Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

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Stuttgarter
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Stuttgarter »

Voigt hat geschrieben:An sich werden die Entwickler schon wissen wie die Situation zumindest in den USA ist, und das USA Hauptabsatzmarkt für ihre Spiele sein wird. Die sind kein Indieentwickler nur für den eigenen kanadischen Markt.
Es ging zwar explizit um das eigne Umfeld, das so Designentscheidungen bedingt - aber bitte: Auch in den kompletten USA ist die gleichgeschlechtliche Ehe seit 2015 Gesetz. Einzelne Bundesstaaten erlauben sie bereits seit 2004. Auch da ist keine politische Agenda notwendig, sondern es ist die gelebte Realität.
Jochen

Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Jochen »

Felidae hat geschrieben:Es wird also nichts dargestellt, was so nicht existiert
Doch, durchaus. Denn das insbesondere in DA: I entworfene Bild einer Gesellschaft, die Homosexualität als etwas vollkommen normales und allenthalben nicht bemerkenswertes hält, existiert auch in Kanada nicht. Kanada mag progressiver als andere Nationen sein, aber von der Fantasie eines Dragon Age Inquisition ist auch die dortige Gesellschaft noch ein ganzes Stück entfernt. Auch kanadische Homosexuelle werden dir von tief verwurzelten Vorurteilen, homophoben Anfeindungen usw. berichten.

Als interessante Nebenbemerkung: Nur im bösen Tevinter gilt Homosexualität in der herrschenden Magierkaste als anstößig. Das religiöse Oberhaupt der Bösen heißt "Black Divine" - im Gegensatz zur liebenswert-progressiven "White Divine" in Thedas.
Daher ist das was völlig anderes als zu behaupten, dass zur Zeit X Gruppe Y nicht in Region Z anzutreffen war.
Es ist insofern etwas anderes, weil die Exklusion mit historischen Belegen begründet wird. Deshalb schrieb ich ja auch: Relevant ist, wer ausgeschlossen wird - und warum. Diese historischen Belege kann man prüfen. Bislang komme ich dabei - unter dem Vorbehalt, dass ich kein Historiker bin und das fertige Spiel nicht kenne - zu dem Schluss, dass die offensichtlich wirklich vorhandenen Gruppen nicht-europäisch-weißer Ethnizität - allen voran die aus vielen Quellen belegbaren Kumanen - durchaus im Spiel repräsentiert werden. Ob das wieder auf angemessene und historisch belegbare Weise geschieht (sie könnten ja theoretisch auch als barbarische Horden aus Asien dargestellt werden), muss dann das Werk klären.
Stuttgarter hat geschrieben:Insofern könnte man trefflich argumentieren, dass Bioware tatsächlich gar keine "politische Agenda" verfolgen - sondern schlicht das in ihre Spiele bringen, was sie vor der eigenen Haustür sehen
Fände ich offen gestanden eine trefflich dämliche Argumentation ;)

Denn wenn Entwickler aus Kanada vor ihrer eigenen Haustür keine Homophobie sehen und aufrichtig der Meinung sind, das Ideal einer sexuell toleranten Gesellschaft sei nicht politisch, wären sie blind und blöd.
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Terranigma
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Terranigma »

Stuttgarter hat geschrieben:Glaubst Du wirklich, dass die ganzen Neurechten, die sich über die links-Gutmensch-Propaganda in den Biowarespielen aufregen, die auch tatsächlich gespielt haben? :)
Nein, das glaube ich nicht. Aber ich werde mich in meinem Niveau nicht denen anpassen. ;)
Peninsula hat geschrieben:Indem der Chefentwickler es durch ideologisch gefärbte Äußerungen, die direkt auf den Produktionsprozess des Spiels Bezug nehmen, in diesen Kontext stellt und instrumentalisiert.
Instrumentalisierung legt nahe, dass Vavra sein Spiel vorsätzlich als Instrument benutzt, um ein Ziel zu erreichen, dass außerhalb des Spiels liegt. Nun habe ich allen Berichten über KC:D nach zu urteilen allerdings nicht den Eindruck gewonnen, dass Vavra - oder Warhorse - mit KC:D ein Propagandawerk schaffen, geschweige denn es im Rahmen einer polit. Kampagne instrumentalisieren. Die inhaltlichen Aussagen von Vavra, die sich unmittelbar auf KC:D beziehen, z.B. dass es in Böhmen zur besagten Zeit wohl keine Schwarzen gab, sind zutreffend. Ich sehe insofern nicht, inwiefern man KC:D für etwas instrumentalisiert werden sollte.
Peninsula hat geschrieben:Dies waren nur Komparsen, dennoch hielt man es offenbar für berichtenswert - und hat diesen einen Aspekt des Filmdrehs kritisch diskutiert. Um diesen Aspekt zu diskutieren, musste man den Film nicht gesehen haben.
Wenn du diese Diskussion führen magst, hast du natürlich recht. Ich persönlich finde auch diese Randnotiz bzgl. dem Film uninteressant, und würde es für mich abhaken mit: Ja, rechte Vollpfosten werden daran bestimmt ihren Gefallen finden. Es wird ebenso bestimmt auch allerlei rechte Vollpfosten geben, denen auf Skyrim einer abgeht, weil es mit nordischer Mythologie, weißen und starken Männern eine Fantasy genau nach deren Geschmack liefert. Allerdings treffen wir damit - wie du selbst sagst - weder eine Aussage über "Der Untergang" noch "Skyrim". Skyrim nun den Vorwurf zu machen, dass dumme Menschen damit Dummes anstellen könnten, erscheint mir dem Spiel gegenüber nicht fair und auch keinerlei interessante Erkenntnis zu bieten.

