Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

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Wudan
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Wudan »

Asphyx hat geschrieben:
Wudan hat geschrieben: Vielleicht sollte man eher diejenigen kritisieren die das Thema derart aufgebauscht haben ohne Rücksicht auf Verluste.
Ohne Dich persönlich kritisieren zu wollen, sondern ganz allgemein: vielleicht sollte man vielmehr beklagen, dass heutzutage dank des Internets jeder, der sich für einen Autor oder seine Meinung irgendwie für relevant hält, publizieren kann, was ihm gerade einfällt, ohne sich an irgendwelche Standards oder gar ordentlich belegte Fakten halten zu müssen, und - wiederum dank des Internets - damit eine Verbreitung und öffentliche Aufmerksamkeit erfährt, die sein "Werk" nicht verdient.

Just my two cents...
Das sehe ich eigentlich genau anders rum - Gerade das finde ist eine tolle Sache am Internet und eine große Errungenschaft unserer Zeit. Jeder hat eine Stimme, und nicht nur die Leute die es sich leisten können eine eigene Zeitung zu drucken. Das hat natürlich den Nebeneffekt dass ein großer Dschungel an Informationen entsteht wo selbstredend nicht jede davon korrekt ist. Der Umgang damit ist wiederrum eine Herausforderung unserer Zeit die das neue Medium mit sich bringt. Generell halte ich diese Entwicklung für unsere Gesellschaft aber gewinnbringender als den vorherigen Informations-Monopolismus. Aber das ist eigentlich ein anderes Thema (bei dem man natürlich auch anderer Ansicht sein kann).
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Asphyx
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Asphyx »

Wudan hat geschrieben:
Asphyx hat geschrieben:
Wudan hat geschrieben: Vielleicht sollte man eher diejenigen kritisieren die das Thema derart aufgebauscht haben ohne Rücksicht auf Verluste.
Ohne Dich persönlich kritisieren zu wollen, sondern ganz allgemein: vielleicht sollte man vielmehr beklagen, dass heutzutage dank des Internets jeder, der sich für einen Autor oder seine Meinung irgendwie für relevant hält, publizieren kann, was ihm gerade einfällt, ohne sich an irgendwelche Standards oder gar ordentlich belegte Fakten halten zu müssen, und - wiederum dank des Internets - damit eine Verbreitung und öffentliche Aufmerksamkeit erfährt, die sein "Werk" nicht verdient.

Just my two cents...
Das sehe ich eigentlich genau anders rum - Gerade das finde ist eine tolle Sache am Internet und eine große Errungenschaft unserer Zeit. Jeder hat eine Stimme, und nicht nur die Leute die es sich leisten können eine eigene Zeitung zu drucken. Das hat natürlich den Nebeneffekt dass ein großer Dschungel an Informationen entsteht wo selbstredend nicht jede davon korrekt ist. Der Umgang damit ist wiederrum eine Herausforderung unserer Zeit die das neue Medium mit sich bringt. Generell halte ich diese Entwicklung für unsere Gesellschaft aber gewinnbringender als den vorherigen Informations-Monopolismus. Aber das ist eigentlich ein anderes Thema (bei dem man natürlich auch anderer Ansicht sein kann).
In der Theorie gebe ich Dir ja recht, aber die Praxis zeigt leider: ohne ordnenden Mechanismus gleitet diese an sich begrüßenswerte Freiheit leider sehr häufig in a) uninformiertes Rumschreien oder b) gezielten Missbrauch ab. Stichwort Fake News, Stichwort Lügenpresse, Stichwort alternative Fakten. Das Vertrauen in journalistisch sorgfältig produzierte Medien und Inhalte wird - teils ungesteuert, teils gezielt - untergraben, das Vertrauen in charismatische Amateure (oder solche, die vorgeben, das zu sein) und Dinge, die unreflektiert und unüberprüft über soziale Medien verbreitet werden (nach dem Motto "Ich vertraue meinem Freund, deshalb vertraue ich a priori auch dem, was er teilt"), steigt. Und das wird immer mehr zu einem enormen Problem, auf das außer wohlmeinenden Aufrufen zu mehr Skepsis niemand eine Antwort zu haben scheint.

