Runde #184: Jochen auf der EGX und im Tank

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monieu
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Re: Runde #184: Jochen on the road (EGX Berlin 2018)

Beitrag von monieu »

Um mal ein Beispiel für die Unschärfe zu geben: Jochens "embedded journalism" bei Deck 13.

Nun glaube ich sogar, basierend auf dem, was sie auch sonst kommunizieren, dass Deck 13 diese Kooperation als Beitrag zur Publikumsbildung im Bezug auf Spieleproduktion sieht. Das ist zwar auch ein Eigeninteresse, aber grenzen wir es mal von einem werbenden Eigeninteresse ab. Aber es würde mich sehr überraschen, wenn das Marketing nicht seinen Segen dazu gegeben hat, weil sie die Bewerbung des eigenen Studios und Produktes in dieser Reportage sehen.

Und nun schauen wir mal rein funktional auf den Vorgang:
  • Wir haben einen Produkthersteller, der jemand eine Leistung gewährt (Zugang).
    • Einschub: Diese Leistung ist nicht anderweitig abgegolten. Falls jemand einwerfen will, wenn man ein Spiel kauft, ist das ja auch eine Leistung, die man bekommt.
  • Das zu bewerbende Produkt ist integriert im produzierten Inhalt (notwendigerweise als zugehörig zum Objekt der Reportage).
  • Die Inhalte werden über die eigenen Kanäle der Person verbreitet.
Ich würde sagen, aus Sicht des Marketings ist damit eine Influencerfunktion erfüllt.
JanTenner
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Re: Runde #184: Jochen on the road (EGX Berlin 2018)

Beitrag von JanTenner »

ABER: Jochen bekommt kein Geld von Deck13 und Deck13 hat auch keinen Einfluss was und wie er über das Spiel schreibt. Einzige Abmachung war, bestimmte Dinge nicht zu früh zu verraten.
drgonzo
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Re: Runde #184: Jochen on the road (EGX Berlin 2018)

Beitrag von drgonzo »

Andreas Lange ist nicht mehr Direktor des Computerspielemusueums sondern arbeitet jetzt EU-Projekt KEEP wohl hier an eben jenen erwähnten Fragen der Archivierung und Bewahrung digitaler Spiele.
Zuletzt geändert von drgonzo am 16. Okt 2018, 18:08, insgesamt 1-mal geändert.
Sanity Assassin
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Re: Runde #184: Jochen on the road (EGX Berlin 2018)

Beitrag von Sanity Assassin »

drgonzo hat geschrieben: 16. Okt 2018, 14:27 Andreas Lange ist nicht mehr Direktor des Computerspielemusueums sondern arbeitet jetzt im EU-Projekt KEEP an eben jenen erwähnten Fragen der Archivierung und Bewahrung digitaler Spiele.
Das von dir verlinkte Projekt klingt spannend, ist allerdings 2012 ausgelaufen, so ganz aktuell ist die Info also scheinbar nicht. ;)
Numfuddle
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Re: Runde #184: Jochen on the road (EGX Berlin 2018)

Beitrag von Numfuddle »

YouTube ist als Platform für professionelle Streamer quasi tot (siehe demonetization und die andauernden Änderungen am Algorithmus).

Da gab es das letzte Jahr einen Massen-Exodus weil keiner (außer der Nazi- und Verschwörungstheoretikern Bodensatz). Und auf Streaming-Platformen wie Twitch spielen die Content-Networks quasi keine Rolle.
monieu
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Re: Runde #184: Jochen on the road (EGX Berlin 2018)

Beitrag von monieu »

