Zum Mailbag 18

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Terranigma
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Re: Zum Mailbag 18

Beitrag von Terranigma »

philoponus hat geschrieben: 24. Sep 2018, 09:27Kann man sehr wohl, weil Kultur und speziell Literatur etwas völlig universelles ist.
Wie genau meinst du diesen Satz? Inwiefern ist Kultur und Literatur universell? Aus dem Stehgreif würde ich widersprechen.


Mein Punkt war eher der: wer stellt diesen Kanon auf? Europäer. Welchen Literaurbegriff legen wir zugrunde? Einen europäischen. Mündliche Überlieferungen galten lange Zeit nicht einmal als Literatur und wären vor wenigen Jahrzehnten niemals in einem Kanon der Weltliteratur gelandet, weil Oral Literature als primitiv galt. Welche Literatur würde in so einen Kanon eingehen? Nun, eben jene Literatur, welche die Personen kennen, die diesen Kanon erstellen - größtenteils europäische. Wie genau soll man diesen Kanon nun um Werke ergänzen, die man selbst nicht kennt und die man nicht einmal im Original rezipieren kann? Wie will man die sprachlichen Eigenheiten von Literatur würdigen und darüber eine Aussage treffen, wenn man die Sprache nicht beherrscht? Aber wer beherrscht schon alle Sprachen dieser Welt und könnte universell den Anspruch erheben, für die gesamte Menschheit einen solchen Kanon zu erstellen?

... und welchen Sinn hätte das überhaupt?


Ich bin in der Einschätzung eher bei Jochen, auch weil es ganz grundsätzlichen nicht meinem Verständnis vom Sinn und Wesen von Literatur entspricht. Gute Literatur ist nicht jene, welche für die Menschheit von Relevanz ist - nichts ist für jeden Menschen im gleichen Maße relevant! - sondern die für mich relevant ist. Das Wesen von Literatur liegt für mich in der persönlichen Auseinandersetzung mit einem Werk auf der Grundlage, dass man sich damit auseinandersetzen will. Ein Kanon - kurz: eine Vorgabe - widerspricht dem grundsätzlich. Warum sollte man Goethe lesen, wenn es dutzende andere Autoren gibt, die das jeweils eigene Leben in der jeweils aktuellen Situation viel mehr bereichern können? Wir leben ja nicht alle dasselbe Leben.
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Numfuddle
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Re: Zum Mailbag 18

Beitrag von Numfuddle »

philoponus hat geschrieben: 24. Sep 2018, 09:27 Kann man sehr wohl, weil Kultur und speziell Literatur etwas völlig universelles ist.
Ich habe mehrfach versucht darauf eine Antwort zu finden. Mehr als absolute Fassungslosigkeit fällt mir aber nicht ein.
philoponus hat geschrieben: 24. Sep 2018, 10:48 Es ist wesentlich weniger schwer, gute von schlechten Kunstwerken zu unterscheiden als viele Laien glauben. Aber ich weiß, anti-intellektuelle Ressentiments sind cool.
Nur weil ich deine Meinung nicht teile bin ich also Anti-Intellektuell. Starkes Argument.
philoponus hat geschrieben: 24. Sep 2018, 10:59 Selbstverständlich ist ein guter Kanon ausschließend: Er schließt den Schrott aus und konzentriert sich auf die besten Werke :mrgreen:

Mit Chauvinismus hat das nichts zu tun.
Der smiley hilft dir da auch nicht weiter, Der Begriff „Schrott“ ist ja schon wertend und ein Bildungskanon der nahezu ausschließlich aus Werken besteht die aus einem nationalen/europäischen Blickwinkel heraus ausgewählt wurden kann natürlich schon per Definition nicht „die besten Werke“ umfassen. Ich wäre sogar skeptisch ob der wirklich die besten Werke eines Landes umfasst.

Letztendlich legt ja immer jemand fast was jetzt Schrott ist und was nicht und da Kunst weit weniger klar über objektivierter Kriterien definiert ist als du uns hier weismachen willst ist so eine Liste natürlich zutiefst subjektiv.