Es gibt ja einen Grund, warum klassische Medien abseits des Boulevards üblicherweise keine rhethorisch begabten Leute von der Straße einstellen, sondern journalistisch oder sonstwie fachlich ausgebildete Menschen, und warum es redaktionelle Besprechungen, Korrekturen und sorgfältige Faktenchecks ("check, re-check, double check") gibt, ehe z.B. Zeitungsartikel veröffentlicht werden. Und das ist nicht in erster Linie die Einhaltung einer ideologischen Blattlinie, sondern vor allem der Anspruch, faktisch korrekte und unangreifbare Informationen zu verbreiten. Genau das ist leider zuvielen Schreiberlingen im Internet (natürlich nicht allen) kein persönliches Anliegen und erst recht keine Verpflichtung.
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Lurtz
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Lurtz »

Wonko hat geschrieben:Sagen wir, Andre, Jochen, Jan und Christian diskutieren über historische Authentizität, das Verhältnis von Künstler zu Kunstwerk, Repräsentation von Minderheiten, während das Forum das Niveau nicht ganz halten kann und stattdessen lieber mehr Verrisse gegen Jans Diskussionsgrundlage sehen möchte.
Auch das Panel hat über die Debatte an sich diskutiert, nicht über historische Authentizität oder andere interessante Punkte. Hat Andre hier sogar explizit so geschrieben:
Also sollten wir uns ebenfalls einig sein, dass es sinnvoller ist dieses Thema separat zu verhandeln und sich im Panel auf die Debatte um das Blog zu fokussieren.
viewtopic.php?p=59708#p59708" onclick="window.open(this.href);return false;

Einen Beitrag zur tatsächlich sehr interessanten Grundlage der Diskussion vermisse ich nach wie vor. Das 4players-Video kam für mich dem noch am nächsten.
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Asphyx
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Asphyx »

Giovanni hat geschrieben:
Philsen hat geschrieben: Weder bei COD MW 3 (da waren es die Russen) noch bei Homefront (Nordkorea) gab es Debatten in diese Richtung, weshalb ich einfach denke dass hier mit zweierlei Maß gemessen wird.
Nun haben Game of Thrones, Homefront oder COD MW aber auch niemals "historische Authentizität" für sich beansprucht.
Das sicher nicht, es macht die einseitige Darstellung dieser Völker aber nicht weniger kritikwürdig. Gleichwohl sehe ich natürlich schon das Problem von Entwicklern, dass ein Spiel in der Regel auch einen Antagonisten braucht. Und in einem zumindest pseudorealistischen Szenario muss das natürlich auch ein zumindest pseudorealistischer Gegner sein. In der westlichen Populärkultur (Filme, Spiele, Bücher) ist das traditionellerweise der "Villain of the week" - in den 80ern die Russen, in den 2000ern islamistische Terroristen, momentan eben Nordkorea - was natürlich eine breite Flanke für den Vorwurf des Rassismus, zumindest aber der einseitigen Darstellung eröffnet. Wie man dieses Problem umgehen kann, ohne direkt auf Aliens auszuweichen, ist eine gute Frage, die man lange diskutieren könnte...
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Asphyx
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Asphyx »

Vinter hat geschrieben:Offengestanden tat mir der Jan sogar ein bisschen leid. Als (vermutlich) öffentlichkeits-/podcastunerfahrener seinen eigenen Artikel verteidigen zu müssen, während Jochen und Christian da doch sehr deutliche Kritik geübt haben.... und der Blogbeitrag lies ja in der Tat zu wünschen übrig und kam auch mir etwas sehr hysterisch vor, weswegen es da mehr als genug Anknüpfungspunkte gab, um kritische Fragen zu stellen. Ich glaube nicht, dass ich mir das ohne weiteres zugetraut hätte, wäre das mein Blog gewesen.

