Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

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kami
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von kami »

Pan Sartre hat geschrieben:Ich verstehe nicht, warum du vehement dafür plädierst, etwas zu trennen, was nun mal nicht trennbar ist? Würde (rein theoretisch!) Vavra jetzt selbstbewusst bei Europs größten Neonazi-Demo mitmarschieren oder sich in ein Tschechisch-Faschistischen Partei engagieren, möchte ich das als Käufer seiner Werke wissen, selbst wenn er sich zu seiner politischen Einstellung in Computermagazinen oder in anderen Spielejournalistischen Medien nicht geäußert hätte.
Praktisch läuft er nun aber mal nicht bei einer Nazi-Demo mit sondern scheint Positionen zu vertreten, die sich (leider) völlig im Mainstream der Bevölkerung und auch der Spielerschaft befinden. Dennoch wird jetzt gefordert, dass sich die Spielepresse mit dieser Person beschäftigt. Ich empfinde diese Forderung als falsch und anmaßend.
“Reality is that which, when you stop believing in it, doesn't go away.” Philip K. Dick
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kami
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von kami »

Puschkin hat geschrieben:Das Marketing von Warhorse lanciert seit dem Anfang an wie authentisch KCD sei. Das sie Historiker*innen hinzuziehen, das es in einer festdefinierten Zeit spielt und an Orten "wo man heute noch hingehen kann".
Und die Presse schreibt das oft so. Was die Presse aber eben wenig macht ist auszudifferenzieren: Hier sind die nach Vorbildern akkurat gestalteten Kulissen und Kostüme. Die Geschichte die das Spiel erzählt ist aber im Kern eine (post)moderne im heutigen jetzt erfundene.
Es wird alles unter den Schirm der Authentizität gestellt. Die Story im Spiel kann aber nicht authentisch sein.
Der Authentizitätsanspruch wurde zumindest von mir immer im Kontext zu den Fantasyszenarien üblicher Rollenspiele verstanden. Als erstes Spiel eines unbekannten Studios brauchte KCD ein Alleinstellungsmerkmal, und dieses stellte das historische Szenario dar, in dem dann die fiktive Geschichte spielt.
Es wird auch zuwenig darauf eingegangen wie auch Geschichtsrezeption vom Zeitgeist geprägt wird. Also wie prägen sich Leute zu einer bestimmten Zeit ihre Rosinen aus dem Kuchen? All die Erklärungen wie die Machtpolitische Ausgangslage 1400 aussah ist nicht schlecht, aber wenn man es nicht um die Analyse ergänzt wird, wer leitet was aus dieser Geschichte ab? Z.B. die Hussitenkriege als tschechischer Nationalmythos. Das Mittelalter als Projektionsfläche antidemokratischer Phantasien, "wo ein starker Mann das Reich regierte". uvm.
Was ich mich ja frage ob es so eine dystopische Story wird wo der "Kleine Mann" nur auf den Schweiß im Angesicht seiner Hände Arbeit vertrauen kann und eigentlich alle Adligen nur korrupte Schnösel sind die wie "Parasiten" von den Tschechen leben. Natürlich ist aber Autorität immer noch gut sofern sie von tschechischen Adligen oder der Familie kommt.
Das sind alles Fragen, die sich vortrefflich NACH der Veröffentlichung des Spieles diskutieren lassen, die aber nicht schon vorher verlangt werden sollten. Der GS-Blogbeitrag fasst nur die Einwände gegen die reißerische Polemik Heinemanns hinsichtlich des Authentizitäts-Anspruchs auf Basis des jetzigen Informationsstandes zusammen. Mehr will er nicht.
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Stuttgarter
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Stuttgarter »