Wäre das nicht so, dann würden wir nicht seit Anbeginn der Zeit drüber streiten ob das jetzt Kunst ist oder weg kann. Wir hätten die Kunstfreiheit ja noch nicht einmal als Grundrecht kodifizieren müssen wenn die Unterscheidung wirklich absolut eindeutig wäre und alle Beteiligten diese Unterscheidung immer selbstlos, objektiv und ohne persönliche Agenden treffen würden.

Nenne mir einen heutzutage absolut anerkannten Künstler und ich zeige dir zeitgenössische Kritik von anerkannten Personen der Zeitgeschichte die das als den letzten, die Jugend verderbenden, Dreck bezeichnen den man am besten gleich verbrennen sollte.

Außerdem ist ein Kulturkanon ja kodifizierter Survivorship Bias. „Die besten“ bedeutet ja immer auch „die besten an die wir uns aus den verschiedensten Gründen noch erinnern“
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Re: Zum Mailbag 18

Beitrag von lebedeph »

Hi Sebastian,

Ich kann dir die "Marîd Audran"-Reihe von George Alec Effinger empfehlen (Titel des ersten Bandes: "When Gravity Fails"). Cyberpunk-Literatur mit Hard Boiled Detective Elementen. Hugo & Nebula Awards: check.

Hier die Kurzfassung von Wikipedia:
Taking place in a futuristic Middle-Eastern setting, the series reverses some of the usual expectations of a future world order by painting the West in decline while Muslim countries seem to prosper. The book's other main themes are the effects of drug use and alternate personality technologies, as well as the personal interactions and increasing isolation of a flawed protagonist.
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philoponus
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Re: Zum Mailbag 18

Beitrag von philoponus »

Numfuddle hat geschrieben: 25. Sep 2018, 02:20
Letztendlich legt ja immer jemand fast was jetzt Schrott ist und was nicht und da Kunst weit weniger klar über objektivierter Kriterien definiert ist als du uns hier weismachen willst ist so eine Liste natürlich zutiefst subjektiv.
Ich habe mich hier an anderer Stelle schon einmal ausführlicher dazu geäußert, warum das nicht stimmt:
Die Philosophie beschäftigt sich seit der Antike intensiv mit der Frage, was Kunst ist. Es wurde jede Menge dazu geschrieben und es gibt eine eigene Teildisziplin, die sich damit beschäftigt: Die Kunstphilosophie (Ästhetik).

Ein paar Bemerkungen zur Diskussion:

Ontologisch gesprochen gibt es auf der Welt viele Gegenstände, welche nicht trennscharf sind. Beispielsweise ein Sandhaufen. Ein Sandkorn ist sicher noch kein Sandhaufen, wenn man ein zweites dazu gibt auch noch nicht. Wenn man Millionen Sandkörner hat, ist es sicher ein Sandhaufen. Man wird aber keinen Moment finden, wo man durch das Hinzufügen von einem einzigen Sandkorn plötzlich eine Versammlung von Sandkörnern einen Sandhaufen verwandelt. Kurz: Der Übergang von Zustand A zum qualitativ anderen Zustand B ist schwammig, auch wenn A und B für sich glasklar sind.

Das kommt in der Wirklichkeit oft vor und sehr wahrscheinlich gehört die Kunst auch dazu: Es gibt eindeutige Fälle auf beiden Seiten der Skala, weshalb sich die Diskussion gerne um die schwammige Mitte dreht. Deshalb darf man diese Diskussion nicht nur binär führen, also X ist Kunst oder X ist keine Kunst. Es gibt Übergänge dazwischen.

Diese voraus geschickt, vertrete ich die Position, dass man schon einigermaßen objektiv zwischen Kunst und Nicht-Kunst unterscheiden kann. Die Auffassung, Kunst sei ausschließlich subjektiv halte ich für falsch.

Gerade in den letzten 50 Jahren haben wir eine Reihe von Denkwerkzeugen entwickelt, mit denen man plausible Kriterien entwickeln kann, wie man Kunst erkennen kann, nämlich der Strukturalismus und die Semiotik.

Folgendes zeichnet Kunstwerke aus:

1. Sie sind syntaktisch und semantisch extrem dicht. D.h. sie haben deutlich mehr miteinander wechselwirkende Strukturen und Inhalte als Nicht-Kunstwerke.

