Secret of Mana (SNES): Ein musikalisches Meisterwerk
Verfasst: 8. Dez 2018, 04:03
Die SNES-Spiele, an welche ich die prägendsten Erinnerungen habe, sind Zelda: A Link to the Past, Secret of Mana, Donkey Kong Country 2 und Mystic Quest. Was sie alle eint, ist ein starker Soundtrack (mit den größten Abstrichen bei Zelda, was jedoch wohl das beeindruckendsde Gameplay bietet), der sowohl die Atmosphäre der jeweiligen Spielwelt hervorragend unterstützt als auch an und für sich gut hörbar ist. Das Spielerlebnis kann durch gute Musik (zumindest in meinem Fall) derart stark gehoben werden, dass selbst ein eigentlich eher mäßiges und monotones Spiel wie Mystic Quest zu einem wirklich vergnüglichen Zeitvertreib werden kann. So kann ich mich noch gut daran erinnern, wie (gerade in meiner Kindheit) abseits des Spielens, etwa beim Wandern, verschiedene Musikstücke nachhallten und entsprechende Bilder im Kopf entstanden; das Spiel lebt dann quasi außerhalb des Spielens weiter und wird in gewisser Weise zu etwas Größerem.
Ein Musterbeispiel für einen exzellenten Soundtrack, der zudem die Atmosphäre des Spieles außerordentlich gut trägt, ist meiner Meinung nach Secret of Mana. Dies möchte ich gerne anhand der ersten Spielabschnitte illustrieren. Wer meinen Ausführungen folgen möchte, dem empfehle ich, endweder den gesamten Soundtrack aufzurufen (und entsprechend zu navigieren) oder aber ein Longplay anzuschauen, z.B. dieses hier:
https://www.youtube.com/watch?v=_TVU4al3Apc
Vorneweg seien noch drei Dinge erwähnt:
- Ich bin kein Musikwissenschaftler oder hauptberuflicher Musiker, sondern verfüge lediglich über relativ viel Hörerfahrung; meine theoretischen und praktischen Musik-Kenntnisse sind limitiert und liegen schon einige Jahre zurück.
- Der Soundchip des Super Nintendo war damals teilweise mit der gleichzeitigen Ausgabe von Musik und Soundeffekten überfordert. Dementsprechend entfaltet sich der Soundtrack während des Spielens nicht in allen Situationen vollständig, d.h. in bestimmten Passagen können einzelne Instrumente bzw. Töne wegfallen, wenn sie durch Soundeffekte “gesperrt” werden
- Zur damaligen Zeit wurde eine Art Midi-Bibliothek verwenden, d.h. die hier beschriebenen Instrumente sind keine echten Instrumente wie sie von einem Orchester oder einer Band eingespielt werden würden. Sie klingen bestenfalls ähnlich den Originalen; ansatzweise vergleichbar mit dem, was Jahrzehnte zuvor schon mit einem Mellotron erzeugt wurde
Nach einer Art Urschrei oder Walgesang - der für heutige Verhältnisse durchaus antiquiert klingt - beginnt unsere musikalisch wie spielerisch abenteuerliche Reise mit der Titel-Musik ("Fear of the Heavens" https://www.youtube.com/watch?v=qKR2yNy4yOA), die verhalten und melancholisch beginnt und zunächst eine recht friedliche Stimmung verbreitet. Eine Art Klavier mit Nachhall (wodurch die Melancholie verstärkt wird und nostalgische Gefühle aufkommen mögen) ist das bestimmende Instrument, wobei es im zweiten Abschnitt des Stückes an Fahrt aufnimmt, sich wie eine Art Perlenregen über den Hörer ergießt und Streicher- sowie Synthie-Klänge Spannung heraufbeschwören, endend in einem eher düsteren und mysteriös anmutenden Abschluss.
