Wortreich: "Zu viel Kunst"

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Soulaire
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Wortreich: "Zu viel Kunst"

Beitrag von Soulaire »

Sehr anregende Gedanken Wolfgang!

Was mich überrascht hat, ist die Aussage das Setting sei bei "Die Siedler" an erster Stelle anzusehen. Ich hätte gedacht es sei die Mechanik gewesen, was mich erstmal darauf schließen lässt, dass es nicht so einfach ist Spiele in diese Kategorien einzuordnen.
Ich frage mich auch, warum das "Setting" nur an erster Stelle stehen kann und nicht die "Story" an sich. Bei einem Spiel wie "TheLastOfUs" könnte ich mir vorstellen, die Vater/Tochter-Beziehung sei das nach dem alles andere ausgerichtet wird und nicht das "Setting" der Zombie-Apokalypse.

Meine Theorie ist ja, dass sich die genannten Felder von "Setting", "Story" und "Mechanik" gegenseitig befruchten können und das noch bevor es zu einer genaueren Ausformulierung von einem davon kommen muss. Beispielsweise wenn man sich fragt wie man ein Gefühl wie beispielsweise "Angst" auf eine Mechanik am besten übertragen kann. Zwar kann man danach immer noch alles dieser Mechanik unterordnen, sie ist aber so mit dem Ausgangs-Gefühl verknüpft, dass eine Synergie entsteht und sich Narrative und Mechanik auf Augenhöhe befinden. Wenn man zu mechanisch denkt, kann es meiner Meinung nach nämlich dazu kommen,dass es am Ende zu komplex wird und eine passende Narrative die wirklich 1zu1 auf die Mechanik passt gar nicht mehr möglich ist.
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Schlagerfreund
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Re: Wortreich: "Zu viel Kunst"

Beitrag von Schlagerfreund »

Soulaire hat geschrieben: 19. Jun 2019, 12:52 Sehr anregende Gedanken Wolfgang!

Was mich überrascht hat, ist die Aussage das Setting sei bei "Die Siedler" an erster Stelle anzusehen. Ich hätte gedacht es sei die Mechanik gewesen, was mich erstmal darauf schließen lässt, dass es nicht so einfach ist Spiele in diese Kategorien einzuordnen.
Ich frage mich auch, warum das "Setting" nur erster Stelle stehen kann und nicht die "Story" an sich. Bei einem Spiel wie "TheLastOfUs" könnte ich mir vorstellen, die Vater/Tochter-Beziehung sei das nach dem alles andere ausgerichtet wird und nicht das "Setting" der Zombie-Apokalypse.

Meine Theorie ist ja, dass sich die genannten Felder von "Setting", "Story" und "Mechanik" gegenseitig befruchten können und das noch bevor es zu einer genaueren Ausformulierung von einem davon kommen muss. Beispielsweise wenn man sich fragt wie man ein Gefühl wie beispielsweise "Angst" auf eine Mechanik am besten übertragen kann. Zwar kann man danach immer noch alles dieser Mechanik unterordnen, sie ist aber so mit dem Ausgangs-Gefühl verknüpft, dass eine Synergie entsteht und sich Narrative und Mechanik auf Augenhöhe befinden. Wenn man zu mechanisch denkt, kann es meiner Meinung nach nämlich dazu kommen,dass es am Ende zu komplex wird und eine passende Narrative die wirklich 1zu1 auf die Mechanik passt gar nicht mehr möglich ist.

Hm ich weiß nicht. Bei The Last of Us glaube ich das hier eher das Setting Der Grundstein war.

Wir möchten so einen Shooter in einem quasi Zombie Survival Szenario machen, aber ohne klassische Zombies. Ich denke das man dann darüber erst auf den dezenten Schwerpunkt was die Beziehung zwischen den beiden Charakteren gekommen ist.
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Soulaire
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Re: Wortreich: "Zu viel Kunst"

Beitrag von Soulaire »

Schlagerfreund hat geschrieben: 19. Jun 2019, 12:59
Soulaire hat geschrieben: 19. Jun 2019, 12:52 Sehr anregende Gedanken Wolfgang!

Was mich überrascht hat, ist die Aussage das Setting sei bei "Die Siedler" an erster Stelle anzusehen. Ich hätte gedacht es sei die Mechanik gewesen, was mich erstmal darauf schließen lässt, dass es nicht so einfach ist Spiele in diese Kategorien einzuordnen.
Ich frage mich auch, warum das "Setting" nur erster Stelle stehen kann und nicht die "Story" an sich. Bei einem Spiel wie "TheLastOfUs" könnte ich mir vorstellen, die Vater/Tochter-Beziehung sei das nach dem alles andere ausgerichtet wird und nicht das "Setting" der Zombie-Apokalypse.

Meine Theorie ist ja, dass sich die genannten Felder von "Setting", "Story" und "Mechanik" gegenseitig befruchten können und das noch bevor es zu einer genaueren Ausformulierung von einem davon kommen muss. Beispielsweise wenn man sich fragt wie man ein Gefühl wie beispielsweise "Angst" auf eine Mechanik am besten übertragen kann. Zwar kann man danach immer noch alles dieser Mechanik unterordnen, sie ist aber so mit dem Ausgangs-Gefühl verknüpft, dass eine Synergie entsteht und sich Narrative und Mechanik auf Augenhöhe befinden. Wenn man zu mechanisch denkt, kann es meiner Meinung nach nämlich dazu kommen,dass es am Ende zu komplex wird und eine passende Narrative die wirklich 1zu1 auf die Mechanik passt gar nicht mehr möglich ist.

Hm ich weiß nicht. Bei The Last of Us glaube ich das hier eher das Setting Der Grundstein war.

