USK: Haltung gegenüber Nazi-Symbolen in Spielen gelockert

Alles, was nicht in ein anderes Forum gehört: Hier rein
Forumsregeln
Datenschutzerklärung: https://www.gamespodcast.de/datenschutzerklaerung/
Impressum: https://www.gamespodcast.de/impressum/

Forenregeln und zukünftige Weltverfassung
ART 1: Behandle andere Nutzer mit Respekt.
ART 2: Do NOT piss off the Podcasters

Lies bitte weitere Hinweise hier: viewtopic.php?f=4&t=2789
Maschendraht
Beiträge: 106
Registriert: 4. Jan 2017, 01:41

Re: USK: Haltung gegenüber Nazi-Symbolen in Spielen gelockert

Beitrag von Maschendraht »

was die Wahrnehmung im Ausland betrifft muss man den Verantwortlichen mal erklären, dass die bisherige Regelung großen Schaden anrichtet (bzw. angerichtet hat). Das Ziel des Verbots ist ja eigentlich, Extremisten daran zu hindern, mit ihren Symbolen Stimmung zu machen und Opfergruppen einzuschüchtern (ja ich weiß, das ist nicht juristisch sauber erklärt, aber im Kern ist das der Sinn). Es ist also ein Ausdruck der wehrhaften Demokratie. Das wird aber im Fall von Spielen wie Wolfenstein insbesondere in den USA schlicht nicht verstanden.

Wenn man sich mal Youtube-Kommentare dazu durchliest, dann steht dort ständig, dass sich Deutschland offenbar seiner Vergangenheit nicht stellen wolle, oder schlimmer, dass man die Nazi-Vorfahren doch noch zu sehr liebe, um sie als Kanonenfutter sehen zu wollen. Diesen Zusammenhang muss man Kritkern klarmachen. Aber auch das geht halt erst, wenn sie verstanden haben, dass der Reiz des Spiels darin besteht, die verhassten Nazis virtuell niederzuschießen. Siehe auch die Werbe-Kampagne "Make America Nazi Free Again". Vielleicht sollte man Kritikern als Anfang tatsächlich erklären, wie das Spiel im Ausland beworben wird. Dann hat man gleich den richtigen Rahmen gesteckt.
Rigolax
Beiträge: 2188
Registriert: 20. Feb 2018, 15:53

Re: USK: Haltung gegenüber Nazi-Symbolen in Spielen gelockert

Beitrag von Rigolax »

Sorry, nochmal nachzutreten, aber hat man beim DGB eigentlich § 86a Abs. 3 StGB verstanden?

Die behaupten:

"Die USK begründet ihren Schritt mit der so genannten Sozialadäquanz, d.h. unzulässige Symbole dürfen verwendet werden, sofern es der staatsbürgerlichen Aufklärung in Kunst, Wissenschaft, Forschung und Lehre oder der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens und der Geschichte oder ähnlichen Zwecken dient (§86a, Abs. 3 StGB)."

"staatsbürgerlichen Aufklärung in Kunst" etc. also. In?

§ 86 Abs. 3, auf den § 86a. Abs. 3 StGB verweist, lautet:

"(3) Absatz 1 gilt nicht, wenn das Propagandamittel oder die Handlung der staatsbürgerlichen Aufklärung, der Abwehr verfassungswidriger Bestrebungen, der Kunst oder der Wissenschaft, der Forschung oder der Lehre, der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte oder ähnlichen Zwecken dient."

