Fährmann hat geschrieben:Es ist meines Erachtens komplett unmöglich ein historisches Spiel zu machen.
Ich bin da bei allem, was du schreibst grundsätzlich bei dir und bedanke mich insbesondere für die Schilderung deiner Erfahrungen mit KC:D aus erster Hand,
aber
inwiefern ist das Problem spezifisch für "historische" Spiele?
Diese Frage stellt sich mir hier bei den Diskussionen zu dem Thema, besonders auch bei Doms Ausführungen im Sonntagspodcast (Folge 150). Manchmal klingt es für mich so, als wären Geschichtswissenschaftler der Meinung (sorry fürs in einen Topf werfen, ist nicht als Angriff gemeint), grundsätzlich sei es ja schon irgendwie möglich Realität in Medien "korrekt" (und am besten noch vollständig) wiederzugeben, aber bei Geschichte "hört der Spaß dann auf", weil die Quellenlage nicht ausreicht usw.
Ich halte es aber für einigermaßen offensichtlich, dass kein Medium den Anspruch erfüllen kann, Realität - ob historisch oder nicht - "korrekt" und am besten noch vollständig zu reproduzieren. So ein Medium
wäre dann selbst diese Realität.
Dennoch denke ich, dass man in einem prätheoretischen Kontext unterscheiden kann zwischen
"Ich bin 1975 mit meinem Auto durch Hamburg gefahren."
und
"Ich war 1975 Jahren dabei, als Hamburg in einer Schlacht zwischen Echsenmenschen und körperlosen Lichtwesen aus der Andromedagalaxie pulverisiert wurde."
Beide "Erzählungen" sind fiktiv - 1975 war ich noch nicht auf der Welt und Auto fahre ich bis heute nicht - aber die ihrem Anspruch nach "realistischere" Erzählung lässt sich ja wohl ohne Weiteres ausmachen, oder nicht?
Und deswegen halte ich es auch für einigermaßen legitim, wenn ein Spiel (Film/Buch/...) sich - im Rahmen des Möglichen - als "realistisch", "historisch korrekt" (o.ä.) bezeichnet. Die Unmöglichkeit eines "echten" (ha!) Realismus sollte nahezu jedem Mediennutzer intuitiv klar sein.
Wenn ein Werk aber mit dem eigenen "Realismusanspruch" hausieren geht, ist es IMO schon interessant,
welche Aspekte es sich herauspickt, um diesen Anspruch umzusetzen.
Unabhängig von der Frage nach der Historizität halte ich die offenbar sehr platte "Kiptschak sind böse, wilde Reiterhorden"-Erzählung in KC:D für sehr unglücklich, weil das Spiel von sich selbst behauptet, eine realistische Geschichte "für Erwachsene" zu erzählen - und da wird dann solche Schwarzweißmalerei verschiedener Menschengruppen - ob in historischem oder zeitgenössischem Setting - problematisch.