie in Mass Effect das Geschlecht des/der Held*in frei wählen kann. Wenn aber im Marketing standardmässig ein Mann als Protagonist auftaucht wird das eben ein Stück zurückgenommen.
Man muss doch natürlich auch schauen wie dann die Repräsentation von z.B. Geschlecht ausschaut.

Und das Argument Kenyaner dürften die Repräsentation ihres Landes in einem Spiel besser treffen als ein westlicher Entwickler. Ja das ist auf empirischer Basis richtig. Aber Kenyaner verlassen ihr Land auch mal und können in der westlichen Welt auftauchen. Dann ist es am Entwickler dafür zu sorgen das zu erforschen und das glaubwürdig und nicht als Karikatur im Spiel einzubauen. Denn von diesen Karikaturen haben wir genut.
Würden wir das Normativ fordern scheint mir wäre das ähnlich der Forderungen der Leute die gegen "cultural approbation" kämpfen. Also der Aneignung von kulturellen Phänomene oder Geschichte insb. durch den Westen. Weil "wir Westler" nicht denken und fühlen wir Kenianer sollten wir uns damit nicht befassen und sie etwa nicht in "unsere Spiele" einbauen.

Die Forderung im Sinne einer Inklusion wäre aber: Bau sie ein, aber nicht als Karikatur oder Misrepräsentation oder weil du dir einen wirtschaftlichen Vorteil versprichst, sondern mach es weil du eine interessante Story willst und weil du dir Gedanken gemacht hast.(toughtful bist.)
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Puschkin
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Puschkin »

Don Mchawi hat geschrieben:
Philsen hat geschrieben:
Achja, bei Game of Thrones sind 98% der Hauptcharaktere weiss, müsste also mit Grundlage dieser neuen Sensibilität in Sachen Rassismus auch fleißig diskutiert werden.
Die Diskussion gibt es, genauso bei Herr der Ringe.
Zu dem Thema hatte ich gestern diese Artikel gesehen:
https://www.publicmedievalist.com/race-fantasy-genre/" onclick="window.open(this.href);return false;
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Maulwuerfel
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Maulwuerfel »

Für viele scheint es eine Art Denksport zu sein, den kleinstmöglichen Stein des Anstoßes zu finden zu dem sie noch eine Argumentation konstruieren können wie furchtbar sexistisch, rassistisch und überhaupt empörenswert das doch ist. Schadet nur leider der eigentlich sinnvollen und wichtigen Diskussion zu diesen Problemen...
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Feamorn
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Feamorn »

Puschkin hat geschrieben:
Don Mchawi hat geschrieben:
Philsen hat geschrieben:
Achja, bei Game of Thrones sind 98% der Hauptcharaktere weiss, müsste also mit Grundlage dieser neuen Sensibilität in Sachen Rassismus auch fleißig diskutiert werden.
Die Diskussion gibt es, genauso bei Herr der Ringe.
Zu dem Thema hatte ich gestern diese Artikel gesehen:
https://www.publicmedievalist.com/race-fantasy-genre/" onclick="window.open(this.href);return false;
Schöner Artikel, vielen Dank!

Ich finde es im übrigen überhaupt nicht schlimm, die Themen zumindest zu diskutieren. Tolkien bleibt für mich persönlich einer der wichtigsten Autoren überhaupt, trotzdem kann ich das Werk auch durchaus kritisch betrachten und Probleme akzeptieren und benennen.
Ein noch sehr viel eindeutigeres Beispiel wäre bei sowas auch H.P. Lovecraft, dieser ist nicht unverdient eines der großen Vorbilder in Sachen Horror, trotzdem sollte, nein muss man, meiner Meinung nach, seinen teilweise extrem offen zur Schau gestellten Rassismus benennen und kritisieren. Das macht sein Werk in Sachen "Horror" nicht schlechter. Aber man kann heute auch nicht hingehen und das kommentarlos einfach loben, auf die Art schleppt man nämlich das Problem was ein Lovecraft oder auch Tolkien, möglicherweise unter Eindruck ihrer Zeit, mit in das Werk gebracht haben immer weiter durch zukünftige Generationen.

Ich finde das auch jetzt im Threadkontext das viel wichtigere Thema. Ob in das Spiel jetzt Nicht-Weiße Figuren gehören, oder weibliche Helden spielbar sein sollten weiß ich nicht, aber man sollte zumindest darüber sprechen dürfen, ob dem so ist oder nicht. (Hier finde ich auch dieses ständige "oh die bösen SJWs, immer sofort am draufhauen"-Gerufe echt daneben. Denn genau diese Rufe hauen doch genau so auf jede Form der etwas kritischeren Diskussion oder auch bloße Hinweise oder Nachfragen, egal ob nun begründet oder nicht. (Hat sich ja auch hier im Thread wieder gezeigt.))

Dass von der Presse oft einfach die Aussage "wir sind historisch total korrekt" übernommen wird, ohne diese Aussage zu hinterfragen finde ich sehr problematisch. Ein Problem entsteht mit solch einem Werk dann, wenn es möglicherweise eben doch keine korrekte Darstellung bietet, aber von allen Seiten ungefragt als korrekt akzeptiert und angepriesen wird.
NDA
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von NDA »

Danke für die Information mit der Kartengröße und der Dorf-Simulation. Macht für mich die Diskussionen mit den farbigen Minderheiten etwas obsolet. Dies ist ungefähr die Landfläche meines Heimatdorfes und auch dort gibt es keine schwarzen Menschen, von daher kann ich verstehen, wenn im Spiel keine eingebaut wurden. :)
Bái Zuô!
NDA
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von NDA »

Feamorn hat geschrieben: Dass von der Presse oft einfach die Aussage "wir sind historisch total korrekt" übernommen wird, ohne diese Aussage zu hinterfragen finde ich sehr problematisch. Ein Problem entsteht mit solch einem Werk dann, wenn es möglicherweise eben doch keine korrekte Darstellung bietet, aber von allen Seiten ungefragt als korrekt akzeptiert und angepriesen wird.
Man muss wohl Geschichte studiert haben um zu wissen, dass es sowas wie "historische Korrektheit " nicht gibt, höchstens eine Annäherung verwoben mit der ausgesuchten Perspektive des jeweiligen Historikers.