Ich sehe auch nicht, wo die USK das so falsch darstellt, vgl. https://usk.de/usk-beruecksichtigt-bei- ... adaequanz/ und https://usk.de/erstes-spiel-unter-berue ... nzeichnet/

Vermutlich von der MA HSH abgeschrieben: https://www.ma-hsh.de/infothek/pressemi ... assen.html
Maschendraht hat geschrieben: 4. Jul 2019, 23:24 was die Wahrnehmung im Ausland betrifft muss man den Verantwortlichen mal erklären, dass die bisherige Regelung großen Schaden anrichtet (bzw. angerichtet hat). (...)
Siehe dazu auch einen Schutzzweck von § 86a StGB laut BGH, wonach gerade die Wahrnehmung im Ausland auch relevant ist: https://www.hrr-strafrecht.de/hrr/3/06/3-486-06.php
ZiggyStardust
Beiträge: 819
Registriert: 14. Nov 2018, 12:53

Re: USK: Haltung gegenüber Nazi-Symbolen in Spielen gelockert

Beitrag von ZiggyStardust »

Heretic hat geschrieben: 4. Jul 2019, 17:28 Ich hab' mir mal den Trailer zu "Wolfenstein: Youngblood" angesehen. Das Spiel scheint inhaltlich eine echte Trash-Granate zu sein. Eindeutig ist aber auch, dass man ausschließlich gegen die Nazis kämpft, die à la Indiana Jones sinnbildlich für das Böse stehen und gleichzeitig ordentlich durch den Kakao gezogen werden. Nix mit Glorifizierung von NS-Symbolik.
Ich glaube das werden einige anders sehen, wenn in der Spielwelt überall Hakenkreuzflaggen hängen.

Wenn man das Böse zeigen will, dann ist eine Trash-Granate vielleicht nicht die beste Wahl. Ein Adventure in dem man nach einem SS-Massaker die Kriegsverbrechen rekonstruiert und Beweise sichert, hätte glaube ich einen viel größeren Impact als ein Feelgood-Nazi-Spiel.
Benutzeravatar
Axel
Beiträge: 4170
Registriert: 1. Jul 2018, 20:43
Wohnort: Chemnitz & Erzgebirge

Re: USK: Haltung gegenüber Nazi-Symbolen in Spielen gelockert

Beitrag von Axel »

Braucht es denn unbedingt Hakenkreuze und SS Runen um Nazis darzustellen? Oder kann man nicht durch Ästhetik, Bildsprache, usw. Nazis darstellen? Laibach haben in ihrer künstlerischen Dekonstruktion von Regimes damals auch keine verfassungsfeindliche Symbole gebraucht und trotzdem wusste jeder, worauf sie sich beziehen. Ich sehe daher das inflationäre Verwenden solcher Symbole auch sehr kritisch. Weil in der Tat die Gefahr einer Normalisierung besteht.
Zuletzt geändert von Axel am 5. Jul 2019, 09:18, insgesamt 2-mal geändert.
Benutzeravatar
Andre Peschke
Beiträge: 9847
Registriert: 9. Jan 2016, 16:16
Kontaktdaten:

Re: USK: Haltung gegenüber Nazi-Symbolen in Spielen gelockert

Beitrag von Andre Peschke »

Rigolax hat geschrieben: 4. Jul 2019, 19:22 Wäre ja halt sinnvoll, wenn sie die Jugendentscheide, um verfahrensbeteiligte Personen anonymisiert oder von mir aus um technische Daten gekürzt, ganz rausrücken würden.
Ja, 100% Zustimmung. Die Trommel schlage ich aber auch schon seit mindestens 10 Jahren. Das man die einzelnen Prüfer schützen muss und eine Veröffentlichung erst nach Release stattfinden kann: Völlig ok. Aber das Jugendschutzeinstufungen, die ja gerade eine öffentliche Informationsquelle darstellen sollen, wie Betriebsgeheimnisse behandelt werden... das geht IMO nicht. DA sollte die Politik mal Beschwerde führen.
Axel hat geschrieben: 5. Jul 2019, 09:12 Braucht es denn unbedingt Hakenkreuze und SS Runen um Nazis darzustellen?
Das ist doch ein Rückschritt in der Diskussion. Natürlich geht's auch ohne, das hat Wolfenstein ja schon bewiesen. Aber ohne = anders. Und zwangsweise anders beeinträchtigt das künstlerische Schaffen. Spiele sollten die gleichen Rechte im Rahmen der Kunstfreiheit genießen dürfen, wie alle anderen Medien auch und das schließt einen kategorischen Verzicht eben aus. Ob es das braucht, ist da erstmal nachrangig.

