Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

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Leonard Zelig
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Leonard Zelig »

Stuttgarter hat geschrieben:
Leonard Zelig hat geschrieben:
Was ist eigentlich mit den Besuchern der Wagner-Festspiele? Sorgen die mit ihrer Präsenz nicht auch dafür, dass der Name Wagner positiv in die Öffentlichkeit getragen wird?
Wagner ist ein tolles Beispiel. An ihm, seinem Weltbild und seinem Werk haben sich nämlich mittlerweile zigtausende Kulturschaffende, Kulturwissenschaftler, Historiker etc. kritisch abgearbeitet. Sprich: Mit Wagner wurde exakt das gemacht, was Spieler auf die Barrikaden treibt, wenn man auch nur ansatzweise in dieselbe Richtung bei ihren "Göttern" geht.
Ich nehme mal an du meinst mit Göttern keine Promis der Spielebranche, von denen gibts ja eh immer weniger. Welches Spiel ist denn vergleichbar mit Wagner? Call of Duty? Da wurde doch der Kritik am Hurra-Patriotismus oft sogar zugestimmt. Bei Hatred, ein Amoklauf-Simulator, waren die Kritiker sogar in der Überhand. Aber im Zentrum der Kritik stand ja hierzulande fast immer nur Counter-Strike und diese fand leider auf einem intellektuell äußerst niedrigen Level statt. Deswegen sind die Spieler auf die Barrikaden gegangen.

Sicher gibt es auch Spieler, die nicht mit Kritik umgehen können. Ich erinner nur an #GamerGate und die Videos von Anita Sarkeesian.
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Desotho
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Desotho »

Naja, laut Wikipedia war Wagner ein Antisemit und ist deswegen in Israel heftig umstritten.
Gesellschafter der Bayreuther Festspiele GmbH sind laut Webseite z.B. auch Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien - wenn ich das Logo richtig deute.
Zuletzt geändert von Desotho am 19. Jan 2018, 22:05, insgesamt 1-mal geändert.
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Stuttgarter
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Stuttgarter »

Desotho hat geschrieben:Naja, laut Wikipedia war Wagner ein Antisemit und ist deswegen in Israel heftig umstritten.
Dafür brauch ich kein Wikipedia, um das zu wissen. Aber was willst Du mir damit sagen?
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Desotho
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Desotho »

Stuttgarter hat geschrieben: Dafür brauch ich kein Wikipedia, um das zu wissen. Aber was willst Du mir damit sagen?
Seltsame Frage.
Wagners Werk ok. Kingdom Come nicht. Warum?
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Felidae
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Felidae »

Leonard Zelig hat geschrieben:
Stuttgarter hat geschrieben: Wagner ist ein tolles Beispiel. An ihm, seinem Weltbild und seinem Werk haben sich nämlich mittlerweile zigtausende Kulturschaffende, Kulturwissenschaftler, Historiker etc. kritisch abgearbeitet. Sprich: Mit Wagner wurde exakt das gemacht, was Spieler auf die Barrikaden treibt, wenn man auch nur ansatzweise in dieselbe Richtung bei ihren "Göttern" geht.
Ich nehme mal an du meinst mit Göttern keine Promis der Spielebranche, von denen gibts ja eh immer weniger. Welches Spiel ist denn vergleichbar mit Wagner? Call of Duty? Da wurde doch der Kritik am Hurra-Patriotismus oft sogar zugestimmt. Bei Hatred, ein Amokluaf-Simulator, waren die Kritiker sogar in der Überhand. Aber im Zentrum der Kritik stand ja hierzulande fast immer nur Counter-Strike und diese fand leider auf einem intellektuell äußerst niedrigen Level statt. Deswegen sind die Spieler auf die Barrikaden gegangen.
Desotho hat geschrieben:Seltsame Frage.
Wagners Werk ok. Kingdom Come nicht. Warum?
Es geht nicht um ein Spiel, sondern um Vávra, der (überspitzt formuliert) trotz seiner Fehltritte für manche offenbar "unantastbar" ist. Eine kritische Auseinandersetzung mit seiner Haltung ist genauso wichtig wie jene mit der Band Burzum. Natürlich können Leute nach wie vor Fans von Vávra und Warhorse sein aber dennoch sollten sie über die Hintergründe Bescheid wissen. Denn über Wagner weiß man Bescheid, weil man sich mit ihm auseinandergesetzt hat. Und genauso muss man auch Personen (bzw. deren Gesinnung) der heutigen Zeit beleuchten dürfen.
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Desotho
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Desotho »

