The Panel: Hass auf Steam

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Andre Peschke
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Re: The Panel: Hass auf Steam

Beitrag von Andre Peschke »

Pommesbudenpate hat geschrieben: Meiner Erinnerung nach sollte es ja wie bereits gesagt zu einer kritischen Auseinandersetzung kommen, in der nicht monothematisch aus einer Sicht über ein Thema gesprochen wird.
Es ging um eine kritische Auseinandersetzung, ja, aber nicht notwendigerweise um eine kontroverse. Das Ziel war für mich in erster Linie die Auseinandersetzung mit aktuellen Themen durch zwei Kollegen die ich sehr respektiere. Dadurch hatte ich mir erhofft, dass wir hier nicht immer nur in unserer Dreierkonstellation diskutieren. Es war also als Zufluss frischer Perspektiven gedacht und damit entweder als Korrektiv oder Bestätigung unserer Ansichten oder als Impulsgeber für Themen, die wir auch nochmal aufgreifen können.

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Terranigma
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Re: The Panel: Hass auf Steam

Beitrag von Terranigma »

Jochen hat geschrieben:Aber wenn ich der Position - gleich wie schrecklich sie mir zunächst erscheinen mag - nicht mit einem gewissen Grundrespekt und der Offenheit begegne, dass der andere möglicherweise einen (für sich) triftigen Grund dafür hat, dann wird es sehr schwierig, irgendjemanden von irgendetwas zu überzeugen - ganz zu schweigen vom Gegenteil.
Verstehe. Dann reden wir hier also nur quasi vom Kommunikationsverhalten. In der Hinsicht würde ich dir zustimmen und auch sagen, dass es für einen Diskurs zielführender ist wenn man sich gerade gegenüber Menschen, deren Haltungen, Ansichten und Positionen man in keinsterweise teilt, grundsätzlich zivilisiert verhält. Auch weil es die Chancen erhöht, dass es überhaupt zu einem Gespräch kommt. Ich würde das "effektives Kommunikationsverhalten" nennen oder auch einem Respekt seiner Meinungsäußerungsfreiheit gegenüber. Aber seine Meinung, d.h. seine Position, zu respektieren, das erachte ich nicht als notwendig. Du sagtest ja nun selber, dass du eine Meinung, welche du zum Weglaufen grueslig findest, nicht respektieren würdest. Wo diese Grenze liegt, das legt wohl jeder für sich fest. Bei dem einen ist sie bereits bei "Der Islam gehört nicht zu Deutschland" erreich, bei jemand anderen nicht; aber dass es diese Grenze gibt - ganz unabhängig von geltenden Gesetzen - da scheinen wir uns einig zu sein.

So verstehe ich dich jedenfalls. In dem Fall meinen wir doch dasselbe! :D
Zuletzt geändert von Terranigma am 29. Mär 2018, 17:07, insgesamt 2-mal geändert.
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falseprophet
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Re: The Panel: Hass auf Steam

Beitrag von falseprophet »

Andre Peschke hat geschrieben:
Pommesbudenpate hat geschrieben: Meiner Erinnerung nach sollte es ja wie bereits gesagt zu einer kritischen Auseinandersetzung kommen, in der nicht monothematisch aus einer Sicht über ein Thema gesprochen wird.
Es ging um eine kritische Auseinandersetzung, ja, aber nicht notwendigerweise um eine kontroverse. Das Ziel war für mich in erster Linie die Auseinandersetzung mit aktuellen Themen durch zwei Kollegen die ich sehr respektiere. Dadurch hatte ich mir erhofft, dass wir hier nicht immer nur in unserer Dreierkonstellation diskutieren. Es war also als Zufluss frischer Perspektiven gedacht und damit entweder als Korrektiv oder Bestätigung unserer Ansichten oder als Impulsgeber für Themen, die wir auch nochmal aufgreifen können.

Andre
Deine Kollegen wirken im Podcast durchaus sehr fachkundig und freundlich, nur habt ihr in dieser Konstallation schlicht ein Problem: Ihr seit euch zu ähnlich. Eure Gedanken und Meinung bezüglich politischer, sozialer und gesellschaftlicher Fragestellungen tendieren zu sehr in dieselbe Richtung. Folglich verstärkt ihr euch überwiegend gegenseitig in vorgefestigten Meinungen, anstatt aeine andere Perspektive in die Diskussion einzubringen, womit entweder einen Konsens oder zwei gegenteilige Meinungen daraus resultieren. Stattdessen operiert ihr ein bisschen nach dem Schema 1: "Ich denk XY", 2: "oh, ja, ich auch auch X... und Y stimmte ich auch zu" und 3: "XY war schon immer meine Meinung". Es fehlt die alternative Betrachtungsweise bzw. eine andere Perspektive auf die Sache. Zudem entfernt sich das Panel im Verlauf eurer Diskusionen durch sehr weit vom Thema Videospiele weg und in die Richtung politische Darlegung (gleichartiger) Meinungen hin.
Jochen

Re: The Panel: Hass auf Steam

Beitrag von Jochen »

Terranigma hat geschrieben:Verstehe. Dann reden wir hier also nur quasi vom Kommunikationsverhalten
Ganz genau. Wahrscheinlich habe ich mich dämlich ausgedrückt. Es geht mir selbstverständlich nicht darum, offensichtlich falsche, rassistische o.ä. Aussagen einfach so hinzunehmen. Sondern um die Intention in einer Kommunikationssituation: Wenn ich jemanden davon überzeugen möchte, dass seine/ihre Position ethisch oder demokratisch problematisch ist, dann werde ich das wahrscheinlich nicht dadurch erreichen, dass ich ihn oder sie einen Nazi nenne. Dann ist das Gespräch und meine Chance, die Gegenseite zu überzeugen, vorbei. Dann sind die Schotten dicht.

