Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

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Desotho
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Desotho »

Samuraiii hat geschrieben: Ich kann es nicht fassen, dass dieser Jan so eine Aufmerksamkeit bekommt - Und wird noch bei Gamespodcast eingeladen, um seine Hetze weiter zu propagieren.
Ich habe den Podcast zwar erst zu 3/4 durch, aber das Wort "Hetze" scheint mir nicht angemessen.
El Psy Kongroo
Decius
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Decius »

Desotho hat geschrieben:
Samuraiii hat geschrieben: Ich kann es nicht fassen, dass dieser Jan so eine Aufmerksamkeit bekommt - Und wird noch bei Gamespodcast eingeladen, um seine Hetze weiter zu propagieren.
Ich habe den Podcast zwar erst zu 3/4 durch, aber das Wort "Hetze" scheint mir nicht angemessen.
Ich versuche eher verzweifelt die Ironie oder den Witz in Samuraiiis Post zu finden, weil ernstgemeint kann das doch nicht gewesen sein? Sich für so was extra hier anmelden?
IceGrin

Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von IceGrin »

Die frage ob man ein produkt konsumieren darf, wenn der hintergrund des schaffenden problematisch ist, musste ich mir das erste mal bei Lost Prophets stellen.
Der sänger ian watkins wurde im oktober 2013 wegen Kindesmissbrauchs verurteilt. Geile musik aber sänger is arsch. Was tun?
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Desotho
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Desotho »

IceGrin hat geschrieben: Der sänger ian watkins wurde im oktober 2013 wegen Kindesmissbrauchs verurteilt. Geile musik aber sänger is arsch. Was tun?
Ich glaube dass das eine individuelle Entscheidung ist, die jeder für sich selbst treffen muss.

In der Musik hat man das ja schon in der abgemilderten Form oft. Gerade in der Jugend gab es schon das ein oder andere Lied dass ich cool fand, aber wenn es z.B. von einer Boyband kam war das natürlich ein klarer Fall von: geht gar nicht

Heute habe ich mit sowas kein Problem mehr. Ein "uncooler" Interpret ist mir egal.
Andere Sachen wie z.B. rechtes Gedankengut, Kindesmissbrauch würden mir den Musikgenuss vergällen.
Ein Besipiel für mich wären z.B. Böhse Onkelz die mir unsympathisch sind. Trotzdem habe ich ein Lied von denen aufm Handy.
Und irgendwie ist es komisch und gibt mir ein ungutes Gefühl. (Ob das nun begründet ist, ist mir an der Stelle übrigens egal, ich habe da auch nie tiefer recherchiert).
El Psy Kongroo
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Andre Peschke
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Andre Peschke »

Samuraiii hat geschrieben:Ich kann es nicht fassen, dass dieser Jan so eine Aufmerksamkeit bekommt - Und wird noch bei Gamespodcast eingeladen, um seine Hetze weiter zu propagieren.
Nun, die Aufmerksamkeit war ja vorher schon da. Und ich finde, Jan war im Panel schon erheblicher Kritik ausgesetzt. Nur weil Jochen und Christian in der Lage sind ihren Widerspruch zivilisiert zu äußern bedeutet das nicht, dass nicht insbesondere die Rassismusvorwürfe von beiden als fahrlässig charakterisiert wurden. Wenn sie dann trotzdem zu dem Schluss kommen, dass Jan einen interessanten Diskussionsbeitrag geliefert hat, dann verweise ich wieder auf die Nachgeforscht-Folge zum Thema Provokation und den Schwebezuständen. Man kann gleichzeitig an etwas berechtigt anstoß nehmen und dennoch einen Wert darin erkennen.

Unabhängig davon, wie auch Jochen neulich im WH-Podcast (IIRC) schon sagte: Es bringt nichts, eine Auseinandersetzung mit dem Autor eines kontroversen Werkes zu scheuen. Man muss nur die richtigen Fragen stellen. Das gilt für Vavra, das gilt für Jan.

Andre
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Asphyx
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Asphyx »

Ich habe mir soeben die Diskussion im neuen Podcast zu Ende angehört. Um ehrlich zu sein, hatte ich vorher etwas Bauchschmerzen, wie dieses Gespräch wohl verlaufen würde, aber es war eine gute und ausgewogene Diskussion, dafür erstmal großen Dank an alle Beteiligten.

