Sorry, wenn mein Post nicht auf den Diskurs hier eingeht, habe die Folge eben gehört und möchte nur meine Gedanken dazu kurz festhalten. Also...
Briefmarken
Das Beispiel mit den Briefmarken ist sehr unpassend, weil hier ein existierendes Hobby zum Zwecke der Veranschaulichung genommen wurde - und dann aber aber in den Verhältnissen dermaßen verzerrt wurde, was der ganzen Sinn der Übung (die Sache anschaulich zu gestallten) vollkommen über den Haufen geworfen wirft. Das Verhältnis zwischen Geld welches in Porto investiert wird, und den Wert von Briefmarken, die zu Sammelzwecken aus der Postökonomie heraus gezogen wird, ist garantiert nicht ansatzweise bei 1 zu 10. Das Geld, mit welchen Briefmarkensammlerinnen die Post sozusagen "subventionieren" wird so verschwindend gering, dass es keinerlei Einfluss auf das Unternehmen hat.
Gäbe es tatsächlich ein Verhältnis 1 zu 10, dann würde die Post in Reaktion darauf ihr gesamte Geschäftsmodell signifikant verändern. Und da ein potentiell ausgedachtes alternatives Post-Geschäftsmodell über alle Maßen spekulativ wäre, würde es auch keinen Sinn machen, davon Erkenntnisse abzuleiten, die man dann auf die Computerspielebranche übertragen könnte.
Erst-mal-beobachten-Konzept
Wolfgang meint, man müsse erst mal beobachten wohin sich das entwickle, bevor er da ein Urteil fällen wolle. Auch meinte er, dass man von den Unternehmen erst mal erwarten solle, dass die sich ethisch korrekt verhalten. Und, dass man den Kunden nicht rein reden sollte, wenn sie Lust haben, unentgeltlich freiwillig zu helfen. (Die letzte Aussage impliziert die Prämisse des vollkommen mündigen Kunden.)
Das sind drei klassisch neoliberale Aussagen:
- Man darf eine Idee nicht verurteilen, bevor sie nicht in der "freien Welt" (sprich: Wirtschaft) versagt hat.
- Selbstverantwortlichkeit soll dem Unternehmen gelassen werden.
- Das Individuum soll die persönlich Verantwortung über dessen Glück (und damit umgekehrt über dessen Versagen (z.B. sich nicht ausbeuten zu lassen)) tragen.
Dass ihm diese Aussagen so leicht über die Lippen gehen, wo er sich ansonsten eigentlich als großer Supporter (ich sehe ihn sogar als 'Kämpfer') für gesellschaftlichen und kulturellen Fortschritt begreift, mag daran liegen, dass er einen Großteil seines Lebens in der Spielebranche überleben musste, welche - laut seiner Aussage - zeitlich genau aus dem Herzen des Neoliberalismus heraus erblüht ist. Ich meine, wenn man so lange, einer solch dichten Belastung ausgesetzt gewesen war, wie soll die Lunge da Staubfrei bleiben?
Ich bin wahrlich kein Experte, aber soweit wie ich das verstehe ist ein Hauptproblem am Neoliberalismus, dass er in Kombination mit Kapitalismus zu einer ätzenden Entität verschmilzt, die sich durch gesellschaftliche Werte frisst, wie ... Jochen durch die Red Rising Trilogie*. Und die Wahrscheinlichkeit, dass Publisher moralisch Verantwortungsvoll mit der potentiellen Arbeitskraft ihrer Kundschaft umgehen, halte ich für so wahrscheinlich, wie dass Steuererleichterungen für Superreiche die Armut verringert.
*vgl. Podcast 'Kapitel Eins', 'Episode 5: Von Fantasy, SF und Donald Trump';
https://itunes.apple.com/de/podcast/kap ... 64283?mt=2