Aber eigentlich will ich ja überzeugen. Ich will ja, dass die Menschen anderen Kulturen, Religionen, sexuellen Orientierungen usw. toleranter und aufgeschlossener begegnen. Und für mich ist das dann eine Abwägung zwischen "will ich Recht haben" oder "will ich die Möglichkeit, vielleicht doch etwas zu verändern". Mir erscheint letzteres erfreulicher, aber möglicherweise bin ich auch einfach längst nicht so zynisch wie ich gerne tue ;)
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Terranigma
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Re: The Panel: Hass auf Steam

Beitrag von Terranigma »

falseprophet hat geschrieben:Deine Kollegen wirken im Podcast durchaus sehr fachkundig und freundlich, nur habt ihr in dieser Konstallation schlicht ein Problem: Ihr seit euch zu ähnlich.
Im Falle des Formates würde ich auch sagen: Ich sehe in der Konstellation ein ähnliches Problem wie damals bei "Des Teufels Advokat" - es fehlt die authentische Gegenstimme. In der Panel-Diskussion wurde über "die Rechten", u.Ä. geredet, aber es war kein Vertreter dieser Position im Gespräch beteiligt. Aufgrund der Thematik war insofern leider nicht mehr möglich, als aus der eigenen Wahrnehmung heraus über diese Gruppierung zu reden - was natürlich nie so zielführend ist, als rede man mit den Menschen selbst. Umgekehrt dürfte es aber auch schwer werden einen Gast zu finden der sich selbstbewusst hinstellt und sagt, "Jawoll, ich würde sehr gerne Juden in Videospielen vergasen."

Diese Problematik dürfte es bei vielen dieser Debatten geben, dass die eigentliche Gegenseite nur aus dem Kaffeesatz gelesen werden kann. Ideal ist das natürlich nicht; aber es wäre auch nicht ideal, solche Themen ganz auszuklammern.
Jochen hat geschrieben:Mir erscheint letzteres erfreulicher, aber möglicherweise bin ich auch einfach längst nicht so zynisch wie ich gerne tue ;)
Um dein zynisches Selbstbild zu bewahren, kannst du dir auch einfach erzählen, dass deine Höflichkeit im Miteinander bloße kalte Berechnung zur Durchsetzung deiner eigenen Ziele ist. :D
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Andre Peschke
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Re: The Panel: Hass auf Steam

Beitrag von Andre Peschke »

falseprophet hat geschrieben: Deine Kollegen wirken im Podcast durchaus sehr fachkundig und freundlich, nur habt ihr in dieser Konstallation schlicht ein Problem: Ihr seit euch zu ähnlich. Eure Gedanken und Meinung bezüglich politischer, sozialer und gesellschaftlicher Fragestellungen tendieren zu sehr in dieselbe Richtung.
Möglicherweise, ja. Wobei ich wie gesagt gar nicht zwingend auf ein "beide Seiten der Medaille"-Ding raus will. Das ist bei Teufels Advokat im ersten Anlauf schon gescheitert. Einhellige, aber dafür kluge oder interessante Beobachtungen und Denkanstöße will ich haben.

Das es für manche irritierend ist, wenn bei heiklen Themen die begriffliche Trennschärfe über Bord geht, kann ich verstehen. Andererseits empfinde ich die Passagen wenn eine echte Diskussion entsteht und die beiden sich entspannt unterhalten als wertvoll, weshalb ich da nicht als Moderator jedesmal tätig werden will, wenn es mal etwas flappsig wird. Schwierig. Glaube das muss sich ggf noch weiter eingrooven.

Andre
falseprophet
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Re: The Panel: Hass auf Steam

Beitrag von falseprophet »

Terranigma hat geschrieben:Umgekehrt dürfte es aber auch schwer werden einen Gast zu finden der sich selbstbewusst hinstellt und sagt, "Jawoll, ich würde sehr gerne Juden in Videospielen vergasen."
Ich da würde jeder sofort abstellen. Aber eine Person, die eine durchaus legitime Meinung vertreten hätte in die Richtung: liberale Mechanismen in der Privatwirtschaft (Steam und Selbstkontrolle), weniger staatliche Eingriffe (keine Zensur u. dergl., evtl. sogar Spiele ohne Altersfreigabe usw.), freie Meinungsäusserung (auch der Neonazi soll seinen Mist sagen dürfen), Unterscheidung zwischen Rechts und Rechtsextrem / Neonazis usw., hat der Runde gefehlt.
Xyxyx
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Re: The Panel: Hass auf Steam