Aber in diesem Thread ging es, soweit mein Verständnis, um die Geschichtsdarstellung in KC:D, nicht um das Geschichtsbild eines Entwicklers. Und über die Geschichtsdarstellung in KC:D ist halt ohne Rezeption des Werkes nichts zu sagen. Welche polit. Haltung ein Chef-Entwickler eines Entwicklungsstudios hat erscheint mir wiederum aus Perspektive eines Spielejournalisten wenig relevant, vorausgesetzt natürlich, dass dessen polit. Haltung keinen erkennbaren Einfluss auf das Spiel hat. Und diesen möglichen Einfluss können wir aktuell eben nicht bestimmen. Ich gehe davon aus, dass es in der weltweiten Entwicklerszene linke und rechte, progressive und konservative, nette und arschige Personen gibt. Das für sich genommen erscheint mir aber nicht berichtenswert zu sein.


Da würde mich einmal die Meinung der hiesigen Journalisten interessieren, z.B. @Jochen gefragt: Inwiefern sind die politischen und weltanschaulichen Ansichten eines Entwicklers aus journalistischer Sicht relevant, solange sie sich nicht im Spiel niederschlagen? Erachtest du es als berichtenswert, ob ein Entwickler polit. links oder rechts eingestellt ist? Um KC:D scheint es mir in der Diskussion hier nämlich eigentlich gar nicht mehr zu gehen ...
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Felidae
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Felidae »

Jochen hat geschrieben:
Felidae hat geschrieben:Es wird also nichts dargestellt, was so nicht existiert
Doch, durchaus. Denn das insbesondere in DA: I entworfene Bild einer Gesellschaft, die Homosexualität als etwas vollkommen normales und allenthalben nicht bemerkenswertes hält, existiert auch in Kanada nicht. Kanada mag progressiver als andere Nationen sein, aber von der Fantasie eines Dragon Age Inquisition ist auch die dortige Gesellschaft noch ein ganzes Stück entfernt. Auch kanadische Homosexuelle werden dir von tief verwurzelten Vorurteilen, homophoben Anfeindungen usw. berichten.
Mit Sicherheit, dennoch existiert Toleranz gegenüber homosexuellen Menschen auch in der Realität - sie wird von Bioware bloß idealisiert dargestellt, daher schrieb ich von einem Ideal, welches die Entwickler in ihrem Spiel abbilden.
Jochen hat geschrieben:Als interessante Nebenbemerkung: Nur im bösen Tevinter gilt Homosexualität in der herrschenden Magierkaste als anstößig.
Dadurch wird natürlich deutlich, was Bioware von Homophobie hält, das stimmt. Somit werden aber auch beide Aspekte, also Toleranz und Abneigung gegenüber Homosexualität in DA:I thematisiert - und ja, letztendlich auch seitens der Entwickler bewertet. Homophobie wird aber nicht totgeschwiegen. Und dennoch besteht ja die Möglichkeit, dass die Entwickler ihre Gesellschaft mehrheitlich als tolerant wahrnehmen und sich diese Wahrnehmung auch in DA:I wiederspiegelt. Ich sehe keine "Forderung" seitens Bioware, welche ja von Personen mit konservativer oder rechter Haltung kritisiert wurde/wird.

Jochen hat geschrieben:Diese historischen Belege kann man prüfen. Bislang komme ich dabei - unter dem Vorbehalt, dass ich kein Historiker bin und das fertige Spiel nicht kenne - zu dem Schluss, dass die offensichtlich wirklich vorhandenen Gruppen nicht-europäisch-weißer Ethnizität - allen voran die aus vielen Quellen belegbaren Kumanen - durchaus im Spiel repräsentiert werden. Ob das wieder auf angemessene und historisch belegbare Weise geschieht (sie könnten ja theoretisch auch als barbarische Horden aus Asien dargestellt werden), muss dann das Werk klären.
Der Vergleich von Bioware und Warhorse enstand ja dadurch, dass in dem Standard-Artikel auf die Vorwürfe von GamerGate-Anhängern bzw. deren Sympathisanten hingewiesen wurde:
Stuttgarter hat geschrieben:Wenn man der Ansicht ist, dass Spieleentwickler und Fachpresse linke Propaganda verbreiten, dann käme man nicht umhin, KC:D als Vertreter der neurechten Propaganda zu sehen. Die Ironie dran ist dann, dass gerade die neurechten angeblich gar keine Politik in Spielen wollen. Es sich also um Doppelmoral handelt.

Und da kommen eben die Äußerungen von Vávra ins Spiel. Denn durch seine Wortwahl und Vorgehensweise ist es naheliegend, dass KC:D für politisch rechtsgerichtete Personen interessant wird (Vávras Verbindung zu GamerGate, die Einstellung er habe eine Art Deutungshoheit bezüglich Böhmens Historie, die Behauptung es habe im Mittelalter keine "nicht-Weißen" in Europa gegeben, die Betonung der "Männlichkeit" des Spiels, der höhnische Twitter-Beitrag mit dem schwarzen Schauspieler, das Breitbart-Interview, das Burzum-T-Shirt...). In dem Fall geht es also gar nicht darum, was KC:D letztendlich zeigen wird, sondern, dass das Spiel durch Vávras Verhalten zwangsläufig politisch aufgeladen wird.
Jochen

Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Jochen »

Terranigma hat geschrieben:z.B. @Jochen gefragt: Inwiefern sind die politischen und weltanschaulichen Ansichten eines Entwicklers aus journalistischer Sicht relevant, solange sie sich nicht im Spiel niederschlagen?
Dass sich die politischen bzw. weltanschaulichen Ansichten eines Künstlers nicht in seinem Werk niederschlagen, halte ich für relativ ausgeschlossen. Die entscheidende Frage ist lediglich, ob ich diesen Niederschlag tatsächlich seriös identifizieren kann - oder ob ich ihn bloß hineinlese. Bei eklatanten Fällen wie Lovecraft kann ich ihn sicherlich identifizieren - aber offen gestanden brauche ich dieses Wissen dort gar nicht, weil die Texte selbst vor Rassismus triefen. In den meisten Fällen allerdings werde ich anhand einer dürftigen Beweislage ins Blaue spekulieren, weshalb ich den biographischen Ansatz in der Literaturkritik auch eher problematisch finde. Die überwiegende Zahl der Künstler machen es einem eben nicht so einfach wie Lovecraft oder Mel Gibson. Die Gefahr, sich hoffnungslos zu vergallopieren, ist hoch - dafür existieren etliche Beispiele.