2. Trotz dieser Wechselwirkung gibt es Leerstellen in Kunstwerken, die der Rezipient durch eigene Erfahrungen, Wissen etc. füllen kann. Ein Kunstwerk ist eine Partitur, welche ein fähiges menschliches Hirn quasi mental zur Aufführung bringt.

3. In der europäischen Kunsttradition zeichnet sich Kunstwerke sehr oft durch Normabweichungen aus. D.h. man übernimmt nicht vorgegebene Regeln (in der Musik, in der Literatur, in der Game-Mechanik) und kopiert mehr oder weniger stupide syntaktische oder semantische Strukturen, sondern entwickelt sie innovativ weiter. Deshalb ist Genre-Massenware in der Regel keine Kunst, weil hier Fließband-Strukturen reproduziert werden.

4. Die Normabweichungen beziehen sich nicht nur auf das Kunstwerk an sich, sondern auch auf gesellschaftliche Normen. Sehr viele Kunstwerke provozieren durch Abweichungen auf allen möglichen gesellschaftlichen Ebenen.

5. Gibt es einen soziologischen Rahmen, wie eine Kultur mit Kunstwerken umgeht. Steckt sie etwa ins Museum etc.

Nun kann man 1. bis 5. unterschiedlich gewichten etc. und lange diskutieren, wie der genaue Kriterienkatalog aussieht. Trotzdem sind diese Kriterien gut genug, um die Subjektivisten zu widerlegen.

Das war jetzt natürlich alles sehr verkürzt.
Stuttgarter
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Re: Zum Mailbag 18

Beitrag von Stuttgarter »

Irgendwie seh ich grad vor mir, wie Kunstwissenschaftler so was ähnliches wie das alte Gamestarwertungssystem benutzen, um rauszufinden, ob ein Machwerk Kunst ist oder nicht... :ugly:
Numfuddle
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Re: Zum Mailbag 18

Beitrag von Numfuddle »

Die Stichpunktliste steckt doch voll von nicht objektivierbaren Kriterien. Wie soll da am Ende eine objektive Beurteilung stehen können?

3. schränkt das ja dann sogar noch auf die „europäische Kunsttradition“ ein. Was auch immer das bedeuten soll.

Der Begriff alleine ist ja schon ganz großer Unfug und überhaupt nicht klar abgrenzbar.

Tradition und Kunst sind ja fast schon Komplementär.
Odradek
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Re: Zum Mailbag 18

Beitrag von Odradek »

Danke Sebastian für die Rogue-Aufschlüsselung. ich war immer der felsenfesten Überzeugung dass

Rogue-like generierte levels und permadeath bedeutet und man nach jedem Ableben von 0 startet und
rogue-lite das gleiche wie rogue-like aber man kann kleine Vorteile nach dem Ableben mitnehmen. Bsp. Sowas wie Dead Cells oder auch FTL.
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Terranigma
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Re: Zum Mailbag 18

Beitrag von Terranigma »

philoponus hat geschrieben: 25. Sep 2018, 09:54Nun kann man 1. bis 5. unterschiedlich gewichten etc. und lange diskutieren, wie der genaue Kriterienkatalog aussieht. Trotzdem sind diese Kriterien gut genug, um die Subjektivisten zu widerlegen.
Nein, sind sie nicht. Ob die Kriterien gut genug sind ist doch selbst ein subjektives Werturteil.
;)

Es ist eben explizit von europäischer Kunsttradition die Rede. Kurz: der Großteil der Welt - wie es bei solchen kanonischen Listen typisch ist - wird einfach ausgeklammert und gar nicht erst als Kunst anerkannt. Ich weiß nicht, was du mit "Subjektivist" meinst, aber Subjektivität bei der Rezeption von Literatur auszuklammern ist nicht vernünftig, eben weil die Wirkung von Literatur - eher: Kunst im Allgemeinen - vom Rezipienten und nicht dem Werk alleine geprägt wird. Der eine Rezipient schlägt Goethe auf und ist hin und weg, ich schlage Goethe auf und schlage es kurz danach wieder zu, weil ich in meiner begrenzten Lebenszeit eine Vielzahl anderer Autoren habe, die ich weitaus gewinnbringender lesen kann.