Wir möchten so einen Shooter in einem quasi Zombie Survival Szenario machen, aber ohne klassische Zombies. Ich denke das man dann darüber erst auf den dezenten Schwerpunkt was die Beziehung zwischen den beiden Charakteren gekommen ist.
kann gut sein. Vielleicht gibt es noch ein besseres Beispiel. Es gibt aber bestimmt ein Spiel bei dem die Story an erster Stelle steht und passend danach das Setting ausgewählt wurde.
vielleicht so etwas wie Florence wo man primär eine Liebesgeschichte erzählen möchte?!
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sleepnt
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Re: Wortreich: "Zu viel Kunst"

Beitrag von sleepnt »

Ich finde den Begriff 'Kunst' an sich überansprucht in der Spieleindustrie. In der Industrie steht nunmal immer der Gewinn und das Wachstum an erster Stelle - wenn ich das nicht liefere, dann gibt es keinem Vertrag. Also werden Spiele mittlerweile eher durch Gewinnoptimierung geprägt, denn durch einen Kunstanspruch.

Ist es Kunst, wenn ein Entwicklerstudio eine kreative Idee vorschlägt, keinen Vertrag bekommt und letztlich sich so aufstellt, dass er in Zukunft einen bekommt. Selbst der Kreative ordnet sich dem Geld unter und stellt seine kreatives Schaffen hinten an, um es überhaupt machen zu können.

Wenn man gestreamlinte Spiele als Kunst bezeichnet, so wie es die Popmusik sich ebenfalls selber gerne bezeichnet, dann kann ich das nichr ernst nehmen.

Daher sehe ich viele Entwickler eher als einem klassischem Handwerk nachgehen. So wie er ein Spiel designt designen andere Wohnungen oder Häuser - immer mit der Nachfrage im Hinterkopf. Dabei kann künstlerisches Schaffen passieren, aber es ist niemals/selten zielführend eingeplant.

Ich zeichne gerne. Wenn ich nach Auftrag zeichne, dann ist das für mich ebenfalls keine Kunst, sondern ein Handwerk oder eine Dienstleistung.
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Axel
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Re: Wortreich: "Zu viel Kunst"

Beitrag von Axel »

Ich habe ein Problem mit den Überlegungen: Woher soll ich als Außenstehender wissen, was zuerst da war?
Mal ein obskures Beispiel: Battle Chef Brigade Deluxe

In dem Spiel geht es um eine junge Kampfköchin, die aus ihrem gewohnt langweiligen Umfeld ausbricht um die beste Köchin des Landes zu werden. Dabei kommt sie in ein hübsch erzähltes Abenteuer mit herrlich schrulligen und für mich gut geschriebenen Charakteren. Das Setting ist eine Fantasywelt, welche sich nicht nur an japanische Mangas orientiert, sondern inhaltlich auch an mitteleuropäische vergangene Epochen wie den Barock oder der Romantik.
Gameplaytechnisch ist das ganze eine überraschend tiefe Mixtur aus Match3 Puzzle (während des Kochens an sich) und action betonten Sidescrolling-Kampf-RPG (während der Jagd). Und da die einzelnen Matches der Köche auch noch zeitkritisch sind, kommt zudem ein großes Maß an Time Management dazu. Das alles passt hervorragend zusammen und alle drei Gameplay-Komponenten machen Spaß. Auch weil das Eine das Andere bedingt. Ein Beispiel: Während der Jagd kann ich Köder (=mindere vorher aufgelesene Zutaten) verwenden um beispielsweise Vögel zu animieren ein Ei zu legen. Daraus lässt sich dann eine Soße herstellen, die im späteren Match3-Spiel während des Kochens dafür sorgt, dass ich beispielsweise die grüne in eine rote oder blaue Farbe umwandeln kann. Denn jede Farbe steht für ein Element und die verschiedenen Jurymitglieder haben unterschiedliche Element-Vorlieben in ihren Speisen, demzufolge sollten die entsprechenden Farben dominieren. Gleichzeitig muss ich aber auch noch die Hauptzutat jagen. Und das alles innerhalb von ein paar Minuten Zeit, in der ich vielfältige Entscheidungen treffe.

Wir haben es hier also mit einem überraschend komplexen Spiel zu tun mit unterschiedlichsten Gameplaymechaniken, gleichzeitig aber auch mit liebevoll geschriebenen Charakteren und einem Setting, welches ebenfalls sehr rund wirkt.

Wie kann ich in diesem Spiel als Laie - also als Spieler oder Kritiker - erkennen, was als erstes da war? Setting? Gameplay? Welches Element der drei an sich unterschiedlichen Mechaniken? Was wären geistige Vorbilder und Inspirationsquellen für das Spiel? Alles Infos, die man für eine gute Analyse bräuchte, die man aber in dieser Form garnicht oder nur schwer herauslesen kann. Man könnte natürlich die Entwickler fragen, aber es geht ja um eine eigene Meinung oder Interpretation. Schon allein bei der Wahl der Kunstform hätte ich hier Probleme mich festzulegen, da es gleichzeitig ein narratives wie ein sehr gameplayzentriertes Spiel ist. Und beide Seiten so abgedreht sind, dass ich mir gut vorstellen kann, dass vielleicht die Ideen für die narrative Ebene als erstes da waren... Könnte aber auch sein, dass die Ideen für die Verbindung der Gameplaymechaniken Grundlage sind.
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Sebastian Solidwork
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Re: Wortreich: "Zu viel Kunst"

Beitrag von Sebastian Solidwork »

Lieber Wolfgang, es freut mir sehr, dass du dir ein ganzes Wortreich Zeit genommen hast dich mit meiner Frage zu beschäftigen. :D ;)
Wie ich in meinem Text zur Frage dargestellt habe glaube ich auch, dass das bisherige Vorgehen dauerhaft ein ökonomisches Risiko für die Unternehmen darstellt. In ihrem eigenen Interesse sollten sie die unterschiedlichen interaktiven Medien/Möglichkeiten besser unterscheiden.
Ich denke, dass es für jeden nur besser werden kann der bereit ist etwas Veränderung zu akzeptieren. Und die aktuellen Produktionsbedingungen nicht ignoriert.

