Brettspiel Design: Von PC/Video Games lernen?

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Captain Robi
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Brettspiel Design: Von PC/Video Games lernen?

Beitrag von Captain Robi »

Liebe Freunde des gepflegten Spiels,

eine nicht zu steile These besagt, dass sich PC/Videospiele in der Vergangenheit einige Design-Elemente von Brettspielen abgeschaut haben. Gute Beispiele sind Rundenstrategie-Spiele wie Civilization oder das Würfeln von Kampf-Ergebnissen bei zahlreichen Rollenspielen.

Da ich selber Brettspiele entwickle habe ich mich nun gefragt, wie es andersherum funktionieren würde. Sprich, was könnte man bei Design von Brettspielen von der elektronischen Welt lernen?

Ich meine nicht den direkten Einbau von Technik in Spielen (wie elektronische Anzeigen). Sondern denke eher an Elemente wie...
  • Persistente Welten (Das Ergebnis eines Spiels wirkt sich auf die nächste Runde aus, z.B. Risiko Evolution)
  • Emergentes Storytelling (macht das nicht schon Cluedo?)
  • Achievements (fiktives Beispiel "Erhalte 10 Rohstoffe mit einem Wurf" in die Siedler von Catan)
Was existiert schon oder fällt euch noch als Konzept ein?
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sirc0nn0r
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Re: Brettspiel Design: Von PC/Video Games lernen?

Beitrag von sirc0nn0r »

Es gibt doch diese Version von Risiko, Risiko Evolution, die da ein paar Schritte in Richtung veränderte Welt gemacht hat. Zu öffnende "Päckchen", HQ, Sternerang usw. Ich fand das Ergebnis zwar interessant, aber sehr durchwachsen.
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Andre Peschke
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Re: Brettspiel Design: Von PC/Video Games lernen?

Beitrag von Andre Peschke »

Meine Vermutung ist, dass alles, was sich da sinnvoll ausschlachten lässt, schon übernommen wurde. Nur kenne ich mich mit Brettspielen NULL aus und kann daher keine Beispiele nennen. Ich weiß aber, das in divesen Brettspiel-Gamedesign-Podcasts die ich höre, immer wieder Spieldesigner von Computerspielen zu Gast sind und über genau solche Überschneidungen diskutiert wird (zB "The Who, What, Why? Gamedesign Podcast", "Gamedesign Roundtable" oder "Ludology").

Persistente Welten zB sind ja im Grunde die Erfindung von Dungeons & Dragons (siehe 10 Jahre Klüger zu Gary Gygax) und wurden dann von Spielen kopiert und weit übertroffen (weil der Rechner viel mehr Persistenz erschaffen und verwalten kann).

Emergentes Storytelling wiederum kann vom Gamedesign gestützt werden, entsteht aber gerade bei abstrakten Spielen organisch. Risiko hat genauso emergentes Storytelling wie Civilization - nur sind die Storys weniger vielfältig.

Achievements sind, wenn sie nicht nutzloser Tand sind, nur Sub-Missionsziele ("Schaffe einen Sprung von 300m") und damit per se auch nix neues, außer in ihrer Struktur.

Kurz: Wenn man Dinge identifizieren könnte, die ein Brettspiel tatsächlich umsetzen *kann* und bisher aber noch keines tut, das wäre sehr interessant. Ich glaube aber, da gibt es fast nix und wenn, kenn ich mich viiiiiel zu wenig aus in dem Sektor, um es zu finden.

Andre
Phazonis
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Re: Brettspiel Design: Von PC/Video Games lernen?

Beitrag von Phazonis »

Andre Peschke hat geschrieben: 5. Mai 2018, 16:03 Meine Vermutung ist, dass alles, was sich da sinnvoll ausschlachten lässt, schon übernommen wurde. Nur kenne ich mich mit Brettspielen NULL aus und kann daher keine Beispiele nennen. Ich weiß aber, das in divesen Brettspiel-Gamedesign-Podcasts die ich höre, immer wieder Spieldesigner von Computerspielen zu Gast sind und über genau solche Überschneidungen diskutiert wird (zB "The Who, What, Why? Gamedesign Podcast", "Gamedesign Roundtable" oder "Ludology").
Genau das habe ich ja auch schonmal angekreidet. Ich weiß ja warum von den lieben Podcastern ( zumindest ist es mir bei Andre und Wolfgang noch im Gedächtnis) gerne mal Schach als Beispiel genommen wird, weil es ein Beispiel ist, was nunmal jeder kennt. Gleichzeitig ist es aber auch zum Teil etwas hinderlich dem Punkt der manchmal gemacht wird. Am schlimmsten fiel es mir aber im Wortreich zur Innovation auf:

"Wenn ich, wie es in den meisten Brett-und anderen Spielen geschieht, eine sehr überschaubare Anzahl an Agenten, Spiel-Elementen und Spielfeld-Instanzen für eine ebenso überschaubare Zeit regeln muss, so dass die Regeln fair sind und der Spieler gut gesteuert wird, dann ist das eine ungleich andere Aufgabe, als wenn ich diese sehr abstrakte Spielwelt dimensional in Richtung Simulation verschiebe (denn genau darin ist der Computer sehr gut). Die Anforderungen an Mathematik und Regelkontrolle steigen exponentiell, und damit die Anforderungen an die Spielerführung. Hier nur ein kleines Beispiel von Hunderten, die ein Brettspiel von einem Computerspiel unterscheiden: In einer Welt, in der ein Agent mehrere Milliarden Positionen einnehmen kann (wie in eigentlich jedem Computer-RPG) und die kleinsten Abweichungen Unterschiede bei Trefferwertungen etc. bedeuten können, müssen viele Dinge völlig anders gemacht werden, als bei einem 64-Positionen-Spiel wie Schach." (hier die genaue Stelle)