Beitrag von Xyxyx »

der unbestechliche hat geschrieben:
Ich bin es so leid, immer wieder diesen Links-Rechts-Unsinn aufgetischt zu bekommen. Das sind historische Totschlagbegriffe, um sich mit einem Wort jeglicher Argumentation entledigen zu können.
Es gibt sinnvolle, richtige und falsche Punkte in beiden "Lagern".
Aber man bekommt momentan nur das undifferenzierte "Gut-vs-böse" auf fast allen Kanälen: Jedes Argument, das nicht ins linke oder linkspopulistische Weltbild passt, egal ob objektiv richtig oder falsch, wird pauschal als "rechts" abgestempelt und somit per Definition für falsch erklärt, während einige selbsternannte Linke den größten Käse fabulieren oder gar für Sachbeschädigung und Körperverletzung noch öffentlich gefeiert werden (Stichwort Antifa-Angriffe).
Ich bin es so leid, immer wieder diesen Unsinn aufgetischt zu bekommen. Es ist schlicht nicht wahr, dass rechte Positionen verteufelt und linke gefeiert werden. Und wo du den Unfug mit den angeblich öffentlich gefeierten Antifa-Angrifen her hast wüsste ich auch gern. Du meinst nicht zufällig die öffentliche Großfahndung nach Hamburg durch die BILD? Der gesellschaftliche Diskurs dringt immer weiter nach rechts. Die Themen der politischen Medien (sein es Artikel, Talkshows usw) und auch der Parlamentsdebatten werden zunehmend von rechts gesetzt, es wird auf und ab betont man müsse jede noch so irrationale Angst ernst nehmen und Parteien entdecken zunehmend rechte Positionen (wieder). Die Behauptung als Rechter dürfe man sich nicht äußern - wenn doch rechte Äußerungen eben fast ständig ausführlich debattiert werden - ist eine Lüge und bewusste Argumentationsstruktur, um sich von vornherein in eine Opferrolle zu begeben.
Lange Rede, kurzer Sinn: Man ist bei The Pod anscheinend nicht willens, im weitesten Sinne politische oder ähnlich strittige spielefremde Themen entweder
- ganz wegzulassen
Politische Themen sind nicht spielefremd. Spiele und die Spieleindustrie sind, wie so ziemlich alle Ausdrucksformen von Kultur und Wirtschaft, eben auch politisch. Dies als spielefremd zu sehen ist weltfremd.
oder
- differenziert und unvoreingenommen zu behandeln (d.h. faktenorientierte, neutral berichtende, nicht wertende Herangehensweise (das nannte man früher Journalisus) oder Pro und Contra zu Wort kommen lassen)
Die Meinung Journalismus solle nicht wertend sein und sei es besonders früher nicht gewesen, hat nichts mit der Realität zu tun. Die größten Journalisten und explizit Kritiker waren und sind wertend und das nicht nur in ihrem Elfenbeinturm, sondern explizit gesellschaftlich. Es ist Aufgabe des Journalismus Kontext herzustellen und auch zu werten, abseits davon sind völlig gleichberechtigte Herangehensweisen nicht möglich, da es keine Ideologiefreit gibt, auch die kontextlose simple Pro/Contra-Darstellung, ohne Einordnung, ist sicher kein guter Bericht.
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DieTomate
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Re: The Panel: Hass auf Steam

Beitrag von DieTomate »

Fährmann hat geschrieben:
Jochen hat geschrieben:
Fährmann hat geschrieben:Wenn die CSU von ihrem christlichen Abendland redet, zu dem der Islam nicht gehört, ist das dann konservativ? Oder rechtspopulistisch? Oder nationalsozialistisch?
Zunächst einmal ist das eine Position, die zwei Drittel der Bevölkerung teilt. Es erscheint mir weder klug noch politisch zielführend, zwei Drittel der Bevölkerung in eine rechtspopulistische oder gar nationalsozialistische Ecke zu drängen. Damit verliert sie man sie bloß. Das heißt umgekehrt natürlich nicht, dass man der Mehrheit nach dem Mund reden muss oder sollte. Stattdessen sollte man fragen, woher diese Position stammt, welche rationalen und emotionalen Überlegungen ihr zugrunde liegen und anschließend die eigene Gegenposition hoffentlich überzeugend darlegen. Das ist mithin das Wesen von Demokratie. Nämlich auch jene Positionen zu respektieren, die man selbst vielleicht ganz furchtbar gruselig findet, so lange sie gegen kein Gesetz verstoßen - und zu überzeugen statt zu pauschalisieren.
Es ist gleichzeitig eine Position, die acht Prozent aller Deutschen aufgrund ihrer Religion als undeutsch diskriminiert. Das halte ich schon für ziemlich nationalsozialistisch im engeren Sinne.
Es sind Sprüche für Werbeplakate.
"Der Islam gehört nicht zu Deutschland."
Das ist eine Aussage, die viele Bedeutungen und Nuancen haben kann, welche nicht alle in einen leicht verdaulichen Twitter Beitrag für zwischendurch passen. Ist damit gemeint, dass Moslems in Deutschland nicht willkommen sind? Ist damit gemeint, dass der Islam als Religion nicht zu Deutschland gehört? Ist gemeint, dass der Islam in den nächsten 50 Jahren in Deutschland nicht die (zahlenmäßige) Überhand erlangen soll? Ist gemeint, dass der Islam vom Staat getrennt bleiben soll? Wieviel von den zwei Dritteln wären auch der Meinung, das Christentum gehöre nicht zu Deutschland?
Stuttgarter
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Re: The Panel: Hass auf Steam

Beitrag von Stuttgarter »

Dieser Thread beweist eins ganz eindeutig: Die Nazidenkweisen sind eindeutig in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Das wurde auf den letzten Seiten schon von Vinter ausführlich aufgezeigt - aber den Punkt, dass für viele automatisch als "links" gilt, was sich gegen Rechtsextremismus stellt, muss ich auch nochmal betonen.