Als Fabians Diskussionspartner des für seinen Artikel "Games: Mehr als eine Kunstform" vorgehenden grundlegenden Artikels Ludonarrative Synthese, stammt meine Frage und die Auflistung der Symptome des Riesenbabys aus genau dem gleichen Gedanken wie das Wortreich.
Unterscheidung tut Not.

In der gleichen Rolle kann ich nachvollziehen woher deine drei Denkrichtungen kommen, sie sind der aktuelle Stand wie einige Spiele produziert werden. Wir sprechen vor allem von Fokus, worauf man den Schwerpunkt legen sollte (die meisten Spiele tun es nicht und kämpfen damit) und haben hierfür etwas andere Definitionen. Narration/Story ist von uns bewusst weiter gefasst als deine Story - wir decken mit audiovisuellen Effekten auch Tetris ab.
Aber das ist in der Tat zweitrangig und wohl Teil der von dir genannten Arbeit der nächsten Jahrzehnte.
Fabian und ich diskutieren schon weitere möglichen Unterscheidungen.
„Schönheit ist auch immer ethisches Empfinden.“

Umweltschutz beginnt im Geldsystem.
Fix the system!

Der Sinn des Lebens ist, dass Menschen voller Sinn das niemals wissen müssen. - Gunter Dueck in Omnisophie
Wolfgang Walk
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Re: Wortreich: "Zu viel Kunst"

Beitrag von Wolfgang Walk »

Soulaire hat geschrieben: 19. Jun 2019, 12:52 Ich frage mich auch, warum das "Setting" nur an erster Stelle stehen kann und nicht die "Story" an sich. Bei einem Spiel wie "TheLastOfUs" könnte ich mir vorstellen, die Vater/Tochter-Beziehung sei das nach dem alles andere ausgerichtet wird und nicht das "Setting" der Zombie-Apokalypse.
Eine Vater/Tochter Beziehung ist ja zunächst noch keine Story, sondern genau ein Setting. Eine Story als "something happening to someone" meint ja immer etwas, das über Zeit und Raum eine dann erzählte Dynamik erhält. Der Begriff Vater/Tochter Beziehung (oder auch "Liebesbeziehung") erzählt ja noch nichts, was in ihr passiert.

Um Dein Beispiel aufzunehmen. The Last of us hat als Setting eine Vater/Tochter Beziehung während eine Zombie-Apokalypse. Alles, was dann tatsächlich passiert, kann als Story nicht erzählt werden ohne um diese vier Begriffe zu wissen: Vater, Tochter, Beziehung und Zombieapokalypse.

Ich kann diese Story auch vor einem anderen Hintergrund erzählen, zum Beispiel einer Scheidung der Eltern. Dann kommt wahrscheinlich eine andere Geschichte bei raus, weil die Gesetzmäßigkeiten des Settings andere sind.
Zuletzt geändert von Wolfgang Walk am 19. Jun 2019, 17:24, insgesamt 1-mal geändert.
Wolfgang Walk
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Re: Wortreich: "Zu viel Kunst"

Beitrag von Wolfgang Walk »

Axel hat geschrieben: 19. Jun 2019, 13:42 Ich habe ein Problem mit den Überlegungen: Woher soll ich als Außenstehender wissen, was zuerst da war?
Mal ein obskures Beispiel: Battle Chef Brigade Deluxe

(...)

Wie kann ich in diesem Spiel als Laie - also als Spieler oder Kritiker - erkennen, was als erstes da war? Setting? Gameplay? Welches Element der drei an sich unterschiedlichen Mechaniken? Was wären geistige Vorbilder und Inspirationsquellen für das Spiel? Alles Infos, die man für eine gute Analyse bräuchte, die man aber in dieser Form garnicht oder nur schwer herauslesen kann. Man könnte natürlich die Entwickler fragen, aber es geht ja um eine eigene Meinung oder Interpretation. Schon allein bei der Wahl der Kunstform hätte ich hier Probleme mich festzulegen, da es gleichzeitig ein narratives wie ein sehr gameplayzentriertes Spiel ist. Und beide Seiten so abgedreht sind, dass ich mir gut vorstellen kann, dass vielleicht die Ideen für die narrative Ebene als erstes da waren... Könnte aber auch sein, dass die Ideen für die Verbindung der Gameplaymechaniken Grundlage sind.
Das ist gelegentlich schwer zu sehen von außen - und manchmal gar nicht. Das ändert aber erstens nichts daran, dass ich das als Entwickler wissen muss (weil das für die Qualität des Spiels extrem wichtig ist) - und dass ich als Journalist zumindest wissen sollte, dass das eine möglicherweise nicht so dumme Frage wäre, wenn ich mich mit dem Entwickler unterhalte.

Tatsächlich aber kann ich vor allem mittelmäßigen Spielen häufig ansehen, dass der Entwickler da eben keine klare Vorstellung hatte. Das
merkt man Spielen viel leichter an!
Wolfgang Walk
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Re: Wortreich: "Zu viel Kunst"

Beitrag von Wolfgang Walk »

sleepnt hat geschrieben: 19. Jun 2019, 13:32 Ich zeichne gerne. Wenn ich nach Auftrag zeichne, dann ist das für mich ebenfalls keine Kunst, sondern ein Handwerk oder eine Dienstleistung.
Ich rede 1.) konstant von KunstFORM, nicht von Kunst. Und 2.) sind alle großen Werke Leonardos als Auftragswerke entstanden. Alle keine Kunst?
Giovanni
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Re: Wortreich: "Zu viel Kunst"

Beitrag von Giovanni »

Wolfgang Walk hat geschrieben: 19. Jun 2019, 15:48
sleepnt hat geschrieben: 19. Jun 2019, 13:32 Ich zeichne gerne. Wenn ich nach Auftrag zeichne, dann ist das für mich ebenfalls keine Kunst, sondern ein Handwerk oder eine Dienstleistung.
Ich rede 1.) konstant von KunstFORM, nicht von Kunst. Und 2.) sind alle großen Werke Leonardos als Auftragswerke entstanden. Alle keine Kunst?