Und ich verstehe den Standpunkt durchaus und würde dem auch nicht wiedersprechen, aber gerade hier hätte wohl ein etwas neueres Beispiel dem Artikel gut getan. Denn so kann man es auf folgende Spitze treiben: Wow Videospiele schaffen es moderner/komplexer zu sein als ein 700 Jahre altes Brettspiel, na da können sich aber mal alle auf die Brust klopfen.
Captain Robi hat geschrieben: 4. Mai 2018, 22:07 Liebe Freunde des gepflegten Spiels,

eine nicht zu steile These besagt, dass sich PC/Videospiele in der Vergangenheit einige Design-Elemente von Brettspielen abgeschaut haben. Gute Beispiele sind Rundenstrategie-Spiele wie Civilization oder das Würfeln von Kampf-Ergebnissen bei zahlreichen Rollenspielen.

Da ich selber Brettspiele entwickle habe ich mich nun gefragt, wie es andersherum funktionieren würde. Sprich, was könnte man bei Design von Brettspielen von der elektronischen Welt lernen?

Ich meine nicht den direkten Einbau von Technik in Spielen (wie elektronische Anzeigen). Sondern denke eher an Elemente wie...
  • Persistente Welten (Das Ergebnis eines Spiels wirkt sich auf die nächste Runde aus, z.B. Risiko Evolution)
  • Emergentes Storytelling (macht das nicht schon Cluedo?)
  • Achievements (fiktives Beispiel "Erhalte 10 Rohstoffe mit einem Wurf" in die Siedler von Catan)
Was existiert schon oder fällt euch noch als Konzept ein?
Persistente Welten werden in Brettspielen teilweise umgesetzt Beispiele sind: Risiko Evolution oder auch die Pandemic Legacy Reihe.

"Emergentes Storytelling" ist im Brettspiel relativ schwer zu übersetzen, da sich ja die meisten Geschichten aus dem Spielen des Brettspiels/ den Mechaniken ergeben, ähnlich wie in Civilization oder Stellaris. Das einzig vergleichbare wäre wohl Themeing und auch da gibt es einige Spiele mit gutem Theme: Fury of Dracula, Star wars Rebellion oder auch Scythe.
Edit: Nach etwas längerem Überlegen fielen mir 2 Ausnahmen im Brettspielbereich ein, die sowas ähnliches wie eine Geschichte erzählen. Die Ausnahmen wären: Train (https://boardgamegeek.com/boardgame/63933/train) was eher ein Kunstprojekt ist als ein wirkliches Brettspiel und Twilight Struggle, was relativ gut den kalten Krieg portraitiert.


Achievements kenne ich soweit ehrlich gesagt nicht. Etwas ähnliches hat Scythe, in dem Sinne das es verschiedene Ziele im Spiel gibt und wenn du eines erreichst erhälst du einen Stern und wenn ein Spieler 6 Sterne/Achievements hat endet das Spiel.

Ansonsten denke ich, dass zumindest mechanisch der Blick auf Videospiele nicht all zu hilfreich sein kann, denn diese verwenden meist Mechaniken die zu kompliziert wären um übernommen zu werden.
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Dr. Zoidberg [np]
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Re: Brettspiel Design: Von PC/Video Games lernen?

Beitrag von Dr. Zoidberg [np] »

Ich würde mal behaupten, dass es recht viele Brettspiele mit emergentem Storytelling gibt und dass es dafür gar keine Beeinflussung durch Videospiele brauchte. Spontane Beispiel, die mir da einfallen, wären Die Siedler von Catan und Scotland Yard - Risiko kann man hier sicherlich auch dazuzählen. Spontan würde ich die Bedingungen darauf herunterbrechen, dass es eine Spielwelt mit Zufallsfaktor gibt, in der sich die Spielerinnen nichtlinear bewegen. Ein Gegenbeispiel für lineare Bewegung wäre Monopoly, wobei selbst das irgendwo emergentes Storytelling besitzt.
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derblaueClaus
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Re: Brettspiel Design: Von PC/Video Games lernen?

Beitrag von derblaueClaus »

Phazonis hat geschrieben: 5. Mai 2018, 21:45
Genau das habe ich ja auch schonmal angekreidet. Ich weiß ja warum von den lieben Podcastern ( zumindest ist es mir bei Andre und Wolfgang noch im Gedächtnis) gerne mal Schach als Beispiel genommen wird, weil es ein Beispiel ist, was nunmal jeder kennt. Gleichzeitig ist es aber auch zum Teil etwas hinderlich dem Punkt der manchmal gemacht wird. Am schlimmsten fiel es mir aber im Wortreich zur Innovation auf:

