USK: Haltung gegenüber Nazi-Symbolen in Spielen gelockert

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Tagro
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Re: USK: Haltung gegenüber Nazi-Symbolen in Spielen gelockert

Beitrag von Tagro »

Mh... wirklich ein schwieriges Thema.
Mein erster Impuls ist dort sehr nah an dem von Axel. Die Gräueltaten der Nazis im zweiten Weltkrieg dürfen und sollten nicht als „seichte Unterhaltung“ für zwischendurch dargestellt werden.
Doch beim genaueren Nachdenken bin ich mir nicht mehr sicher ob der Grundsatz selbst richtig ist.

Gehen wir mal davon aus, das Computerspiele mit anderen Medien wie Film und Text in einen künstlerischen Bereich fallen. So sollte man diesen auch das Recht eingestehen als Kunstwerk die Sozialadäquanzklausel anzuwenden.

Denken wir uns wirklich als Alternative mal diese Regel weg. Das es wirklich ein strickte Verbot für Kunst in allen Medien geben würde. Das auf alle Kunstformen die Sozialadäquanzklausel nicht angewendet werden darf.
Das wir wirklich das NS-Regime mit seinen Symbolik aus allen Medien herausstreichen oder filtern würden.
Wo wäre dann noch Kontakt zu den Schrecken der Vergangenheit?
Wenn man die Schule lange hinter sich gelassen hat hier wäre die Sozialadäquanzklausel erlaubt wegen Aufklärung in der Bildung und wir auch noch die Kunst ausklammern, wird es schnell sehr eng wo man noch mit dieser Vergangenheit konfrontiert werden können, wenn wir nicht selbst aktiv nach dieser Konfrontation suchen würden.
Wäre dies nicht eine schlimmere Alternative?

Vielleicht ist es wirklich wichtig, dass uns die Kunst immer wieder "vorspielt" das Nazis die Bösen sind, auch wenn es zu einem gewissen Abnutzungseffekt kommt.
Eine Alternative könnte nämlich sein das ein heute Mitte 30er sagt. "Nazis? Habe ich mal vor über 20 Jahren in der Schule was von gehört. Warum waren die noch mal die Bösen? Haben die was schlimmes gemacht?"
Wie schnell könnte es wirklich zu einem gesellschaftlichen „vergessen“ kommen wenn die Kunst nicht als ständiger Erinnerer in uns festhält. „Nazis sind böse.“
Selbst wenn das einzelne Kunstwerk dabei nicht immer die Gesamtheit der Naziverbrechen erfasst.

Bedenkt man nun, das in unsere wirklichen Realität jüngere Generationen immer mehr von den alten Kunstformen wie Film und Text zu Computerspiel als neue Kunstform abwandern, sollte diese neue Kunstform vielleicht auch diese Aufgabe der alten Kunstform übernehmen.
Sieht die neue Generation in ihrer gewählten Kunstform nur undefinierten böse Gegner, weil wir die Verknüpfung zur Realität herausschneiden, wie soll sich dann die Verknüpfung festigen, dass es die realen Nazis wirklich böse waren?

Ich halte es also für extremst wichtig das in jeder Kunstform, auch dem Computerspiel, eine Verknüpfung in die Vergangenheit hergestellt werden kann und dies auch explizit zu den realen Vorlagen der damaligen Zeit.
Diese Verknüpfung muss dann auch für jeden verständlich sein. So das auch jemand mit keinem oder verblassenden Vorwissen diese Mahnung und Wahrung verstehen kann.

Sicherlich wird es auch einzelne Kunstwerke geben die diese Aufgabe nicht so gut oder gar schlecht erfüllen, doch deshalb sollte man nicht gleich ein ganze Kunstform von einer solchen Aufgabe ausschließen.
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Dr. Zoidberg [np]
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Re: USK: Haltung gegenüber Nazi-Symbolen in Spielen gelockert

Beitrag von Dr. Zoidberg [np] »

