Da im Mailbag-Thread ja nicht geantwortet werden soll, ich das Thema aber auch interessant finde und vor allem auch glaube, ein passendes Beispiel zu kennen, habe ich mir erlaubt, Lars' Beitrag zu kopieren. Ich hoffe, das ist in Ordnung... Wenn nicht, darf der Thread natürlich gerne auch wieder gelöscht werden, dann kann ich Lars ja auch eine PN schreiben.Ich hätt' da mal 'ne Frage, wie das Thema psychische Erkrankungen in Spielen verarbeitet wird, bzw. ob es vielleicht besser verarbeitet werden könnte:
Viele psychische Krankheitsbilder werden mittlerweile zumindest auf narrativer Ebene in Spielen eingebettet- etwa Depressionen bei "The Cat Lady" oder paranoide Schizophrenie bei "Hellblade"- das ich leider noch immer nicht selbst gespielt hab- und sonst gern auch in stark überzeichneter, betont unrealistischer oder überdrehter Form, etwa wenn der Protagonist aus Eternal Darkness in Wahn verfällt und dabei die vierte Wand bricht.
Leider wird das Motiv der psychischen Erkrankung in meinen Augen zwar häufiger in der Narration verarbeitet und auf Sound- und Bildebene unterstützt, selten jedoch zum Gegenstand (oder Ausgangspunkt) der Spielmechanik, also dem Kern des >>Spiels<< selbst.
Ist sowas möglich? Oder gibt es das schon und fallen euch Beispiele ein? Seht ihr sonst beim Medium Spiel eine Chance, so etwas überhaupt zu versuchen?
Mir ist klar, dass der Weg über die Narrative hier der easy way ist: Weil solche Krankheitsbilder mit einem höchst subjektiv veränderten Erleben und Empfinden einhergehen, können sie für Außenstehende auf künstlerischer Ebene natürlich nur sehr begrenzt, höchstens ausschnitthaft dargestellt werden. Gerade Psychosen sind in ihren Symptomen ja auch äußerst vielfältig und schwer unter einen Hut zu bringen.
Ich vermute, dass ein Spiel so etwas nicht effektiver abbilden können wird als etwa ein Gemälde oder ein Musikstück. Außerdem ist eine Erkrankung ja auch normalerweise mit einem Kontrollverlust der Betroffenen verbunden- was sich mit Spielen als Medium, in dem Kontrolle meist eine große Rolle spielt, natürlich etwas beißt. Trotzdem fänd' ich einen entsprechenden Ansatz halt mal extrem spannend.
Habt ihr hierzu einen oder zwei Gedanken?
Mir kam nämlich sofort "Fran Bow" in den Sinn, ein Indie-Point&Click-Adventure, in dem ein durch die Ermordung schwer traumatisiertes kleines Mädchen, die namensgebende Fran Bow, die Hauptrolle spielt. Ein wichtiger Teil der Spielmechanik ist hier der Wechsel in eine Art Parallelwelt. Die Positionierung aller Gegenstände und Personen ist darin immer noch dieselbe, aber alles ist dann plötzlich düster, bedrohlich, blutig, verwesend, creepy. Viele Rätsel kann man nur durch den Wechsel zwischen den beiden Welten lösen, man kann den Zeitpunkt dafür nämlich selbst steuern. Fran hat also durch ihre psychologischen Probleme und Halluzinationen bzw. ihre Sicht auf die Welt nicht nur Nachteile, sondern kann das auch zu ihrem Vorteil nutzen (ähnlich, wie einen die Stimmen bei Hellblade wohl auch unterstützen, wenn ich die Reviews richtig verstanden habe).
Hier der Trailer für einen sehr guten Eindruck von der Machart: https://www.youtube.com/watch?v=cnfXW4JRLpc
Es ist entgegen des allerersten Eindrucks, den vielleicht die Grafik der "reellen Parallelwelt" macht, sicher kein Spiel für Kinder... Das wird klar, sobald erstmalig in die "Psychosen-Welt" geschaltet wird.
Ich kann das Spiel jedem empfehlen, den der Trailer oder die Prämisse prinzipiell anspricht; ich habe es selbst sehr gern gespielt, spiele aber auch gerne Point & Click und finde psychologische und philosophische Betrachtungen auch interessant. Ich könnte mir aber auch vorstellen, dass es ein Point&Click-Adventure der anderen Art ist, sodass es auch unseren Podcastern gefallen könnte, obwohl sie alle keine großen Fans des Genres sind. In Fran Bow wird aber eine interessante Geschichte erzählt, einiges meiner Ansicht nach etwas anders gemacht und die Möglichkeiten des Mediums gar nicht schlecht genutzt.
@ Lars Rühmann: Geht das in die Richtung, die du meinst?
@ André, Jochen und Sebastian: Mich würde eine Wertschätzung dieses Spiels übrigens extrem freuen! Besteht da eine Chance?
Viele Grüße,
Bloody Mary
EDIT: In diesem Interview erklären die beiden (ja, nur zwei!) Entwickler von Fran Bow noch mehr zum Spiel und seiner Entstehung: http://www.adventurecorner.de/pages/533 ... killmonday" onclick="window.open(this.href);return false;
Damit und mit dem Trailer bekommt ihr sicher insgesamt einen besseren Eindruck als durch meine ungelenken Beschreibungsversuche...