"Wenn ich, wie es in den meisten Brett-und anderen Spielen geschieht, eine sehr überschaubare Anzahl an Agenten, Spiel-Elementen und Spielfeld-Instanzen für eine ebenso überschaubare Zeit regeln muss, so dass die Regeln fair sind und der Spieler gut gesteuert wird, dann ist das eine ungleich andere Aufgabe, als wenn ich diese sehr abstrakte Spielwelt dimensional in Richtung Simulation verschiebe (denn genau darin ist der Computer sehr gut). Die Anforderungen an Mathematik und Regelkontrolle steigen exponentiell, und damit die Anforderungen an die Spielerführung. Hier nur ein kleines Beispiel von Hunderten, die ein Brettspiel von einem Computerspiel unterscheiden: In einer Welt, in der ein Agent mehrere Milliarden Positionen einnehmen kann (wie in eigentlich jedem Computer-RPG) und die kleinsten Abweichungen Unterschiede bei Trefferwertungen etc. bedeuten können, müssen viele Dinge völlig anders gemacht werden, als bei einem 64-Positionen-Spiel wie Schach." (hier die genaue Stelle)

Und ich verstehe den Standpunkt durchaus und würde dem auch nicht wiedersprechen, aber gerade hier hätte wohl ein etwas neueres Beispiel dem Artikel gut getan. Denn so kann man es auf folgende Spitze treiben: Wow Videospiele schaffen es moderner/komplexer zu sein als ein 700 Jahre altes Brettspiel, na da können sich aber mal alle auf die Brust klopfen.
Ich widerspreche dem Punkt, und zwar heftig ;). Er geht von der falschen Prämisse aus, nämlich, dass mehr Daten und mehr Detail und mehr Kontrolle gleich bessere Simulation ist. Nur stimmt dieser Automatismus nicht.

Ich bin Wargamer, sowohl auf dem PC als auch Brett. Das von dir zitierte Twilight Struggle zählt zum Beispiel zu dem Genre. Und gerade da schaffen es die Brettspiele einen deutlich höheren Mehrwert an Simulation und an Spielwert zu schaffen. Wie ? Ganz einfach. Sie konzentrieren sich gezwungenermaßen auf das Wesentliche. Nämlich: Welche Rolle hat der/die Spieler ? Welche Aussage möchte ich mit dem Spiel treffen ? Was muss ich dazu simulieren ? Die meisten digitalen Vertreter der Gattung machen sich darüber selten Gedanken. Sie müssen es nicht, die Rechner haben ja heute genug Power.

Ein Beispiel: Gary Grigsbys War in the West. Überladen, die Mechaniken passen nicht zusammen. Einerseits muss ich mich um jede einzelne Division kümmern, soll aber gleichzeitig das Strategische nicht aus dem Auge verlieren. Das passt nicht zusammen. Historisch war es Eisenhower, der sich um das strategische kümmerte, Patton und andere Generäle um ihre Divisionen. Das Spiel wird dadurch unscharf. Ähnliches Beispiel: Decisive Campaigns: Babarossa. Auf der einen Seite wird das politische Geschehen mit eingebunden, ich bekomme Befehle, die militärisch keinen Sinn ergeben, muss schwierige grundsätzliche Entscheidungen für die militärische Kampagne treffen. Sogar ethische Entscheidungen werden mir abverlangt. Großartig. Gleichzeitig erwartet das Spiel aber von mir wieder Fitzelentscheidungen, ala welches Artillerieregiment feuert wann auf wen.

Das zerstört die Simulation, weil es dir als Spieler Einflussmöglichkeiten in die Hand gibt, die dein historischer Counterpart nie hatte. Eisenhower konnte nunmal unmöglich jeder einzelnen Einheit sagen was sie zu tun hatte, auch für ihn hatte der Tag nur 24 Stunden. Das führt aber natürlich zu Fehlern, Fehleinschätzungen und bösen Überraschungen. Und diesen menschlichen Faktor lassen PC-Wargames völlig außen vor.

Ein unbestrittener Vorteil des PC ist natürlich mehr und komplexere Berechnungen als ein Spieler zu machen. Ob das allerdings immer dem Realismus zuträglich ist wage ich zu bezweifeln. Je mehr Daten man nimmt, desto schwieriger wird es auch für den Spieler (und natürlich auch den Entwickler) zu überprüfen wie realistisch das alles wirklich ist. Ich kann den Prozess schlicht nicht mehr nachvollziehen. Wenn ich aber bei Hannibal: Rome vs. Carthage in der Verlusttabelle nachschaue, kann ich sehen, dass die Verluste während des Kampfes deutlich geringer sind als während der Flucht. So wie es auch (vermutlich) tatsächlich war. Aber schon bei dem relativ unkomplizierten Hearts of Iron III ist es schwierig genau zu ermitteln welcher Modifikator jetzt genau wie wirkt. Und ob mehr Modifikatoren den Realismus erhöhen wage ich auch zu bezweifeln.