kami hat geschrieben:
Stuttgarter hat geschrieben:Wo wurde geschrieben, dass Spielejournalisten explizit danach suchen sollen? Die Aussage war, dass man mittlerweile, wenn man was zu KC:D schreiben will, mit ein paar Mausklicks sieht, dass der Chefentwickler einige zumindest fragwürdige Positionen vertritt.
Jetzt hat man sich ja auch damit beschäftigt. Wenn man weiß, wonach man suchen soll, dann findet man die Ergebnisse. Zuvor wusste man jedoch nicht einmal, dass man suchen sollte.
Stuttgarter hat geschrieben:Und inwiefern ist "Gamergate" und eine Diskussion zu "Witcher" bitte "abseits der Spieleszene"? Oder ein Auftritt auf einer Spielemesse?
Daniel Vavra äußerte diese Statements nicht in Interviews mit bekannten Spielemedien, sondern auf Twitter und einem Breitbart-Interview. Das ist abseits. Und das Interview mit dem T-Shirt? Müssen Spieleredakteure tatsächlich mit Black- oder Death-Metal-Bands und deren eventuellem faschistischem Background vertraut sein?
Es hat hier auch niemand gefordert, dass die Journalisten speziell suchen hätten sollen, ob es etwas gibt. Nur, dass sie aufgreifen müssen, dass es etwas gibt. Und wie Jochen geschrieben hat, hat er keine zehn Minuten bei Google gebraucht, um zu erkennen, dass da etwas ist.

Und bitte akzeptiere, dass man sehr wohl der Meinung sein kann, dass öffentliche Aussagen eines Entwicklers, die Spiele betreffen, nicht "abseits der Spieleszene" sind. Und speziell zu dem T-Shirt: Ich glaub, es war Felidae, die schon sehr viel weiter vorn festgestellt hat, dass man in dem Moment, in dem man sich öffentlich hinstellt und etwas bewirbt, was man durch das Tragen eines Fan-T-Shirts nunmal tut und was ja auch Vavras Absicht war, selbstverständlich die Verantwortung hat, sich über die Band soweit zu informieren, dass man weiß, wofür die steht. Als Journalist hingegen sollte man zumindest wissen, dass einige Bands/Musiker der Szene problematisch sind und im Zweifel dann halt wieder - googlen.

Wobei es auch hier wieder auf das obige rausläuft: Kein Mensch verlangt, dass die Gamestar (zB) das alles selbst recherchiert (auch, wenn es sich manche wohl wünschen würden) - sondern nur, dass sie wenigstens einmal googlet, bevor sie so eine Mammutpreview wie letztens raushaut ohne auch nur einen Satz zu der Thematik drin zu haben.
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kami
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von kami »

Stuttgarter hat geschrieben: Es hat hier auch niemand gefordert, dass die Journalisten speziell suchen hätten sollen, ob es etwas gibt. Nur, dass sie aufgreifen müssen, dass es etwas gibt. Und wie Jochen geschrieben hat, hat er keine zehn Minuten bei Google gebraucht, um zu erkennen, dass da etwas ist.
Ja, und er hat nachgeschaut, nachdem er bereits wusste, dass es da eine Kontroverse gibt oder geben könnte, sprich, der Anlass war da. Und noch eher als er hat sich die GameStar damit beschäftigt, nachdem der Stein ins Rollen gebracht worden war, ob nun sinniger- oder unsinnigerweise. Die Kritik Heinemanns richtete sich ja aber darauf, dass die Spielepresse sich nicht vorher schon, als das auch hier noch kein Thema war, dieses Pseudo-Skandals angenommen hatte.
Stuttgarter hat geschrieben:Und bitte akzeptiere, dass man sehr wohl der Meinung sein kann, dass öffentliche Aussagen eines Entwicklers, die Spiele betreffen, nicht "abseits der Spieleszene" sind. Und speziell zu dem T-Shirt: Ich glaub, es war Felidae, die schon sehr viel weiter vorn festgestellt hat, dass man in dem Moment, in dem man sich öffentlich hinstellt und etwas bewirbt, was man durch das Tragen eines Fan-T-Shirts nunmal tut und was ja auch Vavras Absicht war, selbstverständlich die Verantwortung hat, sich über die Band soweit zu informieren, dass man weiß, wofür die steht.
Ich akzeptiere, dass man vielerlei Meinung sein kann. Und Felidae (deren Nickname übrigens einer Romanvorlage entspringt, deren Autor inzwischen ein völlig durchgeknallter rechter Hetzer ist, soviel zu derartigen Querbezügen) mag das so festgestellt haben, ich schließe mich dieser Feststellung allerdings nicht an. Die Gründe, so ein T-Shirt zu tragen, sind mannigfaltig und können von Unwissenheit über Gleichgültigkeit und gezielte Provokation bis hin zur Identifikation reichen. Hab selber einen sehr guten Freund, der zwar sehr links und sehr tolerant ist, aber ebenfalls gerne mal seine Freunde und Bekannten mit T-Shirts von politisch bedenklichen Metal- und Neo-Folk-Band schockt, die mir üblicherweise allesamt unbekannt sind.
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Stuttgarter
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Stuttgarter »