Bereits im Titel-Stück kommt eine Art Flöte zum Einsatz und auch vielen weiteren Stücken haftet etwas frühlingshaft-sommerliches an. Wer für Synästhesie empfänglich ist, dem schwebt vielleicht vorwiegend die Farbe grün vor und sie dominiert durchaus auch die grafische Gestaltung der Spielwelt, zumindest in den ersten Abschnitten und im Spiele-Cover mit dem Mana-Baum zum Ausdruck kommend. Auch die Musik, die während der Charaktererstellung ertönt, strahlt eine entsprechende Hoffnung und Aufbruchsstimmung aus und funktioniert trotz des extrem kurzen Loops von nur wenigen Sekunden erstaunlich gut.
Der folgende Prolog wird durch eine überaus düstere und gemächlich voranschreitende Musik ("In the Dead of Night" https://www.youtube.com/watch?v=WCFGXJwnIHQ) untermalt. So hören wir unter anderem einen monotonen und metallisch klingenden Bass und sehen Kamerafahrten über die Mana-Festung und in Dunkelheit getauchte Landschaften. Für unseren Protagonisten und seine jungen Gefährten ist von dieser Bedrohung zunächst jedoch nicht viel zu spüren und so hören wir verspielt klingende Musik ("Together Always" https://www.youtube.com/watch?v=BLSCXXw3syI), ehe unser Held in die Tiefe stürzt. Diese Schrecksekunde wird illustriert durch einen Moment der Stille (abgesehen vom Wasserfall), aber da er sich anscheinend nichts gebrochen hat, geht es zunächst musikalisch weiter als sei nichts geschehen. Auch das Ergreifen des Mana-Schwertes wird von einem Moment der Stille begleitet, gefolgt von einem Soundeffekt passend zum Lichteffekt.
Anschließend befinden wir uns in den ersten Kampf-Abschnitten, die in knalligen Farben mit dominierendem Grün daherkommen. Entsprechend gestaltet sich die Musik ("Into the Thick of It" https://www.youtube.com/watch?v=weKP4VLcDzg): Mit moderatem Tempo voranschreitend, in der Melodieführung von der Flöte dominiert, mit warmen Klängen, überwiegend verträumt-verspielt, aber auch mit einem Hauch Mystik und Bedrohung, dargestellt von tiefen geisterhaft klingenden Synthie-Klängen. Die Welt scheint noch einigermaßen in Odernung – wer hat schon Angst vor Pogopuscheln? – aber vielleicht wird sich die Situation noch ändern.
Einige Minuten später erreichen wir ein sehr willkommend anmutendes Dorf, was die Stimmung unseres Helden deutlich heben sollte. Dies wird untermalt von überaus fröhlicher Musik ("The Colour of the Summer Sky" https://www.youtube.com/watch?v=nv4rUFFm8ss): Bereits die ersten Takte klingen zuckersüß, ähnlich einem Kinderlied (durchaus begünstigt durch die gewählten Instrumente), ehe ein im Offbeat gespieltes Schlagzeug einsetzt und eine Art Harmonika Melodien spielt, die Gefühle wie Sehnsucht und Geborgenheit wecken. Mit den teils langgezogenen Noten atmet man quasi ein Stück Heimatluft. Der letzte Abschnitt des Stückes ist einfach pure verträumt-verspielte Freude.