JanTenner hat geschrieben: 16. Okt 2018, 14:25ABER: Jochen bekommt kein Geld von Deck13 und Deck13 hat auch keinen Einfluss was und wie er über das Spiel schreibt. Einzige Abmachung war, bestimmte Dinge nicht zu früh zu verraten.
Das ist zu kurz gedacht. Produktionshilfe ist eine Form von Kooperation, die ins Influencerspektrum gehört. Stell dir einen Youtuber vor, der für ein Video von einem Fahrzeughersteller einen Wagen gestellt bekommt (also nicht geschenkt). Es gibt keine weiteren Vorgaben (vermutlich wurde direkt am Anfang ein Drehbuch vorgelegt), der Hersteller wird als Sponsor genannt. Das Interesse des Youtubers ist einfach ein interessanteres Video zu produzieren, das seiner Reichweite und Bekanntheit hilft. Eine analoge Situation oder?
Numfuddle hat geschrieben: 16. Okt 2018, 14:38YouTube ist als Platform für professionelle Streamer quasi tot (siehe demonetization und die andauernden Änderungen am Algorithmus).

Da gab es das letzte Jahr einen Massen-Exodus weil keiner (außer der Nazi- und Verschwörungstheoretikern Bodensatz). Und auf Streaming-Platformen wie Twitch spielen die Content-Networks quasi keine Rolle.
Die alten Multi-Channel-Networks haben sich längst zu Talentagenturen unabhängig von Youtube weiterentwickelt. Soweit ich weiß, hängen die im Marketing auf Twitch und besonders auch bei Instagram weiter mit drin. Wie sehr das auf den Spielebereich zutrifft, weiß ich nicht.
Jochen

Re: Runde #184: Jochen on the road (EGX Berlin 2018)

Beitrag von Jochen »

Es ist keine analoge Situation. Der Autohersteller muss im schlimmsten Fall damit leben, dass dem Influencer das Auto nicht gefällt. Deck 13 muss damit leben, dass ich ggf. eine gescheiterte Produktion im Detail dokumentiere. Völlig nicht-analoge Situation und als solche unfreiwillig schön als Beispiel für den notwendigen Unterschied zwischen Influencer und Journalist.
drgonzo
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Re: Runde #184: Jochen on the road (EGX Berlin 2018)

Beitrag von drgonzo »

Sanity Assassin hat geschrieben: 16. Okt 2018, 14:34
drgonzo hat geschrieben: 16. Okt 2018, 14:27 Andreas Lange ist nicht mehr Direktor des Computerspielemusueums sondern arbeitet jetzt im EU-Projekt KEEP an eben jenen erwähnten Fragen der Archivierung und Bewahrung digitaler Spiele.
Das von dir verlinkte Projekt klingt spannend, ist allerdings 2012 ausgelaufen, so ganz aktuell ist die Info also scheinbar nicht. ;)
Vielen Dank für den Hinweis, das macht so natürlich keinen Sinn.
Dann dürfte dies hier aktuell sein.
Dave
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Re: Runde #184: Jochen on the road (EGX Berlin 2018)

Beitrag von Dave »

monieu hat geschrieben: 16. Okt 2018, 09:59 Mich würde mal interessieren, es muss doch auch Leute geben, die als Influencer gelten, aber gleichzeitig Inhalte aus dem spielejournalistischen Spektrum erstellen? Oder ist das wirklich so hundertprozentig ausgeschlossen, wie Jochen glaubt?
Meinst du den Kanal, auf dem etwas publiziert wird oder die analytische Qualität?
monieu
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Re: Runde #184: Jochen on the road (EGX Berlin 2018)

Beitrag von monieu »

Jochen hat geschrieben: 16. Okt 2018, 17:07Es ist keine analoge Situation. Der Autohersteller muss im schlimmsten Fall damit leben, dass dem Influencer das Auto nicht gefällt. Deck 13 muss damit leben, dass ich ggf. eine gescheiterte Produktion im Detail dokumentiere.
Tatsächlich hätte der Autohersteller nicht mal das zu befürchten. Denn mein Beispielinfluencer verfolgt nicht das Ziel das Fahrzeug dem Publikum gegenüber zu bewerten, es hilft ihm einfach nur dabei sein Ziel (tolleres Video als ohne Auto) zu erreichen. Wie gesagt Produktionshilfe. Nebenbei wirkt es als Werbung für den Autohersteller. Aber gerade das macht die Analogie nochmal schärfer: Du interessiert dich im Bezug auf die Reportage auch nicht in erster Linie für Deck 13 oder ihr Spiel, sondern möchtest eine Spieleproduktion hinter den Kulissen begleiten und sie helfen dir dabei dieses Ziel zu erreichen. Eine Werbung für Studio und Spiel ergibt sich auch nur nebenbei.