Oder so ziemlich alles was Architektur, also Baukunst, angeht.
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sleepnt
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Re: Wortreich: "Zu viel Kunst"

Beitrag von sleepnt »

Eine Kunstform ist die Methode, der Prozess und ggf. der individuelle Anspruch zur Fertigstellung eines Werkes. Dem spreche ich nichts ab. Tut mir leid, wenn ich da nicht genau hingehört habe.

Und ein Werk kann und wird oft retrospektiv zur Kunst erklärt. Ein Architekt ist in erster Linie Handwerker/Dienstleister - vielleicht mit einem persönlich künstlerischen Anspruch. Aber erst der Blick eine Dritten erklärt es für diesen individuell zur Kunst.

Wenn alle Da Vincis Werke zur Kunst erklärg werden, passiert das erst Mal individuell und kann auch in eine gesellschsftlich gemeinsame/kollektive Wahrnehmung übergehen.

Sich selbst als Künstler zu bezeichnen und das selbst erschaffene von vorne herein bereits als Kunst zu bezeichnen finde ich Hybris.

Mache ich Kunst, weil ich zeichne? - Ich maße mir die Antwort nicht an. Freue ich mich wenn andere es so wahrnehmen? -Natürlich!

Ich sehe die Entwicklung eines Videospiels daher auch oft als Kunstform und Videospiele als Kunst. Und wenn ein einzelner Angestellter auch einen künstlerischen Anspruch an sich oder seine Mitarbeiter hat (was bestimmt viele Kreative in diesen Job führt), dann ist das super. Aber kann man sich als Studio hinstellen und sagen, es produziere Kunst? Ich finde nicht. Die Bewertung liegt alleine an mir, dem Kunden und Videospieler.

Und ich glaube je näher ein Spiel an der ursprünglichen, nicht monetärgetriebenen Vision eines einzelnen Entwickler oder auch Teams ist, desto eher kann auch Kunst entstehen. Je weiter sich das Endprodukt auf dieser Axe verschiebt, entsteht lediglich ein Unterhaltungsprodukt, dass Verkauft werden will.
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Heretic
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Re: Wortreich: "Zu viel Kunst"

Beitrag von Heretic »

sleepnt hat geschrieben: 19. Jun 2019, 19:29Und ich glaube je näher ein Spiel an der ursprünglichen, nicht monetärgetriebenen Vision eines einzelnen Entwickler oder auch Teams ist, desto eher kann auch Kunst entstehen. Je weiter sich das Endprodukt auf dieser Axe verschiebt, entsteht lediglich ein Unterhaltungsprodukt, dass Verkauft werden will.
Aber warum sollen sich Kunst und Kommerz automatisch ausschließen? Wenn ich ein extrem eingängiges Lied komponiere, und das dann tatsächlich auch ein Hit wird - ist es dann keine Kunst mehr? Selbst wenn ich beim Komponieren den größtmöglichen finanziellen Erfolg im Hinterkopf habe, so muss das Endprodukt eine gewisse Qualität bieten. Eventuell mit Beteiligung anderer Leute, die ihre eigenen Kunstfertigkeiten mit einbringen (in diesem Beispiel Sänger oder Musiker). Auch ein Mainstream-Unterhaltungsprodukt kann künstlerisch wertvoll sein, und sei es nur auf handwerklicher Ebene.
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sleepnt
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Re: Wortreich: "Zu viel Kunst"

Beitrag von sleepnt »

Heretic hat geschrieben: 19. Jun 2019, 20:18 Aber warum sollen sich Kunst und Kommerz automatisch ausschließen? Wenn ich ein extrem eingängiges Lied komponiere, und das dann tatsächlich auch ein Hit wird - ist es dann keine Kunst mehr? Selbst wenn ich beim Komponieren den größtmöglichen finanziellen Erfolg im Hinterkopf habe, so muss das Endprodukt eine gewisse Qualität bieten. Eventuell mit Beteiligung anderer Leute, die ihre eigenen Kunstfertigkeiten mit einbringen (in diesem Beispiel Sänger oder Musiker). Auch ein Mainstream-Unterhaltungsprodukt kann künstlerisch wertvoll sein, und sei es nur auf handwerklicher Ebene.
Was ist Kunst? Kommerz ist Kommerz. Es kann als Kunst wahrgenommen werden. Natürlich erreichst du auch mehr Leute, die es dann wiederum als Kunst wahrnehmen können.

Und Kunst im Handwerk ist für mich Prozess und Methode und ist für mich das, was Wolfgang als Kunstform bezeichnet. Ich beherrsche darstellendes Zeichnen in bestimmten Aspekten als Kunstform. Man könnte Kunstform als den Weg zum Ziel, dem Do (jap. Weg/Pfad), bezeichnen. So wird in Japan Teezubereiten auch als Kunstform praktiziert - hier fehlt die Wahrnehmung und Wertschätzung dafür. Daher wird es dort als Kunst wahgenommen, hier nicht. Ein Beispiel, wie die Wahrnehmung den Kunstbegriff prägt.