Axel hat geschrieben: 5. Jul 2019, 20:38 Na dann bin ich ja mal auf die folgenden Call of Dutys gespannt. Ob es da Nazis geben wird, wie sie präsentiert werden. Ob die USK das absegnet. Und ganz wichtig: Welche Blüten das auf Streaming-Plattformen treiben wird. Ist das so undenkbar, dass Neonazis dann so ein Multiplayer-Spiel zur eigenen Propaganda benutzen? Passiert bestimmt auch heute schon, oder?
Ja, tut es. Habe das letztes Jahr bei Battalion 1944 erlebt.
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Kesselflicken
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Re: USK: Haltung gegenüber Nazi-Symbolen in Spielen gelockert

Beitrag von Kesselflicken »

Was ich mich schon einige Tage lang frage ist, was verdi und DGB mit dieser Pressemitteilung bezwecken wollen. Ist es nicht ihr hauptsächliches Anliegen gute Tarifverträge und gute Arbeitsbedingungen für Arbeitnehmer auszuhandeln? Ihre Ansichten zu Kunst oder Unterhaltungsprodukten sind doch da erstmal relativ egal. I dont get it. :think:

Bei mir auf der Arbeit gab es letztens eine kleine Verdi-Infoveranstaltung in der Mittagspause. (Gratis Bratwurst wenn man sich in eine Liste eingetragen hat :ugly: ) Ich und ein anderer jüngerer Kollege wurden (zumindest gefühlt) besonders hart umworben beizutreten und die Vorsitzende des Personalrats hat auch nochmal betont wie wichtig ihnen nicht junge Mitglieder seien. Als ich dann diese PM gelesen habe, dämpfte das mein Interesse erstmal wieder sehr... Alleine schon weil da Gesetze freimütig falsch zitiert werden, damit es besser zur eigenen Position passt.
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Schlagerfreund
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Re: USK: Haltung gegenüber Nazi-Symbolen in Spielen gelockert

Beitrag von Schlagerfreund »

Varus hat geschrieben: 6. Jul 2019, 15:35 Was ich mich schon einige Tage lang frage ist, was verdi und DGB mit dieser Pressemitteilung bezwecken wollen. Ist es nicht ihr hauptsächliches Anliegen gute Tarifverträge und gute Arbeitsbedingungen für Arbeitnehmer auszuhandeln? Ihre Ansichten zu Kunst oder Unterhaltungsprodukten sind doch da erstmal relativ egal. I dont get it. :think:

Bei mir auf der Arbeit gab es letztens eine kleine Verdi-Infoveranstaltung in der Mittagspause. (Gratis Bratwurst wenn man sich in eine Liste eingetragen hat :ugly: ) Ich und ein anderer jüngerer Kollege wurden (zumindest gefühlt) besonders hart umworben beizutreten und die Vorsitzende des Personalrats hat auch nochmal betont wie wichtig ihnen nicht junge Mitglieder seien. Als ich dann diese PM gelesen habe, dämpfte das mein Interesse erstmal wieder sehr... Alleine schon weil da Gesetze freimütig falsch zitiert werden, damit es besser zur eigenen Position passt.
Gewerkschaften machen mehr als nur Tarifverträge aushandeln. Verdi hat laut Wikipedia folgende Fachbereiche:
Finanzdienstleistungen
Ver- und Entsorgung
Gesundheit, soziale Dienste, Wohlfahrt und Kirchen
Sozialversicherung
Bildung, Wissenschaft und Forschung
Bund und Länder
Gemeinden
Medien, Kunst und Industrie (einschließlich Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union, Verband deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller und Internationale Artisten-Loge)
Telekommunikation, Informationstechnologie, Datenverarbeitung
Postdienste, Speditionen und Logistik
Verkehr
Handel
Besondere Dienstleistungen
Ansonsten besteht halt Meinungsfreiheit. Der Verband der Bäcker darf sich auch zu diesem Thema äußern, egal ob du oder ich das für sinnvoll halten.
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Kesselflicken
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Re: USK: Haltung gegenüber Nazi-Symbolen in Spielen gelockert

Beitrag von Kesselflicken »