Vorab: ich kenne Jan Heinemann ebensowenig persönlich wie Daniel Vávra, und werde deshalb davon Abstand nehmen, die persönlichen Motive des einen wie des anderen zu hinterfragen oder darüber zu spekulieren. Sehr wohl kann man aber darauf eingehen, was beide Personen öffentlich geäußert haben, und da muss man m.E. beide gleichermaßen (wenn auch für unterschiedliche Dinge) krtisieren:

Vávras bei diversen Gelegenheiten geäußerte Meinungen mögen durchaus kritik- und diskussionswürdig sein, aber wie Jochen bin ich der Ansicht, dass sie bei weitem nicht ausreichen, um jemanden pauschal als Rassisten oder Sexisten abzustempeln. Um ein von Herrn Gebauer gerne gebrauchtes Argument aufzugreifen: hier werden Koinzidenzen gesammelt und daraus eine unzulässige Kausalität konstruiert, insbesondere auch, was das Spiel KC:D betrifft. Die Ansichten eines Menschen sind ein komplexes Konglomerat und werden von diversen Faktoren geformt, wie etwa Bildung, soziales Umfeld, persönliche Erfahrungen, Auswahl der konsumierten Medien und als glaubhaft empfundenen Quellen (auch Geschichtsschreibung ist keineswegs ein homogenes, inhaltlich unumstrittenes Feld) etc. Man darf z.B. auch nicht vergessen, wie die allgemeine Meinungslage in der Lebensrealität der kritisierten Person ist. Es ist ja kein Zufall, dass Tschechien sich in der Flüchtlingsdebatte als Hardliner hervorgetan hat, gegen die erzwungene Aufnahme von Flüchtlingen auftritt, und dieser Zugang offenbar von einer Mehrheit der Bevölkerung mitgetragen wird. Deswegen kann man aber Tschechen nicht a priori als Rassisten abqualifizieren, ebensowenig Vávra als Einzelperson. Ich selbst habe tschechische Freunde, die in meiner Gegenwart schon mal ungeniert gegen "Zigeuner" polemisiert haben, was ich als unangenehm empfand und auch kritisiert habe, weswegen ich sie aber nicht als Rassisten verurteilen würde, weil ich weiß, dass diese Meinung dem öffentlichen Diskurs in ihrem Umfeld und nicht einer menschenfeindlichen Grundhaltung entspringt. Herrn Vávras Ansichten muss man weder teilen, noch sie gutheißen, aber sie sind seine Privatmeinung, von der Meinungsfreiheit gedeckt und bewegen sich meines Wissens nach nicht in einem strafrechtlich relevanten oder offen neofaschistischen Bereich.

Was Jan Heinemann betrifft, muss ich leider konstatieren - insbesondere auch nach dem Genuss Eures Podcasts - dass sein Artikel nach inhaltlichen, wissenschaftlichen sowie journalistischen Standards einfach schlecht ist. Sein Anliegen mag aufrichtig sein, die Umsetzung aber ist grob misslungen, und seine Antworten im Gespräch machen das umso offensichtlicher. Die von Jochen aufgezeigten Ungenauigkeiten bei den von Jan verwendeten Zitaten sind frappierend und sinnentstellend, das ist umso beklagenswerter bei jemandem, der am Ende seines Studiums steht und daher sehr genau wissen müsste, wie korrekte Zitate und Quellenangaben auszusehen haben. Sich daran nicht zu halten, ist im günstigsten Fall schlampig, im ungünstigsten absichtlich tendenziös. (Never let facts get in the way of a perfectly good argument...) Desweiteren sagt Jan, es ginge ihm nicht um KC:D im Speziellen, sondern um Spiele generell, das wird in seinem Artikel aber in keiner Weise abgebildet. Er spricht ausschließlich über KC:D, das einzige andere Spiel, das erwähnt wird, ist The Witcher 3, und das nicht, um Jans Ansichten zum Thema "historische Authentizität in Spielen" zu belegen, sondern um Daniel Vávras Einstellung zu illustrieren. Überhaupt ist der Artikel nur zu einem Drittel eine Auseinandersetzung mit KC:D selbst (bzw. seinem verkündeten Anspruch an geschichtliche Akkuratesse), und zu zwei Dritteln eine versuchte Demontage der Person Daniel Vávra. Und wiewohl Jan im Podcast selbst sagt, man müsse das fertige Spiel abwarten und danach beurteilen, spekuliert er in seinem Artikel frei drauflos, inwieweit das Spiel wohl das Geschichtsbild seines Leaddesigners widerspiegeln wird, in weitgehender Unkenntnis des Werks selbst. Wie gesagt, Jans Anliegen mag legitim und ernstgemeint sein, sein Artikel aber ist eine Polemik mit unklarem Fokus, bildet nicht ab, was er angeblich damit sagen wollte, und nimmt sich unzulässige Freiheiten heraus, was sowohl seine Zitation als auch seine absolutistisch vorgetragenen Schlussfolgerungen angeht. Dem ernsthaften Diskurs über ein an sich wichtiges Thema hat er damit meiner Ansicht nach einen Bärendienst erwiesen.
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Puschkin
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Puschkin »