Nein, es ist nicht links, sich gegen Rechtsextremismus zu stellen. Es ist nur anständig. Und bei der Frage ist es auch völlig unerheblich, dass es auch einen Linksextremismus gibt: In dem Panel ging es um deutschnationale, rassistische, rechtsextreme Gruppen auf Facebook und auf Steam. Darüber kann man als Thema reden. Ohne darauf hinweisen zu müssen, dass es auch linksextreme Gruppen, Straftaten etc gibt. Natürlich gibt es die. Nur sind sie nicht Thema des Podcasts, verdammich.

Aber immer, wenn irgendwo über rechtsextreme Gruppierungen, Straftaten, verbale Entgleisungen berichtet oder diskutiert wird, kommt so sicher wie das Amen in der Kirche "Aber die Linken!!!!". Als ob das irgendwas besser machen würde? Abgesehen davon, dass die Statisitiken zu politischen Straftaten in den letzten Jahren eine eindeutige Sprache sprechen, was ihre Zu- bzw. Abnahme angeht - es. Spielt. In. Dem. Zusammenhang. Keine. Rolle. Hier geht es um Nazis und Co. Die sich nunmal auch auf Spieleplattformen ausbreiten und dort ihre Ideologie feiern. Sollten vergleichbare linke Gruppen auf Steam und Co. ebenfalls auf diese Art auffallen, wäre das sicher eine Sendung wert. Aber hier hat es nix verloren.

Und Nazibotschaften auf Steam werden in keinster Weise dadurch besser oder weniger diskussionsbedürftig, dass Linke am 1.Mai, bei G20 (da übrigens zusammen mit rechten) und sonstwo randalieren.

Ich kann nicht anders, als zum Abschluss noch Marc-Uwe Kling bzw. das Känguru zu Wort kommen zu lassen:

„Ob Links- oder Rechtsterrorismus – da sehe ich keinen Unterschied.“

„Doch, doch“, ruft das Känguru, „die einen zünden Ausländer an, die anderen Autos. Und Autos sind schlimmer, denn es hätte meines sein können. Ausländer besitze ich keine.“
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Terranigma
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Re: The Panel: Hass auf Steam

Beitrag von Terranigma »

falseprophet hat geschrieben:Ich da würde jeder sofort abstellen. Aber eine Person, die eine durchaus legitime Meinung vertreten hätte in die Richtung: liberale Mechanismen in der Privatwirtschaft (Steam und Selbstkontrolle), weniger staatliche Eingriffe (keine Zensur u. dergl., evtl. sogar Spiele ohne Altersfreigabe usw.), freie Meinungsäusserung (auch der Neonazi soll seinen Mist sagen dürfen), Unterscheidung zwischen Rechts und Rechtsextrem / Neonazis usw., hat der Runde gefehlt.
Da stimme ich dir zu. Ich erkenne an, dass André dieses Format dezidiert nicht im Sinne einer kontroversen Diskussionsrunde wie zuvor "Des Teufels Advokat" konzipiert, und sich interessante Denkanstöße erhofft. Allerdings ist's mit Denkanstößen so, dass sie besonders dann interessant werden, wenn sie durch eine Gegensatz - eben eines Teufels Adokvaten - abgeklopft werden, anstatt von den Anwesenden geteilt zu werden. Im Idealfall, so mein Verständnis, sollte bei dem Format wie auch bei "Des Teufels Advokat" ein Streitgespräch entstehen, aus dem sich interessante Perpektiven und Ansichten ergeben: aber dafür fehlt es gefühlt am Dissenz.

Ich glaube, wechselnde Gäste - je nach Thema - könnten da eine gute Bereicherung sein. Zumindest wenn abzusehen ist, dass diese Dreier-Runde wohl auf derselben Wellenlänge ist und über ein Thema relativ ähnlich denken wird.
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Feamorn
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Re: The Panel: Hass auf Steam

Beitrag von Feamorn »

DieTomate hat geschrieben: Es sind Sprüche für Werbeplakate.
"Der Islam gehört nicht zu Deutschland."
Das ist eine Aussage, die viele Bedeutungen und Nuancen haben kann, welche nicht alle in einen leicht verdaulichen Twitter Beitrag für zwischendurch passen. Ist damit gemeint, dass Moslems in Deutschland nicht willkommen sind? Ist damit gemeint, dass der Islam als Religion nicht zu Deutschland gehört? Ist gemeint, dass der Islam in den nächsten 50 Jahren in Deutschland nicht die (zahlenmäßige) Überhand erlangen soll? Ist gemeint, dass der Islam vom Staat getrennt bleiben soll? Wieviel von den zwei Dritteln wären auch der Meinung, das Christentum gehöre nicht zu Deutschland?
Was da alles für Meinungen drin stecken können ist aber recht egal, da mit der bloßen Aussage, ohne weiteren Kontext, in Kauf genommen wird, dass sich eine (durchaus große) Bevölkerungsgruppe ausgeschlossen fühlt. Damit bezieht man schon Position in eine bestimmte Richtung.
Wenn man damit irgendwas "harmloses" meint, soll man es gleich so ausdrücken. So ist der Spruch stumpfe Provokation und Zustimmungsfischerei in bestimmten politischen Regionen.

