Stories in Videospielen (usw.) richtig genießen

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Ollivictus
Beiträge: 11
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Stories in Videospielen (usw.) richtig genießen

Beitrag von Ollivictus »

Hallo zusammen,

ich bin erst seit sehr kurzer Zeit Backer und hör mir grade in jeder freien Minute sämtliche Folgen des Podcasts an.
Dabei habe ich schon so Einiges über unser aller liebstes Hobby gelernt und laufe bewusster durch die (virtuelle) Welt.
Doch eine Sache ist mir dabei besonders klar geworden. Einen unglaublich großen Teil des Erlebnisses lasse ich ständig links liegen:
Die Story!

Hier die Kurzfassung:
Ich genieße Videospiele vor allem auf der Ebene der Mechanik (Looten & Leveln). Wie ich mit der Story umzugehen habe weiß ich schlicht nicht, weshalb sie nie einen bleibenden Eindruck hinterlässt. Nun wüsste ich gerne von euch: was kann ich tun, um Geschichten angemessen zu erleben und zu genießen?
Gibt es Techniken, die ich trainieren kann, bzw. Herangehensweisen, die ich mir angewöhnen kann? Was ist eure Erfahrung?

Und jetzt die ausführliche Version:
Mein Verhältnis zu Geschichten ist ein Schwieriges. Ich lese nicht gerne Romane und bei Filmen ohne Action oder Lacher schlafe ich ein oder zücke schnell das Handy, um irgendeinen Blödsinn à la Candy Crush zu spielen. Ich schaffe es nie einzutauchen in die Erzählung.
Bei meiner Freundin ist das anders. Die ist wie weggetreten, wenn sie ein Buch in der Hand hat, braucht nach Beenden des selbigen erstmal 10 Minuten, um das Ganze zu verarbeiten und erzählt von den Charakteren, als wären es gute Freunde.
Sie verarbeitet also die Welt, die Charaktere und das Abenteuer viel intensiver. Und darauf bin ich ein bisschen neidisch.

Nun zu den Videospielen: In meiner Steam-Bibliothek tummeln sich Fallout 3, NV & 4, TES Oblivion & Skyrim, GTA 5, The Witcher 3, Assassin's Creed Origins und vieles mehr. Alles Blockbuster, die in der breiten Masse erfolgreich sind und die alle eine mehr oder weniger vielschichtige Geschichte zu erzählen haben. Doch selbst wenn mein Leben davon abhängen würde könnte ich nicht mehr als 3 Sätze dazu sagen, worum es in der (Haupt-)Story dieser Spiele eigentlich geht. Selbst bei den Nebenmissionen bin ich blank.
Bei den Bethesda Spielen genieße ich die Freiheit der Spielwelt, die vielen kleinen Geheimnisse und Orte, die ich entdecken kann und an denen oft irgendwelcher Loot rumliegt. So ergeben sich insgesamt weit mehr als 1.000 Spielstunden.
GTA 5 war ein spaßiger, abwechslungsreicher Shooter mit einem tollen Sandkasten zum Austoben.
Witcher 3 hatte einfach eine toll inszenierte Spielwelt und ACO war einfach ein schön stupides Abarbeiten von Markierungen im Autopiloten.

Wenn ich nun höre, wie im Podcast über Geschichten in Videospielen gesprochen wird, habe ich das Gefühl, dass es da eine Ebene im Spiel gibt, die ich schlicht und ergreifend nie mitbekomme, die es jedoch wert wäre, sie auch zu erleben.
Natürlich ist es bei diesem interaktiven Medium vollkommen legitim, den Fokus rein auf die Interaktivität zu legen. Allerdings, würde ich gerne, zumindest ab und zu, die Story-Brille aufsetzen können. Und wer weiß, vielleicht wirkt es sich ja auch positiv auf andere Bereiche meines Lebens aus.

Daher die folgenden Fragen an Euch:
Was bedeutet es, eine Geschichte bewusst wahrzunehmen?
Wie schaffe ich es, mich auf die Geschichte zu konzentrieren?
Fallen euch Techniken/Tipps/Hilfsmittel ein, um Geschichten intensiver wahrzunehmen? (Notizen machen, kreatives Schreiben lernen, online Diskussionen führen, etc.)
Welche Spiele böten sich an, um die Ideen mal auszuprobieren?