Und wenn das Spiel floppt, haben sie andere Probleme, als dass du auch noch das Scheitern dokumentierst. Insofern ist diese Möglichkeit an der Stelle vielleicht gar nicht erst bedacht worden oder vielleicht wurde sie tatsächlich miteingepreist. Es gibt im Podcastbereich Beispiele für native advertising, wo Kunden Werbung bei Podcastern buchen, obwohl sie wissen, dass diese sich über ihr Produkt lustig machen werden. Aber der Werbeeffekt wird höher eingeschätzt bzw. man verspricht sich gerade davon, dass das als Authentizität oder Sportsgeist wahrgenommen und das Produkt oder die Marke damit besser rezipiert wird.

Also ich glaube, man kommt aus der strukturellen Analogie nicht heraus. Man könnte sich darüber streiten, ob Zugang wirklich mit einer materiellen Hilfe zu vergleichen ist (wobei die dir ja wohl auch Kaffee anbieten :think:). Aber Zugang ist ein rares Gut, hat also einen Wert, ist eine echte Leistung seitens Deck 13. Ich denke die Analogie hält. Einzig, wenn das Studio eure Zusammenarbeit wirklich nicht unter Marketingaspekten als positiv bewertet hat, würde dich vor dem Influencertum retten, Jochen. ;)

Bitte nicht als grundsätzliche Kritik verstehen. Ich denke embedded journalism hat einige inhärente Probleme, die man gegen die dadurch eröffneten Möglichkeiten abwegt. Ich sehe nicht, dass du dich da falsch entschieden hast. Aber gegeben den Fall die andere Seite lässt sich darauf ein, weil sie sich einen Werbeeffekt davon verspricht, kann man das als Journalist egal wie man sich verhält überhaupt nicht verhindern. Und das scheint mir - zwar deutlich entfernt von direkter Bezahlung für Werbung - aber immer noch die Erfüllung der Funktion eines Influencers zu sein.
Dave
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Re: Runde #184: Jochen on the road (EGX Berlin 2018)

Beitrag von Dave »

JanTenner hat geschrieben: 16. Okt 2018, 14:25 ABER: Jochen bekommt kein Geld von Deck13 und Deck13 hat auch keinen Einfluss was und wie er über das Spiel schreibt. Einzige Abmachung war, bestimmte Dinge nicht zu früh zu verraten.
Das mit dem Geld kommt bei Influencern auf den Einzelfall drauf an (meistens gibt es das Muster zu einem Spiel) und prinzipiell könnte man die Einblicke, die Jochen erhält, ebenfalls als eine Art Bezahlung bzw. Gegenleistung sehen, auf dessen Basis man erst Content produzieren kann, mit dem man sich finanziert. Was aber das Thema "Beeinflussung von Influencern" angeht, würde ich sehr vorsichtig sein, dass man keine Vorurteile mit der Realität vermischt. Ja, es gibt Anfragen, bei denen auch eine Meinung vorgeschrieben wird, aber vor allem bei großen Publishern wirst du sowas sehr sehr selten sehen. Wenn sowas auffliegen sollte, stehen sowohl Publisher als auch Content Creator mit dem Rücken zur Wand.
monieu
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Re: Runde #184: Jochen on the road (EGX Berlin 2018)

Beitrag von monieu »