Felidae hat geschrieben: Es geht nicht um ein Spiel, sondern um Vávra
Kann ein Mod bitte den Thread-Titel "Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild" anpassen?
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Pawuun
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Pawuun »

Desotho hat geschrieben:
Felidae hat geschrieben: Es geht nicht um ein Spiel, sondern um Vávra
Kann ein Mod bitte den Thread-Titel "Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild" anpassen?
:clap: :clap: :clap: :clap: :banana-dance: :banana-dance: :happy-jumpeveryone:

Bemerkenswert, hahaha. Super dieser trockene Humor. Sitze hier gerade und grins mir einen.
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Terranigma
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Terranigma »

Stuttgarter hat geschrieben:Allerdings sollte man dabei doch nicht außer acht lassen, dass ein Lovecraft ein Mensch des ausgehenden 19. Jahrhunderts war und vor Ausbruch des zweiten Weltkriegs gestorben ist. Das macht seine rassistischen Ansichten nicht besser - aber es ist doch ein gewaltiger Unterschied, ob man ein Kind seiner Zeit ist oder ein Neonazi nach Auschwitz.
Natürlich macht es einen Unterschied, wenn man Lovecraft und Vikernes vergleicht. Aber dieser Vergleich ist für die Grundsatzfrage, ob die Person des Künstlers für die Rezeption des Werkes maßgeblich, nicht relevant. Wenn jemand also Vavra dafür kritisiert, die Kunst eines Neo-Faschisten zu genießen mit dem Hinweis, die Rezeption dessen Werkes sei eine unethische Würdigung des Künstlers, der wird für mein Dafürhalten nicht umgekehrt die Rezeption von Lovecraft - nur als Beispiel! - rechtfertigen können.

Entweder man räumt es dem Rezipienten ein, Werk und Künstler zu trennen, oder man tut es nicht. Wenn man es tut, so sei auch einzuräumen, dass jeder die Grenze des Erträglichen individuell für sich bestimmt. Ich kann auch verstehen, wenn jemand die Literatur von Lovecraft aufgrund dessen Rassismus für ungenießbar hält. Ebenso kann ich verstehen, wenn jemand Tom Cruise aufgrund dessen Verbindung zu Scientology nicht erträgt. Und auch kann ich verstehen, wenn man Burzum aufgrund der Ideologie von Vark Vikernes nicht erträgt. Aber wenn man prinzipiell einräumt, dass es möglich ist Werk und Künstler zu trennen, so solle man doch auch anderen ohne Zeigefinger die Freiheit gewähren, diese Grenze des Erträglichen für sich selbst zu ziehen. Man kann sich natürlich auch auf den Standpunkt stellen, dass Werk und Künstler nicht zu trennen sei. Den Standpunkt würde ich aber z.B. nicht einnehmen.

Ich lese gerne Lovecraft, auch in dem Wissen, dass der Urheber des Cthulhu-Mythos auch solchen Abfall geschrieben hat:

"When, long ago, the gods created Earth
In Jove's fair image Man was shaped at birth.
The beasts for lesser parts were next designed;
Yet were they too remote from humankind.
To fill the gap, and join the rest to Man,
Th'Olympian host conceiv'd a clever plan.
A beast they wrought, in semi-human figure,
Filled it with vice, and called the thing a Nigger."

Und das Werk dieses Mannes wird nun von Cyanide Studio "gewürdigt", in dem sie ein Cthulhu-Spiel entwickeln. Ich kann verstehen, wenn man einem das übel aufstoßt; ich kann aber auch verstehen, wenn es das nicht tut. Ich würde aber nicht suggerieren, dass Lovecraft-Leser Rassisten seien, mit Rassismus sympathisieren oder gar Rassismus unterstützen, indem sie Lovecraft hofieren. Diese Implikation wird aber gegenüber Vavra getätigt, lediglich aufgrund der Wahl seines Shirts. Wenn Journalisten sich auf diese Art von Berichterstattung nicht einlassen, begrüße ich das. Es geht um KD:C, nicht um Vavra. Und über dessen Einfluss ist bis zum Release nichts Belastbares zu sagen.
Stuttgarter hat geschrieben:Wagner ist ein tolles Beispiel. An ihm, seinem Weltbild und seinem Werk haben sich nämlich mittlerweile zigtausende Kulturschaffende, Kulturwissenschaftler, Historiker etc. kritisch abgearbeitet.
Und trotzdem höre Menschen immer noch gerne Wagner. Eben weil sie Werk und Künstler trennen können.
Zuletzt geändert von Terranigma am 19. Jan 2018, 22:46, insgesamt 1-mal geändert.
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DexterKane
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von DexterKane »

