Rigolax hat geschrieben: ↑8. Jul 2019, 12:39
Ein aktuelles Video von Extra Credits ist zu dem Thema übrigens interessant:
https://www.youtube.com/watch?v=UCj8llyzfWo ("Stop Normalizing Nazis - Socially Conscious Game Design").
Das Upvote-Downvote-Verhältnis unter 1:10 zeigt meines Erachtens schon sehr gut, wie abgehoben diese Ideen für viele eigentlich sind. Die Argumentation erinnert mich auch etwas an mediale Gewaltkritiker, die Angst, dass Konsumenten Amok laufen oder abstumpfen, ist nun, dass sie für faschistische Ideen empfänglich werden.
Oft geht es eh bei dem Thema eigentlich imho ja um den eigenen Geschmack , genauso wie mit der oft kritisierten "faschistischen Bildsprache", die man aber natürlich persönlich gerne ablehnen kann. Die "Gefahr" wird überhöht zwecks besserer Argumentationsposition. Aber ich gebe zu, ich mag viele solcher 2WK-Spiele auch nicht und finde die fragwürdig, d. h. zu hinterfragen. Eine Debatte über die und NS-Symbole in denen sollte schon geführt werden, wenn es eben sachlich ist. (In dem Sinne hat sich der DGB wohl auch ins Knie geschossen, denn ich sehe fast keine mediale Reproduktion ihres Anliegens, vermutlich auch, weil es so unsachlich und undifferenziert war. Insgesamt eigentlich schade.)
Übrigens ist "Drittes Reich" ein ziemlicher Propagandabegriff, der sich derart eingebürgert hat, dass er selbst in Medien oft undistanziert benutzt wird, zum Thema (Gefahr der) Gewöhnung. Kurios auch im Video ab 1:45 "these symbols become things that no longer inherently revolt us" und zeigt ein Eisernes Kreuz. Okay, nicht 1:1 ein "Eisernes Kreuz", wie es die Bundeswehr heute nutzt, aber schon nah genug dran. Vielleicht ist das aber auch der Grund für die rechten Tendenzen bei der BW, alle abgestumpft durch zu häufiges ausgesetzt sein mit Nazi-Symbolik.
Zum Thema NS-Übermaß in Schulen wunder ich mich immer, den Eindruck habe ich in meinen 13 Jahren in Niedersachsen nicht bekommen. Aber das mag sich auch regional unterscheiden und ist denkbar subjektiv (vielleicht erinnere ich mich auch nicht mehr richtig). Da könnte man doch bestimmt spannende Studien zu machen.
Hach das "tolle" Extra credits Video. Nun dann doch mal an die Kritik des ganzen, denn da gibt es einiges:
Schlagerfreund hat geschrieben: ↑8. Jul 2019, 13:49
Das Upvote/Downvote Verhältnis erklärt sich für mich dann doch leicht anders. Auch wenn es meiner Meinung nach besser wird sind viele "Gamer" die am lautesten schreien toxische Incels.
Ich würde mal sehr stark behaupten, dass solche Like/dislike Verhältnisse man nicht mit: "Das sind nur rechte Idioten." wegreden sollte, denn die kommen im Normalfall nicht auf solch hohe Zahlen, sofern da nicht auch wirklich was Kritisierenswertes dran ist.
Aber zum Video:
Zum einen sollte man da vielleicht auch mal anbringen, dass Extra Credits selbst schon für Spiele Werbung gemacht hat, wie World of Tanks und World of Warships. Da wird mit mit den Symbolen genau so umgegangen. War damals also das Verständnis für die Problematik noch nicht da oder hat das Gewissen da einfach mal einen Schritt nach hinten gemacht, damit der Geldbeutel gefüllt werden kann?
Ebenso haben sie die von ihnen kritisierten Symbole auch schon in Videos genutzt, namentlich das einserne Kreuz und der deutsche Stahlhelm (wie sie auch im Video genannt wurden). Beides übrigens natürlich keine Symbole die direkt für den Nazismus stehen. Die Geschichte des eisernen Kreuzes beginnt weit vor den nazis und wird in ähnlicher Form auch heute noch genutzt und beim Stahlhelm ist die Verbindung zum Nazismus zum einen sehr weit hergeholt und zum anderen ist auch dieser von der Pickelhaube inspiriert, also auch da als Symbol fraglich. In dem fall sollte man wohl einfach mal klar feststellen Kontext macht den Unterschied, denn es ist eben ein Unterschied, ob ich mal für ein paar Runden Battlefield ein eisernes Kreuz sehe oder auf eine Webseite mit ihnen komme, wo dann zur Symbolik auch die entsprechende Ideologie mitgeliefert wird.
