An dieser Stelle verweise ich auf das Zitat in meiner Signatur:
„Wort ist Währung. Je wahrer, desto härter.“ - Reiner Kunze
Ich bin wirklich überrascht über die Diskussion. Denn ich hätte nie gedacht, dass man mal darüber diskutieren würde, wie „hart“ die Wortwahl einer Kritik sein darf. Für mich ist klar, dass wenn Kunst alles darf, auch die Kritik an Kunst alles darf! Und nein, an dieser Stelle möchte ich keine Diskussion zum Thema „Sind Videospiele Kunst“ aufmachen…
Lasst es mich daher vielleicht anders ausdrücken: Jemand der Dinge erschafft - künstlerisch oder nicht -, darf seiner Kreativität in jeglicher Hinsicht freien Lauf lassen. Dies aber zu dem Preis, dass auch die Kritik an seinem geschaffenen Werk jegliche Form annehmen kann.
Ehrlich gesagt finde ich sogar, dass der Verriss damit die ehrlichste Form der Kritik ist! Ich möchte hierbei auf Jochens Aussage verweisen, dass Entwickler ein falsches Bild von Reviews haben, dadurch dass sie diese kaum konsumieren und daher nicht fähig sind „zwischen den Zeilen“ zu lesen. Aber auch gleichermaßen auf folgendes Beispiel von monieu aus dem anderen Thread zu diesem Thema:
monieu hat geschrieben:Angesichts der niedrigen Polygonzahl der Charaktere hätte man auch einfach gleich eine Geschichte mit anthropomorphen Bauklötzchen im Kindergarten erzählen können.
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Angesichts der niedrigen Polygonzahl der Charaktere wäre eine Geschichte mit anthropomorphen Bauklötzchen im Kindergarten die bessere Wahl für das Spiel gewesen.
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Angesichts der niedrigen Polygonzahl der Charaktere hätte eine Geschichte mit anthropomorphen Bauklötzchen im Kindergarten auch gut zum Spiel gepasst.
Wie wir sehen verändert sich die Wahrnehmung und Interpretierbarkeit eines einzelnen Satzes, je nachdem wir „nett“ man ihn verpackt. Aus genau diesem Grund wäre mir stets die ehrlichste - wenn vielleicht auch härteste und „unfairste“ - Satzform am Liebsten. Weil was nützt mir, wenn ich einen netter formulierten Satz habe, dessen Kern ich vielleicht missverstehe? Ich brauche als Schaffender / Künstler kein Honig ums Maul geschmiert zu bekommen, weil keiner die Eier hat mir die ungeschönte Wahrheit ins Gesicht zu sagen, bis ich von Dieter Bohlen vor aller Weltöffentlichkeit in Grund und Boden blamiert werde! Ist diese öffentliche Blamage wirklich besser, als absolut gnadenlos ehrliche Worte?
Insofern bin ich auf Seiten von Stuttgarter was die Argumentation anbelangt. Und seien wir ehrlich, es fällt auch immer leichter hart zu kritisieren, wenn man die Person dahinter nicht kennt, sondern eben nur das Erzeugnis.
Ich habe selbst vor vielen Jahren extrem viel geschrieben, hauptsächlich im Bereich der FanFictions. Aufgrund dessen habe ich aber auch Werke anderer FanFic Autoren kritisiert und dies mit einer derartigen Gnadenlosigkeit, das sogar einige wegen meiner Kritik aufgehört haben zu schreiben. Und hier kommen wir zum Punkt, wo ich die andere Partei verstehen kann, denn würde man mir die Frage stellen: „Bist du stolz auf diese Auswirkung deiner Kritiken?“, so würde meine Antwort lauten: „Nein!“
Denn meine Absicht war mit dieser ehrlichen Form der Kritik nicht die Leute zu demotivieren. Ich wollte lediglich der eine Ehrliche sein, der nicht wir Freunde und Familie alles über den grünen Klee lobt. Ich wollte mit meinen harten Worten die Fehler aufzeigen, damit man an eben diesen arbeiten könne, um am Ende oder in Zukunft eine bessere Leistung ablegen zu können.
Zu jenem Zeitpunkt kam ich daher für mich zur Erkenntnis, dass eine Kritik nie einseitig sein darf. Es gibt IMMER sowohl Stärken, als auch Schwächen. Wie also mit einem Verriss umgehen, der ja von seiner Natur aus eigentlich nur die dunkle Seite der Macht kennt: Die Schwächen aufzeigen!?
Nun auch ein Verriss kann mit Worten enden wie beispielsweise „Aber trotz all dieser Schwächen, zeigen sich auch Stärken“ oder „Trotz all dieser Negativpunkten, zeigen sich Lichtblicke ab.“
Man kann also mit positiven Aspekten so etwas abschließen, um zum einen Aufzuzeigen dass nicht alles schlecht ist und vielleicht auch um den Schaffenden in Erinnerung zu rufen, dass man ihm ja eigentlich nichts Böses will.
Denn letztendlich glaube ich auch nicht, dass jemand einen Verriss schreibt, weil er Spaß daran empfindet. Sondern letztendlich immer, weil man als Kritiker stets jemandem gegenüber eine Verantwortung empfindet. Beispielsweise seinen Lesern gegenüber ehrlich zu sein und vor einem Fehlkauf zu warnen. Oder aber einem Künstler gegenüber, bei dem man in Zukunft eine Verbesserung erhofft.
Was nun das Interview angeht, so muss ich ehrlich sagen, dass Herr Gerdesmann für mein Gefühl vielen Fragen von André eher ausgewichen ist und beim Antworten sich dafür lieber ins Marketingblabla flüchtete. Gerade zum Ende hin deutlich, als Simon wieder von den Veränderungen sprach, die sich das Team früher nicht zu implementieren traute und André sogar extra nachfragen musste: „Ja aber was für Veränderungen sollen das nun genau sein?“
Und selbst dann wich er noch der Frage aus. Beantwortete sie nur halbwegs. Warum an dieser Stelle die Featuresänderung noch verheimlichen, als wäre sie der neue Innovationswurf?! Hau doch die Info raus, damit du damit vielleicht doch noch den einen oder anderen hinterm Ofen hervorgelockt bekommst. Aber nein… lieber Blabla… *Facepalm*
An der Stelle hatte ich sogar leicht den Eindruck, dass Simon von André und Sebastian sanfter angefasst wurde, da sie ihn offenbar inzwischen etwas kennengelernt hatten (ja sogar Respekt für die Firma entwickelten). An der Stelle wieder: Es fällt immer leichter zu kritisieren, wenn man nicht die Person, sondern nur das geschaffene Werk kennt…