Ich bin da eher ein Fan von cleveren Designentscheidungen und die finde ich im Wargamebereich momentan nur in analoger Form.
Phazonis hat geschrieben: 5. Mai 2018, 21:45 "Emergentes Storytelling" ist im Brettspiel relativ schwer zu übersetzen, da sich ja die meisten Geschichten aus dem Spielen des Brettspiels/ den Mechaniken ergeben, ähnlich wie in Civilization oder Stellaris. Das einzig vergleichbare wäre wohl Themeing und auch da gibt es einige Spiele mit gutem Theme: Fury of Dracula, Star wars Rebellion oder auch Scythe.
Edit: Nach etwas längerem Überlegen fielen mir 2 Ausnahmen im Brettspielbereich ein, die sowas ähnliches wie eine Geschichte erzählen. Die Ausnahmen wären: Train (https://boardgamegeek.com/boardgame/63933/train) was eher ein Kunstprojekt ist als ein wirkliches Brettspiel und Twilight Struggle, was relativ gut den kalten Krieg portraitiert.
Das gilt nicht nur für Twilight Struggle, sondern für alle Wargames. Für die meisten Wargamer ist der kleine Film, der während des Spielens im Kopf abläuft der größte Spaß an der Sache.
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Nachtfischer
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Re: Brettspiel Design: Von PC/Video Games lernen?

Beitrag von Nachtfischer »

derblaueClaus hat geschrieben: 6. Mai 2018, 00:56Ein unbestrittener Vorteil des PC ist natürlich mehr und komplexere Berechnungen als ein Spieler zu machen. Ob das allerdings immer dem Realismus zuträglich ist wage ich zu bezweifeln.
Dass das den Realismus erhöht, denke ich schon in jedem Fall. Der Punkt ist aber: Die bessere Simulation ist nicht das bessere Spiel. Realismus ist in aller Regel kein gutes Game-Design. Denn wie du richtig sagtest, sind realistische Berechnungen zu komplex, als dass sie der Spieler für sich transparent nachvollziehen könnte. Und letzteres ist ein Grundpfeiler guten Gameplays.

Emergente Geschichten erzählen im Übrigen ohnehin alle Spiele. Und auch im Brettspielsektor gibt es da abstraktere (Go) sowie explizitere Varianten mit starkem Setting (Thunderstone), Story-Schnipseln (Tales of Arabian Nights) oder sogar ganzen vordefinierten Erzählungen (Mice and Mystics).

Brettspiele haben einige inhärente Nachteile technischer Natur bei Dingen wie Zufallsgeneratoren oder vielen Formen versteckter Information (z.B. Fog of War). Und natürlich in der Effizienz. "Housekeeping"-Aufgaben können wunderbar einem Rechner übertragen werden (weshalb ich auch unheimlich gerne digitale Brettspielumsetzungen spiele).

Mich persönlich interessiert aber dennoch eher die umgekehrte Richtung: Was können Video- von Brettspielen lernen?

In Brettspielen sehe ich seit Jahren eine im Schnitt enorm viel höhere Qualität des Game-Designs. Eben weil es da normalerweise nicht reicht, sich auf Grafik, Spektakel, Story oder Loot-Gambling auszuruhen. Da muss eine gut geölte (und auch regelmäßig innovative) Gameplay-Maschine entwickelt werden. Was im Digitalen höchstens eine Handvoll Mal im Jahr und fast nur im tiefsten Indie-Sektor vorkommt, ist im Analogen schlicht Alltag.
Zuletzt geändert von Nachtfischer am 6. Mai 2018, 19:17, insgesamt 2-mal geändert.
Phazonis
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Re: Brettspiel Design: Von PC/Video Games lernen?

Beitrag von Phazonis »

derblaueClaus hat geschrieben: 6. Mai 2018, 00:56 Ich widerspreche dem Punkt, und zwar heftig ;). Er geht von der falschen Prämisse aus, nämlich, dass mehr Daten und mehr Detail und mehr Kontrolle gleich bessere Simulation ist. Nur stimmt dieser Automatismus nicht.

Ich bin Wargamer, sowohl auf dem PC als auch Brett. Das von dir zitierte Twilight Struggle zählt zum Beispiel zu dem Genre. Und gerade da schaffen es die Brettspiele einen deutlich höheren Mehrwert an Simulation und an Spielwert zu schaffen. Wie ? Ganz einfach. Sie konzentrieren sich gezwungenermaßen auf das Wesentliche. Nämlich: Welche Rolle hat der/die Spieler ? Welche Aussage möchte ich mit dem Spiel treffen ? Was muss ich dazu simulieren ? Die meisten digitalen Vertreter der Gattung machen sich darüber selten Gedanken. Sie müssen es nicht, die Rechner haben ja heute genug Power.

Ein Beispiel: Gary Grigsbys War in the West. Überladen, die Mechaniken passen nicht zusammen. Einerseits muss ich mich um jede einzelne Division kümmern, soll aber gleichzeitig das Strategische nicht aus dem Auge verlieren. Das passt nicht zusammen. Historisch war es Eisenhower, der sich um das strategische kümmerte, Patton und andere Generäle um ihre Divisionen. Das Spiel wird dadurch unscharf. Ähnliches Beispiel: Decisive Campaigns: Babarossa. Auf der einen Seite wird das politische Geschehen mit eingebunden, ich bekomme Befehle, die militärisch keinen Sinn ergeben, muss schwierige grundsätzliche Entscheidungen für die militärische Kampagne treffen. Sogar ethische Entscheidungen werden mir abverlangt. Großartig. Gleichzeitig erwartet das Spiel aber von mir wieder Fitzelentscheidungen, ala welches Artillerieregiment feuert wann auf wen.