Zu Vavra als Autor und Politik in Spielen:
Ich finde es verwirrend wenn davon ausgegangen wird "Politik in Spielen" würde nur von linksoffenen Menschen thematisiert werden: Vavra WILL eine politische Botschaft im Spiel. Ich hatte bei der ganzen Paneldiskussion das Gefühl das wird Vavra beständig von den Panelisten verweigert oder ignoriert. Am Ende wird das nochmal etwas differenzierter gesehen. Davor in der Diskussion klang das für mich aber so an.

Dazu nochmal was ich da als Beleg sehe:

"There were problems[m.E. bezogen auf die Zeit und Ort zu der KC:D spielt] and I want to explain them," says Vávra. "Not many games do that and I think it is a shame that so many games avoid politics. I think it makes sense to have it in our game." https://www.polygon.com/features/2015/4 ... ew-preview" onclick="window.open(this.href);return false;
[Das ist jetzt ein sehr kurzes Zitat, aber ich habe es weiter oben schon mal gepostet.]

Die Frage ist da für mich nicht OB sich da etwas von der Weltanschauung und Geschichtsbilds von Vavra im Spiel finden wird.
Es ist eher die Frage WAS sich von seiner Weltanschauung und Geschichtsbild im Spiel finden wird.
Ist das eine Zitat zu wenig?
Ich habe aber auch keine gegenläufigen Aussagen von Vavra gelesen und ich denke da hat er auch vielleicht Gelegenheit sich dazu zu äußern?

Es gibt natürlich noch die Möglichkeit das dazu Vavra unfähig ist, entweder kognitiv oder strukturell(weil er ja mit einem großen Team arbeitet) etwas rüberzubringen. Aber das finde ich selber keine ernstzunehmenden Argumentation. Das zeigt aber das Spiel am Ende.


Zur Authentizität
Gibt es da vielleicht eine Übersprungshandlung. Weil z.B. gerade äußerliche Aspekte, wie Kleidung, Gebäude etc. für authentische gehalten werden oder sehr genau nachgebildet sind wird auch alles andere als authentisch aufgefasst? Oder auch das das dargestellte Böhmen idealisierter Repräsentant des gesamten Europas wird?
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anakin_skywalker
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von anakin_skywalker »

Vielen Dank an unsere Podcaster und vollste Zustimmung! Eine wirklich herausragende Aufarbeitung des Themas.

Christians [hier stand zuvor "Jans", ich bitte um Entschuldigung! Danke an Andre für den Hinweis.] Anspruch auf Deutungshoheit kann ich mich aber nur entschieden entgegenstellen. Rassismus kann sich gegen jede Rasse richten, folglich kann auch der Begriff "Weißbrot" als rassistische Beleidigung gegen Weiße gerichtet sein. Die diesbezüglich von Jan getätigten Äußerungen offenbaren eine Ideologie, die mir genauso zuwider ist wie der Rassismus, gegen den sie sich richten.
Zuletzt geändert von anakin_skywalker am 25. Jan 2018, 17:58, insgesamt 1-mal geändert.
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Terranigma
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Terranigma »

anakin_skywalker hat geschrieben:Rassismus kann sich gegen jede Rasse richten, folglich kann auch der Begriff "Weißbrot" als rassistische Beleidigung gegen Weiße gerichtet sein.
Ja, natürlich. Aber die gesellschaftliche Signifikanz solch einer Aussage ist im Vergleich geringer, weil Weiße in Europa niemals eine strukturelle oder institutionelle Diskriminierung erlebt haben. Wenn jemand dich also in Deutschland ein "Weißbrot" nennt, magst du das zurecht als rassistische Äußerung verstehen. Aber diese Äußerung steht nicht im Kontext von Rassismus in Deutschland gegenüber Weißen, weil es diesen nicht gibt. Insofern würde ich da die Qualität der Äußerung schon unterscheiden.
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Voigt
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Voigt »