Stuttgarter hat geschrieben:.
Vinter hat geschrieben:.
Ich kann euch beiden nur zustimmen. Ich kann nicht mehr mitzählen, wie oft ich in den letzten Monaten und Jahren einfach nur fassungslos vor manchen Beiträgen und Diskussionen im Privaten und in der Öffentlichkeit stand und mich fragte, ob ich im falschen Film bin. Ich sehe mich nicht als sonderlich weit links, eindeutig links, aber nicht furchtbar weit von der "Mitte", und für mich ist ein Großteil der stattfinden Politik und des öffentlichen Diskurses definitiv nicht links. Trotzdem wird dauernd vom "linken Diktat" und anderem Unfug gesprochen.
Die AfD und Co. haben es mit ihren 13% heute, schon mehr geschafft die Politik und die öffentliche Diskussion in ihre Richtung zu drängen, als es irgendeine "linke" Bewegung zu meinen Lebzeiten auch nur ansatzweise vermochte.
Jochen

Re: The Panel: Hass auf Steam

Beitrag von Jochen »

Stuttgarter hat geschrieben:Dieser Thread beweist eins ganz eindeutig: Die Nazidenkweisen sind eindeutig in der Mitte der Gesellschaft angekommen
Darf ich fragen, wie alt du bist?

Ich stelle die Frage deshalb, weil das, was du als "Nazidenkweisen" beschreibst, schon vor 20 oder 30 Jahren in der Mitte der Gesellschaft einen festen Platz besaß - damals nannte man es "konservativ". Schau dir z.B. mal das CDU-Programm von 2002 an; bei dem Anblick würde heute die AfD mit der Zunge schnalzen. Damit will ich übrigens gar nichts relativieren, sondern lediglich illustrieren, dass die Mitte der Gesellschaft eben nicht rechter oder rechtsradikaler geworden ist, sondern sich die Definition von rechts, rechtsradikal, nationalsozialistisch usw. gewaltig gewandelt hat. Das ist zunächst nur eine Beobachtung, kein Urteil - aber eine, wie ich finde, wichtige Beobachtung, wenn man den Status Quo verstehen will.
Stuttgarter
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Re: The Panel: Hass auf Steam

Beitrag von Stuttgarter »

Jochen hat geschrieben:
Darf ich fragen, wie alt du bist?

Ich stelle die Frage deshalb, weil das, was du als "Nazidenkweisen" beschreibst, schon vor 20 oder 30 Jahren in der Mitte der Gesellschaft einen festen Platz besaß - damals nannte man es "konservativ". Schau dir z.B. mal das CDU-Programm von 2002 an; bei dem Anblick würde heute die AfD mit der Zunge schnalzen. Damit will ich übrigens gar nichts relativieren, sondern lediglich illustrieren, dass die Mitte der Gesellschaft eben nicht rechter oder rechtsradikaler geworden ist, sondern sich die Definition von rechts, rechtsradikal, nationalsozialistisch usw. gewaltig gewandelt hat. Das ist zunächst nur eine Beobachtung, kein Urteil - aber eine, wie ich finde, wichtige Beobachtung, wenn man den Status Quo verstehen will.
Selber Jahrgang wie Du. :)

Vielleicht habe ich mich falsch ausgedrückt - mir ging es nicht um die Antworten auf einzelne Sachfragen wie Asylrecht, Integration etc. Die Grundgesetzänderung nach Mölln und Co. ist mir durchaus im Gedächtnis, auch ein Roland Koch mit all seinen ekligen Aktionen.

Mir ging es tatsächlich um den gesellschaftlichen Umgang mit allem, was Richtung rechtsextrem, rechtsradikal etc. tendiert. Hoyerswerda, Mölln und Co. haben damals die Mitte der Gesellschaft aufgerüttelt, ich erinnere mich, wie ich mit 12 bei meiner ersten "politischen" Demonstration, nämlich einer Lichterkette war. Es ist natürlich schwer vergleichbar, da es damals kein Internet gab - aber ich kann mich nicht entsinnen, dass damals so groß dafür geworben wurde, irrationale Ängste besorgter Bürger doch ernst zu nehmen. Und eine AfD wie heute gab es by the way damals auch nicht - die einzigen parteipolitischen Auswirkungen waren, dass rechtsextreme Parteien in paar Landtage gekommen sind, dort aber sang- und klanglos untergegangen sind. (Wir in BaWü hatten zehn Jahre die REPs im Landtag - gehört hat man von denen nie was.) Heute haben wir seit Jahren eine PEGIDA mit verschiedensten Ablegern, die zwar durchaus Gegenwind erhält (hey, wir in Stuttgart hatten - wie auch München - schon eine Gegendemo, als es nur das Gerücht gab, sie könnten zu uns wollen - ja, fuckin' proud :) ) - aber gleichzeitig wird PEGIDA mit all ihren absurden Thesen auf eine Weise ernst genommen, die ich vor 20, 30 Jahren nicht mal ansatzweise für möglich gehalten hätte. Samt dem berühmten "Das wird man ja wohl noch sagen dürfen".

