Axel hat geschrieben: ↑6. Jan 2019, 03:25
Und dann wundern sich die Leute, wenn sie in eine handfeste Burnout-Erkrankung reinschlittern. Das sind so die ersten Vorzeichen: Sich selbst keinen Freiraum mehr zugestehn, sich mit "Verantwortlichkeiten" zukleistern, sich kurzgesagt keinen Spaß und keine Entspannung mehr gönnen. Und auch wenn das jetzt krass klingt, nehmen diese Leute dann den Menschen mit schwerwiegenden psychischen Erkrankungen die Plätze bei den Therapeuten weg. Mir haben das schon häufiger Leute aus dem medizinischen Berufszweig im Vertrauen gesagt, dass mittlerweile die meisten Psychotherapie Plätze an Menschen mit Burnout gehen. Und immer dieselben Gründe: Alte Hobbies werden aufgegeben, man lässt sich keine Freiräume mehr, falsche Prioritätensetzung und ein falsches Bild vom "Erwachsensein".
Da muss ich mal kurz deutlich widersprechen: ein echter Burnout (im Gegensatz zu einer zeitweiligen Überarbeitung) ist eine handfeste Erkrankung, die auch einer Therapie bedarf (auf die die Leute dank unseres "hervorragenden" Gesundheitssystems dann oft sogar Monate warten müssen). In einem mir bekannten Fällen ging der Burnout mit einer schweren Depression einher, im anderen mit Angststörungen. In beiden Fällen waren die Betroffenen nicht mehr in der Lage eigenständig ihren Alltag zu gestalten. Auch hat da keiner ein falsches Bild vom Erwachsensein gehabt, sondern die Belastung durch Privat- und Arbeitsleben wurde einfach zu groß (zumindest in einem Fall kombiniert mit einer bereits vorhandenen latenten Depression). In beiden Fällen waren mehrwöchige stationäre Aufenthalte und anschließende Psychotherapien nötig.
Axel hat geschrieben: ↑6. Jan 2019, 03:25
Wie kommt das, dass Menschen sagen, dass es nun Zeit wäre sich jeden Spaß zu verbieten?
Zum Einen ist mein Eindruck, dass es eher so ist, wie Filusi sagt, also dass man nicht plötzlich dasitzt und sagt "jetzt bin ich aber zu alt für diese Computerspiele", sondern sich die Prioritäten verschieben und man immer weniger Gewinn aus Computerspielen zieht. Die Erfordern ja auch immer eine gewisse Investition in Hardware, aber vor allem, was Zeit angeht. Das wird nicht besser dadurch, dass Computerspiele (zumindest im AAA-Bereich) tendenziell länger zu werden scheinen (Open World und Service Games). Und je mehr andere Verpflichtungen man hat, desto schwerer wird es eben, die notwendige Zeit freizuschaufeln und sie dann auch uneingeschränkt zu genießen. Was noch dazu kommt: gerade wenn man auf immersive Single-Player-Erfahrungen steht ist das eben Zeit, die man wirklich allein verbringt und nicht z.B. mit Freunden - also im Gegensatz zu z.B. Brett- oder Pen&Paper-Rollenspielen oder (gemeinsamen) Filmeabenden erstmal keine besonders soziale Veranstaltung.
Man könnte ggf. sagen: es trennt sich eben die Spreu vom Weizen und übrig bleiben diejenigen, für die Computerspiele wirklich das wichtigste Hobby sind.
Axel hat geschrieben: ↑6. Jan 2019, 03:25
Wie kommt das, dass Menschen sagen, dass es nun Zeit wäre sich jeden Spaß zu verbieten? Arbeit allein kann es nicht sein. Früher in den 80ern und 90ern haben die Leute auch 8 Stunden gearbeitet und sind nebenbei noch allerlei Hobbies nachgegangen. Wieso ist das heute nicht mehr so? Was hat sich geändert?
Nachdem ich in den 80ern und 90ern ja auch schon auf der Welt war, ein paar Gedanken dazu, was sich verändert hat:
- Die Art der Arbeitsorganisation (oft gibt es nur noch Ziele, die erreicht werden müssen, anstatt Arbeitsanweisungen, die man eben nach den eigenen Möglichkeiten erledigt)
- Die Arbeitsdichte (weniger Leute müssen mehr Arbeiter erledigen, Pausen werden seltener, die kleine Filiale irgendwo auf dem Dorf wird geschlossen und alle müssen in die Stadt pendeln)
- Die soziale Absicherung (nach einem Jahr gibt es Hartz IV, ganz egal, wie lange Du eingezahlt hast - und wenn Du kündigst, gibt es erstmal drei Monate nichts; die gesetzliche Rente wurde gekürzt, gegen Berufsunfähigkeit muss man sich privat absichern)
- Die Lohnentwicklung (die Durchschnittslöhne in Deutschland haben sich schlechter entwickelt als in anderen europäischen Ländern - da sorgt das leere Konto trotz durchschnittlicher Ausgaben schon mal für Zusatzstress)
Generell war die Welt m.E. in den 80ern und 90ern deutlich entspannter.
Und speziell für den Medienbereich: ich erinnere mich daran, dass mir in meiner Kindheit und Jugend oft unfassbar langweilig war und Computerspiele da einen tollen Ausweg boten. Mittlerweile gibt es aber viele niederschwelligere Angebote (Netflix&Co, Social Networks, Internet-Foren
, etc.) - da fällt es leider aus dem Spielen wieder rauszudriften.