Das zerstört die Simulation, weil es dir als Spieler Einflussmöglichkeiten in die Hand gibt, die dein historischer Counterpart nie hatte. Eisenhower konnte nunmal unmöglich jeder einzelnen Einheit sagen was sie zu tun hatte, auch für ihn hatte der Tag nur 24 Stunden. Das führt aber natürlich zu Fehlern, Fehleinschätzungen und bösen Überraschungen. Und diesen menschlichen Faktor lassen PC-Wargames völlig außen vor.
Oh die Geister die ich rief... Ich wollte eigentlich nur eben mal anmerken, dass es vielleicht vorteilhaft von unseren Podcastern wäre, wenn sie schon die Analogie zum Brettspiel so sehr lieben, sich auch etwas über dieses Medium zu informieren. Und dies war halt ein Beispiel, wo das etwas unvorteilhaft war, dass ein so altes Beispiel gewählt wurde. Ja dadurch kennt es zwar jeder, aber es zerstört halt etwas das Argument was es illustrieren sollte, denn wenn man eben argumentieren möchte, dass Videospiele den Brettspielen so weit vorraus sind sollte man vielleicht kein so altes Spiel nehmen, wo davon ausgeganen werden kann, dass ein Videospiel besser ist, einfach weil Hunderte Jahre an Entwicklung dazwischen liegen und es eher ein Armutszeugnis wäre, wenn ein modernes Spiel gegen Schach abstinkt.

Aber nun ja ich würde da auch sagen, dass der Computer zwar komplexere Szenarien abbilden kann. Aber noch entschieden werden muss, ob dies wirklich besser ist. Gerade heute haben sich ja viele Alternativen zum klassischen D&D-Regelsatz gebildet, die in ihren Regeln weniger rigide sind und damit weit mehr Möglichkeiten im emergenten Storytelling ermöglichen als jedes Pc-Rollenspiel.
derblaueClaus hat geschrieben: 6. Mai 2018, 00:56 Das gilt nicht nur für Twilight Struggle, sondern für alle Wargames. Für die meisten Wargamer ist der kleine Film, der während des Spielens im Kopf abläuft der größte Spaß an der Sache.
Das war eher daraufbezogen, was halt Brettspiele vom Computerspiel lernen können und emergentes Storytelling denke ich halt müssen sich Brettspiele nicht abgucken. Gerade das haben sich ja Computerspiele von ihnen abgeguckt und das beherrschen Brettspiele meist immer noch weit besser als die meisten Computerspiele. (Vorrausgesetzt natürlich man Themed richtig, also guckt welches Theme zu den Mechaniken des Brettspiels passt und klatscht nicht irgendeins drauf)
Gleichzeitig wird diese Art des Storytellings in Videospielen ja nun mittlerweile nicht mehr so sehr geschätzt. Ich meine man muss sich nur mal die Besten Geschichten in Videospielen angucken und die wenigsten funktionieren da noch auf diesem alt hergebrachten emergent Storytelling. Bioshock, Last of Us,... alles Spiele die eine sehr ausgestaltete Geschichte haben und damit versuchen Messages zu transportieren oder eine gezielte Aussage zu treffen. Und das sehe ich in Brettspielen noch nicht so häufig, wüsste aber auch nicht wie man das am Besten umsetzt. Wie gesagt das Beispiel Train macht das schon sehr gut es transportiert eine klare Message, ist aber auch weit von einem klassischen Brettspiel entfernt.
Nachtfischer hat geschrieben: 6. Mai 2018, 08:57 Mich persönlich interessiert aber dennoch eher die umgekehrte Richtung: Was können Video- von Brettspielen lernen? In Brettspielen sehe ich seit Jahren eine im Schnitt enorm viel höhere Qualität des Game-Designs. Eben weil es da normalerweise nicht reicht, sich auf Grafik, Spektakel, Story oder Loot-Gambling auszuruhen. Da muss eine gut geölte (und auch regelmäßig innovative) Gameplay-Maschine entwickelt werden. Was im Digitalen höchstens eine Handvoll Mal im Jahr und fast nur im tiefsten Indie-Sektor vorkommt, ist im Analogen schlicht Alltag.
Ok auf die Gefahr hin, dass das ganze jetzt etwas entgleist und ins Rambling übergeht:

Zum einen mopse ich dann doch noch einen Punkt vom Herrn Walk, den ich aber sehr wichtig fand: Die Presse macht ihre Spiele und das Problem war die Spieleindustrie hatte über Jahre keine Kritiker, die wirklich ihren Titel verdienen. Diese Stiftung Warentestkultur hat da sehr viel kaputt gemacht, aber um es etwas anschaulich zu machen:
Jeder Filmkritiker, der etwas taugt, zerreisst zum Beispiel die Transformers-Filme, nicht weil sie etwa schlecht sind, sondern weil sie Kritiker sind und es ihre Aufgabe ist Neues,Sehenswertes und Innovatives suchen. Und es ist ihnen dabei auch vollkommen egal, ob sie da in der Bevölkerung auf Zustimmung stoßen oder ob sie damit "objektiv" sind. Es wird diese, durchaus von der Objektivität entfernte, Ansicht angenommen, einfach weil sie wertvoll ist. Und so wird von Kritikern eben auch der missglückte Versuch der Innovation sehr viel wohlwollender aufgefasst, als das x-te mal das Abliefern von Bekanntem. Dadurch tun sie aber einen sehr guten Dienst, denn der Konsument hat eine klare Stelle, wo er sich hinwenden kann, wenn er etwas Neues sucht und das Medium wird angehalten sich weiterzuentwickeln.
Ähnlich ist es eben auch bei Brettspielen, es git eine klare Kritikerkultur, die es abstraft, wenn einfach nur das kommt was bekannt ist. Und dadurch entwickelt sich das Medium. Es wäre aber mal erfrischend zu sehen, wenn die Gamestar den nächsten Call of Duty einfach mal eine 5/10 gibt, nicht weil das Spiel schlecht wäre, sondern weil es einfach alles bekannt ist und es kaum Innovationen gibt. hach man kann ja mal träumen...