Natürlich kann man mir an dieser Stelle wiedersprechen, und ein Künstler kann sich selbst als Künstler o. Kunstschaffenden wahrnehmen. Aber das sehe ich (persönlich) kritisch, kann aber natürlich auch zu einem eigenen gesteigerten künstlerischen Anspruch führen.

Warum habe ich das Problem, sich selbst und seine Werke als Künstler/Kunst zu berzeichnen. Denn solange ich nicht alles als Kunst wahrnehme (was den Begriff obsolet machen würde), spreche ich meinem Tun mehr (künstlerischem) Wert bei als anderen, die das nicht tun, ohne mich mit ihnen auseinanderzusetzen.
Lars Kalthoff
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Re: Wortreich: "Zu viel Kunst"

Beitrag von Lars Kalthoff »

Ich finde den Begriff 'Kunst' an sich überansprucht in der Spieleindustrie.
Deckt sich nicht wirklich mit meiner Erfahrung. Da wird viel zu oft von "nur einem Spiel" gesprochen, zumindest bei den Produkten, auf die du dich anscheinend beziehst.
In der Industrie steht nunmal immer der Gewinn und das Wachstum an erster Stelle - wenn ich das nicht liefere, dann gibt es keinem Vertrag.
Nur wenn man Spiele-Industrie mit einer bestimmten Art von Spielen (AAA und ähnliche) gleichsetzt. Dann ignoriert man aber die unzähligen Hobbyprojekte, kostenlosen Spiele, Studentenprojekte, und vieles mehr. Die sind übrigens deutlich zahlreicher als AAA Spiele und ich kann dir aus eigener Erfahrung versichern, dass Gewinnmaximierung da eine sehr kleine - wenn überhaupt existente - Rolle spielt.
wenn ich das nicht liefere, dann gibt es keinem Vertrag.
Das bezieht sich ja auch nur auf das klassische Entwickler-Publisher Model, zu dem es mittlerweile doch einige Alternativen gibt.
Selbst der Kreative ordnet sich dem Geld unter und stellt seine kreatives Schaffen hinten an, um es überhaupt machen zu können.
Es ist klar, dass jeder irgendwie von seiner Arbeit leben muss. Mir ist nicht klar, warum ein grundsätzliches finanzielles Interesse (was wahrscheinlich bei 99% aller Menschen vorhanden ist) einem Werk den Kunstcharakter abstreiten sollte.

Da scheinen wir grundsätzlich andere Verständnisse von Kunst zu haben: Für mich sind weder finanzielles Interesse und Kunst noch Handwerk und Kunst Gegensätze. Finanzielles Interesse, kann anspornen, das meiste aus einem Werk rauszuholen und ein ausgeprägter Kunstcharakter kann auch ein von Anfang an einkalkulierter Selling Point sein. Ich würde auch sagen, dass Kunst immer Handwerk vorraussetzt und dass sehr gutes Handwerk oft als Kunst wahrgenommen wird. Ich sehe das keine Gegensätze.
Wenn man gestreamlinte Spiele als Kunst bezeichnet, so wie es die Popmusik sich ebenfalls selber gerne bezeichnet, dann kann ich das nichr ernst nehmen.
Auch den Punkt verstehe ich nicht. Erstmal spricht Wolfgang ja nie davon, dass jedes Spiel automatisch Kunst ist und zum anderen finde ich es sehr bedenklich, einem Werk den Kunstcharakter abzusprechen, nur weil es populär ist. Da denke ich sofort an Menschen, die sich besonders fühlen wollen, weil sie etwas mögen, was sonst keiner mag.
So wie er ein Spiel designt designen andere Wohnungen oder Häuser - immer mit der Nachfrage im Hinterkopf.
Wie bereits erwähnt, gilt der Punkt nur für einige Spiele, nichtmal notwendigerweise für die meisten, und schon gar nicht für das Medium als solches.
ich selbst als Künstler zu bezeichnen und das selbst erschaffene von vorne herein bereits als Kunst zu bezeichnen finde ich Hybris.
Finde ich schwierig. Wenn jemand sagen würde "Meine Spiele sind Kunst und deshalb sind sie besser als alle anderen", wäre es definitiv überheblich. Das setzt aber voraus, dass Kunst vom selbsternannten Künstler als etwas Höreres/Besseres angesehen wird. Auch das ist nicht immer der Fall. Für manche ist das einfach eine Unterscheidung, was das Ziel des Werkes angeht. Wenn dadurch weder das eine aufgewertet, noch das andere abgewertet wird, kann ich da keine Hybris erkennen.
Und wenn ein einzelner Angestellter auch einen künstlerischen Anspruch an sich oder seine Mitarbeiter hat (was bestimmt viele Kreative in diesen Job führt)
Das VIELE würde ich gerne unterstreichen. Hab noch keinen Entwickler getroffen, bei dem das nicht zutrifft, ganz gleich an welchen Spielen diese Person arbeitet.
Aber kann man sich als Studio hinstellen und sagen, es produziere Kunst? Ich finde nicht. Die Bewertung liegt alleine an mir, dem Kunden und Videospieler.
Welche Studios stellen sich denn hin und sagen, sie produzieren Kunst? Meiner Ansicht nach halten sich die meisten "mainstream" Entwickler da eher bedeckt oder kommen mit Aussagen a la "Es ist nur ein Spiel" und "Es hat keine Aussage. Es ist nicht politisch!" um die Ecke. Außerdem warum sollte NUR der Kunde entscheiden, was Kunst ist und was nicht? Natürlich sind die Kunden wichtig, aber warum heißt das im Umkehrschluss das NUR die Spieler entscheiden? Gerade, wenn sich Analysten und Entwickler mit dem Medium tendenziell deutlich besser mit dem Medium auskennen, ist die Meinung dieser irrelevant? Finde ich sehr problematisch auch wenn ich verstehen kann, warum man sich als Spieler wünscht, nur die Spieler würden entscheiden, was Kunst ist und was nicht.
Die Bewertung liegt alleine an mir, dem Kunden und Videospieler.
Der Satz klingt für mich, als würdest du dich mit Videospielen rein auf der Konsumebene beschäftigen. Wenn das stimmt, frage ich mich woher die vorherigen Aussagen über den Handwerks-Charakter von Spieleentwicklung stammen? Das kann man glaube ich nur schwer beurteilen, wenn man den Prozess noch nie selbst erlebt hat.
Je weiter sich das Endprodukt auf dieser Axe verschiebt, entsteht lediglich ein Unterhaltungsprodukt, dass Verkauft werden will.
Unterhaltung und Kunst als gegensätzliche Pole auf einer Achse zu bezeichnen, kann ich persönlich null nachvollziehen. Super Mario Bros. ist ein unterhaltsames Spiel. Da wird wohl keiner widersprechen. Trotzdem ist sowohl die Eleganz der Spielmechanik und Entwicklung dieser, als auch die Art und Weise, wie das Spiel seine Mechaniken beibringt, dermaßen kreativ, bis ins Kleinste geplant, und perfekt ausgeführt, dass ich hier nur von großer Design Kunst sprechen kann.
Dasselbe gilt für Uncharted, was ja eins dieser mainstream Spiele ist, auf die du dich scheinbar beziehst. Es ist ein Action-Blockbuster und nicht besonders anspruchsvoll. Dafür ist es unterhaltend. Wenn man Uncharted aus der Ferne betrachtet kann man bestimmt sagen, es sei einfach nur Handwerk. Wenn man sich allerdings mal im Detail mit Aspekten wie beispielsweise der Spielerführung im Level Design beschäftigt, kann ich nur sagen: Das ist Kunst! Zumindest in diesem Aspekt.
Unterhaltung und Kunst sind keine Gegensätze. Kunst unterhält und Unterhaltung enthält sehr oft künstlerische Aspekte. Das Werk kann nichts dafür, dass diese in der Besprechung dann leider selten Erwähnung finden.
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sleepnt
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Re: Wortreich: "Zu viel Kunst"