Nicht den "Weißen" als solche, aber natürlich gab es Rassismus auch in Europa selbst. Slawische Völker/Polen und so.
Aber ja, dabei wurde keiner beschimpft weil er *weiß* war, sondern kleingeteileter, so wie Europa nunmal ist.
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Kesselflicken
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Kesselflicken »

Ich bin mir etwas unsicher, ob das der richtige Thread für reines Feedback zum Panel ist. Falls hier hauptsächlich Diskussion stattfinden soll kann mein Beitrag gerne verschoben/gelöscht werden.

Zur eigentlichen Diskussion kann ich glaube ich nichts weiter beitragen. Alle Argumente wurden hier schon besser ausformuliert, als ich es könnte. Ich wollte nur mal anmerken, dass das IMO bisher eure beste Ausgabe von "The Panel" war. Alle Parteien konnten ihre Argumente gut begründet und breit austauschen. Die Atmosphäre war, trotz des ja sehr heiklen und kontrovers diskutierten Themas, immer respektvoll und angenehm zu hören. Im Vorhinein wurde die gesamte Problematik nochmal schön nachvollziehbar dargelegt und Christian Huberts Anmerkungen zu bspw. Rassismus haben das Ganze nochmal in einen klareren Kontext gebracht.
Was ich besonders positiv hervorheben möchte sind eure Erklärungsansätze, warum einige Menschen sich so starr in dieser Diskussion geben und die von euch skizzierten Schützengräben.

Bisher ganz klar meine Highlight-Folge des Monats bisher. Chapeau an alle Beteiligten, ganz großes Tennis :clap:.
Zuletzt geändert von Kesselflicken am 25. Jan 2018, 19:45, insgesamt 1-mal geändert.
Smartie
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Smartie »

Ich kann mich meinem Vorredmer VARUS nur anschließen: DIe Panel-Folge zum Thema "Kingdom Come" war ganz hervorragend.
Trotz unterschiedlicher Meinungen wurde ruhig und sachlich diskutiert, viele Apskete der umfangreichen Thematik nicht nur oberflächlich, sondern tiefgründig diskutiert. Polemisierungen und morlaische Überheblichkeit - ansonsten stete Begleiter solcher Diskussionen auch und insbesondere im Internet- wurden gänzlich vermieden, kurz um:
Die Folge war ein absolutes Lehrbeispiel für eine gelungene Diskussionskultur! Allein für diese Folge hat sich die Backer-Jahresgebühr schon gelohnt!
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Peter
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Peter »

Dem Lob kann ich mich nur anschließen, es war eine exzellente Folge, nicht zuletzt auch Dank Jochens kritischer Auseinandersetzung mit dem Blogartikel.
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Lurtz
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Lurtz »

Jochen hat den Blogartikel wie schon hier im Forum kritisch und gut eingeordnet. Die Anwesenheit des Autors hat für mich wenig beigetragen, eher noch einmal darin bestätigt, wie unsauber er gearbeitet hat, wie tendentiös seine Harangehensweise war, und die Relativierungsversuche waren angesichts der überzeugten Schärfe des Blogs auch eher traurig. Wahrscheinlich so ein Fall von "im offenen Gespräch formuliert man ganz anders, als wenn man einen Text für eine stumme Leserschaft schreibt". Das ist für mich auch nicht nur zu polemisch, das ist einfach ungeeignet um dem Anliegen gerecht zu werden.
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Terranigma
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Terranigma »

Am Ende fragte ich mich auch, was nun eigentlich der Erkenntnisgewinn war. Alle Beteiligten haben erneut bestätigt, wie wichtig es ist, überhaupt über "solche Sachen" diskutieren zu können, aber ... nun. Schon. Ja, dem wird niemand widersprechen. Ansonsten wurde mehrfach bestätigt, dass man "kritisch" mit "solchen Diskussionen" umgehen muss, was für mich auch so einer Ebene ist mit "Wasser ist nass." Ja, stimmt auch. Aber am Ende war die einzige Erkenntnis wohl, dass die im Blog geäußerten Behauptungen nicht belegbar waren und die Vermutungen bzgl. des Einfluss von Vavra auf das endgültige Spiel auch weiterhin nur Vermutungen sind.