Die aktuelle Diskussion über die Anwendung der Sozialadäquanz finde ich im Kern richtig - das stand ja damals auch am Ende meiner Reportage. Man wird ausdefinieren müssen, inwiefern sich Spiele eben derart von anderen Medien unterscheiden, dass man sie anders behandeln muss. Das sollte aber eben anhand eines fertigen Produkts geschehen und nicht als Diskussion ins Blaue hinein, ob so ein "Egoshooterspiel" das denn darf. Die Pauschalität und Vorweggenommenheit ist idiotisch, nicht wenn man nach fairer Abwägung zu dem Schluss käme: "Hier ist keine Sozialadäquanz gegeben".

Andre
Benutzeravatar
Axel
Beiträge: 4170
Registriert: 1. Jul 2018, 20:43
Wohnort: Chemnitz & Erzgebirge

Re: USK: Haltung gegenüber Nazi-Symbolen in Spielen gelockert

Beitrag von Axel »

Andre Peschke hat geschrieben: 5. Jul 2019, 09:14 Spiele sollten die gleichen Rechte im Rahmen der Kunstfreiheit genießen dürfen, wie alle anderen Medien auch und das schließt einen kategorischen Verzicht eben aus.
Obacht, ich habe nicht vom kategorischen Verzicht gesprochen. Jedoch muss man auch beim Film dieselbe Frage stellen. Braucht beispielsweise Indiana Jones unbedingt Nazis als Gegner um zu funktionieren? In Filmen und Serien sind Nazis als Gegner seit Jahrzehnten zu harmlosen Tropes verkommen. Und das kann man durchaus auch kritisch sehen, weil das Naziregime dadurch unbewusst in der Wahrnehmung verharmlost wird. Bis heute tauchen gefühlt in jeder zweiten US-Actionserie irgendwann Nazis als Gegner auf. In 99% der Fälle als Zeichen des faulen Geschichtenerzählens. Jeder weiß das Nazis böse sind, müssen wir nicht weiter erklären.

Natürlich könnte man jetzt sagen: Games haben dasselbe Recht auf dieselbe Form der faulen Narrative. Wo liegt dann aber bei der USK die Grenze was erlaubt ist oder nicht? Und würde die Grenze des zeigbaren nicht mit jedem Mini-Skandal ein Stück weit verrückt werden?
Benutzeravatar
Andre Peschke
Beiträge: 9847
Registriert: 9. Jan 2016, 16:16
Kontaktdaten:

Re: USK: Haltung gegenüber Nazi-Symbolen in Spielen gelockert

Beitrag von Andre Peschke »

Axel hat geschrieben: 5. Jul 2019, 09:35 Obacht, ich habe nicht vom kategorischen Verzicht gesprochen. Jedoch muss man auch beim Film dieselbe Frage stellen. Braucht beispielsweise Indiana Jones unbedingt Nazis als Gegner um zu funktionieren?
Ich finde deine Frage läuft aber auf einen kategorischen Verzicht in Unterhaltungsmedien hinaus. "Braucht es das?" - das kann ich für Unterhaltung ja für einen spezifischen Einzelfall immer verneinen. Unterhaltung wird der Mensch brauchen, aber konkret Unterhaltung mit Nazis/Kommunisten/Walrössern etc nie.

Die Frage IMO sollte nicht sein "braucht es das", sondern "schadet es so sehr, dass wir deswegen die Kunstfreiheit einschränken sollten?". Und da würde ich sagen: Nein.