Felidae hat geschrieben: Es geht nicht um ein Spiel, sondern um Vávra, der (überspitzt formuliert) trotz seiner Fehltritte für manche offenbar "unantastbar" ist. Eine kritische Auseinandersetzung mit seiner Haltung ist genauso wichtig wie jene mit der Band Burzum. Natürlich können Leute nach wie vor Fans von Vávra und Warhorse sein aber dennoch sollten sie über die Hintergründe Bescheid wissen. Denn über Wagner weiß man Bescheid, weil man sich mit ihm auseinandergesetzt hat. Und genauso muss man auch Personen (bzw. deren Gesinnung) der heutigen Zeit beleuchten dürfen.
Nichts für ungut, aber das empfinde ich als unfair.

Vavra ist (nach dem was ich von ihm gelesen habe) ein Mensch mit reaktionär/konservativem Weltbild.

Macht ihn das für mich als linksliberalen Sozialdemokraten unsympastisch? Mit Sicherheit.
Würde ich mit dem gerne ein Bier trinken gehen? Wahrscheinlich nicht.
.
Das macht ihn aber NICHT zu einem Neonazi, der in seinem Spiel (das wir alle noch nicht gesehen haben) von einem ethnisch gesäuberten Böhmen/Tschechien träumt. Das ist halt ein himmelweiter Unterschied.

Dazu kommt, das Spiele nicht nur von einer Person gemacht werden. Träumt Herr Klima, als Enkel eines Holocaust Überlebenden, ebenfalls davon?
(Sorry, das ist wahrscheinlich unter der Gürtellinie, aber ich hoffe man versteht worauf ich hinaus will.)

Ich spreche niemandem ab, das Spiel wegen Vavra nicht kaufen zu wollen, das ist völlig legitim.
Vavra für eine unsympatische Arschnase zu halten, würde ich sogar unterschreiben.
Ich sehe nur zwischen konservativ und Neonazi einen deutlichen Unterschied.
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Felidae
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Felidae »

Desotho hat geschrieben:
Felidae hat geschrieben: Es geht nicht um ein Spiel, sondern um Vávra
Kann ein Mod bitte den Thread-Titel "Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild" anpassen?
Der Kontext war hier der Vergleich vom Umgang mit Wagner und Vávra.
Leonard Zelig hat geschrieben:Was ist eigentlich mit den Besuchern der Wagner-Festspiele? Sorgen die mit ihrer Präsenz nicht auch dafür, dass der Name Wagner positiv in die Öffentlichkeit getragen wird?
Desotho hat geschrieben:Wagners Werk ok. Kingdom Come nicht. Warum?
Darauf bin ich eingegangen. Ich habe darauf hingewiesen, dass man sich mit Wagner beschäftigt hat und sein Werk nun mit dem Hintergrundwissen um ihn betrachtet. Auch seine Musik existiert nicht im luftleeren Raum - genauso wenig wie Kingdom Come und die Musik von Burzum.
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Felidae
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Felidae »

DexterKane hat geschrieben: Nichts für ungut, aber das empfinde ich als unfair.

Vavra ist (nach dem was ich von ihm gelesen habe) ein Mensch mit reaktionär/konservativem Weltbild.
[...]
Das macht ihn aber NICHT zu einem Neonazi, der in seinem Spiel (das wir alle noch nicht gesehen haben) von einem ethnisch gesäuberten Böhmen/Tschechien träumt. Das ist halt ein himmelweiter Unterschied.

Dazu kommt, das Spiele nicht nur von einer Person gemacht werden. Träumt Herr Klima, als Enkel eines Holocaust Überlebenden, ebenfalls davon?
(Sorry, das ist wahrscheinlich unter der Gürtellinie, aber ich hoffe man versteht worauf ich hinaus will.)
[...]
Ich sehe nur zwischen konservativ und Neonazi einen deutlichen Unterschied.
So, und wo genau bezeichne ich Vávra oder Klima als Neonazi?
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DexterKane
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von DexterKane »

Felidae hat geschrieben:
So, und wo genau bezeichne ich Vávra oder Klima als Neonazi?
Das wollte ich damit nicht ausdrücken.