Nach einer Gesprächssequenz und einem lauten Grollen befinden wir uns jedoch urplötzlich in unserem ersten Bosskampf und so ändert sich auch die musikalische Untermalung vollständig, denn es folgt eines der interessantesten, gewagtesten (und meiner Meinung nach besten) Stücke: In hohem Tempo prasseln maschinenpistolenartig abwärts gerichtete Tonfolgen auf uns ein; nicht ohne Grund heißt das Stück “Danger!” (https://www.youtube.com/watch?v=wdIyxSVtPek). Das Schlagzeug und ein hämmernder Bass wüten und vorbei ist es mit friedlichen Pianoklängen, sondern düstere Synthieklänge bestimmen zudem das Klangbild. Die folgende Passage, in der sich das Schlagzeug zurückhält, klingt nicht minder bedrohlich; die dissonnten Klänge deuten Chaos an und verdeutlichen die Verwirrung des Helden, der mit dieser Situation zunächst nicht richtig umzugehen weiß. Das Schlagzeug kommt wieder hinzu und die Dramatik spitzt sich weiter zu, mit an Alarm-Signalen erinnernde Tonfolgen. Der Synthesizer deutet Kapitulation an, doch auf einmal, gepaart mit einer aufwärts gerichteten Tonfolge, scheint sich das Blatt zu wenden: Unser Held hat wohl einen Geistesblitz, die Puzzleteile fügen auf einmal zusammen und so ist auch die Musik in dieser Passage triumphal, ein entschlossenes Voranschreiten abbildend. Daran anschließend fließt die Musik in fast schon verträumter Form. Doch aufgepasst: Der Kampf ist noch nicht gewonnen, die Konzentration muss aufrecht erhalten werden und so wird das Stück zunehmend wieder dramatischer, die Gegenseite gewinnt wieder an Macht und der Loop wird vollendet; das Stück beginnt von vorne.
Ist der Kampf gewonnen, so werden wir akustisch zunächst mit einem kleinen triumphalen Jingle belohnt. Noch besser jedoch das nun folgende Stück “The Calm before the Storm” (https://www.youtube.com/watch?v=JcG4lls1Xuo), welches majestätisch den Sieg über das erste große Monster bestätigt. Es fällt hörbar eine große Last von den Schultern des Helden, gut spürbar in den langsamen und magisch angehauchten Momenten. Garniert wird das Ganze etwa durch trillernde Flötentöne und bedeutungsschwangere Glockenklänge. An diesem Stück merkt man exemplarisch, wie sehr sich der Komponist darum bemüht, dass die verschiedenen Abschnitte elegant ineinander übergehen, alles sich im Fluss befindet und auch eine gewisses Maß an Dynamik besteht (nicht nur im Sinne der Lautstärke), welche hier andeutet, dass bereits einiges hinter dem Helden liegt, aber vor allem noch vieles vor ihm.
Es folgt nach einer Gesprächssequenz ein sehr ruhiges und verträumtes, durchaus melancholisches Stück ("One of them is Hope" https://www.youtube.com/watch?v=Dj1-IxNGEjI), welches das Thema des Titel-Stückes aufgreift. Die dezent, aber wirkungsvoll eingesetzten Streicher erinnern übrigens an Mellotron-Klänge, die ich vor Beginn unseres musikalischen Abenteuers erwähnt hatte. Das Mellotron hat vor allem im frühen Progressive Rock zwischen 1969 und 1973 eine nicht unerhebliche Bedeutung und ich habe den Eindruck, dass sich der Komponist von diesem äußerst abwechslungsreichen (und oft stimmungsvollen) Genre, welches im Prinzip keine Grenzen kennt (so müssen die Instrumente keine Rock-Instrumente sein), hat inspirieren lassen. Hörbar wird dies auch in der folgenden Cover-Version der im späteren Verlauf vorkommenden Stücke “Prophecy” und “Meridian Dance”:
https://www.youtube.com/watch?v=ZvmyeLyiYAc
Auffällig an “Prophecy” (https://www.youtube.com/watch?v=zm-itS4NZUA) ist, neben der allgemeinen hoffnungsvoll-verträumten Strahlkraft dieses Klangfeuerwerkes, dass im ersten Abschnitt mit 5/4 eine “krumme” bzw. untypische Taktart verwendet wird, denn gewöhnlich wird ja bis 3 oder 4 (2+2) gezählt. Kombinationen aus 3er- und 2er-Blöcken (5 = 3+2 als nur ein Beispiel) kann zu einer Art “entrücktem” Höreindruck führen und so ist es nur allzu passend, dass man in Secret of Mana über die Landschaft fliegt, während “Prophecy” ertönt. Weiterhin bemerkenswert ist der Wechsel zu 6/4 im zweiten Abschnitt, in welchem die Flöte interessante eigene Akzente setzt. Solche Taktartwechsel werden im Progressive Rock sehr gerne gewählt.