Dave hat geschrieben: 16. Okt 2018, 18:08
monieu hat geschrieben: 16. Okt 2018, 09:59 Mich würde mal interessieren, es muss doch auch Leute geben, die als Influencer gelten, aber gleichzeitig Inhalte aus dem spielejournalistischen Spektrum erstellen? Oder ist das wirklich so hundertprozentig ausgeschlossen, wie Jochen glaubt?
Meinst du den Kanal, auf dem etwas publiziert wird oder die analytische Qualität?
Die Qualität, wenn ich die Nachfrage richtig verstehe. Allerdings nicht im Sinne eines Qualitätsurteils, im Zweifelsfall ist es einfach schlechter Spielejournalismus.

Im Prinzip kann ich meine Frage selbst beantworten: Natürlich müsste es irgendwelche Youtuber geben, die zum Beispiel Spiele rezensieren (eine Form des spieljournalistischen Spektrums) und gleichzeitig mit Spieleherstellern Kooperationen für product placements eingehen. Also nicht dass mir jemand konkretes vorschwebt, aber ich bin sicher, dass es sowas gibt.
Stuttgarter
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Re: Runde #184: Jochen on the road (EGX Berlin 2018)

Beitrag von Stuttgarter »

Grundsätzlich verstehe ich, woher die Idee kommt, auch Jochens Reportage sei Teil von "Influencing". Die entscheidende Frage wird letztlich sein, was Jochen draus macht. Die Gefahr einer "Fraternisierung" auf welche Art auch immer ist sicher gegeben - andererseits dürfte das Jochen selbst am meisten bewusst sein, sodass er mit Sicherheit extrem gegensteuern dürfte. (Abgesehen davon, dass er, wenn ichs richtig mitbekommen habe, nur alle paar Wochen mal bei denen ist - da dürfte es nochmal einfacher sein, Distanz zu wahren, als wenn er dort ein und aus gehen würde.)

Der sog. "embedded journalism" läuft immer Gefahr, sich vereinnahmen zu lassen. Gute Journalisten werden dem so weit wie möglich entgegenwirken. Und wenn ihnen das gelingt, sind tatsächliche Einblicke möglich, die man so sonst nicht bekäme - und die dennoch keine Werbung für den besprochenen Gegenstand darstellen (wenn man nicht auf dem Standpunkt steht, dass jede Story letztlich Werbung für den oder das ist, was verhandelt wird).
monieu
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Re: Runde #184: Jochen on the road (EGX Berlin 2018)

Beitrag von monieu »

Ich wiederhole mich sicherheitshalber nochmal, weil ich auch nicht möchte, dass man meinen Vergleich als einen Vorwurf gegen Jochen missversteht.
Stuttgarter hat geschrieben: 16. Okt 2018, 19:08Grundsätzlich verstehe ich, woher die Idee kommt, auch Jochens Reportage sei Teil von "Influencing". Die entscheidende Frage wird letztlich sein, was Jochen draus macht.
Mein Argument ist, genau darauf kommt es nicht an. Ausgangspunkt war die Idee, wer Influencer ist, bestimmt das Marketing. Nun wenn das Marketing sagt, lasst uns mal mit diesem Journalisten zusammenarbeiten, wir versprechen uns davon eine positive Werbewirkung über seine persönliche Reichweite, dann erfüllt der Journalist die Influencerfunktion aus Sicht des Marketings, egal was er tut. Das gilt selbst dann noch, wenn die Firma nach der Reportage pleite ist und der Geschäftsführer im Exil, weil der Blick hinter die Kulissen so verheerend gewesen ist. ;)
Dave
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Re: Runde #184: Jochen on the road (EGX Berlin 2018)

Beitrag von Dave »

monieu hat geschrieben: 16. Okt 2018, 18:22
Dave hat geschrieben: 16. Okt 2018, 18:08
monieu hat geschrieben: 16. Okt 2018, 09:59 Mich würde mal interessieren, es muss doch auch Leute geben, die als Influencer gelten, aber gleichzeitig Inhalte aus dem spielejournalistischen Spektrum erstellen? Oder ist das wirklich so hundertprozentig ausgeschlossen, wie Jochen glaubt?
Meinst du den Kanal, auf dem etwas publiziert wird oder die analytische Qualität?
Die Qualität, wenn ich die Nachfrage richtig verstehe. Allerdings nicht im Sinne eines Qualitätsurteils, im Zweifelsfall ist es einfach schlechter Spielejournalismus.