Ich bezog mich damit auf die "unantastbar" Aussage.
Ich wollte eigentlich nur sagen, dass es ok ist Vavra zu kritisieren, habe aus dem Kommentar und dem von Stuttgarter davor aber rausgelesen ich wolle ihn verteidigen, obwohl ich eigentlich nur das Spiel nicht vorverurteilen möchte.

Falls ich da was falsch interpretiert habe, Tut mir leid, war nicht ald Angriff gemeint. :)
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Peninsula
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Peninsula »

Terranigma hat geschrieben:[der gante letzte Beitrag]
Ich habe den Eindruck hier reden beide Seiten ein wenig aneinander vorbei.
Woher weißt du denn um die für einige Menschen problematischen Gesinnungen von Wagner, Lovecraft, Tom Cruise usw. usf.?
Die allerwenigsten "umstrittenen" Figuren aus Kunst und Kultur sagen von sich selbst direkt: "Ich bin Anhänger einer menschenverachtenden Ideologie! Deal with it!" (Auf Burzum mag das "lustigerweise" vielleicht sogar ein Stück weit zutreffen).
Wie Stuttgarter bereits geschrieben hat, wissen wir so etwas doch daher, dass (nicht einmal nur öffentliche) Äußerungen dieser Leute und Zeitzeugenaussagen kritisch interpretiert, hinterfragt und eingeordnet wurden und werden. Und genau eine solche Herangehensweise, wie sie in anderen Medien beinahe eine Selbstverständlichkeit ist, fordern "wir" (zumindest, wenn ich viele der Vavra-kritischen Mitdiskutant*innen richtig interpretiere) auch für das Medium Computerspiele. Und da kommt dann eine Gegenreaktion, die sich teilweise so liest, als sei ein Verbot des Spiels und mindestens die öffentliche Auspeitschung des Entwicklers gefordert worden.
Dabei geht es doch erst einmal vor allem um einen kritischen Diskurs, auf dessen Basis dann jeder für sich entscheiden kann, für wie problematisch er (oder sie) Vavra, Warhorse Studios und deren Werk hält.
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Terranigma
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Terranigma »

Peninsula hat geschrieben:Dabei geht es doch erst einmal vor allem um einen kritischen Diskurs, auf dessen Basis dann jeder für sich entscheiden kann, für wie problematisch er (oder sie) Vavra, Warhorse Studios und deren Werk hält.
Das kann man tun. Aber in dem Fall sollte man auch "Diskussion über Vavra" trennen von "Diskussion über KC:D". Derzeit wird beides vermengt und ohne Kenntnis des Werkes impliziert, dass das eine im notwendigen Zusammenhang mit dem anderen steht. Das war immerhin auch der Auslöser der Diskussion. Der Anstoß war ja nicht "Vavra ist ein konservativer Typ", sondern "Vavra ist konservativer Typ und das färbt auf KC:D ab", aber der Beweis für letzteres kann ohne Release des Spiels schlichtweg nicht erbracht werden. Ohne dass das Werk released ist, sehe ich aktuell nicht, wie man einen kritischen Diskurs darüber führen will. Man kann ja auch nicht über Wagners Musik reden ohne sie je gehört zu haben.

Ich verstehe schon, dass ihr einen kritischen Diskurs wollt. Den möchte ich auch, aber auf einer belastbaren Grundlage. Diese Grundlage wäre das Werk, um das es immerhin gehen soll. Da das Werk aber bisher nicht released ist, gibt es kein belastbare Grundlage, aufgrund derer man über das Werk reden kann.
Zuletzt geändert von Terranigma am 19. Jan 2018, 23:26, insgesamt 3-mal geändert.
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Stuttgarter
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Stuttgarter »

Peninsula hat geschrieben: Ich habe den Eindruck hier reden beide Seiten ein wenig aneinander vorbei.
Woher weißt du denn um die für einige Menschen problematischen Gesinnungen von Wagner, Lovecraft, Tom Cruise usw. usf.?
Die allerwenigsten "umstrittenen" Figuren aus Kunst und Kultur sagen von sich selbst direkt: "Ich bin Anhänger einer menschenverachtenden Ideologie! Deal with it!" (Auf Burzum mag das "lustigerweise" vielleicht sogar ein Stück weit zutreffen).
Wie Stuttgarter bereits geschrieben hat, wissen wir so etwas doch daher, dass (nicht einmal nur öffentliche) Äußerungen dieser Leute und Zeitzeugenaussagen kritisch interpretiert, hinterfragt und eingeordnet wurden und werden. Und genau eine solche Herangehensweise, wie sie in anderen Medien beinahe eine Selbstverständlichkeit ist, fordern "wir" (zumindest, wenn ich viele der Vavra-kritischen Mitdiskutant*innen richtig interpretiere) auch für das Medium Computerspiele. Und da kommt dann eine Gegenreaktion, die sich teilweise so liest, als sei ein Verbot des Spiels und mindestens die öffentliche Auspeitschung des Entwicklers gefordert worden.
Dabei geht es doch erst einmal vor allem um einen kritischen Diskurs, auf dessen Basis dann jeder für sich entscheiden kann, für wie problematisch er (oder sie) Vavra, Warhorse Studios und deren Werk hält.
Danke, exakt darum gehts.
Stuttgarter
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Stuttgarter »