Und zu Letzt noch Teufels Advokat: Gibt es vielleicht auch einfach bestimmte Charaktereigenschaften, die man braucht, um Geschichten genießen zu können (Empathie, Geduld usw.), die ich vielleicht einfach nicht besitze?

Ich freue mich auf Eure Ideen :D
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Desotho
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Re: Stories in Videospielen (usw.) richtig genießen

Beitrag von Desotho »

Mhm, ich glaube es ist eher ungewöhnlich Geschichten nicht irgendwie genießen zu können. Das scheint sich ja bei Dir auch nicht auf Spiele zu beschränken. Insofern habe ich da kein Patentrezept.
Das Handy wegzulegen wäre aber ein erster Schritt :D
El Psy Kongroo
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Axel
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Re: Stories in Videospielen (usw.) richtig genießen

Beitrag von Axel »

Ollivictus hat geschrieben: 10. Sep 2018, 23:13 Daher die folgenden Fragen an Euch:
Was bedeutet es, eine Geschichte bewusst wahrzunehmen?
Wie schaffe ich es, mich auf die Geschichte zu konzentrieren?
Fallen euch Techniken/Tipps/Hilfsmittel ein, um Geschichten intensiver wahrzunehmen? (Notizen machen, kreatives Schreiben lernen, online Diskussionen führen, etc.)
Welche Spiele böten sich an, um die Ideen mal auszuprobieren?
Aus meiner Sicht: Ich bin ein ausgesprochen großer Liebhaber von guten Geschichten. Jedoch: Die von Dir aufgezählten Blockbuster würde ich auch nicht wegen der Geschichte spielen wollen. Zum einen, weil da zu viel Fluff dazu ist. Wie beispielsweise bei GTA, wo man eigentlich ständig abgelenkt wird. Wie oft kam es bei GTA5 schon vor, dass ich die Story weiter spielen wollte und dann doch wieder nur mit lautem Radio einfach durch die Spielwelt gefahren bin, hier und da mal einen Geldtransporter gesprengt habe, danach Tiere jagen war und dann in den Bergen Rad gefahren bin? Viel zu viel Ablenkung!

Deswegen mein Tipp: Spiele ein stringend storybasiertes Spiel! Eines meiner ersten Erweckungserlebnisse dahingehend war das JRPG Suikoden 2. Es geht grob gesagt um ein zwei Freunde in einem vom Krieg zerfressenen Königreich. Bald führt man in diesem Königreich nicht nur selbst eine Armee an, sondern entfernt sich immer mehr und mehr von dem besten Freund aus Kindheitstagen, bis es zum nötigen Bruch kommt. Es folgen Intrigen, neue Freundschaften sowie eine wendungsreiche Geschichte. Das Spiel ist voller einprägsamer Charaktere, welche die Spielwelt sehr liebenswert machen. Es gibt genug Interaktionsmöglichkeiten, ohne aber den Fokus allzulang von der Geschichte wegzunehmen. Gleichzeitig erschlägt einem das Spiel aber auch nicht mit zig Textboxen, die Dialoge kommen erstaunlich schnell zu Punkt. Es passiert immer was neues, das heißt: Das Spiel fängt nicht an Zeit zu schinden und zu labern.

Nimm Dir einen PS1 Emulator und versuche es mal mit Suikoden 2. :)
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Heretic
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Re: Stories in Videospielen (usw.) richtig genießen

Beitrag von Heretic »

Ich würde zuerst mal versuchen herauszufinden, welche Art von Geschichten dich anspricht. Wenn dich ein Thema wirklich interessiert, sollte es leichter fallen, sich auf die Geschehnisse zu konzentrieren. Ich würde eventuell mal ein paar Kurzgeschichten antesten. Welche Filme sind denn nach deinem Geschmack?