Insofern: Wer da jetzt noch nach schärferen Messern ruft, der kann das eigentlich nur aus Rachsucht tun. Gut, dass solche Gelüste hier nicht bedient werden.
Dazu kann ich nur sagen: wer einen Blogpost in dieser inhaltlich unzulänglichen, aber rhethorisch extrem angriffigen Weise schreibt und publiziert, muss auch mit starkem Gegenwind rechnen. Immerhin hat Jan die Eier bewiesen, sich dem zu stellen, dafür zolle ich ihm durchaus Respekt. Mitleid ist aber m.E. nicht angebracht.
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Lurtz
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Lurtz »

Was Spiele und Geschichte angeht finde ich diese Golem-Analyse übrigens ganz gut:
https://www.golem.de/news/civilization- ... 24673.html" onclick="window.open(this.href);return false;

SOWAS bräuchte die Debatte.
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Asphyx
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Asphyx »

Vinter hat geschrieben:@anakin_skywalker
Wenn du dir den Schuh anziehen möchtest, bitte. Relevant sind hier Größenordnungen. Sind ALLE (im eigentlichen Wortsinn) Wähler der AfD rassistisch? Nein. Es gibt sicherlich auch ein paar Dumme, die es einfach nicht raffen. Sind es mehr als genug, dass man ohne jedesmal einen Disclaimer setzen zu müssen pauschal von "AfD Wähler" reden kann? Mit Sicherheit. Diese überkorrekte Differenzierung "Es sind ja nicht ALLE AfD Wähler Rassisten" oder "Das sind ja nur Protestwähler" ist nichts als das Feigenblatt, hinter denen sich dann am Ende jeder verstecken. "Ja, die anderen vielleicht aber ICH nicht." Und deshalb verharmlost auch diese Debatte die AfD. Ganz im ernst: Wer heute AfD wählt, der weiß, wen er da wählt. Gottseidank kann sich heute niemand mehr hinter einem "Davon haben wir ja alles nichts gewusst" verstecken.

Oder muss ich erst geleakte Chatprotokolle, eMails, Aufzeichnungen usw aus der Führungsriege der AfD verlinken, bei denen die Leute offen reden, weil sie denken, sie wären unter ihresgleichen?
Ergänzend: sind alle AfD-Wähler Rassisten? Nein. Auch nicht alle FPÖ-Wähler sind das (ich bin Österreicher, daher liegt mir dieses Thema etwas näher). ABER sie finden nichts dabei, Parteien ihre Stimme zu geben, die offen rassistische, islamophobe, antisemitische oder homophobe Positionen vertreten, die allzuoft den Nazismus verharmlosen oder den Holocaust relativieren usw. Sie stärken damit die Macht, die öffentliche Sichtbarkeit und Präsenz solcher Parteien und tragen zur Legitimierung eines Diskurses bei, in dem die Grenze des Akzeptablen immer weiter verschoben wird, mit dem Effekt, dass z.B. Begrifflichkeiten, die aus dem Sprachgebrauch der Nazis stammen, heutzutage wieder ungeniert verwendet werden. Nicht am Stammtisch, sondern in der breiten Öffentlichkeit oder - wie derzeit in Österreich - von Personen, die an der Spitze des Staates stehen. Das mag nicht ausreichen, um diese Wähler pauschal als Rassisten abzuurteilen, aber es reicht allemal, sie als mitschuldig am Rechtsdrift unserer Gesellschaften zu identifizieren und dafür zu kritisieren. Eine Meinung ist nicht automatisch gesellschaftlich oder politisch akzeptabel und Normalität, nur weil viele sie teilen. Begrifflichkeiten sind nicht okay, nur weil viele sie verwenden. Und dass die Haltung, an sich inakzeptable Positionen dadurch zu legitimieren, indem man sie als normal und diskussionswürdig hinstellt, einzig dazu führt, Parteien wie die AfD oder die FPÖ nur noch weiter zu stärken, sollte die jüngere österreichische Geschichte eindrucksvoll bewiesen haben. Dass unser - dank FPÖ - neuer Kanzler unlängst auf die Frage, wo für ihn die Grenzen des Akzeptablen in Hinblick auf seinen Koalitionspartner lägen, entgegnete, diese Grenze wäre für ihn das Strafrecht, lässt tief blicken und belegt nur, wie weit die Normalisierung extrem rechter Positionen bereits geschritten ist.