Okay, vielleicht ist meine Wahrnehmung auch dadurch verzerrt, dass ich zeitlebens in einer toleranten und für ihre Integrationspolitik gelobten Großstadt gelebt habe. Dennoch bin ich der festen Überzeugung, dass mittlerweile Positionen salonfähig geworden sind, die vor zwanzig Jahren allenfalls im kleinsten vertrauten Kreis am Stammtisch artikuliert wurden.
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lolaldanee
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Re: The Panel: Hass auf Steam

Beitrag von lolaldanee »

Jochen hat geschrieben:
Stuttgarter hat geschrieben:Dieser Thread beweist eins ganz eindeutig: Die Nazidenkweisen sind eindeutig in der Mitte der Gesellschaft angekommen
Darf ich fragen, wie alt du bist?

Ich stelle die Frage deshalb, weil das, was du als "Nazidenkweisen" beschreibst, schon vor 20 oder 30 Jahren in der Mitte der Gesellschaft einen festen Platz besaß - damals nannte man es "konservativ". Schau dir z.B. mal das CDU-Programm von 2002 an; bei dem Anblick würde heute die AfD mit der Zunge schnalzen. Damit will ich übrigens gar nichts relativieren, sondern lediglich illustrieren, dass die Mitte der Gesellschaft eben nicht rechter oder rechtsradikaler geworden ist, sondern sich die Definition von rechts, rechtsradikal, nationalsozialistisch usw. gewaltig gewandelt hat. Das ist zunächst nur eine Beobachtung, kein Urteil - aber eine, wie ich finde, wichtige Beobachtung, wenn man den Status Quo verstehen will.
Ich glaube, dass du damit schon recht hast, und wirklich genau das passiert, was du vor Kurzem mal in einem Podcast meintest: Es sind mehr als alles andere die platzenden Filterblasen.

Man sieht ständig überall Nazis, aber die waren eigentlich schon vorher da, man konnte sie nur leichter ignorieren. Was sich meiner Meinung nach geändert hat, ist mit welcher Begeisterung die Medien sich auf die Nazieaussagen stürzen, und sie breittreten, damit auch garantiert jeder davon hört. Was eben für diese vollkommene Überrepresentation ihrers dummen Geschwätzes sorgt.

Ich habe dazu mal von einem Psychologie Prof eine Aussage gehört, leider weiß ich nicht mehr wo ich das her hab, oder wer das war: Es gibt Studien die zeigen, dass so ungefähr 1/4 bis 1/3 der Bevölkerung jedes Landes recht eindeutig mehr oder weniger überzeugte Nazis sind, das ist vollkommen normal. Ganz einfach eine Normalverteilung.

Dennoch würde ich behaupten, die Zeiten haben sich schon geändert. Zwar wurde an den Stammtischen auch vor 30 Jahren schon genau das gefordert, aber ich glaube die öffentliche Reaktion wäre noch ein Stück anders ausgefallen, hätte irgend ein CSUler gefordert an der Grenze auf Kinder zu schießen. Ich glaube die öffentliche Reaktion wäre damals noch verlogener, und viel empörter gewesen.
Zuletzt geändert von lolaldanee am 29. Mär 2018, 18:14, insgesamt 5-mal geändert.
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Re: The Panel: Hass auf Steam

Beitrag von MrWayne »

Andre Peschke hat geschrieben:
falseprophet hat geschrieben: Deine Kollegen wirken im Podcast durchaus sehr fachkundig und freundlich, nur habt ihr in dieser Konstallation schlicht ein Problem: Ihr seit euch zu ähnlich. Eure Gedanken und Meinung bezüglich politischer, sozialer und gesellschaftlicher Fragestellungen tendieren zu sehr in dieselbe Richtung.
Möglicherweise, ja. Wobei ich wie gesagt gar nicht zwingend auf ein "beide Seiten der Medaille"-Ding raus will. Das ist bei Teufels Advokat im ersten Anlauf schon gescheitert. Einhellige, aber dafür kluge oder interessante Beobachtungen und Denkanstöße will ich haben.

Das es für manche irritierend ist, wenn bei heiklen Themen die begriffliche Trennschärfe über Bord geht, kann ich verstehen. Andererseits empfinde ich die Passagen wenn eine echte Diskussion entsteht und die beiden sich entspannt unterhalten als wertvoll, weshalb ich da nicht als Moderator jedesmal tätig werden will, wenn es mal etwas flappsig wird. Schwierig. Glaube das muss sich ggf noch weiter eingrooven.

Andre
Ich hab das Panel gerne gehört und finde die Kritik dass die beiden Christians zu ähnliche Meinungen vertreten für übertrieben, gerade was das Löschen von Gruppen in sozialen Netzwerken angeht hatten die beiden doch unterschiedliche Herangehensweisen. Es wird sich zu sehr an der politischen Orientierung der beiden Gäste auf gehangen.
Die Kritik am Format kann ich hingegen verstehen. Auch wenn ich the Panel gerne höre ist es für mich mehr ein zweiter Sonntagspodcast mit anderer Besetzung.
Vieleicht fällt euch ja was ein um the Panel stärker von euren anderen Formaten abzugrenzen.
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Andre Peschke
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Re: The Panel: Hass auf Steam

Beitrag von Andre Peschke »

goschi hat geschrieben: sondern beteiligst dich am Gespräch und die problematischste aller Verallgemeinerungen ist auch von dir, die entweder eine wirklich dumme Aussage (man verzeihe mir die Wortwahl, aber es ist die passenste) oder ein völlig unpasender wirklich schlechter Scherz war - beides ist sehr ungünstig.
Hmmm. Wieso ist gerade dieser Scherz für dich so aufwühlend?