kami hat geschrieben: Praktisch läuft er nun aber mal nicht bei einer Nazi-Demo mit sondern scheint Positionen zu vertreten, die sich (leider) völlig im Mainstream der Bevölkerung und auch der Spielerschaft befinden. Dennoch wird jetzt gefordert, dass sich die Spielepresse mit dieser Person beschäftigt. Ich empfinde diese Forderung als falsch und anmaßend.
Es wird hier nicht gefordert, dass die Spielepresse sich speziell mit dieser Person beschäftigt - sondern dass sich Spielepresse grundsätzlich mehr mit den Personen hinter den Spielen beschäftigt. So wie andere Presse es bei Regisseuren, Produzenten, Schauspielern etc. auch tut.

Und nur, weil eine Einstellung dem Mainstream entspricht, wird sie noch lange nicht richtig.
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Puschkin
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Puschkin »

kami hat geschrieben: Das sind alles Fragen, die sich vortrefflich NACH der Veröffentlichung des Spieles diskutieren lassen, die aber nicht schon vorher verlangt werden sollten. Der GS-Blogbeitrag fasst nur die Einwände gegen die reißerische Polemik Heinemanns hinsichtlich des Authentizitäts-Anspruchs auf Basis des jetzigen Informationsstandes zusammen. Mehr will er nicht.
Nee als Fragen sollten die auch vorher aufgeworfen werden. Und ich kann mich nicht erinnern in der Previewberichterstattung darüber gelesen zu haben das es eine Authentizität der Kulissen geben kann, dass aber die Interpretation von Geschichte immer eine zeitgeistige ist.

Diese grundlegende Erkenntnis ist eigentlich in der Geschichtswissenschaft nicht sonderlich neu, weshalb ich von Leuten die z.B. als Spielemagazinredakteure mit Authentizitätsansprüchen von zahlreichen Spielen konfrontiert werden, erwarte das sie darüber bescheid wissen.
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Heretic
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Heretic »

Stuttgarter hat geschrieben:Und speziell zu dem T-Shirt: Ich glaub, es war Felidae, die schon sehr viel weiter vorn festgestellt hat, dass man in dem Moment, in dem man sich öffentlich hinstellt und etwas bewirbt, was man durch das Tragen eines Fan-T-Shirts nunmal tut und was ja auch Vavras Absicht war, selbstverständlich die Verantwortung hat, sich über die Band soweit zu informieren, dass man weiß, wofür die steht.


Da stimme ich zu.
Stuttgarter hat geschrieben:Als Journalist hingegen sollte man zumindest wissen, dass einige Bands/Musiker der Szene problematisch sind und im Zweifel dann halt wieder - googlen.


