Einordnung
Kurz rekapituliert wie ich auf den Vergleich gekommen bin. Ausgangspunkt war diese Aussage von Numfuddle:
Numfuddle hat geschrieben: ↑16. Okt 2018, 12:18
Leute, der Begriff „Influencer“ kommt aus dem Marketing.
Es mag ja sein, dass sich die Betroffenen selbst nicht als Werbesprachrohre begreifen und das viele von denen auch quasi-journalistisch arbeiten. Das Marketing der Publisher behandelt sie aber so, [...]
Im Allgmeinen verwende ich Influencer auch anders, nämlich als eine Gruppe von Personen, die sich mit dieser Rolle stärker identifizieren, sich vermutlich weniger als Journalisten sehen und für die diese Tätigkeit eine wichtige oder die wichtigste Einkommensquelle ist. Aber als Begriffsherkunft würde ich wie Numfuddle auf die Prägung durch das Marketing verweisen. Ich wollte allerdings verdeutlichen, was die Konsequenz des Bestehens auf der reinen Funktionsdefinition ist und habe dafür das Deck 13-Beispiel herangezogen.
Definition
Jochen hat geschrieben: ↑17. Okt 2018, 11:37[...] für den diffusen Begriff des Influencers.
Wie gesagt der Begriff ist diffus, wenn er auf eine Personengruppe angewendet wird. Als Marketingfunktion halte ich ihn aber für recht eindeutig. Nochmal zusammengenommen, vielleicht kannst du ja sagen, ob du dem zustimmst.
Als Influencer gilt eine Person, wenn:
- Die Person erhält eine Leistung, ihre Gegenleistung ist es einen Inhalt zu produzieren und zu veröffentlichen.
- Das aus Marketing Sicht zu Bewerbende ist in diesen Inhalt integriert und nicht auf einer Werbefläche separiert.
- Der Inhalt wird unter Nutzung der persönlichen Reichweite der Person verbreitet.
Jochen hat geschrieben: ↑17. Okt 2018, 11:37Denn deine Definition von "Influencer" ist inzwischen so breit gefasst, dass sie keinen Journalismus mehr zulässt.
Einige Abgrenzungen, um zu zeigen, dass die Definition nicht beliebig weit ist:
Man könnte sagen, wenn ihr einen Gast habt und es wird zum Beispiel über dessen neu veröffentlichtes Spiel gesprochen, fungiert ihr ebenfalls als Influencer. Was dagegen spricht: Die Gegenleistung, im Vergleich etwa zur Kooperation mit Deck 13, ist nicht sehr groß und damit vielleicht zu vernachlässigen. Ihr könntet genau diese Sendung nicht machen, aber ohne den Gast wäre sie möglich oder einfach ein anderes Thema (zu Punkt 1). Der Gast muss keine realistische Erwartung haben, dass sein Spiel durch die Besprechung beworben wird (zu Punkt 2). Schließlich das Dabeisein aus anderen Motiven als der Werbewirkung ist eine echte Alternative (zu Punkt 2).
Wärst du bei einer Spielezeitschrift oder einem vergleichbaren Medium würdest du nicht unter diese Influencerdefinition fallen (zu Punkt 3). Bei eurem Podcastmagazin würde ich aber sagen, ihr seit als Einzelpersonen klar sichtbar und wirkt mehr als euer Medium. (Ich meine, das Magazin wird unter mindestens drei Namen - Auf ein Bier, The Pod, gamespodcast.de - gehandelt. Markenkonsolidierung sieht anders aus.
)
Und zum Punkt, es bleibt kein Raum für Journalismus: Ich würde sagen man kann Journalist sein, journalistisch arbeiten und gleichzeitig im Sinne der oberen Definition durch Marketing als Influencer verwendet werden. Unter dem Vorbehalt sehe keinen gegenseitigen Ausschluss von beidem.
Gegenargumente
Jochen hat geschrieben: ↑17. Okt 2018, 11:37
Die ARD interviewt Angela Merkel? Influencer. Der Spiegel-Journalist, der Martin Schulz beim Wahlkampf begleitet und später dokumentiert? Ein Influencer.