Bei Spielen könntest du direkt auf kalten Action-Entzug gehen und dir eine Walking Sim vornehmen. Die liefern meist die besten Geschichten, ohne dich mit Text zu erschlagen. Sowas wie "Life is Strange" oder Telltales "The Walking Dead" beispielsweise. Wenn du es gleich etwas anspruchsvoller und verschwurbelter haben möchtest: "Dear Esther". Oder du probierst erstmal Marie's Room durchzuspielen. Das dauert nichtmal 'ne Stunde und ist kostenlos.

Und wie bereits geraten: Smartphone weglegen ist Pflicht! :D
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Nachtfischer
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Re: Stories in Videospielen (usw.) richtig genießen

Beitrag von Nachtfischer »

Ollivictus hat geschrieben: 10. Sep 2018, 23:13Wie schaffe ich es, mich auf die Geschichte zu konzentrieren?
Indem du dir Titel vornimmst, die das auch tun. Solche, die ihre Interaktion zum Erzählen nutzen und eben nicht schon inhärent zwischen Mechanik und Narration zerrissen sind. Ich empfehle zum Beispiel SOMA oder What Remains of Edith Finch. :)
Zuletzt geändert von Nachtfischer am 11. Sep 2018, 13:57, insgesamt 1-mal geändert.
bimbes1984

Re: Stories in Videospielen (usw.) richtig genießen

Beitrag von bimbes1984 »

Die Hauptgeschichte ist doch in den meisten Fällen die langweiligste. Ich für meinen Teil mag es eher, wenn ich versteckte Geschichten im Spiel erlebe, auch gerne ohne Erklärungen vom Spiel selbst. Fallout hat solche Geschichten immer super "erzählt", Bethesda allgemein.

Ich erinnere mich noch gut an Fallout 3, wo in den U-Bahnen ganze Familientragödien "erzählt" wurden, nur alleine durch die Plazierung von Skeletten und Gegenständen...da muss man häufig auch keine Notiz finden oder ähnliches.

Begleitend dazu gibt es auch viele Fanseiten, die versteckte Geschichten nacherzählen,die meisten Geschichten habe ich im Spiel (z.B. Fallout IV) nie gefunden und viele bereichern das Spiel im Nachhinein ungemein.
Quiesel
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Registriert: 30. Jun 2017, 22:33

Re: Stories in Videospielen (usw.) richtig genießen

Beitrag von Quiesel »

Ollivictus hat geschrieben: 10. Sep 2018, 23:13 Doch eine Sache ist mir dabei besonders klar geworden. Einen unglaublich großen Teil des Erlebnisses lasse ich ständig links liegen:
Die Story!
So geht es mir übrigens auch. Anscheinend bin ich eher jemand der Wert auf konstante "Action" legt. Ich muss immer etwas zu tun haben. Und damit meine ich auch nicht nur die ganze Zeit schnelle Action wie sie Multiplayer Ego Shooter bieten, sondern beispielsweise auch Cities: Skyline.

Den Gedanken etwas in Spielen die Story/Metaebene zu verpassen ist mir durch den Podcast auch gekommen. Ich denke das es letztendlich eine Sache der Übung und des Umfeldes ist. Sich weniger weniger mit Tätigkeiten beschäftigen die nur eine kurze Aufmerksamkeitsspanne (Facebook/Serien/...) benötigen, hin zu Zeit nehmen/reservieren und sich auf das Medium (Film, Buch, Spiel) einlassen und konzentrieren. Mit der Zeit wird man es schaffen sich in etwas Fallen zu lassen.

Grüße!
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Soulaire
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Registriert: 28. Mär 2016, 06:44

Re: Stories in Videospielen (usw.) richtig genießen

Beitrag von Soulaire »

Spiele, die eine "stringent" gute Story erzählen und wirklich mit guten Filmen/Bücher mithalten können, kann man an einer Hand abzählen. Finde es daher etwas seltsam, wie mittelmäßige filmisch inszenierte Geschichten in Spielen hoch angepriesen werden, weil es eben nur Spiele sind. Für viele ist der Weg von Games nach Hollywood das Bestmögliche wie sich die Spiele-Landschaft entwickeln könnte. Man will sich regelrecht dem Film "anbiedern" und versucht um jeden Preis, dass Games eine noch breitere Öffentlichkeit erreichen (die eigentlich schon existiert) und seine eigenen Stars für den roten Teppich produziert. Das trifft vor allem auf Journalisten und Entwickler zu und weniger auf die Spieler.