Nun sind Journalisten aber keine Literaturkritiker. Und mein Ansatz von Literaturkritik erhebt keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit. Insofern würde ich sagen, dass eine journalistische Relevanz unter gewissen Bedingungen durchaus gegeben sein kann. Etwa wenn ein kausaler Zusammenhang zwischen Kunst und Künstler erkenn- und journalistisch nachweisbar ist. Oder wenn es sich um besonders extreme Ansichten handelt, die der Künstler öffentlich äußert. Oder wenn der aufrichtige Versuch unternommen wird, den Menschen hinter dem Spiel und diesen Ansichten zu verstehen - nicht im Sinne von Verharmlosung oder Relativierung, sondern weil der moderne Journalismus Menschen zu oft auf 140 Zeichen reduziert ... und weil "selbst Schuld, wenn der Depp das sagt" eben kein Journalismus, sondern Boulevard ist.

Je älter ich werde, desto weniger interessiert mich das "was" und desto mehr das "warum". Das "was" ist zwar elementarer Teil des "warum", aber ohne das "warum" ist das "was" vielfach bloß eine bequeme Schublade. Natürlich kann man jetzt sagen - wenn ich dieses "was" höre, interessiert mich das "warum" nicht mehr. Das "was" disqualifiziert alles. Ist legitim. Geht mir gelegentlich auch so. Aber als Journalist muss mich das "warum" interessieren - sonst braucht mich niemand.
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Terranigma
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Terranigma »

Jochen hat geschrieben:Dass sich die politischen bzw. weltanschaulichen Ansichten eines Künstlers nicht in seinem Werk niederschlagen, halte ich für relativ ausgeschlossen.
Sehe was du meinst, und habe mich da schlecht ausgedrückt: aber du hast die Frage auch so beantwortet. Fraglos schlägt sich die eigene Weltanschauung in so ziemlich allem wieder, was man tut - eingangs sagte ich ja auch selbst, dass z.B. auch die Geschichtsschreibung immer von jemanden betrieben und Geschichte daher immerzu perspektivgebunden ist, eben von der jeweiligen Perspektive des Historikers. Für Künstler gilt dies natürlich ebenso. Insofern wird KC:D, als Spiel an dem Vavra beteiligt ist, auch durch die Person von Vavra mitgeprägt - wobei natürlich zu fragen ist, wie groß der Einfluss in einer derartig großen Produktion am Ende wirklich ist. KC:D scheint wohl kein Autorenwerk zu sein, so zumindest mein Eindruck.

Aber um bei Lovecraft zu bleiben. Wie du sagst, muss nichts über Lovecraft wissen, um Lovecraft in seinen Werken zu erkennen. Der Ansatz wäre nicht, dass ich mich vorher informiere, dass Lovecraft ein Rassist sei und dann versuche, diese Vorannahme in seinen Werken bestätigt zu finden. Eher sollte ich mich den Werken nach Möglichkeit unbefangen zuwenden, und dann den Autoren anhand seines Werkes rekonstruieren. In der Gesamtheit des Werkes von Lovecraft wird man da sicherlich zum Urteil kommen, dass der Autor rassistisch sei. Dies gilt allerdings nicht für jeden Text; wer z.B. nur "Dagon" von Lovecraft gelesen hat, wird da wohl keinen Rassismus erkennen - behaupte ich mal. Das heißt obwohl Lovecraft ein Rassist war, heißt dies nicht, dass sich dies in jedem einzelnen Werk erkennbar niederschlägt. Insofern würde ich auch sagen, dass sich die weltanschaulichen Ansichten von Vavra nicht notwendigerweise in KC:D niederschlagen müssen. Eher sollte man sich KC:D nach Möglichkeit unbefangen zuwenden und dann versuchen, den Autoren anhand des Werkes zu rekonstruieren.
Jochen hat geschrieben:Oder wenn der aufrichtige Versuch unternommen wird, den Menschen hinter dem Spiel und diesen Ansichten zu verstehen - nicht im Sinne von Verharmlosung oder Relativierung, sondern weil der moderne Journalismus Menschen zu oft auf 140 Zeichen reduziert ... und weil "selbst Schuld, wenn der Depp das sagt" eben kein Journalismus, sondern Boulevard ist.
Ja, das sehe ich ähnlich. Der bloße Umstand, dass es mit Vavra offenbar in der weltweiten Entwicklerszene eine Person gibt, die aus westlicher Perspektive für einige Zeitgenossen als konservativ, rechts und/oder reaktionär erscheint, finde ich an sich wenig berichtenswert. Zumindest sähe ich keinen Erkenntnisgewinn in einer derartigen Berichterstattung, die sich mit dem "was" begnügt. Die Punchline wäre wohl lediglich: "Osteuropäer sind gemäß unserer Maßstäbe wohl konservativer. Das gilt auch für Videospielentwickler" Na, wer hät's gedacht. ;)
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Stuttgarter
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Stuttgarter »

Terranigma, nur ein kurzer Einwurf zu Deinem "Das interessiert mich alles nicht" - Du übersiehst da was wesentliches. Bei "dummen" erkennt man problemlos am Werk, wenn sie ihre Weltsicht propagieren. (Oder bei einem Lovecraft erkennt man es problemlos, weil er für die damalige Zeit keine anrüchige Position vertreten hat und sich deshalb nicht verstellen musste.)