Außerdem wird die Quellenlage über das kleine Gebiet von dieser Zeit gerade über das Leben der kleinen Bevölkerung sehr schlecht sein. Was wir bei Kingdom Come bekommen werden, ist eine Fantasie, nur diesmal ohne Magie.
Bái Zuô!
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Lurtz
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Lurtz »

Feamorn hat geschrieben:Ich finde es im übrigen überhaupt nicht schlimm, die Themen zumindest zu diskutieren. Tolkien bleibt für mich persönlich einer der wichtigsten Autoren überhaupt, trotzdem kann ich das Werk auch durchaus kritisch betrachten und Probleme akzeptieren und benennen.
Ein noch sehr viel eindeutigeres Beispiel wäre bei sowas auch H.P. Lovecraft, dieser ist nicht unverdient eines der großen Vorbilder in Sachen Horror, trotzdem sollte, nein muss man, meiner Meinung nach, seinen teilweise extrem offen zur Schau gestellten Rassismus benennen und kritisieren. Das macht sein Werk in Sachen "Horror" nicht schlechter. Aber man kann heute auch nicht hingehen und das kommentarlos einfach loben, auf die Art schleppt man nämlich das Problem was ein Lovecraft oder auch Tolkien, möglicherweise unter Eindruck ihrer Zeit, mit in das Werk gebracht haben immer weiter durch zukünftige Generationen.
Tolkien und Lovecraft da in einem Zusammenhang zu nennen finde ich unangebracht. Bei Lovecraft trieft der Rassismus beinahe aus jeder Seite.

Das geht auch weiter als das "man of his time"-Argument:
http://web.archive.org/web/201707200320 ... e-defense/" onclick="window.open(this.href);return false;
Children are dying.
That's a succinct summary of humankind, I'd say. Who needs tomes and volumes of history? Children are dying. The injustices of the world hide in those three words.
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Feamorn
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Feamorn »

Lurtz hat geschrieben:
Feamorn hat geschrieben:...
Tolkien und Lovecraft da in einem Zusammenhang zu nennen finde ich unangebracht. Bei Lovecraft trieft der Rassismus beinahe aus jeder Seite.

Das geht auch weiter als das "man of his time"-Argument:
http://web.archive.org/web/201707200320 ... e-defense/" onclick="window.open(this.href);return false;
Das war auch keinesfalls meine Absicht, vielleicht war meine Abtrennung aber tatsächlich nicht deutlich genug. Natürlich ist Lovecraft ein ganz anderes Kaliber, auch im Kontext seiner Zeit. Ganz ohne Zweifel!
Wie der verlinkte Text oben ja auch sagt, ist das bei Tolkien ein subtiler Fall.
Zuletzt geändert von Feamorn am 16. Jan 2018, 12:59, insgesamt 1-mal geändert.
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Lord MacLeod
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Lord MacLeod »

NDA hat geschrieben: Man muss wohl Geschichte studiert haben um zu wissen, dass es sowas wie "historische Korrektheit " nicht gibt, höchstens eine Annäherung verwoben mit der ausgesuchten Perspektive des jeweiligen Historikers.
Hier möchte ich als studierter Historiker ein klein wenig widersprechen. Natürlich kann es so etwas wie 100% "historische Korrektheit" geben, aber das ist immer der jeweiligen Quellenlage (und deren Qualität) geschuldet. Schriftquellen, so vorhanden, bieten zwar häufig sehr viele Details, aber man muss immer im Hinterkopf behalten, inwiefern der Verfasser tatsächlich 100% wahrheitsgetreu berichtet hat, oder ob er am Ende eine bestimmte Agenda verfolgt hat?
Sachquellen, also z. B. archäologische Fundstücke, sind dagegen prinzipiell "unbestechlich", allersdings müssen sie natürlich "richtig interpretiert" werden.

Im Idealfall hat man also Schriftquellen UND Sachquellen zur Verfügung, die sich gegenseitig stützen. :)
Außerdem wird die Quellenlage über das kleine Gebiet von dieser Zeit gerade über das Leben der kleinen Bevölkerung sehr schlecht sein. Was wir bei Kingdom Come bekommen werden, ist eine Fantasie, nur diesmal ohne Magie.
Es ist richtig, dass die Quellenlage über das mittelalterliche Leben in Dorfgemeinschaften sehr dünn bis nicht existent ist, einfach weil sich zeitgenössische Chronisten wenig bis gar nicht für diese Thematik interessierten. Das betrifft aber nur Schriftquellen. Gerade im Bereich "Sachquellen" gibt's da so einige Erkenntnisse, gerade in jüngeren Zeit, da die Geschichtsforschung sich mit diesem Bereich ebenfalls noch nicht so lange beschäftigt.

Ein ganz tolles Projekt ist übrigens das hier, aus meiner alten Heimat:

https://www.geschichtspark.de/

Gut möglich, dass sich die Macher von KC:D dort auch inspirieren haben lassen.
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