Wehret den Anfängen. Auch wenn es dafür eigentlich schon zu spät ist...
Zuletzt geändert von Asphyx am 26. Jan 2018, 19:42, insgesamt 1-mal geändert.
NDA
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von NDA »

Asphyx hat geschrieben:Das mag nicht ausreichen, um diese Wähler pauschal als Rassisten abzuurteilen, aber es reicht allemal, sie als mitschuldig am Rechtsdrift unserer Gesellschaften zu identifizieren und dafür zu kritisieren. Eine Meinung ist nicht automatisch gesellschaftlich oder politisch akzeptabel und Normalität, nur weil viele sie teilen. Begrifflichkeiten sind nicht okay, nur weil viele sie verwenden. Und dass die Haltung, an sich inakzeptable Positionen dadurch zu legitimieren, indem man sie als normal und diskussionswürdig hinstellt, einzig dazu führt, Parteien wie die AfD oder die FPÖ nur noch weiter zu stärken, sollte die jüngere österreichische Geschichte eindrucksvoll bewiesen haben.

Wehret den Anfängen.
Wieso "mitschuldig", wenn dieser "Rechtsdrift" gewollt ist? Wenn dies sich politisch und gesellschaftlich durchsetzt und Normalität ist, würde man ja nicht von "Schuld" sprechen. :think: Viel eher ist man, neudeutsch, ein "Early Adopter". :mrgreen:
MMn beschreibst du hier auch nur eine Seite der Medaille. :?
Bái Zuô!
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Asphyx
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Asphyx »

NDA hat geschrieben:
Asphyx hat geschrieben:Das mag nicht ausreichen, um diese Wähler pauschal als Rassisten abzuurteilen, aber es reicht allemal, sie als mitschuldig am Rechtsdrift unserer Gesellschaften zu identifizieren und dafür zu kritisieren. Eine Meinung ist nicht automatisch gesellschaftlich oder politisch akzeptabel und Normalität, nur weil viele sie teilen. Begrifflichkeiten sind nicht okay, nur weil viele sie verwenden. Und dass die Haltung, an sich inakzeptable Positionen dadurch zu legitimieren, indem man sie als normal und diskussionswürdig hinstellt, einzig dazu führt, Parteien wie die AfD oder die FPÖ nur noch weiter zu stärken, sollte die jüngere österreichische Geschichte eindrucksvoll bewiesen haben.

Wehret den Anfängen.
Wieso "mitschuldig", wenn dieser "Rechtsdrift" gewollt ist? Wenn dies sich politisch und gesellschaftlich durchsetzt und Normalität ist, würde man ja nicht von "Schuld" sprechen. :think: Viel eher ist man, neudeutsch, ein "Early Adopter". :mrgreen:
MMn beschreibst du hier auch nur eine Seite der Medaille. :?
In aller Kürze und polemischen Zuspitzung: auch die Nazis haben sich politisch und gesellschaftlich durchgesetzt, auch Hitler wurde demokratisch gewählt. Dass die Grenze dessen, was Du persönlich für normal und politisch zumutbar hältst, offenbar ganz woanders liegt als meine, nehme ich zur Kenntnis. Da aber sehr wahrscheinlich keiner von uns sich seine Weltanschauung wegdiskutieren lassen wird, halte ich es für wenig zielführend, weiter darauf herumzureiten.
crenshaw26
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von crenshaw26 »