Vor einigen Seiten wurde die Diskussion als Sturm im Wasserglas bezeichnet, und nach dem Gespräch mit dem Autor hat sich dieser Eindruck auch für mich bestätigt. Zumindest fühlte ich mich nach dieser Diskussion nicht klüger als vorher, was nicht an den Teilnehmern oder dem Thema lag, sondern daran, dass der Autor nichts Erkenntnisförderndes zu sagen wusste. Seine kritischen Verweise zum Authentizitäts-Begriff, so wie er in PR und Journalismus bei Videospielen mit historischen Setting genommen wurden, fand ich da weitaus spannender - denn da könnte man wunderbar einen größeren Bogen zum Geschichtsverständnis allgemein schlagen. Aber diese Diskussion hat wiederum nichts mit dem Geschichtsbild in KC:D oder dem Rassismus-Vorwurf gegenüber Vavra zu tun, sodass auch dieser Diskussionsstrang - weil er im Artikel selbst auch gar nicht weiter vertieft oder gar verargumentiert wurde - im Nichts verlief.
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Voigt
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Voigt »

http://www.gamestar.de/videos/kingdom-c ... 95441.html" onclick="window.open(this.href);return false;

Zum Spiel an sich nochmal ein 16min Gameplay Trailer. Das sieht nochmal deutlich besser las die 2Jahre alte Demo aus. Bin zwar nicht gehyped, aber freue mich durchaus. Passend für die Semesterferien.
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Andre Peschke
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Andre Peschke »

anakin_skywalker hat geschrieben:Jans Anspruch auf Deutungshoheit kann ich mich aber nur entschieden entgegenstellen. Rassismus kann sich gegen jede Rasse richten, folglich kann auch der Begriff "Weißbrot" als rassistische Beleidigung gegen Weiße gerichtet sein. Die diesbezüglich von Jan getätigten Äußerungen offenbaren eine Ideologie, die mir genauso zuwider ist wie der Rassismus, gegen den sie sich richten.
Wenn ich mich nicht sehr täusche, kam diese Aussage von Christian. Und ich glaube, sie war nur unglücklich formuliert. Der Ausspruch ist weiterhin rassistisch, nur eben weitgehend wirkungslos(er), wenn kein Machtgefälle existiert.

Andre
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Andre Peschke
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Andre Peschke »

Terranigma hat geschrieben:Aber am Ende war die einzige Erkenntnis wohl, dass die im Blog geäußerten Behauptungen nicht belegbar waren und die Vermutungen bzgl. des Einfluss von Vavra auf das endgültige Spiel auch weiterhin nur Vermutungen sind.

Vor einigen Seiten wurde die Diskussion als Sturm im Wasserglas bezeichnet, und nach dem Gespräch mit dem Autor hat sich dieser Eindruck auch für mich bestätigt.
Selbst wenn man dem vollumfänglich zustimmt: Bei einem so weit verbreiteten und diskutierten Artikel, ist das doch ein echter Erkenntnisgewinn. Er mag in deinem Fall eine schon vorher vorhandene Meinung bestätigt haben, aber das war ja nicht Konsens (ist es vermutlich auch jetzt noch nicht, aber unter Maßgabe deiner Prämisse, würde ich dennoch sagen: Selbst dann gibt es einen klar identifizierbaren Mehrwert).

Andre
meisterlampe1989

Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von meisterlampe1989 »

Peter hat geschrieben:Dem Lob kann ich mich nur anschließen, es war eine exzellente Folge, nicht zuletzt auch Dank Jochens kritischer Auseinandersetzung mit dem Blogartikel.
Das ist mir zu nett ausgedrückt. Aus journalistischer Sicht hat er ihn ziemlich zerpflückt. Man muss sich fragen, was denn am Ende vom Blog noch übrig bleibt.