Das halte ich wiederum für übertrieben. Womöglich hat der (Spiele-)Journalist mit Metal überhaupt nichts am Hut und hat daher keine Ahnung, dass es sich überhaupt um ein Bandshirt handelt. In diesem speziellen Fall kommen ja mehrere Faktoren zusammen (getätigte Aussagen Vavras, Spiel mit historisch korrektem Hintergrund), die in Verbindung mit dem Shirt einen Journalisten eventuell hellhörig werden lassen könnten.
Stuttgarter
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Stuttgarter »

kami hat geschrieben: Ja, und er hat nachgeschaut, nachdem er bereits wusste, dass es da eine Kontroverse gibt oder geben könnte, sprich, der Anlass war da. Und noch eher als er hat sich die GameStar damit beschäftigt, nachdem der Stein ins Rollen gebracht worden war, ob nun sinniger- oder unsinnigerweise. Die Kritik Heinemanns richtete sich ja aber darauf, dass die Spielepresse sich nicht vorher schon, als das auch hier noch kein Thema war, dieses Pseudo-Skandals angenommen hatte.
Ist es zuviel verlangt, dass Journalisten einmal kurz die Namen durch Google jagen, um zu wissen, ob es etwas gibt? (Rhetorische Frage - für Dich lautet die Antwort ja anscheinend "ja".) Und thematisiert wird das nunmal schon länger - nur nicht flächendeckend in den Spielemedien. Aber kotaku beispielsweise hatte was dazu - wie Dir ja dargelegt wurde.

Du tust letztlich so, als hätte ja kein Mensch davon wissen können. Und das ist eben nachweislich falsch. Es hat keinen investigativen Reporter gebraucht, der da monatelang nachfieselt. Google + "Vavra" hätte genügt.
kami hat geschrieben: Ich akzeptiere, dass man vielerlei Meinung sein kann. Und Felidae (deren Nickname übrigens einer Romanvorlage entspringt, deren Autor inzwischen ein völlig durchgeknallter rechter Hetzer ist, soviel zu derartigen Querbezügen) mag das so festgestellt haben, ich schließe mich dieser Feststellung allerdings nicht an. Die Gründe, so ein T-Shirt zu tragen, sind mannigfaltig und können von Unwissenheit über Gleichgültigkeit und gezielte Provokation bis hin zur Identifikation reichen. Hab selber einen sehr guten Freund, der zwar sehr links und sehr tolerant ist, aber ebenfalls gerne mal seine Freunde und Bekannten mit T-Shirts von politisch bedenklichen Metal- und Neo-Folk-Band schockt, die mir üblicherweise allesamt unbekannt sind.
Das darf Vavra ja tun. Nur sollte die Presse sich dann eben damit beschäftigen. Nur darum geht es. Du willst das nicht wissen, Dich interessiert es nicht. Das ist ja okay. Aber andere wollen auch Berichte darüber lesen.

Ich schrieb es weiter oben schon: Wenn die Presse darüber berichtet, kannst Du das einfach überlesen, um Dein Bedürfnis zu befriedigen und allen ist geholfen. Wenn aber die Presse nicht darüber berichtet, haben diejenigen, die es interessieren würde, kaum eine Chance, das überhaupt mitzubekommen.

Deshalb nochmal: Akzeptiere bitte, dass Deine Forderungen an die Presse eben nur Deine sind - nicht allgemeingültig.
Jochen

Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Jochen »

kami hat geschrieben:Dennoch wird jetzt gefordert, dass sich die Spielepresse mit dieser Person beschäftigt
Diese Behauptung wird aber auch dadurch nicht richtiger, dass du sie gebetsmühlenartig wiederholst. Ich habe mehrfach ausdrücklich gesagt, dass es um die Diskussion geht - nicht um die Person. Bitte unterlasse es also, mir Aussagen in den Mund zu legen, die ich nie getroffen habe - oder aus diesen fiktiven Aussagen weitere fiktive Aussagen (Twitter-Feed durchforsten usw.) zu abstrahieren, die ich ebenfalls nie getroffen habe.