Bei “Meridian Dance” (https://www.youtube.com/watch?v=gqEmRjtTVzQ) handelt es sich um das Stück für den Endboss und entsprechend episch ist das Stück gestaltet, wobei die Struktur “Danger” relativ stark ähnelt: Auch hier gibt es entsprechende Spannungsbögen und Überraschungsmomente, in ähnlicher Abfolge. So haben wir hier (Video) ab 1:51 einen Chaos und Hektik illustrierenden Aufbau von Spannung, welche sich ab 2:02 in einen kontrollierten und treibenden, aber nicht minder epischen Abschnitt entlädt und die Melodieführung kann man wohl im wahrsten Sinne des Wortes als “grandios” bezeichnen. Schön auch die unterstützende Melodieführung im Bass, was im Original aber deutlicher rüberkommt. Zum Abschluss des Videos wählt der Interpret einen anderen Weg als das Original und kehrt gar zu “Prophecy” zurück.
Auch wenn es beim an Schwächen (eine wäre vielleicht "Dancing Animals" https://www.youtube.com/watch?v=-CBrkwKlmjQ) mangelnden Soundtrack von Secret of Mana noch viel zu entdecken gäbe, möchte ich es hierbei belassen (wobei "The Dark Star" (https://www.youtube.com/watch?v=KSh6ypTP4j4) sicherlich ein weiteres Highlight mit einem epischen Aufbau ist). Stattdessen möchte ich noch kurz einen kritischen Blick auf die aktuelle Situation von Spiele-Soundtracks, vor allem im AAA-Bereich, richten:
Das Thema “Musik” hat beim Gamespodcast bisher ja eine eher untergeordnete Rolle gespielt. Ich kann mich erinnern, dass vor geraumer Zeit ein Komponist zu Gast war und auch wenn die finanziellen Zwänge der Spiele-Firmen sowie bestimmte (3D-)Spiele-Genres etwas anderes suggerieren, so habe ich einen etwas anderen Standpunkt und möchte sagen: “Die Musik darf der Star in einem Computerspiel sein!” Mit anderen Worten: Die Musik darf sich gerne auch mal aufdrängen und mir Melodien bzw. musikalische Passagen ins Gehirn zaubern, die hängenbleiben; und Stücke, die kleine Abenteuer sind.
Was wir heutzutage vorfinden, ist meiner Meinung nach leider viel zu viel “Hintergrundgeplänkel” und auch die 3D-Ableger von Zelda und Mario (Serien, die traditionell zwar keine herausragenden, aber definitiv mindestens solide Soundtracks ablieferten) haben in dieser Hinsicht zuletzt stark nachgelassen. Ich frage mich dabei, ob das vielleicht auch mit dem Wandel der Zielgruppe zusammenhängt: Früher waren Computerspieler quasi nur “Nerds”, heute ist es – überspitzt formuliert - fast jeder, und evtl. sind Nerds im Allgemeinen einfach musikinteressierter? Vielleicht sind aber heutige (Spiele-)Komponisten auch einfach anders ausgebildet bzw. weniger an klassischen Kompositionstechniken interessiert. Oft genannt wurde auch schon der Verdacht, dass gerade die technische Limitierungen damals dafür gesorgt hatten, dass sich die Musiker auf das Wesentliche konzentrierten. Vielleicht ist nur so zu erklären, was für teils unglaubliche Soundtracks z.B. ein Tim Follin damals für das NES und andere Systeme ablieferte.