Um aber auch noch was präziseres Anzubringen: Brettspiele sind vor allem darin besser unötige Features und Ballast wegzutrimmen und das merkt man. Dabei muss man noch nicht mal sagen es wird versimpelt. Es gibt durchaus viele Brettspiele, derren Spielzeit mehrere Stunden beträgt oder die durchaus viele Mechaniken besitzen, die man erstmal durchblicken muss. Aber selbst in diesen Spielen merkt man alles passt, alles sitzt und ergibt Sinn. Keine dieser Mechaniken ist einfach nur zum Selbstzweck vorhanden, oder Gott bewahre, nur um die Spielzeit zu strecken. Jede ist vorhanden, weil sie das Spiel bereichert und besser macht und davon sind Videospiele weit entfernt, weil aber zum Teil längere Spielzeit als etwas erstrebenswertes angesehen wird.
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Re: Brettspiel Design: Von PC/Video Games lernen?

Beitrag von Andre Peschke »

Phazonis hat geschrieben: 6. Mai 2018, 18:17 Oh die Geister die ich rief... Ich wollte eigentlich nur eben mal anmerken, dass es vielleicht vorteilhaft von unseren Podcastern wäre, wenn sie schon die Analogie zum Brettspiel so sehr lieben, sich auch etwas über dieses Medium zu informieren.
Das klingt jetzt so, als würden wir jede zweite Folge irgendeinen Brettspielvergleich bemühen. :D

Phazonis hat geschrieben: 6. Mai 2018, 18:17Und dies war halt ein Beispiel, wo das etwas unvorteilhaft war, dass ein so altes Beispiel gewählt wurde. Ja dadurch kennt es zwar jeder, aber es zerstört halt etwas das Argument was es illustrieren sollte, denn wenn man eben argumentieren möchte, dass Videospiele den Brettspielen so weit vorraus sind sollte man vielleicht kein so altes Spiel nehmen, wo davon ausgeganen werden kann, dass ein Videospiel besser ist, einfach weil Hunderte Jahre an Entwicklung dazwischen liegen und es eher ein Armutszeugnis wäre, wenn ein modernes Spiel gegen Schach abstinkt.
Öh...stinken nicht sehr viele moderne Videospiele gegen Schach gehörig ab? Ich habe das Argument erst kürzlich genau andersrum gelesen: Die Regeln von Schach wurden über Jahrhunderte verfeinert und es wäre übertrieben zu fordern, ein neu erdachtes Strategiespiel solle die gleiche Perfektion mitbringen. Ich glaube bei Greg Costikyan.

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Re: Brettspiel Design: Von PC/Video Games lernen?

Beitrag von Leonard Zelig »

Ich hab meinem Bruder das Brettspiel zu This War of Mine zum Geburtstag geschenkt. Leider hatte er noch keine Zeit es zu spielen. Von Civilization gibt es auch eine Brettspiel-Version. Inwiefern haben denn diese Umsetzungen sich etwas von ihren Vorbildern abgeschaut?
"The whole problem with the world is that fools and fanatics are always so certain of themselves, but wiser people so full of doubts."

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Re: Brettspiel Design: Von PC/Video Games lernen?

Beitrag von Andre Peschke »

Leonard Zelig hat geschrieben: 6. Mai 2018, 21:52 Ich hab meinem Bruder das Brettspiel zu This War of Mine zum Geburtstag geschenkt. Leider hatte er noch keine Zeit es zu spielen. Von Civilization gibt es auch eine Brettspiel-Version. Inwiefern haben denn diese Umsetzungen sich etwas von ihren Vorbildern abgeschaut?
Ist Civlization nicht seinerseits von einem Brettspiel inspiriert?

Viele Spiele werden in der Konzeptphase erstmal als Brettspiele gebaut, um die Spielmechaniken billig und schnell zu testen. Wird so auch in diversen Gamedesign-Kursen gelehrt. Sehr häufig lassen sich die grundlegenden Spielmechaniken in Form eines Brettspiels simulieren (wenn auch manchmal in abstrahierter Form). Gerade bei sowas wie "This War of Mine" dürfte das gut gehen.

Andre
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Re: Brettspiel Design: Von PC/Video Games lernen?

Beitrag von Nachtfischer »

Andre Peschke hat geschrieben: 6. Mai 2018, 23:14Ist Civlization nicht seinerseits von einem Brettspiel inspiriert?
Genau! :)
https://boardgamegeek.com/boardgame/71/civilization
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Captain Robi
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Re: Brettspiel Design: Von PC/Video Games lernen?