Viele sehen nicht oder wollen gar nicht sehen, dass Spiele ihre ganz eigene Art haben Geschichten zu erzählen und es in dieser Richtung noch so viel Potenzial gibt. Und wenn du ~1000 Stunden in Bethesda-Rollenspiele investiert hast, dann wahrscheinlich wegen der Geschichte(n) und nicht wegen dem Kampfsystem :D. Nur werden dort die Geschichten auch oft über die Umgebung erzählt und über das Gefühl der Freiheit in einer Open World. Nur viele meinen, dass Story in Spielen genauso wie in Filmen funktionieren muss, welches aber ein komplett anderes Medium ist.

Und nicht falsch verstehen, filmisch inszenierte Spiele wie Uncharted haben ihre Berechtigung. Sie sind aber nicht das was Spiele im Kern ausmacht, sondern sind viel mehr eine Mischung aus Film und Spiel. Die Weiterentwicklung von Spielen und besonders von Geschichten kann meiner Meinung nach aber nur erfolgen, wenn man das Medium Spiel weiterentwickelt und nicht die Mischform Spiel+Film.
Ollivictus
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Registriert: 17. Aug 2018, 22:52

Re: Stories in Videospielen (usw.) richtig genießen

Beitrag von Ollivictus »

Vielen Dank für die vielen Denkanstöße. Ich versuche das für mich mal zusammenzufassen:
1. Um die Story überhaupt wahrnehmen zu können, muss man sich auch auf diese konzentrieren. Irgendwie trivial, aber Grundvoraussetzung. Das heißt: Handy weglegen, nicht mal schnell zwischendurch spielen, nicht von Nebentätigkeiten im Spiel ablenken lassen (außer sie erzählen eine bessere Geschichte, auf die man sich konzentrieren kann).
2. Story ist nicht gleich Story: Man muss sich klar darüber werden, was einen interessiert. Denn nur dann schafft man es, die Story auch aufmerksam genug zu verfolgen. Nur weil es eine Story gibt, heißt es noch nicht, dass es sich lohnt diese zu verfolgen (z. B. die Hauptstory von Fallout 4 oder Skyrim).
3. Spiele können Stories auf unterschiedlichste Weisen erzählen: Dialoge/Texte, Lore, Environmental Storytelling, Mechaniken etc.

Ich werde den Vorschlag, mal ein sehr storylastiges Spiel auszuprobieren, sicher beherzigen.

Aber nun versuche ich das Ganze mal ein bisschen auf eine Meta-Ebene zu heben:
Vor allem bei Filmen, Serien und Videospielen erinnere ich mich schon kurze Zeit nach dem Konsum nicht mehr an die Story, die erzählt wurde. Bücher fasse ich nicht oft an, würde aber sagen, dass ich da noch mehr erinnere.
In Filmen gibt es manchmal noch 1-2 Szenen, die im Kopf bleiben. Bei Spielen sind es dann meistens Mechaniken oder Environmental Stories bzw. Orte, die ich gesehen habe. Das gilt auch für linearere Spiele mit weniger links und rechts zum Gucken (Dishonored, Max Payne 3 u.v.m.).

Meine Idealvorstellung, da ich es aus eigener Erfahrung nicht besser wissen kann, wäre, dass ich Folgendes wahrnehme:
- während ich die Geschichte erzählt bekommen, kommen mir automatisch Verknüpfungen zu vorher in der Welt Erlebtem in den Sinn (meist nehme ich nur "laufe zu Questziel A" wahr)
- ein Gefühl von Empathie mit den Charakteren: Da klagt mir einer in einer post-apokalyptischen Welt sein Leid, aber am Ende klau ich ihm doch all sein Hab und Gut, ohne mit der Wimper zu zucken.