Beitrag von sleepnt »

Ich gebe dir in allen Punkten recht... Wie schon gesagt: Der Begriff der Kunst ist ein hochgradig individueller. Du nimmst etwa mehr als Kunst wahr als ich. Auch ich nehme kommerzialisierte Spiele als Kunst wahr, Horizen Zero Dawn etwa - hier liegt wenig Kreativität im Kern-Gameplay, aber es ist auf den Punkt genau ausgeführt und die Ausführung des Artdesigns ist für mich Kunst. Ich schließe es nicht kategorisch aus. Auf meiner arg konstruierten Unterhaltungsprodukt-Kunst-Axe ist Geruilla Games mit Laser schießenden Roboter-Dinos doch ein Wagnis ein gegangen, da vergleichbare Szenarien im AAA-Segment fehlen. Für mich sieht es nach einem Weg aus, bewährte Elemente mit einer kunstvollen/kreativen Idee zu bereichern.

Bezüglich des selbsternannten Künstlers: Ich habe etwa einen Freund, der sich selbst als Künstler bezeichnet. Aber ebenso sieht er vieles anddre als Kunst an und möchte viele dazu ermutigen, ihr Schaffen ebenfalls offensiver/selbstbewusster als Kunst zu bezeichnen. Das kann ich respektieren - nur was ist dann keine Kunst mehr? Ich teile seine Wahrnehmung (und deine) nicht.

Ich möchte hier niemanden widersprechen, was Kunst ist, und was nicht. Ich möchte nur herausheben, dass es zum Kunstbegriff keine objektive Bestimmung gibt und es sich mehr als alles andere im Auge des Betrachters zur Kunst erhebt.

Gerade in der klassische verstandenen Kunst (Musik, Gemälde etc.) wird etwas oft erst retrospeltiv zur Kunst und Personen post-mortem zu Künstlern erklärt. War es vorher keine Kunst? War es vielleicht immer Kunst, weil alle Kunst ist? Oder waren unter den präsenten Dritten einfach keine, die es als Kunst wahrgenommen haben?

...Ich sehe einfach weniger als Kunst an als andere. Dabei bin ich doch sonst eher progressiv-optimistisch...

Und das die Industrie sich selbst als Kunst schaffend betrachtet, zeigt alleine der Begriff des Art Designers oder des Art Directos.

Frage: Ich habe ein Pen&Paper-Rollenspiel geschrieben. Ist das Kunst? Oder ist erst das dadurch erzählte/immaginär erlebte momentane Kunst? Es war ein kreativer und auch impressiver Prozess. Ob es für einen Kunst ist, kann nur der Lesende für sich entscheiden. Aber in diesem Medium ist der Begriff quasi nicht vorhanden, abseits von Illustrationen. Doch der Prozess ist ein ähnlicher zum Zeichnen eines Bildes, nur das genutzte Handwerk ist ein anderes.
Lars Kalthoff
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Re: Wortreich: "Zu viel Kunst"

Beitrag von Lars Kalthoff »