Wie seht ihr diese Entwicklung? Vielleicht bin ich aber auch einfach in der Minderheit mit meinem Wunsch nach mehr “aufdringlicher” Musik, die im Ohr bleibt? Und ist “Secret of Mana” auch in euren Augen ein Musterbeispiel für einen gelungenen Soundtrack, der stark zur Atmosphäre im Spiel beiträgt? (Ich halte es übrigens für wahrscheinlich, dass dieses Spiel mit einem mittelmäßigen Soundtrack bei Weitem nicht diesen Kultstatus besitzen würde, denn spielerisch ist es zwar solide und damals durchaus neuartig, aber eben nicht überragend.)
Ein Musterbeispiel für einen exzellenten Soundtrack, der zudem die Atmosphäre des Spieles außerordentlich gut trägt, ist meiner Meinung nach Secret of Mana. Dies möchte ich gerne anhand der ersten Spielabschnitte illustrieren. Wer meinen Ausführungen folgen möchte, dem empfehle ich, endweder den gesamten Soundtrack aufzurufen (und entsprechend zu navigieren) oder aber ein Longplay anzuschauen, z.B. dieses hier:
https://www.youtube.com/watch?v=_TVU4al3Apc
Vorneweg seien noch drei Dinge erwähnt:
- Ich bin kein Musikwissenschaftler oder hauptberuflicher Musiker, sondern verfüge lediglich über relativ viel Hörerfahrung; meine theoretischen und praktischen Musik-Kenntnisse sind limitiert und liegen schon einige Jahre zurück.
- Der Soundchip des Super Nintendo war damals teilweise mit der gleichzeitigen Ausgabe von Musik und Soundeffekten überfordert. Dementsprechend entfaltet sich der Soundtrack während des Spielens nicht in allen Situationen vollständig, d.h. in bestimmten Passagen können einzelne Instrumente bzw. Töne wegfallen, wenn sie durch Soundeffekte “gesperrt” werden
- Zur damaligen Zeit wurde eine Art Midi-Bibliothek verwenden, d.h. die hier beschriebenen Instrumente sind keine echten Instrumente wie sie von einem Orchester oder einer Band eingespielt werden würden. Sie klingen bestenfalls ähnlich den Originalen; ansatzweise vergleichbar mit dem, was Jahrzehnte zuvor schon mit einem Mellotron erzeugt wurde
Nach einer Art Urschrei oder Walgesang - der für heutige Verhältnisse durchaus antiquiert klingt - beginnt unsere musikalisch wie spielerisch abenteuerliche Reise mit der Titel-Musik ("Fear of the Heavens" https://www.youtube.com/watch?v=qKR2yNy4yOA), die verhalten und melancholisch beginnt und zunächst eine recht friedliche Stimmung verbreitet. Eine Art Klavier mit Nachhall (wodurch die Melancholie verstärkt wird und nostalgische Gefühle aufkommen mögen) ist das bestimmende Instrument, wobei es im zweiten Abschnitt des Stückes an Fahrt aufnimmt, sich wie eine Art Perlenregen über den Hörer ergießt und Streicher- sowie Synthie-Klänge Spannung heraufbeschwören, endend in einem eher düsteren und mysteriös anmutenden Abschluss.
Bereits im Titel-Stück kommt eine Art Flöte zum Einsatz und auch vielen weiteren Stücken haftet etwas frühlingshaft-sommerliches an. Wer für Synästhesie empfänglich ist, dem schwebt vielleicht vorwiegend die Farbe grün vor und sie dominiert durchaus auch die grafische Gestaltung der Spielwelt, zumindest in den ersten Abschnitten und im Spiele-Cover mit dem Mana-Baum zum Ausdruck kommend. Auch die Musik, die während der Charaktererstellung ertönt, strahlt eine entsprechende Hoffnung und Aufbruchsstimmung aus und funktioniert trotz des extrem kurzen Loops von nur wenigen Sekunden erstaunlich gut.