Andre
Benutzeravatar
Axel
Beiträge: 4170
Registriert: 1. Jul 2018, 20:43
Wohnort: Chemnitz & Erzgebirge

Re: USK: Haltung gegenüber Nazi-Symbolen in Spielen gelockert

Beitrag von Axel »

Andre Peschke hat geschrieben: 5. Jul 2019, 10:07 Die Frage IMO sollte nicht sein "braucht es das", sondern "schadet es so sehr, dass wir deswegen die Kunstfreiheit einschränken sollten?". Und da würde ich sagen: Nein.
Da wäre ich garnicht so sicher. Gerade durch die Verharmlosung als narrativen Trope kann die heutige Wahrnehmung des Naziregimes sich komplett verschieben. Wenn der Trope des Bösen zur harmlosen Normalität der Unterhaltung wird, wird dann beispielsweise eine drastischere Darstellung des Holocausts nicht als übertrieben wahrgenommen?

Oder anders: Wie will man heute noch eine ernste Erinnerungskultur aufrecht erhalten, wenn man Nazis aus der Unterhaltung höchstens noch als Trope sieht, die AfD die Nazizeit als „Fliegenschiss“ deklariert (und alle Medien machen mit!), es keine Holocaust Überlebenden mehr gibt und der Geschichtsunterricht in der Schule gerne mit an vorderste Stelle steht, wenn es um Ausfälle und Einsparungen geht?

Natürlich ist die Unterhaltung allein nicht verantwortlich dafür, dass sich Menschen einer Diktatur öffnen. Aber eine verharmlosende Normalisierung in der Unterhaltung kann ein perfekter Unterbau dafür bieten. Von vielen Jugendlichen heute wird das Naziregime als ganz weit weg in der grauen Vorzeit wahrgenommen. Und als weniger gefährlich. Gleichzeitig gibt es seit 1990 über 200 geschätzte Opfer des Rechtsterrorismus. Und wenn rassistische Äußerungen an der Supermarktkasse wieder zur Normalität werden, dann kann mich das nicht kalt lassen. Und da muss man die Frage stellen: Ist das Verharmlosen des Naziregimes als Trope nicht sogar auch gefährlich? Besonders auch in Games, die aufgrund ihrer Interaktivität eine ganz andere Immersion haben? Die Frage wäre in dem Zusammenhang: Wo sieht die USK eine harte Grenze des Zulässigen? Aufgrund dessen, dass die USK aus der Spieleindustrie finanziert wird und keine staatliche Einrichtung ist, bin ich da leider sehr pessimistisch.
Benutzeravatar
Heretic
Beiträge: 4999
Registriert: 20. Mai 2016, 13:30

Re: USK: Haltung gegenüber Nazi-Symbolen in Spielen gelockert

Beitrag von Heretic »

ZiggyStardust hat geschrieben: 5. Jul 2019, 08:46Wenn man das Böse zeigen will, dann ist eine Trash-Granate vielleicht nicht die beste Wahl. Ein Adventure in dem man nach einem SS-Massaker die Kriegsverbrechen rekonstruiert und Beweise sichert, hätte glaube ich einen viel größeren Impact als ein Feelgood-Nazi-Spiel.
Aber wertest du da nicht das Genre der Ego-Shooter gegenüber anderen Genres im Vorfeld ab? Auch in einen Shooter mit einfachstem Brachial-Gameplay kann man Sequenzen einbauen, die aufwühlen und zum Nachdenken anregen können. Das mag nicht oft vorkommen (bezeichnenderweise fällt mir gerade nur das immer gern angeführte "Spec Ops: The Line" ein), aber es geht.

