Nachgeforscht: Körperbilder
Verfasst: 17. Apr 2019, 04:05
Eigentlich ist “Nachgeforscht” eine meiner liebsten Podcast-Serien hier. Zum Thema Körperbilder würde ich jedoch gerne anmerken (kurz gesagt: ich finde die Betrachtungsweise etwas unausgeglichen):
https://ourworldindata.org/grapher/shar ... ry=USA+DEU (*)
Wie haben es seit mindestens 1975 (weiter gehen die Daten hier nicht zurück) mit einem quasi (oder tatsächlich) kontinuierlichen Anstieg des Anteils übergewichtiger Menschen zu tun. 2016 lag dieser Wert in den USA bei 70 % und in Deutschland bei 63 %. (Anmerkung: “Übergewicht” wird hier definiert über den BMI, was nicht immer akkurat ist – der Körperfettanteil wäre eigentlich besser - , aber effektiv ein guter Indikator sein sollte) Man könnte also meinen:
a) Kein Wunder, dass immer mehr Menschen mit ihrem Körper unzufrieden sind
b) Zurecht sind die meisten Menschen mit ihrem Körper unzufrieden
Darüber hinaus kann eine gewisse Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper auch positive Auswirkungen haben. Denkbar wäre, dass diese Unzufriedenheit Menschen dazu antreibt, etwas aktiver zu werden und sich besser zu ernähren und dass das aus diesem Lebenswandel entstehende Glück (was auch Leidreduktion sein kann) das dem der Körper-Unzufriedenheit entsprechende Leid übersteigt. (Ich würde in nahezu jedem solchen Fall davon ausgehen, die Frage ist aber natürlich nach der Gesamt-Bilanz, alle Menschen betrachtend.)
Weiterhin:
- Wenn ich mich richtig erinnere (bitte korrigiert mich, wenn ich falsch liege), wurde der Begriff “Essstörung” lediglich im Sinne einer Magersucht verwendet. Realistisch betrachtet sind doch aber Formen unkontrollierten Essverhaltens im Allgemeinen das (weitaus) größere Problem. Sicher, Magersucht ist ein Problem, aber meiner Ansicht nach in der Berichterstattung (nicht nur hier) etwas überrrepräsentiert.
- Das mehrmalige Erwähnen von Testosteron-Missbrauch im Zusammenhang mit Muskalaufbau kann leicht den Anschein erwecken, es wäre kaum möglich, auf natürliche Weise einen hinreichend athletisch-muskulösen Körper zu erreichen. Dem ist aber nicht so (wenn man es gescheit angeht) und das Nachhelfen mit Testosteron ist auch keineswegs Standard im Fitnessstudio.
- Butter ist trotzdem schädlich, nämlich für die globale Glück-Leid-Bilanz
Zum Thema “Können wir bestimmten Studien überhaupt trauen?”: Es wurde ja bereits erwähnt, dass manche (/einige/viele -> unterscheidet sich wohl recht stark von Fachbereich zu Fachbereich) Studien nicht in optimaler Weise konzipiert werden. Darüber hinaus haben wir, ebenfalls bereits angedeutet, eine mehr oder weniger begrenzte Aussagekraft im Sinne der Statistik. Und es ist leider so, dass (zu) “viele” Studien nicht reproduzierbar sind, auch weil oftmals mit zu laschen Signifikanzniveaus gearbeitet (oder auch gezieltes “p-hacking” betrieben) wird. Wer interessiert ist, kann hier weiterlesen: https://en.wikipedia.org/wiki/Replication_crisis
[Am saubersten wird wohl in der Teilchenphysik gearbeitet, aber zugegebenermaßen kann man hier am besten unter wirlichen Laborbedingungen arbeiten; der Mensch ist nunmal ein komplexes Wesen mit freiem Willen, außerdem ist Mensch nicht gleich Mensch und Studien mit Tausenden von Menschen wären etwas teuer…]
P.S.: Ich habe gerade eben nochmal das Ende gehört: "In die Falle tappen" (, auf das eigene Äußere zu achten) - warum so pessimistisch? Ich finde, dass sowohl in der Psychologie als auch in den Sozialwissenschaften tendenziell das Augenmerk zu stark auf negative Aspekte gerichtet wird. Hier wären die nicht zu unterschätzenden positiven Aspekte, also bezogen auf "Achten auf das eigene Körperbild": Es ist gut für die Gesundheit, Sport kann auch Spaß machen (sowie für kognitive Leistungen förderlich sein, soweit ich weiß, und mir sind beim Sport schon sehr oft gute Ideen gekommen), sich im eigenen Körper wohlzufühlen ist an sich etwas gutes (klar, der Anspruch kann im Extremfall zu hoch sein) und anderen zu gefallen, auch wenn es nur um die Optik geht, ist erst einmal auch etwas positives (auch für den Betrachter).
