Andre Peschke hat geschrieben: ↑23. Apr 2018, 09:10
Ich finde das Argument von Keith Burgun in Bezug auf Strategiespiele schon recht nachvollziehbar:
- Auch bei einem deterministischen Spiel findet eine Abwägung statt, jedoch nicht gegen eine Zufallswahrscheinlichkeit, sondern gegen den eigenen Planungshorizont. Ich kann das Risiko also durch "Skill" minimieren und wäge am Ende die möglichen Züge innerhalb meiner Fähigkeit das Spiel vorauszuberechnen ab. Dadurch bin ich "meines eigenen Glückes Schmied".
- Zufall verhindert eindeutige Lernergebnisse. Es gibt nicht den Fall: "Habe ich einen Fehler gemacht oder hatte ich nur Pech?".
In beiden Fällen ist das Spiel unvorhersehbar und Unvorhersehbarkeit ist durchaus wichtig. Unvorhersehbarkeit durch analytische Komplexität die meinen Horizont übersteigt ist aber zu bevorzugen, weil ich eben 100%ige Kontrolle habe und mein Scheitern ist immer Konsequenz meiner Handlungen. Wenn man den Sinn eines Strategiespiels als eine Abfolge interessanter analytischer Entscheidungen begreift ist zumindest klar warum Burgun der Ansicht ist, alles andere sei quasi "geschummelt".
Ich halte das für für eine schwache Argumentation. In beiden Fällen habe ich effektiv keine hundertprozentige Kontrolle über das Spielgeschehen. Im Falle von „Output-Randomness“ ist das prinzipbedingt so, im Falle eines hinreichend komplexen Spiels ohne Output-Randomness ist es durch die analytische Komplexität- wie du es nennst - beschränkt.
Da wird letztlich die Kontrollillusion als Argument dafür herangezogen eine der beiden Optionen zu bevorzugen. Man könnte ja schließlich vielleicht doch den kompletten Zustandsraum analytisch durchdringen wenn man sich nur lange genug anstrengt oder einem die Limitationen des eigenen Hirns nicht im Weg stehen würden.
Tatsächlich ist das Ergebnis das gleiche nur kann ich mir halt bei der von ihm bevorzugten Variante einreden ich hätte tatsächlich die volle Kontrolle „über mein Schicksal“ obwohl diese Kontrolle bei hinreichend komplexen Spiel-Systemen rein theoretischer Natur ist. Letztendlich bewerten wir „Zufall“ einfach schlechter weil uns als Menschen Kontrolle und Selbst-Determinismus sehr wichtig ist.
Es ist auch nicht wirklich erstrebenswert. Jeder von uns kennt Spiele, die so unterkomplex sind, dass wir sie komplett analytisch durchdringen können. Es passiert in solchen Situationen nur schnell, dass wir solche Spiele langweilig, öde und wenig herausfordernd finden. Könnten wir Schach so vollständig analytisch durchdringen wie z.B. Tic Tac Toe dann wäre für uns das Spiel wahrscheinlich ähnlich langweilig.
Spiele ohne Output-Randomness leben letztendlich auch davon, das wir sie eben nicht vollständig analytisch durchdringen und uns damit Informationen vorenthalten bleiben.
Somit drückt Burgun letztlich nur eine Präferenz aus welche Art des „Information Hiding“ ihm besser gefällt.
Seine These das Output-Randomness den Lernerfolg behindert, belegt er für meine Verhältnisse nicht stringent genug. Ich finde sie aber zumindest nachvollziehbar.
Aber, dürfte das nicht praktisch für jedes Computerspiel gelten? Naturgemäß muss ein Computerspiel (gegen die KI) in mathematische Rechenoperationen zerlegbar sein, sonst wäre es als Computerspiel erst gar nicht darstellbar. Und die KI wird diese immer schneller, präziser und vorausschauender ausführen können, als wir. Es mag Spiele geben, in denen der Fall "Mensch ist zu dumm um die KI zu schlagen" derzeit noch im umgekehrten Stadium festhängt (Mensch ist derzeit noch zu dumm die KI ordentlich zu programmieren). Aber so grundlegend dürfte das überall gelten. Eine KI im Shooter muss "verdummt werden" um nicht 100% perfekte Headshots zu verteilen, im RTS nicht 100 Einheiten perfekt synchron zu orchestrieren etc.
Ja, aber der Vorwurf das „die KI cheated“ wird in meiner Wahrnehmung und auch in eurem Podcast nur bei Spielen mit Zufallselement erhoben. Ich habe noch nie jemanden schimpfen hören, dass sein Schachprogramm cheated, bei Strategiespielen hört man das aber häufig. Manipuliert wird aber in beiden Fällen, bei bestimmten Spiel-Mechanismen scheint es uns aber interessanterweise nicht zu stören.
Außerdem wird der Vorwurf auch immer nur dann ausgesprochen, wenn das Ergebnis für den Spieler deutlich negativ ausfällt, dabei „manipuliert“ eine Spiele-KI ständig, sie agiert nämlich in der Regel absichtlich dümmer als sie könnte damit der Spieler überhaupt gewinnen kann und nicht dauerfrustriert aufgibt.
Ich habe aber auch noch nie jemanden schimpfen hören, dass die KI großer Mist sei, weil sie einen dauernd gewinnen lässt, dass hört man nur wenn der Spieler gerade wieder verloren hat.
Zusätzlich stört mich daran, dass bestimmte Arten von Spiel da besser wegkommen obwohl sie - simuliert auf einem Computer - mit ganz ähnlichen Mechanismen arbeiten. Einfach weil wir die mit einer höheren kulturellen Bedeutung aufgeladen haben und sie so sakrosankt geworden sind. Siehe Schach oder Go.