Genauso halte ich es für richtig und wichtig, sich über Nazis lustig zu machen. Das das ohne Verharmlosung geht, hat bereits Charlie Chaplin früh bewiesen. Oder Mel Brooks mit "Frühling für Hitler". Roberto Benigni mit "Das Leben ist schön". Sogar (Horror-)Trash wie "Dead Snow" oder "Iron Sky" können dazu beitragen, die NS-Symbolik ein Stück weit zu entzaubern und ihr den Reiz des Verbotenen zu nehmen. Ich glaube nicht, dass sich dadurch ein Gewöhnungseffekt einstellt und das Hakenkreuz wieder salonfähig wird. Da finde ich das Geschwafel diverser Politiker (ich sag' nur Hundeschlips) und die Zusammenrottungen und das Gebaren diverser Gestalten mit "HKNKRZ"-Shirts viel bedenklicher und gefährlicher.
Rigolax
Beiträge: 2188
Registriert: 20. Feb 2018, 15:53

Re: USK: Haltung gegenüber Nazi-Symbolen in Spielen gelockert

Beitrag von Rigolax »

Axel hat geschrieben: 5. Jul 2019, 10:35 Wo sieht die USK eine harte Grenze des Zulässigen? Aufgrund dessen, dass die USK aus der Spieleindustrie finanziert wird und keine staatliche Einrichtung ist, bin ich da leider sehr pessimistisch.
Und da empfehle ich zu recherchieren, wer eigentlich in den Gremien sitzt bzw. was "die USK" ist bzw. wie das überhaupt mit den Kennzeichnungen funktioniert. Vorsitz der Gremien haben nämlich Vertreter von Behörden (https://www.bag-jugendschutz.de/adresse ... dbehoerden wobei die bei der USK federführend vom Familienministerium NRW entsandt werden) und sonst sitzen darin nur unabhängige, ehrenamtliche, sogennante Jugendschutzsachverständige, die von einem pluralistisch besetzten Beirat ernannt werden, auf gemeinsamen Vorschlag der OLJB und game e. V. https://usk.de/die-usk/grundlagen-und-s ... rundlagen/ (siehe Grundsätze).

Anders als immer wieder kommuniziert, hat "die USK" halt nichts mit der Spruchpraxis zu tun! Die stellt nur die Sichter, die den Spielinhalt präsentieren, ermöglicht den Verwaltungsakt. Damit unterscheidet sich das auch von der FSK, die nämlich als Gutachterstelle an sich anerkannt ist.

Natürlich gibt es da noch das Consultingangebot der USK, das eben informell ist und nichts mit den hoheitlichen Verwaltungsakten zutun hat, also der irreführend "USK-Kennzeichen" oder -Freigaben genannten Dinger. Aber das Consulting basiert ja auf der Spruchpraxis der Gremien.
Andreas29

Re: USK: Haltung gegenüber Nazi-Symbolen in Spielen gelockert

Beitrag von Andreas29 »

Axel hat geschrieben: 5. Jul 2019, 09:35 In Filmen und Serien sind Nazis als Gegner seit Jahrzehnten zu harmlosen Tropes verkommen. Und das kann man durchaus auch kritisch sehen, weil das Naziregime dadurch unbewusst in der Wahrnehmung verharmlost wird.
Darüber, dass es aus Autorensicht ziemlich faul sein kann, sich Nazis als Gegner auszusuchen, brauchen wir uns nicht streiten. Auch darüber, dass das inflationär geschieht. Allerdings kann ich die Verharmlosung nicht erkennen. Nazis werden auch in reinen Unterhaltungsprodukten nie verherrlicht und sind ausschließlich immer die Bösen. Und dabei finde ich die historisch korrekte Darstellung der Symbole sogar unverzichtbar, weil sonst nicht benannt wird, was benannt gehört.
Wenn in Wolfenstein der Faschismus des "Regimes" gezeigt wird und deren Gräueltaten, dann wird das von den realen Nazis abstrahiert.

Mit anderen Worten: Wenn man als Bösewicht ein faschistisches Regime wählt, warum sollte man da keine reale Vorlage nehmen, um die Eindringlichkeit zu steigern? Und die Gewissheit, dass das in echt passiert ist und wieder passieren könnte?

Eine spannendere Debatte, ob man Symbole in Unterhaltungsmedien darstellen darf, finde ich z.B. die Frage, ob man Nazis darstellen darf, ohne den Holocaust zu zeigen. Das gilt dann allerdings für ALLE Medien.