Die Intelligenten werden das aber subtil machen und versuchen, Dich zu manipulieren. Deshalb ist es wichtig, dass Journalisten auch die Personen hinter dem Werk betrachten, auch, wenn sie zunächst vielleicht keine offensichtlichen Verdachtsmomente für was negatives haben: Sondern sich einfach für die Personen hinter dem Werk interessieren und dabei dann evtl. auch über negative Charaktermerkmale stolpern. So wird seit Jahrzehnten mit Schriftstellern, Musikern, Schauspielern, Regisseuren etc umgegangen - das sollte auch für Entwickler von Spielen gelten. Um gegebenenfalls dann feststellen zu können, ob sie eventuell subtil manipulieren. Um mal von der Rassismusgeschichte wegzukommen - Scientology wäre dafür ein Paradebeispiel.
NDA
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von NDA »

Also ist Vavras intelligent genug, seine "Ideologie" heimlich, bei einer Arbeit von einem großem Team, ins Spiel einzubauen um die Massen und mich zu manipulieren, aber so doof sich bei Twitter und mit falschem T-Shirt zu verraten? :think:
Bái Zuô!
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La-Li-Lu-Le-Lo
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von La-Li-Lu-Le-Lo »

@Jochen: Mich würde freuen wenn ihr euch mit Robin von Hooked zudem ihr ja Kontakt habt mal zu einem Podcast zu diesem Thema zusammensetzt.
Robin ist hier definitiv mit seiner Meinung und aussagen über das Ziel hinaus geschossen, verstehe zwar was er damit erreichen wollte und damit erreicht hat! Sowohl Gamestar als auch FUNK/Game Two haben sich jetzt mit diesem Thema auseinander gesetzt was ohne Inquisitor Robin wahrscheinlich nie passiert wäre.
Mich würde jetzt einfach ein Gespräch interessieren nachdem alle Fronten geklärt sind.
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mart.n
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von mart.n »

Hmm ich hab auch ein Burzum Shirt. Liegt im Schrank neben anderen Bandshirts, von denen einige aus der linken Ecke kommen.

Verdammt. Bin ich jetzt ein Nazi?
Don Mchawi
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Don Mchawi »

Jochen hat geschrieben:
Dass sich die politischen bzw. weltanschaulichen Ansichten eines Künstlers nicht in seinem Werk niederschlagen, halte ich für relativ ausgeschlossen.
Und genau deshalb halte ich die Diskussion um Vavras Weltanschauung durchaus für relevant. Ich sehe auch nicht, dass er (und sein Team) wissentlich ein Stück politischer Belehrung schaffen wollen. Darum ging es ja mal vor bald einer Woche in der Propagandadiskussion hier im Thread.
Trotzdem finde ich es sinnvoll, einen gewissen Hintergrund der Schaffenden bei ihren Werken zu kennen - sofern er für die Darstellung im Werk relevant ist.
Gibson finde ich da ein gutes Beispiel: Bei Apocalyptico ist sein Antisemitismus irrelevant, sehe ich mir aber seine Passion Christi an, hilft mir das Wissen darum bei einer Abstraktion. Ich glaube hier käme kaum jemand auf die Idee, ein historisches Faktenwissen aus Filmen wie Braveheart oder Spielen wie KC:D zu beziehen. Aber trotzdem muss ich mir ehrlich eingestehen, dass fiktive Medien auch ein Bild in meinem Kopf zu ihrem jeweiligen Thema formen - gerade wenn es mehrere sind. Habe ich eine gute Kenntnisgrundlage, sind diese Bilder nicht ausschlaggebend. Zum Beispiel weiß ich in etwa, wie historische Burgen im 14. Jahrhundert aussahen und so prägen die übertriebenden und romantisierten Burgen aus Spielen (Witcher!) und Filmen (Game of Thrones!) nicht mein Bild von Burgen.
Aber wenn ich zum Beispiel an us-amerikanische Knäste denke, habe ich, ob ich will oder nicht, ein Bild geprägt durch Unterhaltungsmedien im Kopf.
Ich glaube zwar nicht, dass es komplett der Wahrheit entspricht, aber so stelle ich mir nun us-amerikanische Knäste eben vor.
Das ist auch nicht problematisch, solange ich zwischen einem Bild, das eine seriöse Quelle geprägt hat, und einem, das sich auch Unterhaltungsmedien zusammensetzt, unterscheiden kann.
Problematisch kann es aber werden, wenn diese Bilder ideologisch gefärbt sind. Mir fällt es dann leichter, bestimmte Darstellungen stärker zu relativieren (Juden in Passion Christi), wenn ich um eine entsprechende Ideologie des Autors weiß.