Das es aber nichts bringt mit den Finger auf "die da" zu zeigen hat aber doch die letzte Wahl gezeigt. Letze Woche z.B. waren die gewählten Volksvertreter mal wieder nicht in einer beschlussfähiger Anzahl anwesend und man damit der AFD schön in die Karten gespielt, da die dann einen Abbruch erzwungen haben.

http://www.tagesspiegel.de/politik/hamm ... 66358.html" onclick="window.open(this.href);return false;

Der Artikel erklärt dann am Ende wieso das so ist mit den wenigen Anwesenden, aber wer liest das noch? Hängen bleibt die Abgeordneten kommt ihrer Arbeit nicht nach und die AFD zeigt es auf.

Und das ganze Drama aktuell um eine neue Regierung und "heute so, morgen so" treibt doch die Leute immer mehr in die Arme von fragwürdigen Parteien. Hier ist die Politik gefordert und mit Ausgrenzung und Fingerzeigen wird es aus meiner Sicht nicht besser, eher im Gegenteil.
NDA
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von NDA »

Asphyx hat geschrieben:In aller Kürze und polemischen Zuspitzung: auch die Nazis haben sich politisch und gesellschaftlich durchgesetzt, auch Hitler wurde demokratisch gewählt. Dass die Grenze dessen, was Du persönlich für normal und politisch zumutbar hältst, offenbar ganz woanders liegt als meine, nehme ich zur Kenntnis. Da aber sehr wahrscheinlich keiner von uns sich seine Weltanschauung wegdiskutieren lassen wird, halte ich es für wenig zielführend, weiter darauf herumzureiten.
Du scheinst mich missverstanden zu haben, aber du hast es ja schon beendet. :D
Bái Zuô!
crenshaw26
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von crenshaw26 »

Mal zurück zum Themen "Realismus", aktuell findet man folgende Aussage auf der Website unter dem Tab "Realismus"

"Wir schreiben das Jahr 1403. Böhmen liegt im Herzen Europas und ist reich an Kultur, Silber und imposanten Burgen. Das Spiel basiert auf einer wahren Geschichte – einer Geschichte über Könige, Erben, ein Königreich, Belagerungen und blutige Schlachten.

Der König ist tot und sein ältester Sohn Wenzel der IV. wird zum König von Böhmen.

Wenzels erzürnter Halbbruder Sigismund nimmt ihn gefangen und fällt mit seiner mächtigen Streitmacht in das Land ein. Unglücklicherweise muss dein Charakter Heinrich unter diesem Chaos leiden. Sigismunds Söldnerarmee zerstört deine Heimat und tötet deine Familie. Du bist der Einzige, der dieses Blutbad überlebt. Und hier beginnt dein Weg der Vergeltung. Erfreue dich an den detailreichen rekonstruierten Landschaften des 15. Jahrhunderts. Führe Waffen, die von Rittern getragen wurden, und nimm an epischen Schlachten und Belagerungen teil, die sich in Mitteleuropa zugetragen haben!"

https://www.kingdomcomerpg.com/de/game-features/realism" onclick="window.open(this.href);return false;

Mit der Aussage hängt man sich zumindest hinsichtlich Realismus nicht sonderlich weit aus dem Fenster. Welche Rolle der historische Background spielt wird man ja erst sehen wenn das Spiel draußen ist. Und dann bleiben ja nur die Landschaften und Waffen übrig. Und wie ich schon sagte habe ich viele Aussagen aus dem Kontext Realismus in Hinblick auf Waffen/Kampf aufgefasst.
Peninsula
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Peninsula »

Terranigma hat geschrieben:Ich kann mir unter einem "Diskurs im Lichte fragwürdiger Äußerungen eines Entwicklers zu einem nicht erschienenen Spiel" wenig vorstellen.
Sorry, das war vielleicht ein wenig missverständlich formuliert, ich würde gerne
über so etwas wie den öffentlichen Diskurs zu einem noch nicht erschienen Spiel im Lichte ideologisch zumindest fragwürdiger Äußerungen des Chefentwicklers zu diskutieren.
Soll heißen: ich würde gerne über den öffentlichen Diskurs zum noch nicht erschienenen Spiel KC:D (Berichterstattung in der Spielepresse, Beiträge auf Twitter und in anderen sozialen Medien, Foren, etc.) diskutieren und diese Diskussion sollte auch im Lichte der Äußerungen Vavras geführt werden.