Schlagerfreund hat geschrieben: 6. Jul 2019, 15:46 Ansonsten besteht halt Meinungsfreiheit. Der Verband der Bäcker darf sich auch zu diesem Thema äußern, egal ob du oder ich das für sinnvoll halten.
Das sie sich äußern können wie sie wollen, will ich ihnen auch gar nicht abreden. Zeugt aber nicht von einer cleveren Öffentlichkeitsarbeit. Der Bäcker kann auch gerne den Klimawandel oder den Holocaust leugnen, darf sich dann aber nicht wundern wenn ihm die Kunden wegbleiben. Die Aufgabe der PR ist aber eher dafür zu sorgen, ein positives Bild der eigenen Organisation in der Öffentlichkeit zu zeichnen.
Will man sich damit vielleicht möglichst anti-faschistisch generieren? Eine weitere Erklärung wäre noch, dass die PR sich nicht gegen einen Vorstand durchsetzen konnte, der seine persönliche Meinung rausposaunen möchte. Wieder ein Zeichen für schwache Öffentlichkeitsarbeit.

Und klar machen Gewerkschaften mehr als Tarifverträge aushandeln, aber mir fallen trotzdem keine Aufgaben von Ihnen ein wo es von Vorteil wäre, dass alle Wissen, dass Sie Hakenkreuze in Spielen doof finden. (By the way: wenn man auf der Startseite von verdi nach "Tarif" sucht hat man direkt 40 Treffer :ugly: ). Die Fachbereiche beziehen sich soweit ich das verstehe auf die Branchen der Mitglieder/Arbeitnehmer, nicht auf die Aufgaben.
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Schlagerfreund
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Re: USK: Haltung gegenüber Nazi-Symbolen in Spielen gelockert

Beitrag von Schlagerfreund »

Varus hat geschrieben: 6. Jul 2019, 16:29
Schlagerfreund hat geschrieben: 6. Jul 2019, 15:46 Ansonsten besteht halt Meinungsfreiheit. Der Verband der Bäcker darf sich auch zu diesem Thema äußern, egal ob du oder ich das für sinnvoll halten.
Das sie sich äußern können wie sie wollen, will ich ihnen auch gar nicht abreden. Zeugt aber nicht von einer cleveren Öffentlichkeitsarbeit. Der Bäcker kann auch gerne den Klimawandel oder den Holocaust leugnen, darf sich dann aber nicht wundern wenn ihm die Kunden wegbleiben. Die Aufgabe der PR ist aber eher dafür zu sorgen, ein positives Bild der eigenen Organisation in der Öffentlichkeit zu zeichnen.
Will man sich damit vielleicht möglichst anti-faschistisch generieren? Eine weitere Erklärung wäre noch, dass die PR sich nicht gegen einen Vorstand durchsetzen konnte, der seine persönliche Meinung rausposaunen möchte. Wieder ein Zeichen für schwache Öffentlichkeitsarbeit.

Und klar machen Gewerkschaften mehr als Tarifverträge aushandeln, aber mir fallen trotzdem keine Aufgaben von Ihnen ein wo es von Vorteil wäre, dass alle Wissen, dass Sie Hakenkreuze in Spielen doof finden. (By the way: wenn man auf der Startseite von verdi nach "Tarif" sucht hat man direkt 40 Treffer :ugly: ). Die Fachbereiche beziehen sich soweit ich das verstehe auf die Branchen der Mitglieder/Arbeitnehmer, nicht auf die Aufgaben.
Verdi ist eine sehr große Organisation und auch wenn Gewerkschaften meiner Meinung nach sehr viel an Macht verloren haben, so sind Gewerkschaften auch für die Gesellschaft wichtig und ich denke das ist auch das Selbstverständnis das Verdi hat. In diversen Kreisen von Verdi ist man halt auch noch ziemlich konservativ was Medien angeht. Videospiele sind sowieso grober Unfug und keine Kunstform und da ist dann oft jede Gelegenheit die sich zum einprügeln bietet eine gute Gelegenheit.
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Axel
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Re: USK: Haltung gegenüber Nazi-Symbolen in Spielen gelockert

Beitrag von Axel »