Und ja, selbstverständlich stößt man bei einer vernünftigen Themenrecherche auch ohne konkreten Anlass auf die Existenz einer solchen Diskussion. Ich kann das einigermaßen beurteilen; ich mache das nämlich seit fast 20 Jahren. Du auch?
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kami
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von kami »

Jochen hat geschrieben:Diese Behauptung wird aber auch dadurch nicht richtiger, dass du sie gebetsmühlenartig wiederholst. Ich habe mehrfach ausdrücklich gesagt, dass es um die Diskussion geht - nicht um die Person. Bitte unterlasse es also, mir Aussagen in den Mund zu legen, die ich nie getroffen habe - oder aus diesen fiktiven Aussagen weitere fiktive Aussagen (Twitter-Feed durchforsten usw.) zu abstrahieren, die ich ebenfalls nie getroffen habe.
Du warst jetzt auch nicht unbedingt gemeint, sondern diejenigen, die das fordern. :roll: Heinemann zum Beispiel.
Jochen hat geschrieben:Und ja, selbstverständlich stößt man bei einer vernünftigen Themenrecherche auch ohne konkreten Anlass auf die Existenz einer solchen Diskussion. Ich kann das einigermaßen beurteilen; ich mache das nämlich seit fast 20 Jahren. Du auch?
War diese letzte billige Spitze nun wirklich nötig? Aber gut, ich denke, die Positionen sind klargelegt, auch ein Don Quixote-Kampf gegen Windmühlen darf ein Ende haben.
Zuletzt geändert von kami am 13. Feb 2018, 11:24, insgesamt 2-mal geändert.
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Stuttgarter
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Stuttgarter »

Heretic hat geschrieben:
Das halte ich wiederum für übertrieben. Womöglich hat der (Spiele-)Journalist mit Metal überhaupt nichts am Hut und hat daher keine Ahnung, dass es sich überhaupt um ein Bandshirt handelt. In diesem speziellen Fall kommen ja mehrere Faktoren zusammen (getätigte Aussagen Vavras, Spiel mit historisch korrektem Hintergrund), die in Verbindung mit dem Shirt einen Journalisten eventuell hellhörig werden lassen könnten.
Mal ein ganz extremes Gegenargument: Nehmen wir mal an, ein Politiker läuft in seiner Freizeit mit nem T-Shirt rum, auf dem ein nicht eindeutig zuzuordnender Schriftzug zu lesen ist. Politische Journalisten werden in der Regel garantiert erstmal Google fragen, wofür dieser Schriftzug steht.

Jetzt kann man entgegnen, "ja aber politischer Journalismus funktioniert ja anders als Spielejournalismus" - und dem entgegnen dann halt einige "Ja das tut er momentan, aber es wäre wünschenswert, dass das nicht so bleibt". So wie andere Kulturjournalisten sich eben auch mit den Personen hinter der Kunst beschäftigen. Das Beispiel "Mel Gibson" wurde hier ja schon mehrfach genannt, und seit einigen Monaten beschäftigen sich die Feuilletons wieder und wieder mit #metoo, Weinstein, Allen und Co. In anderen Kunstsparten ist es ganz normal, dass der Fachjournalismus nicht den Künstler hinter dem Werk ignoriert.

Wenn sich Spielemagazine als Journalismus begreifen statt als reine Produkttester, kommen sie nicht umhin, sich auch mit den Hintergründen zu befassen. Sonst sind sie eben doch nur "Stiftung Warentest, Abteilung Spiele".
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Pan Sartre
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Pan Sartre »