Terranigma hat geschrieben:
Das kann man tun. Aber in dem Fall sollte man auch "Diskussion über Vavra" trennen von "Diskussion über KC:D". Derzeit wird beides vermengt und ohne Kenntnis des Werkes impliziert, dass das eine im notwendigen Zusammenhang mit dem anderen steht. Das war immerhin auch der Auslöser der Diskussion. Der Anstoß war ja nicht "Vavra ist ein konservativer Typ", sondern "Vavra ist konservativer Typ und das färbt auf KC:D ab", aber der Beweis für letzteres kann ohne Release des Spiels schlichtweg nicht erbracht werden. Ohne dass das Werk released ist, sehe ich aktuell nicht, wie man einen kritischen Diskurs darüber führen will. Man kann ja auch nicht über Wagners Musik reden ohne sie je gehört zu haben.
Man kann über die Person "Wagner" und seine künstlerische Bedeutung heutzutage wunderbar diskutieren ohne eine einzige Wagnernote gehört zu haben. Wagner hat eine antisemitische Hetzschrift veröffentlicht, "Das Judenthum in der Musik". Damals gabs noch kein Twitter - also hat ers drucken lassen. Aber allein aufgrund dieser Hetzschrift kann man wunderbar drüber diskutieren, wie man die Person Wagner und damit auch seine Kunst rezipieren sollte.
Peninsula
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Peninsula »

Terranigma hat geschrieben:Das kann man tun. Aber in dem Fall sollte man auch "Diskussion über Vavra" trennen von "Diskussion über KC:D".
Nein, nein und nochmals nein.
Erstens kritisieren meines Wissens niemand eine "konservative" Haltung Vavras, sondern eine Haltung weit rechts davon. Diese Einschätzung musst du ja nicht teilen, aber die Kritik ist teils heftig, weil eine so menschenverachtende Gesinnung hinter seinen Aussagen vermutet wird. Und damit ist aus Sicht vieler Kritiker nun einmal eine gewisse Dringlichkeit gegeben.

Zweitens sind einige dieser Aussagen von Vavra ganz konkret im Zusammenhang mit KC:D getroffen worden. Er hat somit das von ihm maßgeblich mitentwickelte Spiel in diese Diskussion miteinbezogen, nicht die Kritiker haben irgendwas vermengt. Bei den allermeisten Äußerungen ging es auch um Ideologie und Computerspiele, die Darstellung "europäischer Identität" in selbigen usw. Es ist also völlig legitim, Vavras kommendes Spiel auch vor Erscheinen zum Gegenstand dieser Diskussion zu machen.

Drittens (dazu verlinkte ich vorher den Sigl-Text) spielt gerade die Vorstellung vom "weißen Mittelalter" eine besondere Rolle in den rechten Kreisen, in deren Umfeld Kritiker Vavras Äußerungen verorten. Wenn so jemand also ankündigt, ein "ultrarealistisches" Mittelalterspiel zu machen, ist es völlig normal, dass KC:D in diesem Zusammenhang auch diskutiert wird. Sollte Woody Allen eine Dokumentation über das Thema Kindesmissbrauch ankündigen, Tom Cruise eine Doku über Religionsfreiheit produzieren, oder Mel Gibson einen Film über den Holocaust drehen, würden diese Werke garantiert auch schon vor Erscheinen kritisch diskutiert - eben weil sich alleine aus den Machern und den Sujets bereits eine problematische Konstellation ergibt.
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Terranigma
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Terranigma »

Stuttgarter hat geschrieben:Man kann über die Person "Wagner" und seine künstlerische Bedeutung heutzutage wunderbar diskutieren ohne eine einzige Wagnernote gehört zu haben.
Das kann man, aber dann führt man einen Diskurs über Wagner als Person, nicht über Wagners Musik. Dem Titel des Threads nach zu urteilen geht es hier allerdings um KC:D, nicht um Vavra. Insofern würde ich auch sagen, dass hier teilweise über zwei verschiedene Sachverhalte gesprochen wird, aber ich würde auch vorschlagen, dass man bei dem Thema bleibt, um das es gemäß Titel gehen soll, eben um KC:D. Und über das kann man nicht reden ohne es gespielt zu haben, ebenso wenig wie man über Wagners Musik reden kann, ohne sie je gehört zu haben.