Varus hat geschrieben: 6. Jul 2019, 15:35 Was ich mich schon einige Tage lang frage ist, was verdi und DGB mit dieser Pressemitteilung bezwecken wollen. Ist es nicht ihr hauptsächliches Anliegen gute Tarifverträge und gute Arbeitsbedingungen für Arbeitnehmer auszuhandeln? Ihre Ansichten zu Kunst oder Unterhaltungsprodukten sind doch da erstmal relativ egal. I dont get it. :think:
Wie wurden Gewerkschaften, Gewerkschafter und deren Unterstützer damals in der Nazidiktatur wohl behandelt? Ich hoffe inständig, dass Du von selbst drauf kommst. Und dann sollte Dir auch klar sein, warum einer Gewerkschaft das eben nicht egal sein kann, wenn die Gefahr besteht, dass durch Games sich die deutsche Gesellschaft immer mehr an faschistische Bildsprache gewöhnen könnte.
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Re: USK: Haltung gegenüber Nazi-Symbolen in Spielen gelockert

Beitrag von Kesselflicken »

Axel hat geschrieben: 6. Jul 2019, 17:19 Wie wurden Gewerkschaften, Gewerkschafter und deren Unterstützer damals in der Nazidiktatur wohl behandelt? Ich hoffe inständig, dass Du von selbst drauf kommst. Und dann sollte Dir auch klar sein, warum einer Gewerkschaft das eben nicht egal sein kann, wenn die Gefahr besteht, dass durch Games sich die deutsche Gesellschaft immer mehr an faschistische Bildsprache gewöhnen könnte.
Aber unsere Vergangenheit vergessen ist in Ordnung oder was? Hier im Thread wurde das ganze schon zu Genüge diskutiert. Ich persönlich finde die Unterstellung, ein Wolfenstein könnte den Nationsalsozialismus verherrlichen so weit weg von jeder Realität, dass ich darüber nicht mehr reden mag. Mit diesem "Gewöhnungseffekt" könnte man auch genauso gut gegen Aufklärung diesbezüglich im Geschichtsunterricht oder andere Erinnerungsstätten argumentieren. Halte ich für genauso abenteurlich.

Und selbst wenn sich diese Pressemitteilung gegen den Multiplayer-Shooter "German Reign: Nazis save the World" richten würde, fände ich diesen Duktus immer noch kritisierenswert. Gesetzestexte falsch wiederzugeben, damit sie zu der eigenen Position passen ist unterste Schublade. (Bin da aber vermutlich auch Vorbelastet wegen meinem persönlichen Berufsethos) Wenn sowas lange genug toleriert wird befinden wir uns auf den besten Weg hin zurück zum Willkürstaat und wie waren unsere Erfahrungen damit in der Vergangenheit? Ich hoffe inständig, dass Du von selbst drauf kommst. ;)
Schlagerfreund hat geschrieben: 6. Jul 2019, 17:14 Videospiele sind sowieso grober Unfug und keine Kunstform und da ist dann oft jede Gelegenheit die sich zum einprügeln bietet eine gute Gelegenheit.
Wäre auch meine Befürchtung. Fände es aber traurig, wenn sich Verdi/der DGB ohne Not auf das Niveau des DFB herablassen. Wobei ich beim DFB wieder die Logik nachvollziehen kann: Wir brauchen Nachwuchs-Fußballer --> E-Sport/Spiele könnten Kinder vom Fußballplatz weglocken --> Wir mögen keine Games.
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Schlagerfreund
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Re: USK: Haltung gegenüber Nazi-Symbolen in Spielen gelockert

Beitrag von Schlagerfreund »

@Varus es ging nicht darum das Wolfenstein das verherrlichen würde. Alex hat erklärt warum gerade Gewerkschaften historische Gründe haben sich zu solchen Themen zu äußern.
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Axel
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Re: USK: Haltung gegenüber Nazi-Symbolen in Spielen gelockert

Beitrag von Axel »

Wo habe ich denn geschrieben, dass Wolfenstein die Nazizeit verherrlichen würde? Oder der DGB? Oder Verdi? Das hat niemand geschrieben. In der Kritik geht es vor allem um die Gewöhnung von Bildsprachen und Symbolen. Und somit um die Sorge, dass die Erinnerungskultur von den Nazis der AfD noch viel leichter als „Blödsinn“ torpediert wird. Nämlich dann, wenn in der Gesellschaft eine Gewöhnung daran stattfindet. Nein, daran ist jetzt nicht Wolfenstein speziell schuld, das sagt auch niemand. Aber: Wenn man vermehrt und immer wieder Hakenkreuze, SS-Runen usw. ohne Einordnung in der Unterhaltung gezeigt bekommt, KANN das zu einer gesellschaftlichen Gewöhnung führen. DAS ist die Kritik. Und nichts anderes.