kami hat geschrieben:
Pan Sartre hat geschrieben:Ich verstehe nicht, warum du vehement dafür plädierst, etwas zu trennen, was nun mal nicht trennbar ist? Würde (rein theoretisch!) Vavra jetzt selbstbewusst bei Europs größten Neonazi-Demo mitmarschieren oder sich in ein Tschechisch-Faschistischen Partei engagieren, möchte ich das als Käufer seiner Werke wissen, selbst wenn er sich zu seiner politischen Einstellung in Computermagazinen oder in anderen Spielejournalistischen Medien nicht geäußert hätte.
Praktisch läuft er nun aber mal nicht bei einer Nazi-Demo mit sondern scheint Positionen zu vertreten, die sich (leider) völlig im Mainstream der Bevölkerung und auch der Spielerschaft befinden. Dennoch wird jetzt gefordert, dass sich die Spielepresse mit dieser Person beschäftigt. Ich empfinde diese Forderung als falsch und anmaßend.
Naja, ob Vavras Sicht die des Mainstreams in weiten Teilen der Bevölkerung entsprechen soll, ich hoffe ich doch mal nicht. Wenn dem so wäre, hätte er sich auch in "gemäßigteren" Medien dazu äußern können und nicht auf Breitbart.
Wenn ich zu einem Dorffest gehe und sehe 20% der männlichen Jugend in rechtsradikalen Szeneklamotten, dann ist das für mich bedeutsam. Würde ich jetzt jemanden anderen darauf ansprechen, der sich damit nicht auskennt, würde er vermutlich zu mir sagen "es sind doch ganz normale Jugendliche". Sind es eben nicht! Normal wird es nur, weil man es dauerhaft ignoriert und nicht gesellschaftlich aufklärt. Würde ein Journalist nun über dieses Dorffest berichtet, wäre es für mich eher anmaßend, würde er diesen Umstand verschweigen bzw. es wäre schockierend, wenn dieser nicht "auffallen" würde.
Natürlich ist der Fall Vavra etwas kompliziert. Er hat sich aber nunmal selbst allzu oft politisch geäußert. Außerdem sind mittelalterliche Themen in rechten Kreisen beliebt und werden glorifiziert sowie politisch romantisiert (vermeintliche Ritterlichkeit, nur harte Männer durchstanden diese "dunkle Epoche" etc.). Begünstigt durch ein weitverbreitetes, verzerrtes Bild des Mittelalters in der Gesellschaft bietet so ein Szenario viele Möglichkeiten seine Ideologie auszuleben. Warum fällt es denn so vielen Leute leicht, sich in die Diskussion einzumischen, ohne sich tiefgründig damit befasst zu haben? Weil wir nun mal von klein auf mit tendenziösen Darstellungen zum Mittelalter gefüttert wurden. Wissen den die meisten, ob das Mittelalter wirklich "weiß" (also ohne asiatische/afrikanische Einflüsse) war? Nein, sie wissen es nicht, sind aber davon überzeugt, weil nunmal 99% aller populären Darstellungen diesen Eindruck vermitteln! Oder abseits davon? Wäre es den ein politisches Statment, wenn das Mittelalter als raue, technisch rückständige Zeit dargestellt würde, in der Menschen und Familien nur durch starke, gesunde Männer überleben konnten? Also ungefähr so, wie die meisten es beschreiben würden? Ja, wäre es, wenn die Geschichtsforschung schon lange ein viel kultivierteres, sozialeres als auch komplexeres Gesellschaftsbild und eine relativ fortschrittliche, technische Entwicklung dieser Zeit belegen kann.
Es wird auch nicht gefordert, dass die Spielepresse nun über Vavra recherchiert und möglichst viel Schmutz zu Tage fördern soll. Aber es ist nunmal schade, wenn nur über Personen berichtet würde, die einen "unterhaltsamen" und unpolitischen Background zu haben scheinen.
Zuletzt geändert von Pan Sartre am 13. Feb 2018, 11:51, insgesamt 2-mal geändert.
Jochen

Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Jochen »

kami hat geschrieben:War diese letzte billige Spitze nun wirklich nötig?
Ähm. Du hast doch mir erklärt, wie journalistische Recherche funktioniert. Und wenn ich dich nach deiner fachlichen Qualifikation frage, ist das eine billige Spitze? Das verstehe ich nicht. Wenn ich morgen zu meinem Bäcker gehe und ihm erkläre, wie man Teig richtig zubereitet, wird der auch nicht als erstes "Juhu!" rufen, sondern wissen wollen, ob ich sein Handwerk gelernt habe. Das ist keine billige Spitze, sondern die in diesem Kontext zwangsläufige Frage.
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Heretic
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Heretic »