Der von mir bereits verlinkte Sigl-Artikel im Standard macht das bspw. hervorragend - obwohl ich den Schlussabsatz angesichts des weiteren Diskussionsverlaufs seit Erscheinen des Artikels leider für zu optimistisch halte.

Konkret stellt Sigl da sehr anschaulich einen Kontext her zwischen Vavras rechtsoffenen Aussagen, der "Autenthizitätswerbung" für KC:D, dem für Teile der neuen Rechten identitätsstiftenden Mythos vom "weißen Mittelalter" und dem Dark Enlightenment. Das ist die Art von "über Spiele Nachdenken" und Kontextualisierung im aktuellen gesellschaftlichen und politischen Weltgeschehen, die ich mir von Spielejournalisten wünsche.

Leider ist mit Vavras Aussagen aus meiner Sicht "das Kind schon im Brunnen". Ich halte es für ziemlich wahrscheinlich, dass KC:D durch die Positionierung des Chefentwicklers schon zu einer Projektionsfläche für die "neurechte Mittelalterklientel" geworden ist und fürchte, dass bei diesem Publikum die Bereitschaft sehr groß sein wird, Vavras Distanzierungen und ihrem Bild vom Mittelalter widersprechende Inhalte zu "übersehen" bzw. als bloßes Zugeständnis an "SJW" und den "politisch korrekten Mainstream" zu interpretieren. Vavra hat sich IMO aus Sicht dieser Klientel erfolgreich als "einer von uns" positioniert - ähnlich wie es die AfD mit bewusst grenzüberschreitenden Aussagen tut, um dann wieder halbherzig zurückzurudern.

Gerade vor der besonderen Rolle, die manche Beobachter Gamergate im Zusammenhang mit dem Erstarken der neuen Rechten zuschreiben (ich erinnere hierbei auch an Christian Schiffers Äußerungen aus einem früheren Panel), finde ich solche politischen Bezüge hochbrisant und spannend zu diskutieren.

Ob Vavra als Einzelperson möglicherweise "ein netter Kerl" ist, ob er das alles "wirklich" so meint usw. ist mir offen gestanden ziemlich wurscht. Welche Wirkung seine öffentlichen Auftritte und Äußerungen entfalten und entfalten können, finde ich interessant.

Ebenso mag es zwar spätestens seit Christian Schmidts SPON-Artikel von Anno dazumal nichts neues mehr sein, aber eine Spielepresse, die bei der umfassenden Vorabberichterstattung zum Spiel solche Äußerungen des Chefentwicklers - und sei es nur der Schulterschluss mit Gamergate - komplett ignoriert, versagt in meinen Augen. Dann lieber gleich kostenlose Werbezeitschriften rausbringen.
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Lurtz
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Lurtz »

Peninsula hat geschrieben:Ebenso mag es zwar spätestens seit Christian Schmidts SPON-Artikel von Anno dazumal nichts neues mehr sein, aber eine Spielepresse, die bei der umfassenden Vorabberichterstattung zum Spiel solche Äußerungen des Chefentwicklers - und sei es nur der Schulterschluss mit Gamergate - komplett ignoriert, versagt in meinen Augen. Dann lieber gleich kostenlose Werbezeitschriften rausbringen.
Wo sind denn andere Beispiele für solche Artikel (abgesehen von Arthur Gies bei Polygon natürlich)? Ist Vavra der erste problematische, in seinen Social-Media-Kanälen auffällige Creative Director? Wo sind die Warnartikel in den Naughty-Dog-Reviews zu den Arbeitsbedingungen und Vorwürfen der sexuellen Belästigung bei Naughty Dog?