Stellen sich bei euch, die eine gute Story eher zu schätzen wissen, solche ein Gefühl ein? Was empfindet ihr, wenn ihr die Geschichten erzählt bekommt? Bzw. erlebt? Mal ganz unabhängig welches Medium.
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Dr.Soltberg
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Re: Stories in Videospielen (usw.) richtig genießen

Beitrag von Dr.Soltberg »

Man muss es sich ja nicht unbedingt komplizierter machen als nötig. Im Allgemeinen lässt sich doch konstatieren: Es gibt nur zwei bestimmende Narrative der Menschheit. Narrativ 1 ist der Tod, Narrativ 2 die Fortpflanzung. Anhand dieser Reduktion kann man ein basales Verständnisniveau etablieren und muss nicht permanent im Hinterkopf haben, worum es im kleinteiligen geht.

Wenn man sich für die Erzählungen von Videospielen interessiert, ist auch die klassische französische Narratologie nach Genette eine große Hilfe: Einfach mal fragen: Wer erzählt was wann wie und aus welcher Perspektive?

Es gibt noch dazu einen Haufen an Spielen mit dichten Erzählungen, denen man praktisch kaum entkommen kann.
Großen Eindruck haben auf mich in dieser Beziehung The Darkness und Gone Home gemacht. Alle Spiele von Remedy Entertainment verlassen sich zudem auf eine Erzählung, die großen Raum einnimmt.
Dear Esther würde ich beispielsweise nicht empfehlen, aufgrund der modularen Struktur der Voice Over und In-Game Props. Man muss schon recht lange wühlen, um einen großen Teil des Erzählmaterials aus Dear Esther herauszuholen.

Gefeiert von der Fachpresse sind natürlich die Bioshock-Spiele, wenngleich der erste Teil ja zum Modell für ludonarrative Dissonanz nach Hocking wurde - was eigentlich nichts anderes bedeutet, als dass das Gameplay der Erzählung widerspricht. Meiner Meinung nach leistet sich das erste Bioshock in dieser Hinsicht wirklich einen richtigen Griff ins Klo nach dem Plottwist des Spiels, den Ken Levine aus System Shock 2 mit kleineren Veränderungen übernommen hat.
Nichtsdestotrotz ein guter Storyshooter mit reichlich Erzählung, die aber etwas verwirrend wirken kann.

Sehr genossen habe ich außerdem die Erzählung von Deus Ex: Human Revolution. Es ist einfach einfacher in einem Rollenspiel der Story zu folgen, wenn es nur kleine Open-World-Hubs gibt, keine Zufallsquests oder Minispiele.

Als Vorbereitung für das Storyerlebniss ist es vor allem empfehlenswert sich Zeit und Ruhe zu gönnen. Autogenes Training, Meditation, oder einfach mal eine halbe Stunde ohne Handy, Fernsehen oder Konversation können da schon helfen. Während des Spielens muss man dann nur die Ablenkungen minimieren und kann sich gerne auch in kleinen Häppchen durch eine Videospielstory arbeiten, die einem zusagt.

Ein kleines Argument zum Schluss habe ich allerdings noch: Aus einer kritischen Perspektive kann man sich natürlich auch fragen, ob die Erzählung nicht ein weltbildendes Phänomen für Menschen allgemein darstellt. Das würde ja bedeuten, dass jede Unterhaltung, jede Nachricht und Beschäftigung in Erzählungen umgewandelt wird. Somit wird dann auch der Bruch mit der Spielmechanik von Videospielen unscharf, da sich diese retrospektiv in den Handlungsverlauf eines Spiels eingliedern lassen, wenngleich sie kein Teil der von den Entwicklern implementierten Erzählung sind.
Andernfalls würde es gar keinen Sinn ergeben, nach so etwas wie ludonarrativer Dissonanz zu fragen!
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Heretic
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Re: Stories in Videospielen (usw.) richtig genießen

Beitrag von Heretic »

Dr.Soltberg hat geschrieben: 14. Sep 2018, 12:37Dear Esther würde ich beispielsweise nicht empfehlen, aufgrund der modularen Struktur der Voice Over und In-Game Props. Man muss schon recht lange wühlen, um einen großen Teil des Erzählmaterials aus Dear Esther herauszuholen.
Gerade das macht "Dear Esther" doch interessant. Man bekommt die Story nicht auf dem Silbertablett serviert, sondern muss sie sich Stück für Stück selbst erarbeiten und konzentriert bei der Sache bleiben.
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Dr.Soltberg
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Re: Stories in Videospielen (usw.) richtig genießen