In der Politik, der Musik und beim Film haben wir es halt auch mit Prominenten zu tun, die viel stärker im Licht der Öffentlichkeit stehen als ein Daniel Vávra. Der ja selbst in der Spielebranche nicht den Bekanntheitsgrad eines Peter Molyneux oder Richard Garriot hat (ok, inzwischen vielleicht schon ;)). Mir war der Herr Vávra zumindest bis vor kurzem völlig unbekannt, obwohl ich z. B. Sebastian Stanges ausgiebige Preview-Videos bei Gamestar verfolgt habe. Ich habe also "Kingdom Come: Deliverance" nicht so unmittelbar mit Vávra in Verbindung gebracht wie beispielsweise die Ultima-Reihe mit Richard Garriot. Lange Rede, kurzer Sinn: Auch der beste Journalist kann ein dubios beschriftetes Shirt bei einem Spieleentwickler schonmal übersehen. Ich vermute einfach, dass der Herr Vávra einfach nicht bekannt und interessant genug war, um sich näher mit ihm zu befassen. Das hat sich in den letzten Wochen rapide geändert...
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Pan Sartre
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Pan Sartre »

Heretic hat geschrieben:In der Politik, der Musik und beim Film haben wir es halt auch mit Prominenten zu tun, die viel stärker im Licht der Öffentlichkeit stehen als ein Daniel Vávra. Der ja selbst in der Spielebranche nicht den Bekanntheitsgrad eines Peter Molyneux oder Richard Garriot hat (ok, inzwischen vielleicht schon ;)). Mir war der Herr Vávra zumindest bis vor kurzem völlig unbekannt, obwohl ich z. B. Sebastian Stanges ausgiebige Preview-Videos bei Gamestar verfolgt habe. Ich habe also "Kingdom Come: Deliverance" nicht so unmittelbar mit Vávra in Verbindung gebracht wie beispielsweise die Ultima-Reihe mit Richard Garriot. Lange Rede, kurzer Sinn: Auch der beste Journalist kann ein dubios beschriftetes Shirt bei einem Spieleentwickler schonmal übersehen. Ich vermute einfach, dass der Herr Vávra einfach nicht bekannt und interessant genug war, um sich näher mit ihm zu befassen. Das hat sich in den letzten Wochen rapide geändert...
Ich würde dir bis zu dem Punkt Recht geben, bis ein Vavra bei der GS für ein Interview auf der Matte stand. Normalerweise informiert man sich - sofern es nicht nur um den Pressesprecher handelt - über den Interviewten. Nun kann man GS zu Gute halten, dass sich das Interview auf der GC eventuell spontan ergeben hat und daher keine Zeit für eine kurze Vorabrecherche blieb. ;)
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kami
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von kami »

Jochen hat geschrieben:Ähm. Du hast doch mir erklärt, wie journalistische Recherche funktioniert.
Wo bitte habe ich DIR das erklärt oder zu erklären versucht? Das verstehe ICH nun wieder nicht. Insofern muss die Frage zwangsläufig als passiv-aggressive Spitze verstanden werden.
Und wenn ich dich nach deiner fachlichen Qualifikation frage, ist das eine billige Spitze? Das verstehe ich nicht. Wenn ich morgen zu meinem Bäcker gehe und ihm erkläre, wie man Teig richtig zubereitet, wird der auch nicht als erstes "Juhu!" rufen, sondern wissen wollen, ob ich sein Handwerk gelernt habe.
Die richtige Analogie wäre ja wohl eher, dass ich in einer Bäckerei stehe und einem anderen Kunden erzähle, dass die Brötchen nicht schmecken, woraufhin der Bäcker das hört und mich fragt, ob ich denn überhaupt Brötchen backen könne. Nein, kann ich nicht, beurteilen, ob sie angebrannt oder halbroh sind, aber schon.