Darin liegt für mich der Mehrwert des Blogartikels aus dem Eingangspost.
Jochen hat geschrieben:
Stuttgarter hat geschrieben:In meinen Augen hat dieser Blog aus dem Eingangsposting eine wichtige Aufgabe erfüllt - er hat Aufmerksamkeit auf berechtigte Fragen gelenkt.
Welche wichtigen Fragen meinst du denn konkret? Denn für mich stellt sich das Ganze eher so dar, dass jetzt eben nicht über die wichtigen Fragen wie etwa das systematische "Whitewashing" der europäischen Geschichte gesprochen wird (weil das konkrete Beispiel diese Diskussion einfach nicht hergibt, obwohl sie vermeintlicher Angelpunkt ist), sondern darüber, ob das Tragen eines Burzum-T-Shirts einen nun zum Rassisten macht oder nicht. Ich entnehme der breiten Debatte keinen relevanten Erkenntnisgewinn, der über "Daniel Vavra hat fragwürdige politische Ansichten" hinausgeht. Und auch das steht vielerorts in Abrede, wo stattdessen die ermüdende "Gamer vs. SJWs"-Diskussion wieder aufflammt. Der breite Konsens lautet ja nicht: Oh, da wurden berechtigte Fragen aufgeworfen. Sondern: Was für ein Quatsch, lasst mich damit bloß in Ruhe. Und das finde ich sehr schade, denn die Frage nach der Darstellung von Minderheiten und unterschiedlichen Ethnien in Spielen im Allgemeinen und historischen Spielen im Speziellen ist in der Tat eine wichtige. Aber darüber redet niemand.
Also zumindest hier im Thread finde ich schon, dass wir auch viel um die historische Komponente diskutiert haben und durchaus verschiedene, auch relevante Aspekte des Themas angegangen sind. Mehrere Seiten gingen ja durchaus um Quellenlage von POC im Böhmen des Mittelalters und auch, wie und ob da eine Darstellung richtig wäre. Weiß nicht, wie es im Rest des Internets aussieht (auch wenn ich da nicht viel Gutes erwarten würde).
Das Problem hier im Thread ist vielleicht wirklich, dass zu viele Diskussionen parallel laufen. Ich war ja ein paar Seiten dabei und habe die anderen fast komplett gelesen, tatsächlich kommt immer ein Punkt auf, wird 1-3 Seiten diskutiert, dann geht es wieder um etwas anders, dann noch etwas neues, später nochmal um Diskussion 1.
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Felidae
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Felidae »

mart.n hat geschrieben:Hmm ich hab auch ein Burzum Shirt. Liegt im Schrank neben anderen Bandshirts, von denen einige aus der linken Ecke kommen.

Verdammt. Bin ich jetzt ein Nazi?

1. Wer hat hier gesagt, dass man automatisch Nazi ist, wenn man so ein T-Shirt besitzt?
2. Wenn du das als Privatperson trägst (was ich persönlich auch nicht verstehen kann) ist das nochmal etwas anderes als sich bei einer öffentlichen Veranstaltung, in der Funktion eines Chef-Entwicklers, so bei einem Interview bzw. in einem Video zu zeigen. Erst recht, wenn er auch noch in so manches andere "Fettnäpfchen" (wohlwollend formuliert) getreten ist. Wenn ich das alles in der Summe betrachte, bezweifle ich nämlich, dass es sich da bloß um Fettnäpfchen handelt.
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Ricer
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Ricer »

Der Autor des Artikels ist in der aktuellen Folge des Pixeldiskurses zu Gast und stellt sich Stephans Fragen: http://pixeldiskurs.de/2018/01/21/pixel ... heinemann/" onclick="window.open(this.href);return false;

Ab Stunde 01:03:37 geht es los. Interessant ist zum Beispiel, dass im Sommer 2017 eine Demo von Kingdom Come im Pixeldiskurs besprochen wurde. Stephan erzählt, dass es im Team sehr kontrovers diskutiert wurde, ob man das Spiel enger an den Lead Designer knüpfen sollte oder nicht. Man entschied sich dagegen und Stephan denkt in der aktuellen Folge auch darüber nach.
akill0816
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von akill0816 »

Erstaunlich, dass dieses Thema hier eine derartige Resonanz erfahren hat. Ich schätze mich eindeutig als politisch links orientiert ein und in den meisten Fällen auch als progressiv. Aber die Vorwürfe in diesem Fall sind für mich nur in Bezug auf das Burzum-Shirt halbwegs nachvollziehbar.

Ich würde es ehrlichgesagt für undurchführbar halten in einem realistischen Mittelalter-Spiel mit einigermaßen reaktiver Umwelt, dem Spieler die Wahl zwischen männlichem und weiblichem Hauptcharakter zu lassen, weil praktisch jede Quest auf das Geschlecht der Figur eingehen müsste, wenn man tatsächlich einen kämpfenden weiblichen Charakter einbauen würde. Schon allein der bisher in der Presse diskutierte Klosterabschnitt wäre mit weiblichem Charakter nicht machbar gewesen. Sicher wäre es möglich gewesen und auch durchaus interessant ein Spiel im realistischen Mittelalter-Settting auf eine weibliche aktive Figur zuzuschneiden aber dann müssste das Spiel die Reaktionen der Umwelt spezifisch auf diese Tatsache hin schreiben.
In Fantasy-Welten, die der Autor beliebig anpassen kann, ist das ein kleineres Problem obwohl auch dort zum Teil eine erhebliche Diskrepanz zwischen der dargestellten Welt und der Reaktion auf einen starken weiblichen Hauptcharakter entstehen kann, wenn die Welt mittelalterlich geprägt ist und nicht in hinreichend glaubwürdiger Form modifiziert wurde. Das Problem wird von verschiedenen literarischen und spielerischen Fantasiewelten unterschiedlich gut behandelt. Aber ich halte es bei jedem Spiel für eine legitme Designentscheidung den Charakter hinsichtlich des Geschlechts festzulegen um eine bessere Reaktivität und Glaubwürdigkeit der Welt erreichen zu können ohne dass ich irgenteinen Grund sehe daran eine Geschlechterdebatte aufzubauen.

Zur Frage "farbiger" Menschen im europäischen Mittelalter kann ich wissenschaftlich wenig sagen aber es hätte mich deutlich überrascht solche Vorzufinden und meine initiale Reaktion beim Szenario von KC:D wäre Unglaube gewesen und hätte für mich viel stärken den Charakter eine politischen Statements gehabt als der Verzicht auf solche. In böhmischen Dörfer jener Zeit dürfte es ein großer Zufall gewesen sein, auf ethnische Diversität zu stoßen. Soviel ich weiß arbeiten die Entwickler von KC:D ja selbst mit Historikern zusammen. Und ich bin kein Freund der Hollywood-Praxis des Whitewashings historischer Gegebenheiten um prominente Schauspieler unterzubringen und finde die Kritik dort auch berechtigt.