Du machst da ein sehr großes Fass auf, mit dem viele Spielemagazine, die sich als klassische Produkttester begreifen, nach wie vor nichts zu tun haben wollen.
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crenshaw26
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von crenshaw26 »

Wenn wir festhalten dass der Blog auf wackeligen Füßen steht dann ist es wahrscheinlich schon kein guter Einstieg in den Sigl-Artikel wenn dieser bescheinigt:

"Die diese Fakten wiedergebende und penibel mit Quellen gespickte Recherche Heinemanns versammelte lediglich, was öffentlich zugänglich und bekannt ist – den allermeisten Spielerinnen und Spielern jedoch zuvor nicht"

Generell fehlt auch dem Artikel eine nähere Defintion des beworbenen Realismus. Was wurde genau versprochen? Gibt es denn irgendwelche handfesten Aussagen dass sich Realismus auf mehr als Hintergrund, Landschaft und Waffen beziehen sollte? Gibt es z.B. eine Aussage hinsichtlich der Darstellung einer realistischen mittelalterlichen Gesellschaft? Wurde ggf. die Webseite überarbeite und Passagen entfernt?

"Historische "Genauigkeit" und die Zusammenarbeit mit Geschichtswissenschaftlern sollte garantieren, dass "Kingdom Come" eben kein x-beliebiges Fantasy-Rollenspiel sein sollte, sondern ein "realistisches" Bild des böhmischen Mittelalters zeichnen würde – bis hinab zu den Kettengliedern der Ritterrüstung. "Kingdom Come", so das Versprechen, zeige das Mittelalter, "wie es wirklich war".

Die Aussage "wie es wirklich war" wird als Zitat dargestellt. Sollte man dann nicht auch eine Quelle für dieses Zitat anfügen?

Ich bin immer noch der Meinung "Realismus" in Kontekt von KC:D bezog sich immer in erster Linie auf den Kampf und das es kein Fantasy ist.
Zuletzt geändert von crenshaw26 am 26. Jan 2018, 21:22, insgesamt 4-mal geändert.
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Stuttgarter »

Lurtz hat geschrieben: Wo sind denn andere Beispiele für solche Artikel (abgesehen von Arthur Gies bei Polygon natürlich)? Ist Vavra der erste problematische, in seinen Social-Media-Kanälen auffällige Creative Director? Wo sind die Warnartikel in den Naughty-Dog-Reviews zu den Arbeitsbedingungen und Vorwürfen der sexuellen Belästigung bei Naughty Dog?

Du machst da ein sehr großes Fass auf, mit dem viele Spielemagazine, die sich als klassische Produkttester begreifen, nach wie vor nichts zu tun haben wollen.
Man kann aber durchaus als Leser/Konsument der Meinung sein, dass sie damit zu tun haben wollen sollten. ;)

Edit: Zur Verdeutlichung: Ich lese seit 1998 den Rolling Stone. 13 Jahre lang im Abo, mittlerweile noch ab und zu. Der Rolling Stone (amerikanische wie deutsche Variante) ist ein Magazin zu und über Rockmusik. Gleichwohl hat er von Anfang an sich nicht nur um die Musik, sondern auch um die Künstler und auch die Gesellschaft gekümmert, bis hin zu Reportagen über Fastfood. Weil der gedankliche Ansatz dahintersteckt, dass Kunst nicht im Vakuum entsteht, sondern ein Kommentar, ein Spiegel, eine Bewertung der Gesellschaft darstellt. Das gleiche kann man nicht nur in Bezug auf die Musik sagen (und zwar schon mindestens seit Mozart und Beethoven), sondern auch in Bezug auf Literatur, Bilder, Filme. Und eben auch Spiele. Jetzt muss die Gamestar nicht anfangen, Reportagen über Fastfood zu schreiben, aber es wäre wünschenswert, dass auch die Spielkritik endlich da hinkäme - was ja die Herren im Podcast auch regelmäßig fordern: Eine Abkehr vom reinen Produkttest hin zur Rezension.
Zuletzt geändert von Stuttgarter am 26. Jan 2018, 21:27, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Peninsula »