Beitrag von Captain Robi »

Wow, da ist ja hier eine spannende Diskussion entstanden, die mir als Input gut helfen kann, danke dafür! Es sind zu viele Punkte, um diese alle aufzugreifen, aber zwei davon möchte ich doch thematisieren:
  • Direkte Umsetzungen vom PC auf das Brett nützen nicht die Stärken des Mediums. Danke an Leonard Zelig für den Hinweis mit "This war of mine". Da ich das PC-Spiel kannte, war ich sehr auf die Brettspielumsetzung gespannt. Habe es nicht selber gespielt, sondern nur ein Video gesehen unter https://youtu.be/Qv6imRxczhk, deswegen die folgenden Aussagen mit Vorsicht geniessen. Es wirkt so unglaublich kleinteilig, dass die von Nachtfischer erwähnte PC-Stärke des Housekeepings vollkommen verloren geht. Auch beim Storytelling wird eine zweite Stärke des PC-Mediums nicht so toll übersetzt. Es gibt ein Handbuch mit 2000 Einträgen, was alles draussen in der Stadt als Event passieren kann. Kann man machen, aber es fühlt sich eher wie ein Krücke an als wie tolles Designkonzept.
  • Wo bleiben die Achievements? Hier spricht wahrscheinlich eher der Geschäftsmann ihn mir als der Designer, aber eignen die sich nicht wunderbar, um den Wiederspielwert von Spielen zu erhöhen? Natürlich muss das Spiel auch ohne Achievements intrinsisch Spass machen. Aber warum gibt es überhaupt Achievements in PC-Spielen? Man hat damit doch länger eine Community, die das Spiel aktiv spielt. Und man befriedigt auch die Spieler-Experience "Vollständigkeit". Noch muss ich weiter recherchieren, ob nicht doch schon ein Brettspiel existiert, das diese Achievements gut umsetzt. Sonst mache ich das eben selber. Mir ist natürlich bewusst, dass man da höllisch aufpassen muss. Denn die meisten Brettspiele sind Multiplayer Games. Nicht dass der eine Spieler die Spielerfahrung aller anderen kaputt macht, nur weil er ein verrücktes Achievement erreichen will. Ich kann mich gut an die PvP-Achievements in World of Warcraft erinnern, die alle gehasst haben, man aber machen musste um den blöden Drachen zu bekommen.
Übrigens: Ich wollte nicht, dass dieser Beitrag explodiert oder ich aus dem Forum gebannt werde, aber wir haben bisher nur Spieldesign-Elemente erwähnt. Wie wäre es mit der Übertragung von Geschäftsmodellen? Vermisst nicht jemand "Boardgames-as-a-Service" inklusive neuer kostenpflichtiger Skins für die Spielfiguren aus Lootboxen? :D
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Phazonis
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Re: Brettspiel Design: Von PC/Video Games lernen?

Beitrag von Phazonis »

Andre Peschke hat geschrieben: 6. Mai 2018, 18:56 Das klingt jetzt so, als würden wir jede zweite Folge irgendeinen Brettspielvergleich bemühen. :D
Nein so schlimm ist es natürlich nicht. Um es aber in Rahmen zu packen es tritt häufiger auf als Jochens Ulysses Kritik und seltener als die allseits beliebten Sebismen.
Andre Peschke hat geschrieben: 6. Mai 2018, 18:56 Öh...stinken nicht sehr viele moderne Videospiele gegen Schach gehörig ab? Ich habe das Argument erst kürzlich genau andersrum gelesen: Die Regeln von Schach wurden über Jahrhunderte verfeinert und es wäre übertrieben zu fordern, ein neu erdachtes Strategiespiel solle die gleiche Perfektion mitbringen. Ich glaube bei Greg Costikyan.

Andre
Nun das kommt wohl auf die Perspektive an... Ich möchte halt das die bereits vorhandenen Konzepte weitergedact werden und dies geschieht ja auch, sei es nun ein Into the Breach oder ein anderes Rundenstrategiespiel, sie nehmen das bekannte Konzept und denken es weiter, wobei es dabei für mich auch erstmal egal ist ob das Ergebnis an die "Perfektion" von Schach herrankommt.

Ebenso wäre da wohl auch wichtig mal zu wissen in welchem Kontext man von der Pefektion im Schachspiel spricht. Ich meine wenn es so perfekt wäre wie kommt es dann, dass das Spiel immer noch das Problem mit dem First-Move-Advantage nicht gelöst hat und man damit behaupten könnte das Spiel sei nicht gut ausbalanciert, immerhin liegt weiß in allen Statistiken vor Schwarz was Gewinne angeht.
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Re: Brettspiel Design: Von PC/Video Games lernen?

Beitrag von Phazonis »