Ich kann in Bezug auf beide Kritikpunkte auch die Reaktion Vavras nachvollziehen, weil die Kritik vorschnell (vor Release des Produkts) und meiner Meinung nach angesichts anderer Spiele auch extrem ungerecht ist. (man denke nur an Vietnam oder Western Szenarien aus den USA oder die übliche Shooterstory)
Die Reaktion war polemisch, weil auch die Kritik nicht fair war. In den USA aber auch zum Teil in Europa besteht meiner Meinung nach einer überkrittische Sichtweise in puncto Überspitzung in Bereichen die einen Beührungspunkt zum Rassismus besitzen. Ein bisschen Polemik muss auch in diesem Bereich zulässig sein, wenn man polemisch angegriffen wird. Als Osteuropäer hat Vavra hier wohl die Sensibilitäten nicht richtig eingeschätzt. Rassismus zeigt dort nämlich gerne noch seine ungeschönte Fratze, die weit über das hinausgeht was Vavra hier al Reaktion gepostet hat.

Welche Videos ein Entwickler bei Youtube liked, ist mir sowas von egal.

Entscheidend ist, ob eine Privatmeinung des Künstlers bei neutraler Sicht die Qualität seines Produktes beeinflusst. Dass ist bei Lovecraft der Fall, weil der Rassismus immerwieder eindeutig zu tage tritt. Die bisher geäußerten "Vorwürfe" gegen das Produkt sind meiner Meinung nach lächerlich sodass ich keinen Grund sehe das Probukt negativer zu sehen.
Eine seriöse Kritik hätte zumindesten des Release des Spiel abgewartet und dann fundiert diskutieren zu können. Allein der Zeitpunkt der Kritik zeigt, dass hier Polemik um der Polemik willen betrieben wird.

In aller Kürze zur Burzum-Sache: Ich würde keine Burzum-Shirt tragen, weiß aber, dass Burzum musikalisch eine sehr hohe Bedeutung in einer sehr spezifischen Musikszene besitzt, die im übrigen auch abseits der politischen Einstellung ihrer Mitglieder nicht gerade durch differenzierte und verständliche Texte auffällt. Der Rückschluss von einem Burzum-Shirt auf eine extremistische Einstellung ist selbst in Deutschland für mich nicht stichhaltig. Selbst seriöse Metal-Review-Seiten rezensierten weiter Burzum Alben auch nach der Haftentlassung und offener rechtsextremer Einstellung des Sänger weil bei Burzum die Texte wohl (verstädlich sind sie nicht wirklich) keine politischen Aussagen besitzt.

Das Ganze besitzt für mich den charakter eine Social Media Hetzjagd ohne entsprechenden Anlass und sowas finde ich einfach nur schäbig, egal von welcher politischen Richtung eine solche Hetzjagd eingeleitet wird.

Ich freue mich weiterhin auf das Spiel, werde einige Reviews lesen und dort hoffentlich ein realistische Einschätzung zur politischen Färbung der Story erhalten und mir das Spiel bei entsprechender Qualität der Geschichte und des Gameplay auch zum Vollpreis zulegen, da sein Ansatz einzigartig ist und endlich mal nicht auf die größte anzunehmende Spielerschaft optimiert ist und damit Ecken und Kannten besitzt. Künstler, die solche Projekt gegen alle Wiederstände durchbringen, haben häufig auch persönlich ihre Eigenheiten, die ich nicht teilen muss solange ich das Produkt interessant finde und das Produkt selbst keine problematische Ideologie vermittelt.
Sanity Assassin
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Sanity Assassin »

akill0816 hat geschrieben:In böhmischen Dörfer jener Zeit dürfte es ein großer Zufall gewesen sein, auf ethnische Diversität zu stoßen.
Nur kurz dazu: ethnische Diversität wird offenbar im Spiel vertreten sein, eben weil das doch nicht so selten war. Genau diese "unhistorische" Annahme der ethnischen Homogenität vergangener Gesellschaften ist ja eines der Hauptthemen des ursprünglichen Blogposts und z.B. des "POC in European Art History"-Blogs - es geht einfach darum, dass die Welt auch damals schon viel durchmischter war, als man das aus heutiger Sicht spontan erwarten würde. Ist ja eigentlich auch kein Wunder, nach Völkerwanderung, mongolischen Eroberungen, weitreichendem Seehandel etc.. Das heißt natürlich nicht, dass man das überall im gleichen Maße zu sehen bekam, aber die Wahrscheinlichkeit scheint höher gewesen zu sein, als man das aus dem Bauch heraus annehmen würde.
Don Mchawi
Beiträge: 414
Registriert: 8. Nov 2017, 08:44

Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Don Mchawi »

Ricer hat geschrieben:Der Autor des Artikels ist in der aktuellen Folge des Pixeldiskurses zu Gast und stellt sich Stephans Fragen: http://pixeldiskurs.de/2018/01/21/pixel ... heinemann/" onclick="window.open(this.href);return false;

Ab Stunde 01:03:37 geht es los. Interessant ist zum Beispiel, dass im Sommer 2017 eine Demo von Kingdom Come im Pixeldiskurs besprochen wurde. Stephan erzählt, dass es im Team sehr kontrovers diskutiert wurde, ob man das Spiel enger an den Lead Designer knüpfen sollte oder nicht. Man entschied sich dagegen und Stephan denkt in der aktuellen Folge auch darüber nach.
Danke für den Link.