Der folgende Prolog wird durch eine überaus düstere und gemächlich voranschreitende Musik ("In the Dead of Night" https://www.youtube.com/watch?v=WCFGXJwnIHQ) untermalt. So hören wir unter anderem einen monotonen und metallisch klingenden Bass und sehen Kamerafahrten über die Mana-Festung und in Dunkelheit getauchte Landschaften. Für unseren Protagonisten und seine jungen Gefährten ist von dieser Bedrohung zunächst jedoch nicht viel zu spüren und so hören wir verspielt klingende Musik ("Together Always" https://www.youtube.com/watch?v=BLSCXXw3syI), ehe unser Held in die Tiefe stürzt. Diese Schrecksekunde wird illustriert durch einen Moment der Stille (abgesehen vom Wasserfall), aber da er sich anscheinend nichts gebrochen hat, geht es zunächst musikalisch weiter als sei nichts geschehen. Auch das Ergreifen des Mana-Schwertes wird von einem Moment der Stille begleitet, gefolgt von einem Soundeffekt passend zum Lichteffekt.
Anschließend befinden wir uns in den ersten Kampf-Abschnitten, die in knalligen Farben mit dominierendem Grün daherkommen. Entsprechend gestaltet sich die Musik ("Into the Thick of It" https://www.youtube.com/watch?v=weKP4VLcDzg): Mit moderatem Tempo voranschreitend, in der Melodieführung von der Flöte dominiert, mit warmen Klängen, überwiegend verträumt-verspielt, aber auch mit einem Hauch Mystik und Bedrohung, dargestellt von tiefen geisterhaft klingenden Synthie-Klängen. Die Welt scheint noch einigermaßen in Odernung – wer hat schon Angst vor Pogopuscheln? – aber vielleicht wird sich die Situation noch ändern.
Einige Minuten später erreichen wir ein sehr willkommend anmutendes Dorf, was die Stimmung unseres Helden deutlich heben sollte. Dies wird untermalt von überaus fröhlicher Musik ("The Colour of the Summer Sky" https://www.youtube.com/watch?v=nv4rUFFm8ss): Bereits die ersten Takte klingen zuckersüß, ähnlich einem Kinderlied (durchaus begünstigt durch die gewählten Instrumente), ehe ein im Offbeat gespieltes Schlagzeug einsetzt und eine Art Harmonika Melodien spielt, die Gefühle wie Sehnsucht und Geborgenheit wecken. Mit den teils langgezogenen Noten atmet man quasi ein Stück Heimatluft. Der letzte Abschnitt des Stückes ist einfach pure verträumt-verspielte Freude.
Nach einer Gesprächssequenz und einem lauten Grollen befinden wir uns jedoch urplötzlich in unserem ersten Bosskampf und so ändert sich auch die musikalische Untermalung vollständig, denn es folgt eines der interessantesten, gewagtesten (und meiner Meinung nach besten) Stücke: In hohem Tempo prasseln maschinenpistolenartig abwärts gerichtete Tonfolgen auf uns ein; nicht ohne Grund heißt das Stück “Danger!” (https://www.youtube.com/watch?v=wdIyxSVtPek). Das Schlagzeug und ein hämmernder Bass wüten und vorbei ist es mit friedlichen Pianoklängen, sondern düstere Synthieklänge bestimmen zudem das Klangbild. Die folgende Passage, in der sich das Schlagzeug zurückhält, klingt nicht minder bedrohlich; die dissonnten Klänge deuten Chaos an und verdeutlichen die Verwirrung des Helden, der mit dieser Situation zunächst nicht richtig umzugehen weiß. Das Schlagzeug kommt wieder hinzu und die Dramatik spitzt sich weiter zu, mit an Alarm-Signalen erinnernde Tonfolgen. Der Synthesizer deutet Kapitulation an, doch auf einmal, gepaart mit einer aufwärts gerichteten Tonfolge, scheint sich das Blatt zu wenden: Unser Held hat wohl einen Geistesblitz, die Puzzleteile fügen auf einmal zusammen und so ist auch die Musik in dieser Passage triumphal, ein entschlossenes Voranschreiten abbildend. Daran anschließend fließt die Musik in fast schon verträumter Form. Doch aufgepasst: Der Kampf ist noch nicht gewonnen, die Konzentration muss aufrecht erhalten werden und so wird das Stück zunehmend wieder dramatischer, die Gegenseite gewinnt wieder an Macht und der Loop wird vollendet; das Stück beginnt von vorne.