(*) P.P.S.: Strenggenommen müsste man bei den oben verlinkten Statistiken die sich im zeitlichen Verlauf ändernde Altersstruktur beachten (Es ist ungewöhnlicher, als junger Erwachsener einen hohen BMI zu haben)
https://ourworldindata.org/grapher/shar ... ry=USA+DEU (*)
Wie haben es seit mindestens 1975 (weiter gehen die Daten hier nicht zurück) mit einem quasi (oder tatsächlich) kontinuierlichen Anstieg des Anteils übergewichtiger Menschen zu tun. 2016 lag dieser Wert in den USA bei 70 % und in Deutschland bei 63 %. (Anmerkung: “Übergewicht” wird hier definiert über den BMI, was nicht immer akkurat ist – der Körperfettanteil wäre eigentlich besser - , aber effektiv ein guter Indikator sein sollte) Man könnte also meinen:
a) Kein Wunder, dass immer mehr Menschen mit ihrem Körper unzufrieden sind
b) Zurecht sind die meisten Menschen mit ihrem Körper unzufrieden
Darüber hinaus kann eine gewisse Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper auch positive Auswirkungen haben. Denkbar wäre, dass diese Unzufriedenheit Menschen dazu antreibt, etwas aktiver zu werden und sich besser zu ernähren und dass das aus diesem Lebenswandel entstehende Glück (was auch Leidreduktion sein kann) das dem der Körper-Unzufriedenheit entsprechende Leid übersteigt. (Ich würde in nahezu jedem solchen Fall davon ausgehen, die Frage ist aber natürlich nach der Gesamt-Bilanz, alle Menschen betrachtend.)
Weiterhin:
- Wenn ich mich richtig erinnere (bitte korrigiert mich, wenn ich falsch liege), wurde der Begriff “Essstörung” lediglich im Sinne einer Magersucht verwendet. Realistisch betrachtet sind doch aber Formen unkontrollierten Essverhaltens im Allgemeinen das (weitaus) größere Problem. Sicher, Magersucht ist ein Problem, aber meiner Ansicht nach in der Berichterstattung (nicht nur hier) etwas überrrepräsentiert.
- Das mehrmalige Erwähnen von Testosteron-Missbrauch im Zusammenhang mit Muskalaufbau kann leicht den Anschein erwecken, es wäre kaum möglich, auf natürliche Weise einen hinreichend athletisch-muskulösen Körper zu erreichen. Dem ist aber nicht so (wenn man es gescheit angeht) und das Nachhelfen mit Testosteron ist auch keineswegs Standard im Fitnessstudio.
- Butter ist trotzdem schädlich, nämlich für die globale Glück-Leid-Bilanz
Zum Thema “Können wir bestimmten Studien überhaupt trauen?”: Es wurde ja bereits erwähnt, dass manche (/einige/viele -> unterscheidet sich wohl recht stark von Fachbereich zu Fachbereich) Studien nicht in optimaler Weise konzipiert werden. Darüber hinaus haben wir, ebenfalls bereits angedeutet, eine mehr oder weniger begrenzte Aussagekraft im Sinne der Statistik. Und es ist leider so, dass (zu) “viele” Studien nicht reproduzierbar sind, auch weil oftmals mit zu laschen Signifikanzniveaus gearbeitet (oder auch gezieltes “p-hacking” betrieben) wird. Wer interessiert ist, kann hier weiterlesen: https://en.wikipedia.org/wiki/Replication_crisis
[Am saubersten wird wohl in der Teilchenphysik gearbeitet, aber zugegebenermaßen kann man hier am besten unter wirlichen Laborbedingungen arbeiten; der Mensch ist nunmal ein komplexes Wesen mit freiem Willen, außerdem ist Mensch nicht gleich Mensch und Studien mit Tausenden von Menschen wären etwas teuer…]
P.S.: Ich habe gerade eben nochmal das Ende gehört: "In die Falle tappen" (, auf das eigene Äußere zu achten) - warum so pessimistisch? Ich finde, dass sowohl in der Psychologie als auch in den Sozialwissenschaften tendenziell das Augenmerk zu stark auf negative Aspekte gerichtet wird. Hier wären die nicht zu unterschätzenden positiven Aspekte, also bezogen auf "Achten auf das eigene Körperbild": Es ist gut für die Gesundheit, Sport kann auch Spaß machen (sowie für kognitive Leistungen förderlich sein, soweit ich weiß, und mir sind beim Sport schon sehr oft gute Ideen gekommen), sich im eigenen Körper wohlzufühlen ist an sich etwas gutes (klar, der Anspruch kann im Extremfall zu hoch sein) und anderen zu gefallen, auch wenn es nur um die Optik geht, ist erst einmal auch etwas positives (auch für den Betrachter).
(*) P.P.S.: Strenggenommen müsste man bei den oben verlinkten Statistiken die sich im zeitlichen Verlauf ändernde Altersstruktur beachten (Es ist ungewöhnlicher, als junger Erwachsener einen hohen BMI zu haben)