Man kann natürlich aber auch übertreiben und anderen Diskussionsteilnehmern Worte in den Mund legen. Zeugt halt nur nicht von ner offenen Diskussionskultur. Und wenn Gewerkschaften das kritisieren, dann geht es ihnen nicht darum Games als solches als böse darzustellen. Das ist wieder so eine unfaire Verkürzung.
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Re: USK: Haltung gegenüber Nazi-Symbolen in Spielen gelockert

Beitrag von Heretic »

Axel hat geschrieben: 7. Jul 2019, 11:08 In der Kritik geht es vor allem um die Gewöhnung von Bildsprachen und Symbolen. Und somit um die Sorge, dass die Erinnerungskultur von den Nazis der AfD noch viel leichter als „Blödsinn“ torpediert wird. Nämlich dann, wenn in der Gesellschaft eine Gewöhnung daran stattfindet. Nein, daran ist jetzt nicht Wolfenstein speziell schuld, das sagt auch niemand. Aber: Wenn man vermehrt und immer wieder Hakenkreuze, SS-Runen usw. ohne Einordnung in der Unterhaltung gezeigt bekommt, KANN das zu einer gesellschaftlichen Gewöhnung führen. DAS ist die Kritik. Und nichts anderes.
Im Medium Film bekommt man seit Jahrzehnten regelmäßig NS-Symbolik gezeigt, ganz unabhängig vom Genre. Und ich wage zu behaupten, dass die Gruppe der Film- und Seriengucker (noch) weitaus größer ist als die der Computerspieler. Ich glaube nicht, dass dadurch ein Gewöhnungseffekt eingetreten ist, auch wenn ich das natürlich nicht beweisen kann. Die momentan beobachtbare Tendenz zu rechtem Gedankengut dürfte größtenteils andere Gründe haben.
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Re: USK: Haltung gegenüber Nazi-Symbolen in Spielen gelockert

Beitrag von Stuttgarter »

Varus hat geschrieben: 7. Jul 2019, 10:39
Aber unsere Vergangenheit vergessen ist in Ordnung oder was? Hier im Thread wurde das ganze schon zu Genüge diskutiert. Ich persönlich finde die Unterstellung, ein Wolfenstein könnte den Nationsalsozialismus verherrlichen so weit weg von jeder Realität, dass ich darüber nicht mehr reden mag. Mit diesem "Gewöhnungseffekt" könnte man auch genauso gut gegen Aufklärung diesbezüglich im Geschichtsunterricht oder andere Erinnerungsstätten argumentieren. Halte ich für genauso abenteurlich.
Nur mal kurzer Einwurf dazu aus eigener Lebenserfahrung: In meiner Gymnasialzeit (1990 - 1999) wurde das Thema "Drittes Reich"/"Holocaust" derart inflationär behandelt (pro Klassenstufe mindestens einmal - im Religionsunterricht, im Deutschunterricht), dass zu dem Zeitpunkt, als es in der zehnten regulär im Lehrplan für Geschichte auftauchte, es keiner mehr hören konnte. Ich hab mir damals mehr als einmal die Frage gestellt, ob man sich auf die Art nicht auch Antisemiten ranzüchten kann.

Insofern: Auch, was den schulischen Umgang mit diesem Thema angeht, kann bzw. muss man sehr sensibel betrachten, wieviel notwendig, wieviel sinnvoll und wieviel zuviel ist. Auch wäre hinterfragenswert, ob Guido Knopp und Co. wirklich jeden Quadratzentimeter "Drittes Reich" derart gründlich auswalzen mussten wie sie es getan haben. Von den ganzen SPIEGEL-Hitler-Titelbildern gar nicht erst zu reden.