Nein, die fallen heraus, weil es nicht ihre persönliche Reichweite ist, die genutzt wird. (Wobei ich nur nebenbei auf die vorherige Diskussion verweisen will, wo einige bereit waren ganzen Medien als das institutionelle Äquivalent eines Influencers zu sehen.)
Grundsätzlich, wenn man Politiker als Marken bzw. politische Botschaften als Produkte sieht, und das tut deren PR vermutlich, dann kann ich mir eine "Nutzung" eines unabhängigen Journalisten mit eigener Reichweite als Influencer durchaus vorstellen. Ich weiß nicht, ob die Öffentlichkeitsarbeit, diese Bezeichnung verwenden würde, aber gerade in der politischen PR ist doch klar, dass man sich immer sehr genau überlegt, welche Medien man bespielen muss, mit welchen Journalisten man zusammenarbeiten will. Influencer zu verwenden ist schließlich nur eine spezielle Form einer gängigen Praxis.
Jochen hat geschrieben: ↑17. Okt 2018, 11:37Schönes historisches Beispiel: Frost und Nixon. Da dachte das Nixon-Camp nämlich: Der Frost ist doch eine Luftpumpe, den können wir toll instrumentalisieren, um unseren umstrittenen Ex-Präsidenten gut aussehen zu lassen. Influencer, ganz klar! Doch halt: Herausgekommen ist eine der Sternstunden des modernen Journalismus.
Das überzeugt mich nun gar nicht. Ist doch vollkommen klar, dass jemand den schmerzhaftesten Kommerzscheiß nehmen und daraus ein Kunstwerk schaffen kann, oder eben den fiesesten PR-Job und daraus ein gefeiertes Duell. Eine Einschränkung würde ich machen, war die Nixon-Sache schon Eigenwerbung oder eigentlich noch Schadensbegrenzung? Denn bei letzterem sind die Grundparameter eventuell nochmal anders gesetzt.
Worauf wir uns meinethalben einigen können ist rückwirkende Aberkennung des Influencerstatus. Wenn also das Marketing hinterher sagt: Niemals, niemals hätte es uns in den Sinn kommen dürfen, diese Person als Influencer für uns nutzen zu können! Scherz beiseite, ist doch der gleiche Punkt wie vorher, wenn ich das von der Erwartung des Marketings her definiere, dann ändert sich die Nutzung als Influencer auch nicht, wenn es total daneben gegangen ist.
Jochen hat geschrieben: ↑17. Okt 2018, 11:37Du konstruierst hier ein klassisches "argumentum ad verecundiam" - etwas ist wahr, weil eine Autorität (in dem Fall das Marketing) sagt, dass es wahr ist. Das ist ein logischer Fehlschluss aus dem Lehrbuch - und schiebt dem Marketing nebenbei noch einen Einfluss in die Schuhe, den es in dieser totalitären Form nicht hat.
Schon richtig, nur ist diese Konstruktion die Definition, die ich als Prämisse nehme. Du stimmst halt der Prämisse nicht zu, das ist in Ordnung.
Zwei Sachen will ich aber anmerken: Ich sage nicht, dass das Marketing die Hoheit über den Begriff hat, aber ich denke es ist klar, dass sie ihn ursprünglich geprägt haben. Und damit ist mein Rückgriff auf ihre Definition nicht arbiträr. Wenn jemand als Influencer gilt, dann wird man im letzten Schritt zur Erklärung seines Status genau darauf verweisen, dass die Person im Interesse von jemand anderem auf eine bestimmte Art und Weise ihren Einfluss geltend macht.
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Hey, wo ich schonmal deine Aufmerksamkeit habe, kann ich dich nochmal auf diese frühere Frage zur Denkfabrik hinweisen?
monieu hat geschrieben: ↑15. Okt 2018, 15:02Zitierung von Spielen: Mich hätte interessiert, was Jochens Mitdenker denn von Let's Plays als Sammlungen von Spielszenen halten? Kam das Thema auf?