Ich weiß, dass Deine Ablehnung und auch die der Gewerkschaften in guter Absicht und aus Sorge um unsere Gesellschaft geschieht. Aber manchmal ist gut gemeint eben nicht gut gemacht.
Benutzeravatar
Andre Peschke
Beiträge: 9847
Registriert: 9. Jan 2016, 16:16
Kontaktdaten:

Re: USK: Haltung gegenüber Nazi-Symbolen in Spielen gelockert

Beitrag von Andre Peschke »

Axel hat geschrieben: 5. Jul 2019, 10:35 Da wäre ich garnicht so sicher. Gerade durch die Verharmlosung als narrativen Trope kann die heutige Wahrnehmung des Naziregimes sich komplett verschieben. Wenn der Trope des Bösen zur harmlosen Normalität der Unterhaltung wird, wird dann beispielsweise eine drastischere Darstellung des Holocausts nicht als übertrieben wahrgenommen?
Warum sollte das so sein?

1. Es ist Unterhaltung. Wir alle besitzen die nötige Kompetenz um Unterhaltungsprodukte von der Realität zu unterscheiden.
2. Es löst ja keinen Wandel aus, was Erinnerungskultur in Deutschland angeht (wenn es den gibt, hat es mit Wolfenstein nix zu tun). Wenn jetzt sämtliche andere Erinnerungskultur komplett verdrängt würde, man den Nationalsozialismus aus dem Schulplan streichen würde etc - dann sähe das vielleicht anders aus.
3. Selbst das Medium Computerspiel wird ja nicht von dieser Art Titel dominiert. Bei 7000+ Spiele-Releases pro Jahr, sprechen wir über wie viele? Im AAA-Bereich 1-2, vielleicht. Plus Indie-Sektor... 20? Und darunter auch Titel wie "Trough the Darkest of Times" etc. Und selbst dort werden die Nazis (s.o.) ja nicht glorifiziert - bestenfalls werden die unsäglichsten Verbrechen ausgeklammert oder nicht explizit gezeigt. Letzteres gilt aber ohnehin für fast jede Umsetzung Jenseits von Uwe Boll.

Wäre die Spieleförderung nicht schon wieder halb agesägt, würde ich sogar erwarten, dass deutsche Produktionen sich sehr intensiv mit dem Thema befassen, wie es praktisch jedes andere Medium aus Deutschland ja auch getan hat. Und selbst so stehen die Chancen sehr gut, dass ARTE, SWR & Co. in diese Richtung was anstrengen.

Andre
Benutzeravatar
Axel
Beiträge: 4170
Registriert: 1. Jul 2018, 20:43
Wohnort: Chemnitz & Erzgebirge

Re: USK: Haltung gegenüber Nazi-Symbolen in Spielen gelockert

Beitrag von Axel »

Andre Peschke hat geschrieben: 5. Jul 2019, 16:56 3. Selbst das Medium Computerspiel wird ja nicht von dieser Art Titel dominiert. Bei 7000+ Spiele-Releases pro Jahr, sprechen wir über wie viele? Im AAA-Bereich 1-2, vielleicht. Plus Indie-Sektor... 20?
Meine Sorge ist halt, dass es zu einem Dammbruch kommt. Ja, Wolfenstein ist ein antifaschistischer Over The Top Shooter. Und über Through The Darkest of Times brauchen wir nicht zu reden, deren Macher sind antifaschistisch durch und durch. Meine Befürchtung ist eher, wenn ich an die typischen „Hurra, es ist Krieg!“ Multiplayer-Shooter von EA und Activision denke. Will ich da drin Hakenkreuze, SS Runen, etc. sehen? Was ist mit den ganzen Weltkriegs-Strategiespielen? Ich sehe schon eine Welle an Spielen, welche Hakenkreuze als vermeintliches Schockelement missbrauchen. Allein aus PR Zwecken und um Aufmerksamkeit zu erhaschen. Man stelle sich vor eine Wehrmachtsuniform als Preis in einer Lootbox. Oder das Horst-Wessel-Lied als Hintergrund in einem launigen Multiplayer-Shooter.
Andreas29