Also - doch. "Gewöhnung" ist ein Aspekt, der auf jeden Fall diskutiert werden sollte. Beim Thema "Unterricht", beim Thema "seriöser Umgang der Medien damit" - aber auch bei Filmen (in vermutlich 50 % der Filme, in denen Nazis vorkommen, wären auch andere Gegner möglich - wie im Podcast schon häufiger dargelegt wurde, sind Nazis ja nur halt die "einfachen", bequemen Bösen, die man nicht aufbauen und erklären muss) und Spielen.
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Axel
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Re: USK: Haltung gegenüber Nazi-Symbolen in Spielen gelockert

Beitrag von Axel »

Stuttgarter hat geschrieben: 7. Jul 2019, 14:13 Nur mal kurzer Einwurf dazu aus eigener Lebenserfahrung: In meiner Gymnasialzeit (1990 - 1999) wurde das Thema "Drittes Reich"/"Holocaust" derart inflationär behandelt (pro Klassenstufe mindestens einmal - im Religionsunterricht, im Deutschunterricht), dass zu dem Zeitpunkt, als es in der zehnten regulär im Lehrplan für Geschichte auftauchte, es keiner mehr hören konnte. Ich hab mir damals mehr als einmal die Frage gestellt, ob man sich auf die Art nicht auch Antisemiten ranzüchten kann.
Oh ja, das kenn ich auch noch! Wobei ich nie Gymnasium gemacht habe, sondern halt nur Hauptschule. Aber auch da: Die letzten drei Jahre kam das Thema so inflationär dran, dass es echt anstrengend wurde. Und immer wieder nur der historische Nationalsozialismus, ohne Bezugspunkte zur Gegenwart zu setzen. Das heißt, seitens Lehrer und Lehrplan wurde der Nationalsozialismus immer als etwas behandelt, was es schon lange nicht mehr gibt und was sich bitte nie wiederholen sollte. Erst als wir dann im letzten Jahr das KZ Buchenwald besucht haben, gab es mal andere Töne. Nicht nur, dass es natürlich ein anderes Gefühl ist dort zu stehen, die ganzen alten Anlagen zu besichtigen, die Ausstellungen von Gedichten der Häftlinge, etc. - In der Führung wurden auch immer wieder Bezugspunkte zum aktuellen Nationalsozialismus gezogen. Was dann natürlich auch im Nachhinein Fragen aufwarf, die unsere Lehrer nicht beantworten konnten. Oder wollten. Und da habe ich mir auch häufiger gedacht, ob man sich so nicht auch Antisemiten ranzüchtet, wenn man jeglichen aktuellen Bezug aus dem Weg geht. Aber, wir sind ja in Sachsen. Bis heute gibt es hier kaum Aufmerksamkeit für das Thema. Ohne scheiß, als der Medientross hier aus Chemnitz wieder verschwunden ist, gab es im Rathaus nicht wenige Mitarbeiter (auch Stadträte der SPD), die das alles nur als Kampagne gegen Chemnitz deklariert haben. Da fällt einem auch nix mehr zu ein. Irgendwann wird man als Antifaschist in dem Bundesland hier nur noch resigniert.
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Re: USK: Haltung gegenüber Nazi-Symbolen in Spielen gelockert

Beitrag von VikingBK1981 »

Kann euch da nur zustimmen. Geschichtsunterricht in Deutschland heißt eigentlich nur 3. Reich. Der Weg zum 3. Reich wäre jedoch sehr viel wichtiger denke ich, gerade heute!

Das nun NS-Symbole in Spielen gezeigt werden stört mich nicht. In Filmen ist es lange schon so, und dort nicht nur in Dokumentationen. Wenn Spiele irgendwann wirklich auf der gleichen Ebene wie Filme stehen wollen ist dies längst überfällig.
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Schlagerfreund
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Re: USK: Haltung gegenüber Nazi-Symbolen in Spielen gelockert

Beitrag von Schlagerfreund »

VikingBK1981 hat geschrieben: 7. Jul 2019, 20:13 Kann euch da nur zustimmen. Geschichtsunterricht in Deutschland heißt eigentlich nur 3. Reich. Der Weg zum 3. Reich wäre jedoch sehr viel wichtiger denke ich, gerade heute!

Das nun NS-Symbole in Spielen gezeigt werden stört mich nicht. In Filmen ist es lange schon so, und dort nicht nur in Dokumentationen. Wenn Spiele irgendwann wirklich auf der gleichen Ebene wie Filme stehen wollen ist dies längst überfällig.

Das wurde hier so nicht gesagt.