Literatur hat an sich keinen Wert und keine Qualität. Der Wert ist immerzu durch den Rezipienten beigemessen. Und was ein Rezipient als wertvoll, wertig, anregend und gewinnbringenden erachtet, dass soll er - oder sie! - mit sich selbst ausmachen. Deshalb ist Literatur auch nicht universell, weil das Leben nicht universell und gleichförmig ist. Selbst wenn man am Ende dann einen Kanon mit 100 - überwiegend europäischen - Kunstwerken hat, würde ich sagen ... who cares? Ich lese ja trotzdem was ich will, wie jeder andere auch.
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philoponus
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Re: Zum Mailbag 18

Beitrag von philoponus »

Terranigma hat geschrieben: 25. Sep 2018, 14:14
Literatur hat an sich keinen Wert und keine Qualität. Der Wert ist immerzu durch den Rezipienten beigemessen. Und was ein Rezipient als wertvoll, wertig, anregend und gewinnbringenden erachtet, dass soll er - oder sie! - mit sich selbst ausmachen. Deshalb ist Literatur auch nicht universell, weil das Leben nicht universell und gleichförmig ist. Selbst wenn man am Ende dann einen Kanon mit 100 - überwiegend europäischen - Kunstwerken hat, würde ich sagen ... who cares? Ich lese ja trotzdem was ich will, wie jeder andere auch.
Eine ontologisch völlig falsch Literaturauffassung.

"Alles ist subjektiv" ist in fast allen Fällen falsch und lässt sich schnell durch eine Vielzahl von Beispielen widerlegen (reductio ad absurdum).

Aber ich diskutiere ja auch nicht mehr mit Impfgegnern oder allen anderen, die heute so gerne behaupten, sie wüssten alles besser als die Experten.
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philoponus
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Re: Zum Mailbag 18

Beitrag von philoponus »

Stuttgarter hat geschrieben: 25. Sep 2018, 10:15 Irgendwie seh ich grad vor mir, wie Kunstwissenschaftler so was ähnliches wie das alte Gamestarwertungssystem benutzen, um rauszufinden, ob ein Machwerk Kunst ist oder nicht... :ugly:
Im weitesten Sinn habe ich so etwas in meiner Dissertation versucht und dafür dann auch einen Wissenschaftspreis abgeräumt :mrgreen:
Stuttgarter
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Re: Zum Mailbag 18

Beitrag von Stuttgarter »

philoponus hat geschrieben: 25. Sep 2018, 16:57
Stuttgarter hat geschrieben: 25. Sep 2018, 10:15 Irgendwie seh ich grad vor mir, wie Kunstwissenschaftler so was ähnliches wie das alte Gamestarwertungssystem benutzen, um rauszufinden, ob ein Machwerk Kunst ist oder nicht... :ugly:
Im weitesten Sinn habe ich so etwas in meiner Dissertation versucht und dafür dann auch einen Wissenschaftspreis abgeräumt :mrgreen:
Nur war das alte Gamestarwertungssystem halt scheiße.
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Terranigma
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Re: Zum Mailbag 18

Beitrag von Terranigma »

philoponus hat geschrieben: 25. Sep 2018, 15:54Eine ontologisch völlig falsch Literaturauffassung.
Wie kann eine Auffassung ontologisch falsch sein? Es gibt selbst in der Literaturwissenschaft keine einheitliche Definition von Literatur, geschweige denn dass es einen weltweit einheitlichen Begriff gäbe.

Ich sagte nicht, dass "alles" subjektiv sei, sondern sprach davon, dass Zuschreibungen - "ist Kunst" ist eine Zuschreibung - per se ein Subjekt voraussetzen, dass diese Zuschreibung tätigt. Oder allgemeiner: Die subjektive Rezeption eines Werkes hängt notwendigerweise vom Subjekt ab. Selbiges gilt für "ist wertvoll" oder "ist lesenswert". Das sind Zuschreibungen von Menschen. Menschen sind nicht universell gleich, weshalb auch nicht dieselbe Literatur für jeden Menschen gleichermaßen wertvoll oder lesenswert ist. Was dich als Rezipient anspricht, muss mich oder anderswen noch lange nicht im gleichen Maße berühren.
philoponus hat geschrieben: 25. Sep 2018, 15:54Aber ich diskutiere ja auch nicht mehr mit Impfgegnern oder allen anderen, die heute so gerne behaupten, sie wüssten alles besser als die Experten.
Ich habe den Eindruck, wir sind irgendwo in der Diskussion falsch abgebogen, wenn das Gespräch in so einen Tonfall abgleitet und du Vergleiche zu "Impfgegnern" ziehst.
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toxic_garden