Aber der Vorwurf gegenüber KC:D war ja eben, dass das Spiel (!) ein problematisches Geschichtsbild vermitteln würde, aufgrund der polit. Haltung des Chef-Entwicklers. Damit sind wir eben in einem Diskurs über das Spiel, nicht über Vavra. Aber über das Spiel kann man eben eine derartige Behauptung nicht diskutieren, ohne es gespielt zu haben. Das erscheint mir evident. Wenn man nur über Vavra als Privatperson reden will, so kann man das tun; als Videospieler interessiert mich das persönlich nicht. Will man über Vavras Einfluss auf KC:D reden, wird man auf den Release warten müsse. Auch das erscheint mir evident.
Peninsula hat geschrieben:Es ist also völlig legitim Vavras kommendes Spiel auch vor Erscheinen zum Gegenstand dieser Diskussion zu machen.
Ich habe nie bestritten, dass es legitim sein, das zum Gegenstand der Diskussion zu machen. Aber wie möchtet ihr diese Diskussion argumentativ führen, wenn doch niemand von uns das Spiel je gespielt hat, um irgendeine belastbare Aussage treffen zu können. Ich bin doch auch an dem Diskurs interessiert; bin angehender Geschichtslehrer, mich treibt das Thema um. Aber ich möchte auch etwas haben - eben das fertige Spiel - über das ich reden kann. Ob die Vorwürfe gegenüber KC:D bestätigt werden können oder nicht, können wir beurteilen, sobald das Spiel da ist.

Um es klar zu sagen: ich spreche dem Diskurs weder seine Legitimation noch seine Angemessenheit ab. Ich plädiere lediglich dafür, dass wir die Diskussion um ein paar Wochen verschieben, bis das Spiel erschienen ist und wir auch konkret über das Werk reden können.
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Naitomea
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Naitomea »

Terranigma hat geschrieben: Wenn man nur über Vavra als Privatperson reden will, so kann man das tun; als Videospieler interessiert mich das persönlich nicht. Will man über Vavras Einfluss auf KC:D reden, wird man auf den Release warten müsse. Auch das erscheint mir evident.

[...]

Ich habe nie bestritten, dass es legitim sein, das zum Gegenstand der Diskussion zu machen. Aber wie möchtet ihr diese Diskussion argumentativ führen, wenn doch niemand von uns das Spiel je gespielt hat, um irgendeine belastbare Aussage treffen zu können.
Vavra hat durch das Spiel eine Öffentlichkeit und verbreitet in den Gesprächen darüber seine Weltansichten. Dies kann man kritisieren, komplett unabhängig davon, wie das fertige Spiel aussieht.
Dabei geht es darum, dass man Rechten nicht das Gefühl gibt, dass ihre Ansichten legitim und diskursfähig sind und eben ganz normal sind. Genau das versuchen AfD und Co. nämlich seit Jahren. Wenn dich sowas nicht interessiert und du das ignorierst, haben sie ihr Ziel erreicht.
NDA
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von NDA »

Naitomea hat geschrieben: Vavra hat durch das Spiel eine Öffentlichkeit und verbreitet in den Gesprächen darüber seine Weltansichten. Dies kann man kritisieren, komplett unabhängig davon, wie das fertige Spiel aussieht.
Dabei geht es darum, dass man Rechten nicht das Gefühl gibt, dass ihre Ansichten legitim und diskursfähig sind und eben ganz normal sind. Genau das versuchen AfD und Co. nämlich seit Jahren. Wenn dich sowas nicht interessiert und du das ignorierst, haben sie ihr Ziel erreicht.
Darum geht es im Ganzen hier also? Ernsthaft? Dann bin ich raus, das ist mir zu sehr "Friss oder Stirb" und "Exempel statuieren", Hauptsache sich moralisch überlegen fühlen. :?
Zuletzt geändert von NDA am 20. Jan 2018, 00:32, insgesamt 1-mal geändert.
Bái Zuô!
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