Ist der Kampf gewonnen, so werden wir akustisch zunächst mit einem kleinen triumphalen Jingle belohnt. Noch besser jedoch das nun folgende Stück “The Calm before the Storm” (https://www.youtube.com/watch?v=JcG4lls1Xuo), welches majestätisch den Sieg über das erste große Monster bestätigt. Es fällt hörbar eine große Last von den Schultern des Helden, gut spürbar in den langsamen und magisch angehauchten Momenten. Garniert wird das Ganze etwa durch trillernde Flötentöne und bedeutungsschwangere Glockenklänge. An diesem Stück merkt man exemplarisch, wie sehr sich der Komponist darum bemüht, dass die verschiedenen Abschnitte elegant ineinander übergehen, alles sich im Fluss befindet und auch eine gewisses Maß an Dynamik besteht (nicht nur im Sinne der Lautstärke), welche hier andeutet, dass bereits einiges hinter dem Helden liegt, aber vor allem noch vieles vor ihm.
Es folgt nach einer Gesprächssequenz ein sehr ruhiges und verträumtes, durchaus melancholisches Stück ("One of them is Hope" https://www.youtube.com/watch?v=Dj1-IxNGEjI), welches das Thema des Titel-Stückes aufgreift. Die dezent, aber wirkungsvoll eingesetzten Streicher erinnern übrigens an Mellotron-Klänge, die ich vor Beginn unseres musikalischen Abenteuers erwähnt hatte. Das Mellotron hat vor allem im frühen Progressive Rock zwischen 1969 und 1973 eine nicht unerhebliche Bedeutung und ich habe den Eindruck, dass sich der Komponist von diesem äußerst abwechslungsreichen (und oft stimmungsvollen) Genre, welches im Prinzip keine Grenzen kennt (so müssen die Instrumente keine Rock-Instrumente sein), hat inspirieren lassen. Hörbar wird dies auch in der folgenden Cover-Version der im späteren Verlauf vorkommenden Stücke “Prophecy” und “Meridian Dance”:
https://www.youtube.com/watch?v=ZvmyeLyiYAc
Auffällig an “Prophecy” (https://www.youtube.com/watch?v=zm-itS4NZUA) ist, neben der allgemeinen hoffnungsvoll-verträumten Strahlkraft dieses Klangfeuerwerkes, dass im ersten Abschnitt mit 5/4 eine “krumme” bzw. untypische Taktart verwendet wird, denn gewöhnlich wird ja bis 3 oder 4 (2+2) gezählt. Kombinationen aus 3er- und 2er-Blöcken (5 = 3+2 als nur ein Beispiel) kann zu einer Art “entrücktem” Höreindruck führen und so ist es nur allzu passend, dass man in Secret of Mana über die Landschaft fliegt, während “Prophecy” ertönt. Weiterhin bemerkenswert ist der Wechsel zu 6/4 im zweiten Abschnitt, in welchem die Flöte interessante eigene Akzente setzt. Solche Taktartwechsel werden im Progressive Rock sehr gerne gewählt.