Re: USK: Haltung gegenüber Nazi-Symbolen in Spielen gelockert

Beitrag von Andreas29 »

Axel hat geschrieben: 5. Jul 2019, 17:24 Ich sehe schon eine Welle an Spielen, welche Hakenkreuze als vermeintliches Schockelement missbrauchen. Allein aus PR Zwecken und um Aufmerksamkeit zu erhaschen. Man stelle sich vor eine Wehrmachtsuniform als Preis in einer Lootbox. Oder das Horst-Wessel-Lied als Hintergrund in einem launigen Multiplayer-Shooter.
Das fällt dann nicht mehr unter die Sozialadäquanz und wird damit nicht freigegeben. Die USK entscheidet Case by Case. Schon vergessen?
Benutzeravatar
Andre Peschke
Beiträge: 9847
Registriert: 9. Jan 2016, 16:16
Kontaktdaten:

Re: USK: Haltung gegenüber Nazi-Symbolen in Spielen gelockert

Beitrag von Andre Peschke »

Axel hat geschrieben: 5. Jul 2019, 17:24 Allein aus PR Zwecken und um Aufmerksamkeit zu erhaschen. Man stelle sich vor eine Wehrmachtsuniform als Preis in einer Lootbox. Oder das Horst-Wessel-Lied als Hintergrund in einem launigen Multiplayer-Shooter.
Naja, das ist für mich halt als würdest du dir nen Bunker im Garten bauen, falls bei dir ums Eck das Kernkraftwerk explodiert. Nicht unmöglich, aber doch so unwahrscheinlich (das es passiert und noch mehr, dass es die USK alles durchwinkt), dass man seine Energie für andere Bedenken aufsparen sollte.

Andre
Rigolax
Beiträge: 2188
Registriert: 20. Feb 2018, 15:53

Re: USK: Haltung gegenüber Nazi-Symbolen in Spielen gelockert

Beitrag von Rigolax »

Müsste es diesen Dammbruch in anderen (westlichen) Ländern nicht dann schon gegeben haben, in denen liberaler mit Nazi-Symbolen umgegangen wird? Oder sind dann vielleicht deutsche Staatsbürger gefährdeter? Hat das deutsche de facto Pauschalverbot die Schleusen global geschlossen gehalten? Nicht falsch verstehen: Dass das Thema hierzulande sensibel ist, finde ich sogar sehr gut.

Aber so platt das klingt, es sind auch nur Symbole. Das Hakenkreuz ist ein uraltes Symbol das auf ein paar Strichen basiert, die überall aus Versehen auftauchen (siehe /r/accidentialswastika als anekdotische Quelle). Mir ist klar, dass es schwer zu ertragen sein mag, visuelle Gewalt darstellt, aber zum gewissen Grad muss man das eben aushalten, unsere Verfassung hält das auch aus. Ich glaub halt nichtmal, dass sich wirklich etwas zum Negativen ändern würde, schaffte man das Verbot komplett ab, aber ich werde das bestimmt auch nicht behaupten.

Zu "Wehrmachtsuniform als Preis in einer Lootbox": Gab's nicht eh mal in einem F2P-Game der Battlefield-Reihe Skins, die aussahen wie SS-Mäntel? Ich mein, sowas passiert eh schon, dann nur mit Ersatzsymbolen, die nicht strafrechtlich relevant sind.
Zuletzt geändert von Rigolax am 5. Jul 2019, 18:35, insgesamt 1-mal geändert.
Benutzeravatar
Dr. Zoidberg [np]
Cronjob of Justice
Beiträge: 3889
Registriert: 7. Jul 2016, 23:28
Kontaktdaten:

Re: USK: Haltung gegenüber Nazi-Symbolen in Spielen gelockert

Beitrag von Dr. Zoidberg [np] »