Im Prinzip kann ich meine Frage selbst beantworten: Natürlich müsste es irgendwelche Youtuber geben, die zum Beispiel Spiele rezensieren (eine Form des spieljournalistischen Spektrums) und gleichzeitig mit Spieleherstellern Kooperationen für product placements eingehen. Also nicht dass mir jemand konkretes vorschwebt, aber ich bin sicher, dass es sowas gibt.
Gemäß dem würde ich ein klares "Ja" hinzugeben. Wie in meinem ersten Post in diesem Thread geschrieben, bin ich selbst als Content Creator unterwegs, würde aber Teile des Contents, den ich mache, als bessere Analyse begreifen als die meisten Berichte zu den Spielen, die ich mir genauer betrachte. Das sind teilweise Sachen, die man gar nicht von einem gängigen Spieleredakteur fordern kann, weil einige Inhalte sehr tief ins Detail gehen. Dennoch würde ich es als eine Form der redaktionellen Arbeit sehen, bei der man sich mit der Materie des Spiels genauer auseinandersetzt. Oder um mal von mir abzulenken: Fabian Siegismunds Battlefield Tutorials ;)
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Ricer
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Re: Runde #184: Jochen on the road (EGX Berlin 2018)

Beitrag von Ricer »

monieu hat geschrieben: 16. Okt 2018, 19:26 Ich wiederhole mich sicherheitshalber nochmal, weil ich auch nicht möchte, dass man meinen Vergleich als einen Vorwurf gegen Jochen missversteht.
Stuttgarter hat geschrieben: 16. Okt 2018, 19:08Grundsätzlich verstehe ich, woher die Idee kommt, auch Jochens Reportage sei Teil von "Influencing". Die entscheidende Frage wird letztlich sein, was Jochen draus macht.
Mein Argument ist, genau darauf kommt es nicht an. Ausgangspunkt war die Idee, wer Influencer ist, bestimmt das Marketing. Nun wenn das Marketing sagt, lasst uns mal mit diesem Journalisten zusammenarbeiten, wir versprechen uns davon eine positive Werbewirkung über seine persönliche Reichweite, dann erfüllt der Journalist die Influencerfunktion aus Sicht des Marketings, egal was er tut. Das gilt selbst dann noch, wenn die Firma nach der Reportage pleite ist und der Geschäftsführer im Exil, weil der Blick hinter die Kulissen so verheerend gewesen ist. ;)
Eine solche Diskussion gab es doch im Rahmen der Besserwisser-Folge mit Fabian Döhla. The Pod wurde unterstellt sich als "Influencer" für ein neues Sonic Spiel missbrauchen zu lassen. Dem stimme ich nicht zu, aber letztendlich wurde diese Folge mit offizieller Entschuldigung als Ausrutscher gebrandmarkt! #Influencergate
Jochen

Re: Runde #184: Jochen on the road (EGX Berlin 2018)