Bei “Meridian Dance” (https://www.youtube.com/watch?v=gqEmRjtTVzQ) handelt es sich um das Stück für den Endboss und entsprechend episch ist das Stück gestaltet, wobei die Struktur “Danger” relativ stark ähnelt: Auch hier gibt es entsprechende Spannungsbögen und Überraschungsmomente, in ähnlicher Abfolge. So haben wir hier (Video) ab 1:51 einen Chaos und Hektik illustrierenden Aufbau von Spannung, welche sich ab 2:02 in einen kontrollierten und treibenden, aber nicht minder epischen Abschnitt entlädt und die Melodieführung kann man wohl im wahrsten Sinne des Wortes als “grandios” bezeichnen. Schön auch die unterstützende Melodieführung im Bass, was im Original aber deutlicher rüberkommt. Zum Abschluss des Videos wählt der Interpret einen anderen Weg als das Original und kehrt gar zu “Prophecy” zurück.
Auch wenn es beim an Schwächen (eine wäre vielleicht "Dancing Animals" https://www.youtube.com/watch?v=-CBrkwKlmjQ) mangelnden Soundtrack von Secret of Mana noch viel zu entdecken gäbe, möchte ich es hierbei belassen (wobei "The Dark Star" (https://www.youtube.com/watch?v=KSh6ypTP4j4) sicherlich ein weiteres Highlight mit einem epischen Aufbau ist). Stattdessen möchte ich noch kurz einen kritischen Blick auf die aktuelle Situation von Spiele-Soundtracks, vor allem im AAA-Bereich, richten:
Das Thema “Musik” hat beim Gamespodcast bisher ja eine eher untergeordnete Rolle gespielt. Ich kann mich erinnern, dass vor geraumer Zeit ein Komponist zu Gast war und auch wenn die finanziellen Zwänge der Spiele-Firmen sowie bestimmte (3D-)Spiele-Genres etwas anderes suggerieren, so habe ich einen etwas anderen Standpunkt und möchte sagen: “Die Musik darf der Star in einem Computerspiel sein!” Mit anderen Worten: Die Musik darf sich gerne auch mal aufdrängen und mir Melodien bzw. musikalische Passagen ins Gehirn zaubern, die hängenbleiben; und Stücke, die kleine Abenteuer sind.
Was wir heutzutage vorfinden, ist meiner Meinung nach leider viel zu viel “Hintergrundgeplänkel” und auch die 3D-Ableger von Zelda und Mario (Serien, die traditionell zwar keine herausragenden, aber definitiv mindestens solide Soundtracks ablieferten) haben in dieser Hinsicht zuletzt stark nachgelassen. Ich frage mich dabei, ob das vielleicht auch mit dem Wandel der Zielgruppe zusammenhängt: Früher waren Computerspieler quasi nur “Nerds”, heute ist es – überspitzt formuliert - fast jeder, und evtl. sind Nerds im Allgemeinen einfach musikinteressierter? Vielleicht sind aber heutige (Spiele-)Komponisten auch einfach anders ausgebildet bzw. weniger an klassischen Kompositionstechniken interessiert. Oft genannt wurde auch schon der Verdacht, dass gerade die technische Limitierungen damals dafür gesorgt hatten, dass sich die Musiker auf das Wesentliche konzentrierten. Vielleicht ist nur so zu erklären, was für teils unglaubliche Soundtracks z.B. ein Tim Follin damals für das NES und andere Systeme ablieferte.
Wie seht ihr diese Entwicklung? Vielleicht bin ich aber auch einfach in der Minderheit mit meinem Wunsch nach mehr “aufdringlicher” Musik, die im Ohr bleibt? Und ist “Secret of Mana” auch in euren Augen ein Musterbeispiel für einen gelungenen Soundtrack, der stark zur Atmosphäre im Spiel beiträgt? (Ich halte es übrigens für wahrscheinlich, dass dieses Spiel mit einem mittelmäßigen Soundtrack bei Weitem nicht diesen Kultstatus besitzen würde, denn spielerisch ist es zwar solide und damals durchaus neuartig, aber eben nicht überragend.)