Axel hat geschrieben: 5. Jul 2019, 17:24Meine Sorge ist halt, dass es zu einem Dammbruch kommt.
Deutschland mag zwar ein wichtiger Markt für Videospiele sein, er wird aber sicherlich nicht die Revelanz haben, dass es jetzt plötzlich zu einem Dammbruch kommt, was Hakenkreuze angeht, weshalb
Rigolax hat geschrieben: 5. Jul 2019, 18:02 Müsste es diesen Dammbruch in anderen (westlichen) Ländern nicht dann schon gegeben haben, in denen liberaler mit Nazi-Symbolen umgeangen wird?
gilt.
"I'm still tired from all the crossfit this morning" - "It's pronounced croissant and you ate 4 of them"
Rince81
Beiträge: 8762
Registriert: 21. Dez 2015, 04:30

Re: USK: Haltung gegenüber Nazi-Symbolen in Spielen gelockert

Beitrag von Rince81 »

Axel hat geschrieben: 5. Jul 2019, 17:24 Oder das Horst-Wessel-Lied als Hintergrund in einem launigen Multiplayer-Shooter.
In etwa so?
https://www.youtube.com/watch?v=YQIVyrYKDnU

Haben wir alles schon gehabt - und Call of Duty ist nun nicht gerade Nische. Ok. ist nicht das Horst-Wessel Lied. Aber ne Hitler-Rede in Kombination mit dem Königsgrätzer Marsch bei einen "Deutschen Sieg" reichen imho völlig... Wobei hier dann das Gegenteil passiert - es wird verharmlost was das Zeug hergibt. Der Spieler spielt natürlich keinen Nazi - sondern ein Mitglied der Wehrmacht. Das waren ja bekanntlich die Guten.
Das Problem sind nicht die Symbole, sondern die Tendenz vieler Spiele - gerade aus dem Bereich der Multiplayershooter und Strategiespiele das Dritte Reich eben nur als eine weitere Verfügbare Partei oder Fraktion zu sehen und dabei konsequent alle Gräuel und Verbrechen auszublenden.
Die "Gesendet von meinem HTC11 Life mit Tapatalk"-Signatur
Benutzeravatar
Axel
Beiträge: 4170
Registriert: 1. Jul 2018, 20:43
Wohnort: Chemnitz & Erzgebirge

Re: USK: Haltung gegenüber Nazi-Symbolen in Spielen gelockert

Beitrag von Axel »

Na dann bin ich ja mal auf die folgenden Call of Dutys gespannt. Ob es da Nazis geben wird, wie sie präsentiert werden. Ob die USK das absegnet. Und ganz wichtig: Welche Blüten das auf Streaming-Plattformen treiben wird. Ist das so undenkbar, dass Neonazis dann so ein Multiplayer-Spiel zur eigenen Propaganda benutzen? Passiert bestimmt auch heute schon, oder?
Benutzeravatar
Schlagerfreund
Beiträge: 1015
Registriert: 1. Feb 2019, 16:06
Wohnort: Ruhrpott

Re: USK: Haltung gegenüber Nazi-Symbolen in Spielen gelockert

Beitrag von Schlagerfreund »

Axel hat geschrieben: 5. Jul 2019, 20:38 Na dann bin ich ja mal auf die folgenden Call of Dutys gespannt. Ob es da Nazis geben wird, wie sie präsentiert werden. Ob die USK das absegnet. Und ganz wichtig: Welche Blüten das auf Streaming-Plattformen treiben wird. Ist das so undenkbar, dass Neonazis dann so ein Multiplayer-Spiel zur eigenen Propaganda benutzen? Passiert bestimmt auch heute schon, oder?
Ich glaube so schnell kommt erstmal kein CoD WW2 mehr. Ist relativ gefloppt.

Nazis nutzen Spiele mit solchen Szenarien nicht erst "seit heute" das machen sie eigentlich schon immer. Das gibt es schon seit locker 18 Jahren.
Antworten