Der Begriff der Kunst ist ein hochgradig individueller.
Ich glaube in jeder Debatte um Kunst kann man sich nur darauf einigen, dass man sich auf keine universelle Kunst-Definition einigen kann :)
Ist doch eigentlich auch mal schön, sich nicht einigen zu müssen.
Du nimmst etwa mehr als Kunst wahr als ich.
Weiß ich gar nicht, ob das so stimmt. Dafür kenne ich dich zu wenig. Ich nehme bei Spielen wahrscheinlich mehr als Kunst wahr, weil ich mich beruflich deutlich intesiver mit ihnen beschäftige, als mit anderen Kunstformen. Dafür kann ich mit sehr vielen klassischen Kunstwerken absolut gar nichts anfangen.
ihr Schaffen ebenfalls offensiver/selbstbewusster als Kunst zu bezeichnen.
Ich weiß, du zitierst nur deinen Freund, aber ich glaube, hier würde ich nicht mal mitgehen. Für mich braucht es keinen Künstler, der das nach außen trägt. Kunst wird meiner Meinung nach recht intuitiv wahrgenommen, auch wenn nicht jeder den gleichen Begriff verwenden würde.
Ich möchte nur herausheben, dass es zum Kunstbegriff keine objektive Bestimmung gibt und es sich mehr als alles andere im Auge des Betrachters zur Kunst erhebt.
Völlige Zustimmung, genau deshalb finde ich den Abgleich der individuellen Kunst-Verständnisse sehr spannend.
Und das die Industrie sich selbst als Kunst schaffend betrachtet, zeigt alleine der Begriff des Art Designers oder des Art Directos.
Hier würde ich widersprechen. Das ist glaube ich einfach ein Sprachen-Problem. Es gibt ja auch die Kategorien fine arts oder visual arts, nur weil "art" im Namen ist, denken die Ersteller doch nicht automatisch, dass ihr Werk Kunst in dem Sinne ist, von dem wir hier gerade sprechen. Art oder Kunst hat nunmal zwei Bedeutungsebenen, die, die wir besprechen und die, die sich einfach auf einen bestimmten Prozess bezieht (wie Kunst in der Schule). Das Letztere endet nicht zwingend in dem Ersten.
Wolfgang hat in einer der ersten Walkthrough Folgen auch schonmal erwähnt, dass die "Artists" oft weniger kreative Arbeit leisten, als Coder, Designer usw. und irgendwann anfangen, stumpf Asset Listen abzuarbeiten (das würden wohl die wenigen als Kunst bezeichnen),
Ich würde aus den Job-Bezeichnungen aber kein Selbstbild der Branch herleiten, zudem meiner Ansicht nach die selbsternannten Künstler in der mainstream Entwicklung weit in der Unterzahl sind.
Frage: Ich habe ein Pen&Paper-Rollenspiel geschrieben. Ist das Kunst?
Kommt doch ganz auf das Spiel an. Für mich hat Kunst immer eine innovative Komponente. Entweder, weil ein neues Problem gelöst wird, oder ein altes auf neue Art gelöst wird. Wenn dein P&P einfach eine Dungeons & Dragons Kopie ist, bei der das Setting leicht verändert wurde, würde es mein Kunst-Bild nicht treffen.
Aber in diesem Medium ist der Begriff quasi nicht vorhanden, abseits von Illustrationen.
Wie meinst du das? Dass bei P&Ps niemand von Kunst spricht, außer wenn es um tatsächliche Art Works geht? Ich würde da sofort widersprechen, World Building kann für mich genauso Kunst sein, wie das spontane Storytellings eines guten Game Masters.
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sleepnt
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Re: Wortreich: "Zu viel Kunst"

Beitrag von sleepnt »

Bzgl. Kunst in Videospielen:
Ich nehme ebenfalls viel als Kunst war, manches wiederum als elegantes Design und weniger als Kunst. Z.B. Dark Souls ist für mich in vielerlei Hinsicht ein Kunstwerk - ausgerechnet das Kampfsystem ist für mich gut designt, ein Teil des Gesamtkunstwerkes, aber selber keine Kunst. Andere Bereiche, wie etwa die Lore und insbesondere deren Implementierung (aus vielen Frsgmenten selber zusammenpuzzelnd), sehe ich auch losgelöst vom restlichen Spiel als Kunst.
Ich beschäftige mich schon viel mkt Spielen, Videospielen und Spieldesign.

Ich möchte nur generell davon Abstand nehmen, etwas generell als Kunst zu bezeichnen. Dark Souls ist für mich ein Kunstwerk - niemals würde ich es verallgemeinern und gesetzt annehmen.

Bzgl. des Individuellen Kunstbegriffes:
Du findest ihn spannend? Du benutzt ihn bereits:
Ich weiß, du zitierst nur deinen Freund, aber ich glaube, hier würde ich nicht mal mitgehen. Für mich braucht es keinen Künstler, der das nach außen trägt. Kunst wird meiner Meinung nach recht intuitiv wahrgenommen, auch wenn nicht jeder den gleichen Begriff verwenden würde.
Das geht ja bereits in die Richtung.

Bzgl. des Begriffes 'Art Design' und der Kunstbegriff in der Industrie:
Da hast du recht. Da habe ich Begriffe zu wörtlich genommen. Auch, dass ich den Kunstbegriff aus der Industrie heraus thematisiere, liegt vielleicht daran, dass ich mich mit dem Thema viel auseinandersetze und den verallgemeinerten Kunstbegriff selber auf die Industrie verallgemeinert habe. Mangelnde Differenzierung meinerseits.
Auch die vielen kleinen Titel, die nicht (primär) aus monetärem Antrieb heraus entstehen, bringen für mich viele neue und meiner Meinung nach auch künstlerische Schöpfung hervor.

Bzgl. Pen&Paper und Kunst:
In dem Medium spricht keiner von Künstlern und Kunst, wenn über Autorentum und Regelwerke gesprochen wird. Und so wie ich das Kampf-System im Dark Souls elegant finde, würde ich die (kreativen) Lösungen meines Regelwerks rein mechanisch bewerten. Du würdest die kreative Leistung als Kunst bezeichnen, richtig? War auch nur mal als Beispiel in den Raum geworfen, wie different die Wahrnehmung ist bzw. gewertet wird.