Beitrag von Jochen »

monieu hat geschrieben: 16. Okt 2018, 18:10Also ich glaube, man kommt aus der strukturellen Analogie nicht heraus
Doch, doch: Man kommt sogar problemlos heraus. Denn deine Definition von "Influencer" ist inzwischen so breit gefasst, dass sie keinen Journalismus mehr zulässt. Die ARD interviewt Angela Merkel? Influencer. Der Spiegel-Journalist, der Martin Schulz beim Wahlkampf begleitet und später dokumentiert? Ein Influencer. Das kann man natürlich aus Spaß am Argumentieren machen, aber dabei macht man gleich, was nicht gleich ist. Aus einer einzigen (und in diesen Fällen auch noch relativ unwichtigen) Überschneidung wird ein konstituierendes Merkmal konstruiert. Bloß ist das gar nicht konstituierend - weder für den Journalismus noch für den diffusen Begriff des Influencers. Siehe:
monieu hat geschrieben: 16. Okt 2018, 19:26Mein Argument ist, genau darauf kommt es nicht an. Ausgangspunkt war die Idee, wer Influencer ist, bestimmt das Marketing. Nun wenn das Marketing sagt, lasst uns mal mit diesem Journalisten zusammenarbeiten, wir versprechen uns davon eine positive Werbewirkung über seine persönliche Reichweite, dann erfüllt der Journalist die Influencerfunktion aus Sicht des Marketings, egal was er tut.
Diese Idee ist zwar eine nette intellektuelle Fingerübung, aber sie hält keiner Prüfung stand. Schönes historisches Beispiel: Frost und Nixon. Da dachte das Nixon-Camp nämlich: Der Frost ist doch eine Luftpumpe, den können wir toll instrumentalisieren, um unseren umstrittenen Ex-Präsidenten gut aussehen zu lassen. Influencer, ganz klar! Doch halt: Herausgekommen ist eine der Sternstunden des modernen Journalismus. Du konstruierst hier ein klassisches "argumentum ad verecundiam" - etwas ist wahr, weil eine Autorität (in dem Fall das Marketing) sagt, dass es wahr ist. Das ist ein logischer Fehlschluss aus dem Lehrbuch - und schiebt dem Marketing nebenbei noch einen Einfluss in die Schuhe, den es in dieser totalitären Form nicht hat.

Dinge besitzen sehr, sehr selten ein konstituierendes Merkmal. Sie besitzen viele. Und manche davon teilen sie sich mit ganz anderen Dingen. Man muss aufpassen, dass man unter der Flagge der Differenzierung nicht versehentlich in die Pauschalisierung segelt.
Stuttgarter
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Re: Runde #184: Jochen on the road (EGX Berlin 2018)

Beitrag von Stuttgarter »

Jochen hat geschrieben: 17. Okt 2018, 11:37 Schönes historisches Beispiel: Frost und Nixon. Da dachte das Nixon-Camp nämlich: Der Frost ist doch eine Luftpumpe, den können wir toll instrumentalisieren, um unseren umstrittenen Ex-Präsidenten gut aussehen zu lassen. Influencer, ganz klar! Doch halt: Herausgekommen ist eine der Sternstunden des modernen Journalismus.
Nur als Anmerkung - zu genau diesem Thema gibt es ein Theaterstück, das unter dem Titel "Frost/Nixon" sehr sehenswert verfilmt wurde. Nach "All the president's men" und "Spotlight" sicher einer der besten Filme zum Thema "Journalismus".
Nordhesse80
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Re: Runde #184: Jochen on the road (EGX Berlin 2018)

Beitrag von Nordhesse80 »

Stuttgarter hat geschrieben: 17. Okt 2018, 12:05
Nur als Anmerkung - zu genau diesem Thema gibt es ein Theaterstück, das unter dem Titel "Frost/Nixon" sehr sehenswert verfilmt wurde. Nach "All the president's men" und "Spotlight" sicher einer der besten Filme zum Thema "Journalismus".
Oh den kannte ich noch gar nicht. Danke für die Empfehlung. 👍😁👍
monieu
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Re: Runde #184: Jochen on the road (EGX Berlin 2018)

Beitrag von monieu »

Einordnung

Kurz rekapituliert wie ich auf den Vergleich gekommen bin. Ausgangspunkt war diese Aussage von Numfuddle:
Numfuddle hat geschrieben: 16. Okt 2018, 12:18 Leute, der Begriff „Influencer“ kommt aus dem Marketing.