1. Er hat Zitate verfremdet, damit sie zu seinen Thesen passen. Was für mich äußerst unredlich ist. Das reicht eigentlich schon für mich, um ihn vollends zu diskreditieren. (Da fand ich Jochen sogar noch zu zahm)
2. Er hat unterschlagen, dass andere Ethnien als kaukasische im Spiel existieren. (Darauf hätte man ihn besser festnageln sollen)
3. Er hat ohne dass das Spiel bisher erschienen ist und er sich überhaupt ein umfassendes Bild machen kann, nur aufgrund eines Ad hominem gegen den Chefentwickler ein Spiel mit über einhundert Entwicklern in die Pfanne gehauen. Die Polemik gibt er ja selbst zu.
4. Er hat einen Mann, Vavra, der unbestreitbar streitbar (Haha!) ist, sehr harsch in eine Schublade gesteckt (Sexist und Rassist) in die man Menschen vielleicht dann doch nicht so schnell stecken sollte. (Stichwort: Gräben, wie sie am Ende besprochen wurden und aus denen argumentiert wird)

Dem entgegnen hat er gebracht: "Ja, ist so" und "So sehe ich das halt".

Ich fand die Debatte sehr interessant, aber ihr Ausgangspunkt, der Blog, ist leider aus journalistischer Sicht äußerst schlecht. Tut mir leid.
Für mich riecht das danach, dass jemand sich hier in eine Sache rein gesteigert hat und sich Luft machen wollte.
Die ganze Kontroverse ist richtig, aber ich hätte mir einen besseren Ausgangspunkt gewünscht.

Und ich gehe jede Wette ein, dass dieser Blog, wenn er hier als Beitrag veröffentlicht worden wäre, bei unserer strengen Etikette Probleme bekommen hätte. Er geht nämlich z.B. wie ihr im Cast gesagt habt nicht davon aus, dass Vavra sich einfach nur nicht richtig ausdrücken kann, sondern vermutet immer das Schlimmste und kommt auch so dazu, dass Vavra Rassist ist. Man siehe dazu Punkt 2 und 3 zur Einhaltung der Forenregel "ART 1"
viewtopic.php?f=4&t=2789" onclick="window.open(this.href);return false;

Ich will nicht so weit gehen wie einer meiner Vorschreiber hier, also dass man ihm keine Bühne hätte geben sollen. Aber hätte der Beitrag nicht so für Aufsehen gesorgt, hätte er so eine Plattform aus journalistischer Sich nicht verdient.

Die Diskussionen, die sich daraus im Cast ergeben haben, fand ich hochspannend. Nicht falsch verstehen.
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Terranigma
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Re: Kingdom Come: Deliverance und sein problematisches Geschichtsbild

Beitrag von Terranigma »

Andre Peschke hat geschrieben:Selbst wenn man dem vollumfänglich zustimmt: Bei einem so weit verbreiteten und diskutierten Artikel, ist das doch ein echter Erkenntnisgewinn.
Aber inwiefern? Wobei ich mich mit "kein Erkenntnisgewinn" auch gar nicht auf die Folge beziehen wollte, sondern auf den Diskurs an sich. Ich würde sagen: hätte Jan den Artikel nie geschrieben und hätte der Videospieljournalismus nicht für gut eine Woche über diesen Artikel gesprochen, wir wären nicht weniger schlau als wir's nun sind. Eben weil sich eigentlich keine einzige Behauptung des Artikels sinnhaft verargumentieren ließ, und auch in der Diskussion gelang es Jan nicht, seine Aussagen über KC:D zu belegen. Was am Ende bleibt, ist ein Ad Hominem gegen Vavra, dem man vom Bauchgefühl her eher zugeneigt oder eher abgneigt ist.

Ich würde insofern Jochen ein wenig widersprechen und sagen, dass die Journalisten hier keinen Fehler gemacht haben, nicht über Vavra zu berichten. Eben weil sich jetzt auch nach ca. 20 Seiten an Forendiskussion, nach dem Gamestar-Artikel und auch nach der Panel-Diskussion eigentlich keine einzige neue Erkenntnis ergeben hat, sodass zu fragen, wäre, über was Journalisten eigentlich hätten berichten sollen. Dass Vavra wohl "rechts offen" - neuen Ausdruck gelernt! - ist, erscheint mir keinen journalistischen Beitrag wert, weil sich die Relevanz seiner polit. Haltung nicht am Werk beurteilen lässt, solange KC:D noch nicht erschienen ist. Aber am Ende dieser ganzen Debatte steht keinerlei Erkenntnisgewinn bzgl. KC:D, und eigentlich bleibt nur hängen, dass Vavra aus eher polit. linker Perspektive kein ganz angenehmer Typ ist. Njo.
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