Und dann ist die Beispielwahl natürlich sehr fraglich. Wenn ich mich in einem Battlefield 1 darüber aufrege, dass ich in einem offentsichtlich als Multiplayershooter im 2. Weltkrieg beworbenen Spiel die Nazis spielen kann, dann ist das glaube ich ein Empfängerproblem. Denn es sollte jedem klar sein worauf er sich da einlässt und das Spiel bietet ja auch Möglichkeiten das zu umgehen. Teamwechsel oder sollte dies mal wegen Balancing nicht gehen einfach Spiel verlassen sollte es einen stören.
Und beim Thema, dass man doch nicht einfach Leute in die Schuhe einer Ideologie stecken soll, die viele Menschenleben auf dem Gewissen hat wirds halt ganz bizarr. Ich meine können wir gerne machen, dann möchte ich aber auch in jedem Shooter in dem ich ein Ami spiele erstmal lange über die Millionen Menschenleben die Krieg gegen den Terrorismus gekostet hat aufgeklärt werden und natürlich inklusive dem Fakt, dass diese Terroristen die wir da bekämpfen mal von uns finanziert wurden und unsere Verbündeten waren *hust* Bin Laden *hust*. Und dann mit ihren Symbolen muss ja dann auch so verfahren werden, also ab jetzt keine Amerikafahnen mehr. Hurra Ubisoft wird sich freuen.
Auch beim "positiv"-Beispiel Rainbow 6 wird es dann komisch. Mal abgesehen, dass dieses Training mit scharfen Waffen stattfindet und man Leute ja auch in die Terroristenseite steckt, was man eventuell noch mit glaubhafterer Simulation erklären könnte. Aber warum sind diese Terroristen dann genauso gut ausgerüstet und haben Gadgets die (nur) ihrer Seite helfen? Oder aber das die Operator ja auch genau nach Seiten aufgeteilt sind. Warum trainiert dieser Operator die ganze Zeit auf Terroristenseite und wechselt nie? Macht in jedem Fall im Kontext des Antiterrortrainings nicht wirklich Sinn.
Soviel aber zum Video. Persönlich finde ich, dass es richtig ist, dass Spiele jetzt wie jedes andere Medium behandelt werden und das heißt auch, dass sie wie andere Nazis zu Unterhaltung nutzen dürfen. Tut mir Leid aber auch Indiana Jones und Inglorious Bastards hat sich nicht tiefer mit den Nazis beschäftigt und sie einfach nur als böse Bösewichte genutzt, also sollte es in Wolfenstein genauso ok sein. Der Knackpunkt kommt natürlich hier:
Andreas29 hat geschrieben: ↑9. Jul 2019, 00:16
Aber diese Grenze hat die USK doch längst selbst gesetzt, als sie Post Scriptum die Freigabe verweigerte. Es gab doch schon einmal ein Gespräch von Auf ein Bier und dem USK-Chef und da drang durch, dass das Wichtigste eine kohärente Spruchpraxis ist. Und dafür muss man Präzedenzen setzen. Und wenn man das knallhart durchzieht, dass Multiplayer mit verfassungsfeindlichen Symbolen gebannt bleiben und ebenso jegliches Spiel, dass auch nur annähernd als Nazi-Propaganda zu deuten ist, dann hat man doch diese klare Linie. Und die lässt sich auch nicht so einfach verwässern, wie das manche befürchten.
Ich finde man sollte einfach klar machen, dass Hakenkreuze zur Unterhaltung ok sind. Da würde ich einen (bisher hypothetischen) Multiplayer von Battlefield mit Hakenkreuzen mit einschließen, weil es sonst auch sehr komisch wäre. Denn wir erlauben ja schon mit dem aktuellen Battlefield, dass man Nazis spielt, nur eben ohne Hakenkreuz. Analog gibt es ähnliche Beispiele im Brettspiel bereicht (z.b. Axis & Allies). Also wäre die einzig scharfe Trennlinie die man da ziehen könnte die, dass es verboten wird sobald man ein Hakenkreuz sieht. Und da fühle ich mich leider zu stark an die aktuelle Regelung erinnert, was ihre Lächerlichkeit angeht. Nazis sind verboten aber Schmazis sind ok? Also ich habe die Lockerung gegenüber den Nazisymbolen nicht unterstützt, damit wir in der nächsten unsinngen Zwischenlösung landen. Deshalb sofern es sich nicht ganz klar um Propaganda handelt sollte alles andere erlaubt sein.