Re: Zum Mailbag 18

Beitrag von toxic_garden »

ist der philosophische Exkurs jetzt vorbei? Gelten Impfgegner als Godwin? Puh. Fein. Ich würde mich auch echt über noch mehr Buchtipps im SciFi/Cyberpunk-Genre freuen. Und empfehle hier gleich mal "ich bin viele" von Dennis E. Taylor (eher softe SciFi mit einem schicken, komödiantischen Einschlag, der zum Glück nie in Slapstik abdriftet) und "Red Rising" von Pierce Brown. Deutlich düsterer und dystopischerer, hat mich vom Stil und der Handlung her sehr an die alte SciFi-Schule erinnert, in der jemand aus der unteren Kaste nach oben geschleust wird, um Rache für die Ungleichbehandlung zu nehmen. Ein zeitloses Motiv halt. :D
JanTenner
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Re: Zum Mailbag 18

Beitrag von JanTenner »

Der Vergleich zu Impfgegnern ist doch sehr treffend. Experte / Wissenschaftler versus Laien mit starker Meinung. Auch wenn in diesem Fall nicht die körperliche Unversehrtheit Unbeteiligter auf dem Spiel steht.
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Terranigma
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Re: Zum Mailbag 18

Beitrag von Terranigma »

JanTenner hat geschrieben: 25. Sep 2018, 22:15Experte / Wissenschaftler versus Laien mit starker Meinung. Auch wenn in diesem Fall nicht die körperliche Unversehrtheit Unbeteiligter auf dem Spiel steht.
Ich verstehe weder woher das Urteil kommt, dass die Gesprächspartner hier keine Experten wären - nicht jeder wedelt mit seinem Uni-Abschluss herum - noch seit wann es im Forum zum guten Stil gehört, auf inhaltliche Aussagen mit Autoritätsargumenten - "Ich bin Wissenschaftler und darum habe ich Recht" - zu reagieren. Aber gut, beenden wir das Gespräch.
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Stuttgarter
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Re: Zum Mailbag 18

Beitrag von Stuttgarter »

JanTenner hat geschrieben: 25. Sep 2018, 22:15 Der Vergleich zu Impfgegnern ist doch sehr treffend. Experte / Wissenschaftler versus Laien mit starker Meinung. Auch wenn in diesem Fall nicht die körperliche Unversehrtheit Unbeteiligter auf dem Spiel steht.
In meinem speziellen Fall "Kunstwissenschaftler vs. praktizierender studierter Künstler". :D
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philoponus
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Re: Zum Mailbag 18

Beitrag von philoponus »

Lassen wir es dabei, würde ich sagen. Ist hier ja auch kein Ästhetikforum. Man könnte von solchen Überlegungen aber sicher sehr viel für die Game Studies herausholen.
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Martin L00ter
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Re: Zum Mailbag 18

Beitrag von Martin L00ter »

Bin froh, dass es Duzen und Siezen gibt, einfach als Möglichkeiten. Ist schön, wenn wir uns im Allgemeinen Umgang öfter Duzen, dadurch kann das Sie noch mehr bei seiner Verwendung scheinen. Also theoretisch. Praktisch komme ich da noch nicht ganz hinterher. Neige zum respektvoll gemeinten Sie, bei meinem Nebenjob ist aber das Du Norm. Das führt dazu, dass ich bei manchen Kunden chaotisch in einem Gespräch zwischen Du und Sie wechsle.
Nachtrag: Andererseits sorgt es bei Spielen/Serien gerne mal für Augenrollen, wenn in der Übersetzung die falsche Anrede benutzt wird – was aber auch am mangelnden Kontext liegen mag, der zumindest Spieleübersetzungen erschwert.
Mein liebstes Beispiel aus Metal Gear Rising: Wenn im letzten Kapitel Raiden und der finale Boss aufeinander treffen, macht das Sie am Anfang noch Sinn. Wenn dann aber beide sich zehn Minuten ihre Fäuste und Lebensphilosophien umd die Ohren gehauen haben, besagter Bösewicht auf Raiden sitzt und ihn in den Boden prügelt, kann man nicht ernsthaft "Die! Die! Die you piece of shit!" mit "Sterben Sie! Sterben Sie! Sterben Sie! Sie verdammter Mistkerl!" übersetzen.