Zur Allgemeinheit: Ich stimme euch zu, dass oft alle Beteiligten einer Meinung sind. Ich habe das bisher nicht unbedingt als Problem gesehen. Restliche Kritik nehme ich mal mit und gehe in mich, inwiefern ich da was ändern kann / will.

Andre
Jochen

Re: The Panel: Hass auf Steam

Beitrag von Jochen »

Stuttgarter hat geschrieben:Okay, vielleicht ist meine Wahrnehmung auch dadurch verzerrt, dass ich zeitlebens in einer toleranten und für ihre Integrationspolitik gelobten Großstadt gelebt habe. Dennoch bin ich der festen Überzeugung, dass mittlerweile Positionen salonfähig geworden sind, die vor zwanzig Jahren allenfalls im kleinsten vertrauten Kreis am Stammtisch artikuliert wurden.
Das ist interessant. Denn diesen Eindruck kann ich gar nicht teilen. Eines meiner ersten Wahlerlebnisse beispielsweise war die hessische Landtagswahl 1999, wo Roland Koch mit seiner (unsäglichen) "Kinder statt Inder"-Kampagne massiv gegen die doppelte Staatsbürgerschaft Stimmung machte und trotz aller Umfrageprognosen tatsächlich gewann. Gegen Koch und seine Kampagnen beispielsweise erscheint mir ein Seehofer von heute geradezu liberal. Bei bzw. kurz vor der Bundestagswahl 2002 wiederum war ich auf einem Wahlkampfauftritt von Stoiber ... nicht mal ansatzweise ein Vergleich zu heute. Die gleiche Rede wäre 2018 für einen Nicht-AfD-Politiker völlig undenkbar und politischer Selbstmord.

Ich will damit übrigens nicht sagen, dass ich die Entwicklung persönlich bedauern würde. Ich weiß ja noch gut, wie mich das damals geärgert hat. Aber ich kann zumindest nachvollziehen, dass sich Menschen, die in einem ähnlichen politischen Umfeld sozialisiert wurden wie ich, den Eindruck gewinnen, dass man für früher konservative Positionen heute plötzlich ein Nazi sei. Da ist - zumindest aus meiner ganz persönlichen Wahrnehmung - in der Tat was dran. Mag selbstverständlich auch daran liegen, dass man damals viel gefangener in seinen Filterbubbles war. Was bei mir in der Kleinstadt normal war, könnte bei dir in der Großstadt ganz anders gewesen sein. Das bekam man in der analogen Zeit ja bestenfalls am Rande mit.

Heute kommt ja auch noch hinzu, dass Internet und Co. die Filterblasen der anderen nicht nur sichtbar machen, sondern potenzieren - und noch dazu mit Kommunikationskanälen, die a priori verkürzen und differenzierte Diskussionen ausschließen. Ich beobachte PEGIDA et al. auch mit wachsender Besorgnis, aber ebenso besorgt stimmt mich, dass "meine" Seite zumindest gefühlt auch immer häufiger in Schubladen steckt und denkt. Nicht, weil die Menschen dumm geworden wären, sondern weil die Art und Weise, wie wir Informationen erhalten, aufnehmen, rezipieren usw. einen Einfluss auf Denkmuster besitzt.
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Terranigma
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Re: The Panel: Hass auf Steam

Beitrag von Terranigma »

Stuttgarter hat geschrieben:Und eine AfD wie heute gab es by the way damals auch nicht [...]
Weil die CDU damals diese Funktion übernahm. Das Asylrecht wurde ab den 80ern verschärft; es wurde ein Arbeitsverbot für 5 Jahre eingeführt; das ehemals weitergefasste Recht auf Asyl wurde auf politisch Verfolgte vereengt, d.h. Flucht vor Krieg, o.Ä. stellte kein Anrecht auf Asyl mehr dar. Ab Anfang der 90ern kam auch wie heute eine Asyl- und Flüchtlingsdebatte auf, in der allerdings die CDU die Rhetorik der heutigen AfD führte, d.h. von "Scheinasylanten" sprach und selbst "Wirtschaftsflüchtlinge" kannte man vor ca. 30 Jahren bereits als Begriff. Politisch wurde eine Verschärfung der Asylgesetzgebung durchgesetzt und exekutiv wurden legale in die BRD beschränkt, u.a. indem die Visabestimmungen für Asylsuchende verschärft wurden. Kamen 1992 noch ca. 400.000 Asylsuchende zur BRD, waren es 1994 noch ca. 100.000.