Herrlich! Spannendste Unterhaltung über Kunst seit langem! Danke!
Maestro84
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Re: Wortreich: "Zu viel Kunst"

Beitrag von Maestro84 »

sleepnt hat geschrieben: 19. Jun 2019, 13:32 Ich finde den Begriff 'Kunst' an sich überansprucht in der Spieleindustrie. In der Industrie steht nunmal immer der Gewinn und das Wachstum an erster Stelle - wenn ich das nicht liefere, dann gibt es keinem Vertrag. Also werden Spiele mittlerweile eher durch Gewinnoptimierung geprägt, denn durch einen Kunstanspruch.
Da gehe ich gerne mit. Sicher, es gibt auch künstlerisch anspruchsvolle Spiele, genau wie es solche bei Romanen oder Filmen gibt. Dies macht aber nicht aus jedem Avengers 10 oder Highlander-Frauenroman 500 ein künstlerisch wertvolles Produkt, sondern einfach eines, das am Markt ausgerichtet ist - Avengers 10 oder Highlander 500 bringen halt mehr Kasse als Independentfilme oder ein Roman über das Leben und Wirken von Sebastian Stang (Titel: "Der Stangenator").

Die Frage ist da halt auch, was der Konsument erwartet? Ich erwarte ja ein Unterhalts- und kein Kunstprodukt. Ein Bild soll halt einfach schön sein, die modernen Medien aber sollen Gewinn abwerfen und das nicht zu knapp.
Lars Kalthoff
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Re: Wortreich: "Zu viel Kunst"

Beitrag von Lars Kalthoff »

Finde die Diskussionen echt spannend, vielen Dank an Wolfgang auch mal an der Stelle! Finde die Kolumnen immer sehr inspirierend.

Hab mir mal ein paar Gedanken gemacht, was etwas für mich zur Kunst macht. Für mich persönlich scheint es da tatsächlich so etwas wie eine Formel zu geben:

Kunst = Innovation + Exzellenz + Eleganz + Signifikanz

Innovation - Löst das Werk ein neues Problem oder ein altes Problem auf neue Weise?
Exzellenz - Ist das Werk handwerklich so gut gemacht, dass ich mich auf den eigentlichen Inhalt konzentrieren kann?
Eleganz - Erzielt das Werk den größtmöglichen Effekt mit der geringstmöglichen komponentiellen Komplexität?
Signifikanz - Beschäftigt mich das Werk auch noch nach dem tatsächlichen Konsum? Öffnet es z.B. meine Augen für ein Problem, das ich bisher ignoriert habe?

Wenn ich so die Dinge durchgehe, die ich als Kunst bezeichne, beantworten sie mindestens 3 der 4 Fragen mit Ja. Ich glaube, an der Formel erkennt man auch ganz gut, dass finanzielle Motive für mich kein Ausschlusskriterium sind, ein kommerzielles Spiel kann auch alle Fragen positiv beantworten - vielleicht mit gelegentlicher Ausnahme von Innovation, weil die doch oft ein finanzielles Risiko bedeutet.

Würde mich mal interessieren, inwiefern ihr euch in der Formel wiederfindet und welche Aspekte ihr hinzufügen würdet.
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Soulaire
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Re: Wortreich: "Zu viel Kunst"

Beitrag von Soulaire »

Lars Kalthoff hat geschrieben: 20. Jun 2019, 16:17 Finde die Diskussionen echt spannend, vielen Dank an Wolfgang auch mal an der Stelle! Finde die Kolumnen immer sehr inspirierend.

Hab mir mal ein paar Gedanken gemacht, was etwas für mich zur Kunst macht. Für mich persönlich scheint es da tatsächlich so etwas wie eine Formel zu geben:

Kunst = Innovation + Exzellenz + Eleganz + Signifikanz

Innovation - Löst das Werk ein neues Problem oder ein altes Problem auf neue Weise?
Exzellenz - Ist das Werk handwerklich so gut gemacht, dass ich mich auf den eigentlichen Inhalt konzentrieren kann?
Eleganz - Erzielt das Werk den größtmöglichen Effekt mit der geringstmöglichen komponentiellen Komplexität?
Signifikanz - Beschäftigt mich das Werk auch noch nach dem tatsächlichen Konsum? Öffnet es z.B. meine Augen für ein Problem, das ich bisher ignoriert habe?

Wenn ich so die Dinge durchgehe, die ich als Kunst bezeichne, beantworten sie mindestens 3 der 4 Fragen mit Ja. Ich glaube, an der Formel erkennt man auch ganz gut, dass finanzielle Motive für mich kein Ausschlusskriterium sind, ein kommerzielles Spiel kann auch alle Fragen positiv beantworten - vielleicht mit gelegentlicher Ausnahme von Innovation, weil die doch oft ein finanzielles Risiko bedeutet.

Würde mich mal interessieren, inwiefern ihr euch in der Formel wiederfindet und welche Aspekte ihr hinzufügen würdet.
Beim Punkt Innovation würde ich erstmal widersprechen. Einem Werk kann es völlig egal sein ob es innovativ ist oder nicht. Und was andere Filme/Spiele vorher gemacht haben ist auch nicht wichtig. Ich denke man nimmt "Kunst" eher als innovativ wahr, eben weil es nicht billig kopiert ist und für sich alleine steht. Das Werk ist nicht wie das Produkt darauf angewiesen dass es sich oft verkauft. Bzw ist es dann keine "Kunst" mehr imo, wenn das Werk seinen Wert nur aus dem finanziellen Erfolg zieht.
Außerdem ist das Wort "innovativ" in der Hinsicht problematisch, als dass man davon ausgeht, andere Spiele danach könnten das Innovative 1zu1 übernehmen. Meiner Meinung nach geht das mit Kunst aber nicht. Kunst kann "nur" inspirieren.
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