Es mag ja sein, dass sich die Betroffenen selbst nicht als Werbesprachrohre begreifen und das viele von denen auch quasi-journalistisch arbeiten. Das Marketing der Publisher behandelt sie aber so, [...]
Im Allgmeinen verwende ich Influencer auch anders, nämlich als eine Gruppe von Personen, die sich mit dieser Rolle stärker identifizieren, sich vermutlich weniger als Journalisten sehen und für die diese Tätigkeit eine wichtige oder die wichtigste Einkommensquelle ist. Aber als Begriffsherkunft würde ich wie Numfuddle auf die Prägung durch das Marketing verweisen. Ich wollte allerdings verdeutlichen, was die Konsequenz des Bestehens auf der reinen Funktionsdefinition ist und habe dafür das Deck 13-Beispiel herangezogen.

Definition
Jochen hat geschrieben: 17. Okt 2018, 11:37[...] für den diffusen Begriff des Influencers.
Wie gesagt der Begriff ist diffus, wenn er auf eine Personengruppe angewendet wird. Als Marketingfunktion halte ich ihn aber für recht eindeutig. Nochmal zusammengenommen, vielleicht kannst du ja sagen, ob du dem zustimmst.

Als Influencer gilt eine Person, wenn:
  • Die Person erhält eine Leistung, ihre Gegenleistung ist es einen Inhalt zu produzieren und zu veröffentlichen.
  • Das aus Marketing Sicht zu Bewerbende ist in diesen Inhalt integriert und nicht auf einer Werbefläche separiert.
  • Der Inhalt wird unter Nutzung der persönlichen Reichweite der Person verbreitet.
Jochen hat geschrieben: 17. Okt 2018, 11:37Denn deine Definition von "Influencer" ist inzwischen so breit gefasst, dass sie keinen Journalismus mehr zulässt.
Einige Abgrenzungen, um zu zeigen, dass die Definition nicht beliebig weit ist:

Man könnte sagen, wenn ihr einen Gast habt und es wird zum Beispiel über dessen neu veröffentlichtes Spiel gesprochen, fungiert ihr ebenfalls als Influencer. Was dagegen spricht: Die Gegenleistung, im Vergleich etwa zur Kooperation mit Deck 13, ist nicht sehr groß und damit vielleicht zu vernachlässigen. Ihr könntet genau diese Sendung nicht machen, aber ohne den Gast wäre sie möglich oder einfach ein anderes Thema (zu Punkt 1). Der Gast muss keine realistische Erwartung haben, dass sein Spiel durch die Besprechung beworben wird (zu Punkt 2). Schließlich das Dabeisein aus anderen Motiven als der Werbewirkung ist eine echte Alternative (zu Punkt 2).

Wärst du bei einer Spielezeitschrift oder einem vergleichbaren Medium würdest du nicht unter diese Influencerdefinition fallen (zu Punkt 3). Bei eurem Podcastmagazin würde ich aber sagen, ihr seit als Einzelpersonen klar sichtbar und wirkt mehr als euer Medium. (Ich meine, das Magazin wird unter mindestens drei Namen - Auf ein Bier, The Pod, gamespodcast.de - gehandelt. Markenkonsolidierung sieht anders aus. :P)

Und zum Punkt, es bleibt kein Raum für Journalismus: Ich würde sagen man kann Journalist sein, journalistisch arbeiten und gleichzeitig im Sinne der oberen Definition durch Marketing als Influencer verwendet werden. Unter dem Vorbehalt sehe keinen gegenseitigen Ausschluss von beidem.

Gegenargumente
Jochen hat geschrieben: 17. Okt 2018, 11:37 Die ARD interviewt Angela Merkel? Influencer. Der Spiegel-Journalist, der Martin Schulz beim Wahlkampf begleitet und später dokumentiert? Ein Influencer.
Nein, die fallen heraus, weil es nicht ihre persönliche Reichweite ist, die genutzt wird. (Wobei ich nur nebenbei auf die vorherige Diskussion verweisen will, wo einige bereit waren ganzen Medien als das institutionelle Äquivalent eines Influencers zu sehen.)