Es wurde kritisiert das kein Bezug zur Gegenwart hergestellt worden ist. Gerade was das 3. Reich angeht fängt jeder Lehrplan mit dem 1.WK und der Weimarer Republik an. Es mangelt gewiss nicht an Unterricht der sich darauf bezieht was davor passiert ist. Die Kritik von Alex ist in dem Fall stimmiger. es wurde/wird meistens so unterrichtet das man kaum Lehren aus der Vergangenheit ziehen muss/sollte. Da gibt es im besten Fall in Fächern wie Politik und Sozialkunde kleine Berührungspunkte zur Realität. In Geschichte wird bis heute nicht gelehrt wo z.B. Entnazifizierung gescheitert ist und wie sich Deutschland nach dem 3. Reich unter diesem Fokus entwickelt hat.

Da läuft es eher nach der Linie:

1. Drittes Reich.
2. Wirtschaftswunder
3. Gegenwart
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Re: USK: Haltung gegenüber Nazi-Symbolen in Spielen gelockert

Beitrag von Stuttgarter »

Und ich hab nicht den Geschichtsunterricht kritisiert - sondern den "Holocaust-Overkill", der drumrum stattgefunden hat. Was damals echt auch perverse Auswüchse hatte - sobald irgendwo im Lehrplan das Wort "Judentum" (!) aufgetaucht ist, war jeder Lehrer sofort mit Hakenkreuzflagge unterwegs. Jüdische Kultur, jüdische Kunst, jüdische Geschichte der letzten 5000 Jahre, das Leben in Israel heute - nix davon hab ich in der Schule gelernt. Aber jedes Jahr einmal, wie Hitler die Macht übernommen hat.

"Judentum im Lehrplan" -> "Machergreifung im Klassenzimmer". Zynisch gesehen fragt man sich da schon, wer eigentlich den Krieg gewonnen hat. :ugly:
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Axel
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Re: USK: Haltung gegenüber Nazi-Symbolen in Spielen gelockert

Beitrag von Axel »

Selbst damals in der 7. Klasse im Deutschunterricht als Nathan der Weise dran war, haben wir gefühlt mehr über Hitler und Nazideutschland gesprochen. Glaubt man nicht...
Also auch bei uns in der Schule hat man das Thema sowas von ausgeschlachtet, dass man es irgendwann echt leid hatte. Und es war auch gerade auf dem Höhepunkt von Guido Knopp, als gefühlt die Hälfte des ZDF Programms mit Hitler zugekleistert war. Da machst Du selbst als Interessierter irgendwann dicht. Und es hat dadurch definitiv eine Gewöhnung stattgefunden, statt echte Aufklärung. Auch bei mir.
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Re: USK: Haltung gegenüber Nazi-Symbolen in Spielen gelockert

Beitrag von Stuttgarter »

Axel hat geschrieben: 7. Jul 2019, 21:15 Selbst damals in der 7. Klasse im Deutschunterricht als Nathan der Weise dran war, haben wir gefühlt mehr über Hitler und Nazideutschland gesprochen.
Danke - perfektes Beispiel.
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Re: USK: Haltung gegenüber Nazi-Symbolen in Spielen gelockert

Beitrag von Rigolax »

Ein aktuelles Video von Extra Credits ist zu dem Thema übrigens interessant: https://www.youtube.com/watch?v=UCj8llyzfWo ("Stop Normalizing Nazis - Socially Conscious Game Design").

Das Upvote-Downvote-Verhältnis unter 1:10 zeigt meines Erachtens schon sehr gut, wie abgehoben diese Ideen für viele eigentlich sind. Die Argumentation erinnert mich auch etwas an mediale Gewaltkritiker, die Angst, dass Konsumenten Amok laufen oder abstumpfen, ist nun, dass sie für faschistische Ideen empfänglich werden.

Oft geht es eh bei dem Thema eigentlich imho ja um den eigenen Geschmack , genauso wie mit der oft kritisierten "faschistischen Bildsprache", die man aber natürlich persönlich gerne ablehnen kann. Die "Gefahr" wird überhöht zwecks besserer Argumentationsposition. Aber ich gebe zu, ich mag viele solcher 2WK-Spiele auch nicht und finde die fragwürdig, d. h. zu hinterfragen. Eine Debatte über die und NS-Symbole in denen sollte schon geführt werden, wenn es eben sachlich ist. (In dem Sinne hat sich der DGB wohl auch ins Knie geschossen, denn ich sehe fast keine mediale Reproduktion ihres Anliegens, vermutlich auch, weil es so unsachlich und undifferenziert war. Insgesamt eigentlich schade.)