Beitrag von Dr.Soltberg »

Heretic hat geschrieben: 14. Sep 2018, 22:00
Dr.Soltberg hat geschrieben: 14. Sep 2018, 12:37Dear Esther würde ich beispielsweise nicht empfehlen, aufgrund der modularen Struktur der Voice Over und In-Game Props. Man muss schon recht lange wühlen, um einen großen Teil des Erzählmaterials aus Dear Esther herauszuholen.
Gerade das macht "Dear Esther" doch interessant. Man bekommt die Story nicht auf dem Silbertablett serviert, sondern muss sie sich Stück für Stück selbst erarbeiten und konzentriert bei der Sache bleiben.
Das ist absolut richtig.
Ich meine ja nur, dass es vielleicht nicht der beste Einstiegspunkt ist, wenn man im Allgemeinen Probleme damit hat, Geschichten in Videospielen zu folgen. Dear Esther würde ich dann schon eher den fortgeschrittenen Hobbyköchen empfehlen!
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Wudan
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Re: Stories in Videospielen (usw.) richtig genießen

Beitrag von Wudan »

Ja da stimm ich zu, Dear Esther ist nicht gerade die Kategorie die ich zum Einstieg empfehlen würde. Bei solchen Spielen brauch man schon die Geduld und den Willen sich die Story selbst zu erarbeiten. Ähnlich bei Gone Home und eigentlich den meisten Walking Sims.

Es sollte schon dann besser nicht so artsyfartsy sein aber mit ner Story die einen vom Start weg direkt abholt. Aber dann auch nicht so anspruchsvoll so das man sich durchkauen muss. Vielleicht eher Uncharted-Richtung oder sowas in der Art. Oder evtl. auch noch ein Detroid: Become Human.
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Dr.Soltberg
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Re: Stories in Videospielen (usw.) richtig genießen

Beitrag von Dr.Soltberg »

Wudan hat geschrieben: 15. Sep 2018, 00:28 Ja da stimm ich zu, Dear Esther ist nicht gerade die Kategorie die ich zum Einstieg empfehlen würde. Bei solchen Spielen brauch man schon die Geduld und den Willen sich die Story selbst zu erarbeiten. Ähnlich bei Gone Home und eigentlich den meisten Walking Sims.

Es sollte schon dann besser nicht so artsyfartsy sein aber mit ner Story die einen vom Start weg direkt abholt. Aber dann auch nicht so anspruchsvoll so das man sich durchkauen muss. Vielleicht eher Uncharted-Richtung oder sowas in der Art. Oder evtl. auch noch ein Detroid: Become Human.
What Remains of Edith Finch! Das ist doch mal ein Walking Sim, der seine Geschichten in leicht portionierbaren Häppchen serviert.
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Terranigma
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Re: Stories in Videospielen (usw.) richtig genießen

Beitrag von Terranigma »

Sich Zeit nehmen. Um sich auf eine Geschichte einlassen und in sie eintauchen zu können, benötigt es Zeit und Ruhe. Das ist ein Grund, warum ich derzeit unter der Woche nichts mehr Spiele, an dem mich die Geschichte interessiert: einfach weil ich unter der Woche nicht dazu komme einmal ein, zwei Stunden auf ein Spiel einzulassen. In Häppchen spielen, zwischendurch noch den Abwasch machen, mit den Gedanken eigentlich ganz woanders sein oder nebenher noch Musik und den Fernseher laufen lassen und regelmäßig auf das Handy schauen, das funktioniert nicht. Ich denke, es ist vor allem eine innere Haltung, dass man sich selbst sagt: "Und jetzt schalte ich einige Gänge runter und versuche bewusst wahrzunehmen, was ich dort eigentlich sehe, anstatt nur zu konsumieren."

Bei Filmen ist's nicht anders. Unter der Woche kann ich mir gut irgendwelches actionreiches Popcornkino anschauen, aber Filme, die mich inhaltlich interessieren, werden ausschließlich mit Zeit und in Ruhe am Wochenende geschaut.
Sitting quietly and doing nothing,
Spring comes, and the grass
grows by itself.
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