Zum Kanon ein paar Worte, ohne dass ich den interessanten, aber leider nicht zielführenden Strang von zuvor wieder befeuern möchte: Den Artikel in der Zeitung mit seinem Mischmasch finde ich nicht sinnvoll. Dort werden auch vor allem etablierte Sachen aufgenommen und Aktuelles, weit Verbreitetes dazu gepackt (da spricht mein Unverständnis von der Faszination Minecraft).
Kanonische Überblicke im Allgemeinen finde ich sinnvoll. Sie sind für mich nicht in erster Linie ausschließend, sondern öffnen den Zugang einen Spalt weit. Ein Kanon lädt ein, zu erforschen und für sich aktualisieren. Der Gleichsetzung von Kanon und Best-of-Sammlungen möchte ich etwas widersprechen: Ein definitorische Unterschied zwischen Klassiker und Kanon erscheint mir hier sinnvoll. So wie ich es kennen gelernt habe, beleben Klassiker sich selbst. Sie werden noch aktiv gelesen und verarbeitet, machen sich selbst zum Klassiker. Ein Kanon ist nicht zwingend gerade rezipiert, von wie auch immer gearteten Institutionen definiert und dadurch auch anfechtbar. Da fällt mir eine Anektdote zu Klopstocks "Der Messias" ein, das laut meinem Prof. allein durch Klopstocks Ruhm damals von den Koryphäen kanonisiert wurde, ohne dass sich viele Leute durch das endlos lange Werk gequält hätten. Nun ist die wichtige Frage, wie viele Klassiker heute noch ihr Publikum finden würden, hätte sie nicht vorher ein Kanon im Bewusstsein gehalten.
Sich einen Kanon angeeignet zu haben heißt aber nicht erschöpfende Kenntnis der Materie. Und Terranigma und Stuttgarter gebe ich daher gerne in ihrer Kulturkritik recht. Die Kehrseite des Kanons ist die Legion der zu Unrecht vergessenen, nebst mancher mit Absicht Verdrängten. Wobei manche aber mit etwas Glück noch wiederentdeckt werden können, wie Poe nach seinem Tod. Ich finde nicht, dass diese Kulturkritik kanonische Darstellungen an sich delegitimisiert, nur einen etwa früher formulierten Anspruch an Absolutheit, an ganzer Wahrheit.
Philoponus' grundsätzliche Einstellung, dass es doch eine überindividuelle Trennlinie zwischen Massenware und Kunst gibt, teile ich. Dennoch gibt es letztlich keine abschließende Definition von Text. Es gibt unterschiedliche Auffassungen von Aufgabe und Wesen der Literatur. Statt im Angesicht wichtiger Reflexionen der Moderne alles ins Beliebige abgleiten zu lassen, ziehe ich den Weg vor, eine zu gewissem Grad gefestigte Einstellung zu erarbeiten, diese aber weiter als im Werden zu Begreifen.
aka Hagen, Redakteur bei GamersGlobal
Jochen hat geschrieben:Ich sage Ihnen: Die Straße zur Hölle ist mit Beute gepflastert, für die kein Platz im Inventar mehr war.
Stuttgarter
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Re: Zum Mailbag 18

Beitrag von Stuttgarter »

Ich registriere mit Interesse, dass die Impfgegner-Analogie anscheinend im weltbesten Spielforum TM geduldet wird.

Andere Zurechtweisungen der letzten Monate erschließen sich mir dann allerdings rückblickend nicht wirklich.
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Andre Peschke
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Re: Zum Mailbag 18

Beitrag von Andre Peschke »

philoponus hat geschrieben: 25. Sep 2018, 15:54 Aber ich diskutiere ja auch nicht mehr mit Impfgegnern oder allen anderen, die heute so gerne behaupten, sie wüssten alles besser als die Experten.
Deutliche Verwarnung. Der Ton ist unangemessen.

Andre
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