Übrigens ist "Drittes Reich" ein ziemlicher Propagandabegriff, der sich derart eingebürgert hat, dass er selbst in Medien oft undistanziert benutzt wird, zum Thema (Gefahr der) Gewöhnung. Kurios auch im Video ab 1:45 "these symbols become things that no longer inherently revolt us" und zeigt ein Eisernes Kreuz. Okay, nicht 1:1 ein "Eisernes Kreuz", wie es die Bundeswehr heute nutzt, aber schon nah genug dran. Vielleicht ist das aber auch der Grund für die rechten Tendenzen bei der BW, alle abgestumpft durch zu häufiges ausgesetzt sein mit Nazi-Symbolik. ;)

Zum Thema NS-Übermaß in Schulen wunder ich mich immer, den Eindruck habe ich in meinen 13 Jahren in Niedersachsen nicht bekommen. Aber das mag sich auch regional unterscheiden und ist denkbar subjektiv (vielleicht erinnere ich mich auch nicht mehr richtig). Da könnte man doch bestimmt spannende Studien zu machen.
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Schlagerfreund
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Re: USK: Haltung gegenüber Nazi-Symbolen in Spielen gelockert

Beitrag von Schlagerfreund »

Rigolax hat geschrieben: 8. Jul 2019, 12:39 Ein aktuelles Video von Extra Credits ist zu dem Thema übrigens interessant: https://www.youtube.com/watch?v=UCj8llyzfWo ("Stop Normalizing Nazis - Socially Conscious Game Design").

Das Upvote-Downvote-Verhältnis unter 1:10 zeigt meines Erachtens schon sehr gut, wie abgehoben diese Ideen für viele eigentlich sind. Die Argumentation erinnert mich auch etwas an mediale Gewaltkritiker, die Angst, dass Konsumenten Amok laufen oder abstumpfen, ist nun, dass sie für faschistische Ideen empfänglich werden.

Oft geht es eh bei dem Thema eigentlich imho ja um den eigenen Geschmack , genauso wie mit der oft kritisierten "faschistischen Bildsprache", die man aber natürlich persönlich gerne ablehnen kann. Die "Gefahr" wird überhöht zwecks besserer Argumentationsposition. Aber ich gebe zu, ich mag viele solcher 2WK-Spiele auch nicht und finde die fragwürdig, d. h. zu hinterfragen. Eine Debatte über die und NS-Symbole in denen sollte schon geführt werden, wenn es eben sachlich ist. (In dem Sinne hat sich der DGB wohl auch ins Knie geschossen, denn ich sehe fast keine mediale Reproduktion ihres Anliegens, vermutlich auch, weil es so unsachlich und undifferenziert war. Insgesamt eigentlich schade.)

Übrigens ist "Drittes Reich" ein ziemlicher Propagandabegriff, der sich derart eingebürgert hat, dass er selbst in Medien oft undistanziert benutzt wird, zum Thema (Gefahr der) Gewöhnung. Kurios auch im Video ab 1:45 "these symbols become things that no longer inherently revolt us" und zeigt ein Eisernes Kreuz. Okay, nicht 1:1 ein "Eisernes Kreuz", wie es die Bundeswehr heute nutzt, aber schon nah genug dran. Vielleicht ist das aber auch der Grund für die rechten Tendenzen bei der BW, alle abgestumpft durch zu häufiges ausgesetzt sein mit Nazi-Symbolik. ;)

Zum Thema NS-Übermaß in Schulen wunder ich mich immer, den Eindruck habe ich in meinen 13 Jahren in Niedersachsen nicht bekommen. Aber das mag sich auch regional unterscheiden und ist denkbar subjektiv (vielleicht erinnere ich mich auch nicht mehr richtig). Da könnte man doch bestimmt spannende Studien zu machen.
Das Upvote/Downvote Verhältnis erklärt sich für mich dann doch leicht anders. Auch wenn es meiner Meinung nach besser wird sind viele "Gamer" die am lautesten schreien toxische Incels.
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