Generell finde ich Diskussionen um Geschichtsdarstellung in Medien natürlich wichtig und interessant. Offenbar sind wir uns doch auch einig, dass es nicht unbedingt notwendig ist, diese Diskussion nun unbedingt an diesem Menschen festzumachen oder auch an Heinemanns Kritik. Ich beurteile nur die Rolle der Spielepresse in diesem Zusammenhang weniger kritisch als andere hier, vielleicht auch, weil ich Spieletests (ja, Tests) in einem Magazin wie der GameStar nunmal als inhärenten Teil des Konzeptes sehe, die investigative Hintergrundrecherche hingegen eher als Bonus.
Zuletzt geändert von kami am 13. Feb 2018, 12:55, insgesamt 1-mal geändert.
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Decius
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Decius »

Sprichst du jetzt mit dieser ans Platzen gestreckten Metapher Jochen die journalistische Qualifikation ab, oder dir selbst dieselbe zu? Weil du aus ihm statt des "Bäckers" (Journalist) einen "Kunden" (du und ich und Müllers Kuh) machst. Oder ist jetzt der Developer der "Bäcker" und wir alle, egal ob Journalist oder Käufer, "Kunden"? Was wiederum drauf hinausläuft, dass du Jochen mit dir auf eine Stufe stellst in Sachen Qualifikation um Brötchen zu beurteilen. Was ich als "Kunde" (egal wer jetzt der "Bäcker" ist) eher mal in Zweifel ziehe.
NDA
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von NDA »

Wohl noch nie in der Gastro gearbeitet. Der Kunde ist König. Selbst wenn der Koch sagt, so und so ist es richtig, wenn der Kunde diese eine Zutat nun nicht möchte, kann der Expertenkoch sich auf den Kopf stellen. Wenn der Bäcker verbrannte Brötchen verkauft, sie dem Kunden nicht schmecken, bringt es dem Bäcker auch nichts.

Außerdem legt Kami hier niemanden Wörter in den Mund, Jochen. Die Diskussion, über die du da berichtest, geht schließlich um die Person von Vavra. Nur weil du dich jetzt hinstellst und schreibst, dass du ja nur die Diskussion beleuchtest, beleuchtest du nun einmal zwangsläufig auch die Person. Nichts anderes versucht Kami mMn zu vermitteln.
Bái Zuô!
OCD
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von OCD »

Pan Satre hat geschrieben:Ich würde dir bis zu dem Punkt Recht geben, bis ein Vavra bei der GS für ein Interview auf der Matte stand.
Vavra war meines Wissen nur bei RBTV/ GameTwo. Bei der Gamestar war der PR-Manager Tobias Stolz-Zwilling. https://www.youtube.com/watch?v=wtMmP_P8aP0

Bei Gametube sagt Michi auch, dass er nicht da war https://youtu.be/H0mPst6ZNas?t=39m15s
Zuletzt geändert von OCD am 13. Feb 2018, 13:14, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von kami »

Decius hat geschrieben:Sprichst du jetzt mit dieser ans Platzen gestreckten Metapher Jochen die journalistische Qualifikation ab, oder dir selbst dieselbe zu? Weil du aus ihm statt des "Bäckers" (Journalist) einen "Kunden" (du und ich und Müllers Kuh) machst. Oder ist jetzt der Developer der "Bäcker" und wir alle, egal ob Journalist oder Käufer, "Kunden"? Was wiederum drauf hinausläuft, dass du Jochen mit dir auf eine Stufe stellst in Sachen Qualifikation um Brötchen zu beurteilen. Was ich als "Kunde" (egal wer jetzt der "Bäcker" ist) eher mal in Zweifel ziehe.
Wenns dich wirklich interessieren sollte, dann lies dir die Auseinandersetzung nochmal durch und du wirst es schon zuordnen können. Ansonsten würde ich diese Meta-Diskussion eigentlich ungern noch länger auswalzen wollen.
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