Interessant, mal mehr von Jan Heinemann zu hören... aber auch ein wenig schade, hatte den Eindruck, dass er erst Zeit braucht um aufzutauen und zu Gesprächsbeginn vielleicht noch etwas unsicher ist, jedenfalls kaum etwas sagt. Später wird er dann gesprächiger.

Auch interessant fand ich, dass der Moderator ausspricht, dass POC ein Synonym für Schwarze sei und extra mit einer kurzen Sprechpause Heinemann die Chance lässt, dem zu widersprechen - was dieser aber nicht tut.
War ja ein großer Aspekt auch der Diskussion hier im Thread. Ob dass jetzt bedeutet, dass Heinemann selbst irrtümlicherweise POC und Schwarze als Synonym sieht, ist damit zwar nicht gesagt... Aber schon merkwürdig, dass er es nicht richtig stellt. Spielt ja für die von ihm angestossene Diskussion eine relevante Rolle.

Problematisch oder zumindest schwierig finde ich seine Forderung, Spielejournalisten sollten mehr auf die politischen Haltungen von Machern der Spiele achten. Er unterstreicht zwar selbst, dass er damit keine Gesinnungsnachprüfung meint... aber was sollte da anderes rauskommen?
Ok, vereinzelt lässt sich mit Tweets o.ä. eine politische Haltung ausmachen. Wenn jetzt aber Spielejournalisten vermehrt politische Gesinnungen von Entwicklern recherchieren, fände ich das bedenklich und kontraproduktiv. Weiß nicht genau, was er sich darunter vorstellt.
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Terranigma »

Sanity Assassin hat geschrieben:Genau diese "unhistorische" Annahme der ethnischen Homogenität vergangener Gesellschaften ist ja eines der Hauptthemen des ursprünglichen Blogposts und z.B. des "POC in European Art History"-Blogs - es geht einfach darum, dass die Welt auch damals schon viel durchmischter war, als man das aus heutiger Sicht spontan erwarten würde.
Das war sie aber außerhalb von Grenzgebieten, Städten und/oder Herrschaftsresidenzen wohl kaum, insb. nicht wenn man von "dem Mittelalter" spricht. Die Epoche beschreibt immerhin gut 1000 Jahre. Ja, so ab dem 13. Jhrds. dürfte sich manches in den östlichen Winkeln aus europäischer Sicht getan haben, u.a. durch Überfälle der Mongolen. Ob die sich allerdings dauerhaft niedergelassen haben, d.h. migriert sind, erscheint mir sehr abwegig. Ebenso wird man natürlich auch in Südeuropa in der Grenze zu Nordafrika, oder in Westeuropa zu Al-Andalus sowie an vereinzelten Königshöfen mal Besuch aus Übersee gegeben haben. Aber die Vorstellung, dass es in kleinen Dörfern - und das Mittelalter war auch bis zu seinem Ende nicht urban, sondern rural bestimmt - eine nennenswert Diversität in der Breite gegeben hätte, das erscheint mir nicht plausibel. Auch die Ausführungen in "POC in European Art History" bewegen sich eher auf der Ebene von anekdotischer Evidenz, dass es hier und dort mal diesen und jenen gab, aber eine Verallgemeinerung wird man daraus gewiss nicht ableiten können. Das Mittelalter ist ja nicht nur ein zeitlicher, sondern auch regionaler und kultureller Begriff. Nach Schulbuchdefinition beschreibt es einen Zeitraum zwischen dem ca. 5. bis 15. Jhrd. und beschreibt einen Raum von West- bis Osteuropa. Kulturell wird es bestimmt über das Christentum, Germanentum und Römtertum. Aus diesem Grund wird die islamische Welt auch i.d.R. aus der Betrachtung zum Mittelalter ausgenommen, weil der Islam nicht Gegenstand des Epochenbegriffs "Mittelalter" ist. Den Epochenbegriff kann man kritisieren, aber das ist seine gängige Definition.

Ich würde insofern widersprechen und nicht sagen, dass "die mittelalterliche Welt" vielfältiger war, als gemeinhin angenommen. Sie war es dort, wo man es erwarten würde: in den Grenzregionen.
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Voigt
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Voigt »

Die Entwickler meinten ja auch selber, falls aus große Gemeinschaften von Juden oder Ausländer gäbe, dann in den großen (Königs-)Städten wie etwa Prag, aber nicht die paar Dörfer und Gehöfte in KDC. Die Mongolen an sich haben sich nicht niedergelassen, aber die Kumanen kamen ja ursprünglich aus Mittelasien, und wurde von den Mongolen nach Nordungarn vertrieben, und habe sich da angesiedelt.
Genauso wie es nur sehr wenige Hunnen in Europa gab, aber die Goten, Franken und Lombarden von weitaus von den Hunnen nach Europa getrieben wurden.
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VikingBK1981
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von VikingBK1981 »

So habe jetzt einiges Blog Beiträge dazu gelesen, auch Beiträge der Entwickler und auf einigen Seiten wie GameStar als auch 4Players (wo auch einer der Redakteure Geschichte studiert hat) und möchte auch meinen Senf zu dem Thema abgeben.

Ich für meinen teil sehe hier eher ein Hineinlesen von Problemen wo keine sind. Es wird mit einem Standpunkt von Seiten des kritischen Blogs argumentiert, die einfach so leicht stimmen. Klar kann ich in so gut wie jedes Spiel Sexismus oder Rassismus hineinlesen. Ob er jedoch wirklich so vorhanden ist ist jedoch fraglich.

Mich stören an den Anschuldigungen eher die gegen das Spiel. Was den Chefentwickler angeht muss sich jeder sein eigenes Bild machen. Das aufgezählte reicht mir persönlich nicht, um ihn als Rechtsradikalen abzustempeln. Vielleicht ist er auch einfach nur dumm. Wer weiß das schon.