Grundsätzlich, wenn man Politiker als Marken bzw. politische Botschaften als Produkte sieht, und das tut deren PR vermutlich, dann kann ich mir eine "Nutzung" eines unabhängigen Journalisten mit eigener Reichweite als Influencer durchaus vorstellen. Ich weiß nicht, ob die Öffentlichkeitsarbeit, diese Bezeichnung verwenden würde, aber gerade in der politischen PR ist doch klar, dass man sich immer sehr genau überlegt, welche Medien man bespielen muss, mit welchen Journalisten man zusammenarbeiten will. Influencer zu verwenden ist schließlich nur eine spezielle Form einer gängigen Praxis.
Jochen hat geschrieben: 17. Okt 2018, 11:37Schönes historisches Beispiel: Frost und Nixon. Da dachte das Nixon-Camp nämlich: Der Frost ist doch eine Luftpumpe, den können wir toll instrumentalisieren, um unseren umstrittenen Ex-Präsidenten gut aussehen zu lassen. Influencer, ganz klar! Doch halt: Herausgekommen ist eine der Sternstunden des modernen Journalismus.
Das überzeugt mich nun gar nicht. Ist doch vollkommen klar, dass jemand den schmerzhaftesten Kommerzscheiß nehmen und daraus ein Kunstwerk schaffen kann, oder eben den fiesesten PR-Job und daraus ein gefeiertes Duell. Eine Einschränkung würde ich machen, war die Nixon-Sache schon Eigenwerbung oder eigentlich noch Schadensbegrenzung? Denn bei letzterem sind die Grundparameter eventuell nochmal anders gesetzt.

Worauf wir uns meinethalben einigen können ist rückwirkende Aberkennung des Influencerstatus. Wenn also das Marketing hinterher sagt: Niemals, niemals hätte es uns in den Sinn kommen dürfen, diese Person als Influencer für uns nutzen zu können! Scherz beiseite, ist doch der gleiche Punkt wie vorher, wenn ich das von der Erwartung des Marketings her definiere, dann ändert sich die Nutzung als Influencer auch nicht, wenn es total daneben gegangen ist.
Jochen hat geschrieben: 17. Okt 2018, 11:37Du konstruierst hier ein klassisches "argumentum ad verecundiam" - etwas ist wahr, weil eine Autorität (in dem Fall das Marketing) sagt, dass es wahr ist. Das ist ein logischer Fehlschluss aus dem Lehrbuch - und schiebt dem Marketing nebenbei noch einen Einfluss in die Schuhe, den es in dieser totalitären Form nicht hat.
Schon richtig, nur ist diese Konstruktion die Definition, die ich als Prämisse nehme. Du stimmst halt der Prämisse nicht zu, das ist in Ordnung.

Zwei Sachen will ich aber anmerken: Ich sage nicht, dass das Marketing die Hoheit über den Begriff hat, aber ich denke es ist klar, dass sie ihn ursprünglich geprägt haben. Und damit ist mein Rückgriff auf ihre Definition nicht arbiträr. Wenn jemand als Influencer gilt, dann wird man im letzten Schritt zur Erklärung seines Status genau darauf verweisen, dass die Person im Interesse von jemand anderem auf eine bestimmte Art und Weise ihren Einfluss geltend macht.

---

Hey, wo ich schonmal deine Aufmerksamkeit habe, kann ich dich nochmal auf diese frühere Frage zur Denkfabrik hinweisen?
monieu hat geschrieben: 15. Okt 2018, 15:02Zitierung von Spielen: Mich hätte interessiert, was Jochens Mitdenker denn von Let's Plays als Sammlungen von Spielszenen halten? Kam das Thema auf?
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