Lurtz hat geschrieben:Wo sind denn andere Beispiele für solche Artikel (abgesehen von Arthur Gies bei Polygon natürlich)? Ist Vavra der erste problematische, in seinen Social-Media-Kanälen auffällige Creative Director?
Naja, aber gerade deswegen finde ich es ja so wichtig auch über die Diskussion zu reden und damit mehr solche Diskussionen zu ermöglichen. Ich weiß nicht, welche Creative Directors sich sonst noch auffällig äußern, würde es aber natürlich gerne wissen - das Zusammentragen von Vavras Aussagen war IMO das große Verdienst von Jans Blogartikel - dieses wird übrigens auch nicht durch andere Unzulänglichkeiten seines Artikels zunichte gemacht.
Lurtz hat geschrieben:Wo sind die Warnartikel in den Naughty-Dog-Reviews zu den Arbeitsbedingungen und Vorwürfen der sexuellen Belästigung bei Naughty Dog?
Ich finde durchaus, dass sowas in Rezensionen erwähnt werden sollte. Ist IMO nochmal etwas anders gelagert, als eine öffentliche ideologische Positionierung leitender Entwickler, aber die Spielepresse sollte das auf jeden Fall thematisieren.
Lurtz hat geschrieben:Du machst da ein sehr großes Fass auf, mit dem viele Spielemagazine, die sich als klassische Produkttester begreifen, nach wie vor nichts zu tun haben wollen.
Und ich will nichts mit Spielemagazinen zu tun haben, die sich als klassische Produkttester begreifen - daher stört mich das ja so sehr.
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Stuttgarter »

Peninsula hat geschrieben:
Lurtz hat geschrieben:Wo sind die Warnartikel in den Naughty-Dog-Reviews zu den Arbeitsbedingungen und Vorwürfen der sexuellen Belästigung bei Naughty Dog?
Ich finde durchaus, dass sowas in Rezensionen erwähnt werden sollte. Ist IMO nochmal etwas anders gelagert, als eine öffentliche ideologische Positionierung leitender Entwickler, aber die Spielepresse sollte das auf jeden Fall thematisieren.
Nur mal so am Rande - es ist ziemlich undenkbar, dass eine seriöse Film-, Musik- oder Literaturzeitschrift nicht berichten wird, wenn gegen Schauspieler, Musiker, Schrifsteller oder Produzenten, Labels, Verlage irgendwelche derartigen Vorwürfe erhoben werden. Und der normale Film-, Musik-, Buchfan hat damit grundsätzlich auch kein Problem. Nur Spieler neigen dazu, "sowas" nicht wissen zu wollen.
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Vinter »

Das ist dann die andere Seite der Kunstdebatte. Nicht nur fordern, das Spiele endlich Kunst werden und als Kunst anerkannt werden, sondern auch die Maßstäbe anlegen, dass überhaupt gesellschaftlich relevante Debatten in diesem Kosmos stattfinden können. Das wäre u.a. Aufgabe einer irgendwie mediumsbegleitenden Presse.
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Stuttgarter »

Vinter hat geschrieben:Das ist dann die andere Seite der Kunstdebatte. Nicht nur fordern, das Spiele endlich Kunst werden und als Kunst anerkannt werden, sondern auch die Maßstäbe anlegen, dass überhaupt gesellschaftlich relevante Debatten in diesem Kosmos stattfinden können. Das wäre u.a. Aufgabe einer irgendwie mediumsbegleitenden Presse.
Jap, das hat zuweilen etwas von sich die Rosinen rauspicken wollen. Womit wir auch wieder bei dem - ja auch bei dem Thema hier immer wieder aufkommenden - Argument wären, "Es ist ja nur ein Spiel". Und das funktioniert eben nicht - entweder "nur ein Spiel" oder "Kunst". :)
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