Captain Robi hat geschrieben: 7. Mai 2018, 19:23
  • Direkte Umsetzungen vom PC auf das Brett nützen nicht die Stärken des Mediums. Danke an Leonard Zelig für den Hinweis mit "This war of mine". Da ich das PC-Spiel kannte, war ich sehr auf die Brettspielumsetzung gespannt. Habe es nicht selber gespielt, sondern nur ein Video gesehen unter https://youtu.be/Qv6imRxczhk, deswegen die folgenden Aussagen mit Vorsicht geniessen. Es wirkt so unglaublich kleinteilig, dass die von Nachtfischer erwähnte PC-Stärke des Housekeepings vollkommen verloren geht. Auch beim Storytelling wird eine zweite Stärke des PC-Mediums nicht so toll übersetzt. Es gibt ein Handbuch mit 2000 Einträgen, was alles draussen in der Stadt als Event passieren kann. Kann man machen, aber es fühlt sich eher wie ein Krücke an als wie tolles Designkonzept.
Ich glaube da muss man das Spiel gespielt haben, um das einschätzen zu können. Generell ja es kann problematisch werden, wenn Brettspiele zu viele Kleinteile erhalten und damit schon allein zu viel Arbeit im Aufbau verlangen. Aber da müsste man sich eben angucken wie das in der Bewertung des Spieles angesprochen wird. Es gibt große umfangreiche Spiele mit vielen Kleinteilen, wo das angenommen wird und wiederum andere Spiele, die weniger Teile haben und schon als zu kleinteilig bezeichnet werden.
Captain Robi hat geschrieben: 7. Mai 2018, 19:23
  • Wo bleiben die Achievements? Hier spricht wahrscheinlich eher der Geschäftsmann ihn mir als der Designer, aber eignen die sich nicht wunderbar, um den Wiederspielwert von Spielen zu erhöhen? Natürlich muss das Spiel auch ohne Achievements intrinsisch Spass machen. Aber warum gibt es überhaupt Achievements in PC-Spielen? Man hat damit doch länger eine Community, die das Spiel aktiv spielt. Und man befriedigt auch die Spieler-Experience "Vollständigkeit". Noch muss ich weiter recherchieren, ob nicht doch schon ein Brettspiel existiert, das diese Achievements gut umsetzt. Sonst mache ich das eben selber. Mir ist natürlich bewusst, dass man da höllisch aufpassen muss. Denn die meisten Brettspiele sind Multiplayer Games. Nicht dass der eine Spieler die Spielerfahrung aller anderen kaputt macht, nur weil er ein verrücktes Achievement erreichen will. Ich kann mich gut an die PvP-Achievements in World of Warcraft erinnern, die alle gehasst haben, man aber machen musste um den blöden Drachen zu bekommen.
Da ist halt die Frage was genau sollen deine Achievements bringen/erreichen? Sollen sie das Spiel erweitern? Gibt es schon Risiko Evolution. Da "schaltest" du nach gewissen Partien neue Mechaniken frei.
Sollen sie näher am Videospiel sein und einfach nur motivieren weiterzuspielen? Gibt es auch längst. In vielen Spielen wird einfach eine Achievementseite beigelegt, wo sich der eintragen kann der zuerst unter gewissen Bedingungen gewinnt. Sowas wie als erster mit Fraktion x gewonnen oder ähnliches... ein beispiel Scythe.
Sollen sie Teil des Gameplays sein? auch hier blick auf Scythe, wo einem das Spiel mehrere taktische Ziele git und wenn man 1 erreicht das "Achievement" dafür bekommt einen Stern. Hier ist sogar das Ziel des Spieles, denn das Spiel endet sobald ein Spieler 6 davon gesammelt hat.
Das Problem mit dem kaputt machen der Spielerfahrung durch Achievements ist bei Brettspielen auch etwas komplizierter. Erstens ist die Frage ob man mit- oder gegeneinander spielt. Bei einem Spiel gegeneinander kann es den Gegnern ja sehr Recht sein, wenn sie merken, dass ein Spieler irgendeinem Achievement hinterherhechelt, dass macht ihn vorhersehbar und kann damit das Spiel besser balancieren, wenn der bessere Spieler sich gegenüber dem Schwächeren durch so etwas ein bisschen Handikappt.
Das viel größere Problem ist aber, dass dem Großteil der Spieler Achievementhunting wahrscheinlich total egal ist und ich auch denke das der Prozentsatz bei Brettspielen sogar höher ist, denn man spielt ja meist Brettspiele weil man die soziale Interaktion mit den Menschen haben will und somit ist es weitaus wichtiger, dass alle Spass am Spiel haben, als das man irgendwelche Achievements erreichen will.
Captain Robi hat geschrieben: 7. Mai 2018, 19:23 Übrigens: Ich wollte nicht, dass dieser Beitrag explodiert oder ich aus dem Forum gebannt werde, aber wir haben bisher nur Spieldesign-Elemente erwähnt. Wie wäre es mit der Übertragung von Geschäftsmodellen? Vermisst nicht jemand "Boardgames-as-a-Service" inklusive neuer kostenpflichtiger Skins für die Spielfiguren aus Lootboxen? :D
Haha... Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass es irgendein Konzept aus Videospielindustrie gäbe, dass Brettspiele nicht schon längst kennen würden. Mappacks? Gibt es längst. Besipiel: Age of Steam wofür quasi tausende Maps als Expansion nachgeliefert wurden. Lootboxen? Hallo Boosterpacks in jedem TCG. DLC? Jede Erweiterung für ein bestehendes Spiel. Skins? Brettspiel Collectors Editions ahoy. Also dasselbe Spiel, nur mit etwas besseren Komponenten. Kaufbare Charaktere? Star Wars X-Wing kann ein Lied davon singen.
Edit: Oh und gerade auch noch eingefallen: Remaster/Remakes? Kennen Brettspiele auch schon ewig. Beispiel: Twilight Imperium 4. Edition ja das wurde bereis zum 4. mal neu aufgelegt. :lol:

Das einzig innovative was man da von Videospielen lernen könnte ist die Grenze des guten Geschmacks soweit ans Limit zu bringen, dass man dann einen Skandal verursacht und plötzlich zurückrudern muss. Aber das muss man sich auch nicht abschauen.
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