Jedoch sind die Vorwürfe gegenüber dem Spiel aus meiner Sicht eher lächerlich.

Ja es wird wohl kaum oder keine farbige NPCs in dem Spiel geben. Genaues weiß man ja auch noch gar nicht. Diese waren in der entsprechenden Epoche aber in ländlichen Regionen wirklich selten. König Kazimierz der Grosse ließ z.B. die Grenzen schließen. Es wird jedoch trotzdem unterschiedliche Ethnien geben, Deutsche, Serben, Polen, Ungarn usw. Das Game spielt nun mal nicht in einer Küstenstadt.

Das es keine Heldin gibt ist nun mal auch dem Frauenbild der damaligen Zeit geschuldet. Es ist kein Fantasyspiel. Außerdem finde ich, kann jeder anders sehen, muss nicht jedes Spiel eine Möglichkeit haben das Geschlecht des Helden zu wählen.

Auch das sich über das Kampfsystem aufgeregt wird ist lächerlich. Es wird sich an ein Fecht-Lehrbuch aus der Epoche gehalten. Klar haben Kämpfer damals mit allen Mitteln gekämpft, da man aber von damals niemanden mehr fragen kann ist das doch der beste Weg.

Und generell ist es doch so, dass überhaupt nicht zu 100% gesichert ist, wie die Vergangenheit ausgesehen hat. Der eine Historiker sagt a und er zweite sagt b.

Ich freue mich weiter auf das Spiel.
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Samuraiii
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Registriert: 21. Jan 2018, 18:43

Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Samuraiii »

VikingBK1981 hat geschrieben:So habe jetzt einiges Blog Beiträge dazu gelesen, auch Beiträge der Entwickler und auf einigen Seiten wie GameStar als auch 4Players (wo auch einer der Redakteure Geschichte studiert hat) und möchte auch meinen Senf zu dem Thema abgeben.

Ich für meinen teil sehe hier eher ein Hineinlesen von Problemen wo keine sind. Es wird mit einem Standpunkt von Seiten des kritischen Blogs argumentiert, die einfach so leicht stimmen. Klar kann ich in so gut wie jedes Spiel Sexismus oder Rassismus hineinlesen. Ob er jedoch wirklich so vorhanden ist ist jedoch fraglich.

Mich stören an den Anschuldigungen eher die gegen das Spiel. Was den Chefentwickler angeht muss sich jeder sein eigenes Bild machen. Das aufgezählte reicht mir persönlich nicht, um ihn als Rechtsradikalen abzustempeln. Vielleicht ist er auch einfach nur dumm. Wer weiß das schon.

Jedoch sind die Vorwürfe gegenüber dem Spiel aus meiner Sicht eher lächerlich.

Ja es wird wohl kaum oder keine farbige NPCs in dem Spiel geben. Genaues weiß man ja auch noch gar nicht. Diese waren in der entsprechenden Epoche aber in ländlichen Regionen wirklich selten. König Kazimierz der Grosse ließ z.B. die Grenzen schließen. Es wird jedoch trotzdem unterschiedliche Ethnien geben, Deutsche, Serben, Polen, Ungarn usw. Das Game spielt nun mal nicht in einer Küstenstadt.

Das es keine Heldin gibt ist nun mal auch dem Frauenbild der damaligen Zeit geschuldet. Es ist kein Fantasyspiel. Außerdem finde ich, kann jeder anders sehen, muss nicht jedes Spiel eine Möglichkeit haben das Geschlecht des Helden zu wählen.

Auch das sich über das Kampfsystem aufgeregt wird ist lächerlich. Es wird sich an ein Fecht-Lehrbuch aus der Epoche gehalten. Klar haben Kämpfer damals mit allen Mitteln gekämpft, da man aber von damals niemanden mehr fragen kann ist das doch der beste Weg.

Und generell ist es doch so, dass überhaupt nicht zu 100% gesichert ist, wie die Vergangenheit ausgesehen hat. Der eine Historiker sagt a und er zweite sagt b.

Ich freue mich weiter auf das Spiel.
Agreed.
Ich kann es nicht fassen, dass dieser Jan so eine Aufmerksamkeit bekommt - Und wird noch bei Gamespodcast eingeladen, um seine Hetze weiter zu propagieren. Sowas sollte natürlich diskutiert werden, aber nicht auf Basis eines solchen Blogbeitrags. Das finde ich unverantwortlich. Derjenige in der Podacast Redaktion, der sich am meisten mit den Entwickleen getroffen hat, der sich intensiv mit dem Spiel bei Gamestar beschäftigte und somit auskennen müsste, ist nicht dabei. Sebastian müsste sich doch auch als Journalist und Mensch angegriffen fühlen, da Jan auch die Gamestar (namentlich) mit diesen Vorwürfen attackierte. Du warst zu deiner Zeit dort hauptverantwortlich . Warum warst du nicht im Panel dabei?

Wenn ich hier bereits die ersten Beiträge lese, wird mir schon schlecht; wie leicht sowas von vielen ohne zu hinterfragen hingenommen wurde und das Spiel gleich als rassistisch abgestempelt haben.
Mir fallen ganz andere Games ein, die man als sexistisch bezeichnen müsste. Ist ein The Witcher sexistisch? Das könnte man auf Filme, Musik, Spiele etc. übertragen. Meiner Meinung nach ist es Mist. Und Das sage ich als politisch eher links orientierter Mensch.

Übrigens sehr gute Argumentationen vom Jochen in der Folge: „Man baut mit solchen leichtsinnigen Vorwürfen (seitens Jan)ein Schutzschild für Rassisten auf.“

VG
Zuletzt geändert von Samuraiii am 25. Jan 2018, 07:53, insgesamt 1-mal geändert.
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