Ich würde insofern sagen: die Annahme, dass es keine parteipolitischen Konsequenzen gab, ist grundfalsch. Rechtsextreme Parteien wurden in Parlamente gewählt, aber eine der AfD vergleichbare Partei gab es deshalb nicht, weil die CDU genau diese Stimmen gebündelt hat, während die CDU in der Flüchtlingsfrage 2015 eine Politik der offenen Grenzen pflegte und damit quasi die Gegenposition zu dem einnahm, was sie 30 Jahre vorher in einem vergleichbaren Fall noch tat. Franz-Josef Strauß (CDU) sagte 1985 so etwa: "Es strömen die Tamilen zu Tausenden herein, und wenn sich die Situation in Neukaledonien zuspitzt, dann werden wir bald die Kanaken im Land haben."

1991 beschrieb Schäuble wiederum Zustände, wie man sie auch heute finden wird: "Seit Wochen, ja Monaten werden wir beinahe täglich mit Meldungen über Gewalttaten gegen Ausländer oder über Anschläge auf Wohnheime von Asylbewerbern konfrontiert. Minderheiten von extremistischen Krakeelern rufen zum Haß gegen Ausländer auf. All dies ist eine Schande für unser Land." Das könnte auch aus 2015 stammen. Und auch über Obergrenzen wurde gesprochen. Im Verlaufe seiner Rede plädierte Schäuble auch für eine Änderung des Grundgesetzes, um das Asylrecht zu begrenzen. Im Prinzip wie heute, nur dass derartige Positionen heutzutage nicht mehr prominent in der CDU zu finden sind, sondern in die AfD ausgelagert wurden. Randnotiz: 1993 wurde auch der Artikels 16 Absatz II des Grundgesetzes geändert.


Ich stimme insofern Jochen zu, dass der Begriff "konservativ", "rechts", usw. sich gewandelt hat. Die Annahme, dass es in den 80ern und 90ern gesitterter zuging, kann ich in keinsterweise teilen. Im Gegenteil: der Tonfall war erheblich rauer, sowohl seitens der Parlamentarier als auch seitens der Journalisten. Insofern wird heutzutage für mein Dafürhalten sehr viel "am rechten Rand" verortet, was man damals als "konservativ" bezeichnet hätte.
Sitting quietly and doing nothing,
Spring comes, and the grass
grows by itself.
Jochen

Re: The Panel: Hass auf Steam

Beitrag von Jochen »

Terranigma hat geschrieben:Ich würde insofern sagen: die Annahme, dass es keine parteipolitischen Konsequenzen gab, ist grundfalsch. Rechtsextreme Parteien wurden in Parlamente gewählt, aber eine der AfD vergleichbare Partei gab es deshalb nicht, weil die CDU genau diese Stimmen gebündelt hat, während die CDU in der Flüchtlingsfrage 2015 eine Politik der offenen Grenzen pflegte und damit quasi die Gegenposition zu dem einnahm, was sie 30 Jahre vorher in einem vergleichbaren Fall noch tat
Oder was sie selbst 2002 noch forderte. Ich zitiere mal aus dem Wahlprogramm:

"Deutschland soll seine Identität bewahren. Die von Rot-Grün betriebene Umgestaltung in eine multikulturelle Einwanderergesellschaft lehnen wir ab."

"Die Ausländerarbeitslosigkeit hat sich in dieser Zeit massiv erhöht und liegt heute mit rund 20% doppelt so hoch wie in der Gesamtbevölkerung. Die Zuwanderung erfolgte also überwiegend nicht in Arbeitsplätze, sondern in die sozialen Sicherungssysteme."

"Zusammengehörigkeitsgefühl und ein aufgeklärter Patriotismus, also ein positives Verhältnis zur Nation, sind eine Grundlage, auf die für die gemeinsame Gestaltung einer guten Zukunft nicht verzichtet werden kann."

"Die Qualifizierung einheimischer Arbeitskräfte hat Vorrang vor Zuwanderung."

Das alles würde man heute mit relativer Selbstverständlichkeit der AfD und der rechtsproblematischen Ecke zuordnen. Vor 16 Jahren war es konservativ und viele renommierte Zeitungen scheuten sich nicht, eine Wahlempfehlung für Stoiber auszusprechen.

Edit: Oder nehmen wir noch drei Aussagen aus dem hessischen Wahlkampf 1999:

"Wenn das klappen würde, wenn wir ihnen das durchgehen lassen, dann wäre das praktisch jetzt am 27. September 98 die letzte freie Wahl in dem Sinne gewesen, daß der Souverän deutsches Volk entschieden hat." (CDU-Bundestagsabgeordneter Martin Hohmann über die geplante doppelte Staatsbürgerschaft)

"In einem Kreis von CDU-Mitgliedern 24 Stunden vorher habe ich dafür geworben und mich auch gleichzeitig vehement ausgesprochen gegen diese Unterschriftenaktion, weil die Fremdenhaß schürt. Und da kam aus einer ganz bestimmten Ecke der Hinweis: Wenn du dort redest, wirst du mit Sicherheit mit dem Parteiausschlußverfahren rechnen müssen." (CDU-Mitglied)

"Ich sage Ihnen ganz offen: Ich habe die große Befürchtung, wenn die Entwicklung in Deutschland so weitergeht, daß wir eines Tages, den wir beide sicherlich erleben werden, möglicherweise, was ich nicht hoffe, aber fürchte, bürgerkriegsähnliche Zustände bekommen, weil es um Verteilungskämpfe geht." (CDU-Landtagsabgeordneter Hans-Jürgen Irmer)
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