Ich finde den Begriff 'Kunst' an sich überansprucht in der Spieleindustrie.
Deckt sich nicht wirklich mit meiner Erfahrung. Da wird viel zu oft von "nur einem Spiel" gesprochen, zumindest bei den Produkten, auf die du dich anscheinend beziehst.
In der Industrie steht nunmal immer der Gewinn und das Wachstum an erster Stelle - wenn ich das nicht liefere, dann gibt es keinem Vertrag.
Nur wenn man Spiele-Industrie mit einer bestimmten Art von Spielen (AAA und ähnliche) gleichsetzt. Dann ignoriert man aber die unzähligen Hobbyprojekte, kostenlosen Spiele, Studentenprojekte, und vieles mehr. Die sind übrigens deutlich zahlreicher als AAA Spiele und ich kann dir aus eigener Erfahrung versichern, dass Gewinnmaximierung da eine sehr kleine - wenn überhaupt existente - Rolle spielt.
wenn ich das nicht liefere, dann gibt es keinem Vertrag.
Das bezieht sich ja auch nur auf das klassische Entwickler-Publisher Model, zu dem es mittlerweile doch einige Alternativen gibt.
Selbst der Kreative ordnet sich dem Geld unter und stellt seine kreatives Schaffen hinten an, um es überhaupt machen zu können.
Es ist klar, dass jeder irgendwie von seiner Arbeit leben muss. Mir ist nicht klar, warum ein grundsätzliches finanzielles Interesse (was wahrscheinlich bei 99% aller Menschen vorhanden ist) einem Werk den Kunstcharakter abstreiten sollte.
Da scheinen wir grundsätzlich andere Verständnisse von Kunst zu haben: Für mich sind weder finanzielles Interesse und Kunst noch Handwerk und Kunst Gegensätze. Finanzielles Interesse, kann anspornen, das meiste aus einem Werk rauszuholen und ein ausgeprägter Kunstcharakter kann auch ein von Anfang an einkalkulierter Selling Point sein. Ich würde auch sagen, dass Kunst immer Handwerk vorraussetzt und dass sehr gutes Handwerk oft als Kunst wahrgenommen wird. Ich sehe das keine Gegensätze.
Wenn man gestreamlinte Spiele als Kunst bezeichnet, so wie es die Popmusik sich ebenfalls selber gerne bezeichnet, dann kann ich das nichr ernst nehmen.
Auch den Punkt verstehe ich nicht. Erstmal spricht Wolfgang ja nie davon, dass jedes Spiel automatisch Kunst ist und zum anderen finde ich es sehr bedenklich, einem Werk den Kunstcharakter abzusprechen, nur weil es populär ist. Da denke ich sofort an Menschen, die sich besonders fühlen wollen, weil sie etwas mögen, was sonst keiner mag.
So wie er ein Spiel designt designen andere Wohnungen oder Häuser - immer mit der Nachfrage im Hinterkopf.
Wie bereits erwähnt, gilt der Punkt nur für einige Spiele, nichtmal notwendigerweise für die meisten, und schon gar nicht für das Medium als solches.
ich selbst als Künstler zu bezeichnen und das selbst erschaffene von vorne herein bereits als Kunst zu bezeichnen finde ich Hybris.
Finde ich schwierig. Wenn jemand sagen würde "Meine Spiele sind Kunst und deshalb sind sie besser als alle anderen", wäre es definitiv überheblich. Das setzt aber voraus, dass Kunst vom selbsternannten Künstler als etwas Höreres/Besseres angesehen wird. Auch das ist nicht immer der Fall. Für manche ist das einfach eine Unterscheidung, was das Ziel des Werkes angeht. Wenn dadurch weder das eine aufgewertet, noch das andere abgewertet wird, kann ich da keine Hybris erkennen.
Und wenn ein einzelner Angestellter auch einen künstlerischen Anspruch an sich oder seine Mitarbeiter hat (was bestimmt viele Kreative in diesen Job führt)
Das VIELE würde ich gerne unterstreichen. Hab noch keinen Entwickler getroffen, bei dem das nicht zutrifft, ganz gleich an welchen Spielen diese Person arbeitet.
Aber kann man sich als Studio hinstellen und sagen, es produziere Kunst? Ich finde nicht. Die Bewertung liegt alleine an mir, dem Kunden und Videospieler.
Welche Studios stellen sich denn hin und sagen, sie produzieren Kunst? Meiner Ansicht nach halten sich die meisten "mainstream" Entwickler da eher bedeckt oder kommen mit Aussagen a la "Es ist nur ein Spiel" und "Es hat keine Aussage. Es ist nicht politisch!" um die Ecke. Außerdem warum sollte NUR der Kunde entscheiden, was Kunst ist und was nicht? Natürlich sind die Kunden wichtig, aber warum heißt das im Umkehrschluss das NUR die Spieler entscheiden? Gerade, wenn sich Analysten und Entwickler mit dem Medium tendenziell deutlich besser mit dem Medium auskennen, ist die Meinung dieser irrelevant? Finde ich sehr problematisch auch wenn ich verstehen kann, warum man sich als Spieler wünscht, nur die Spieler würden entscheiden, was Kunst ist und was nicht.
Die Bewertung liegt alleine an mir, dem Kunden und Videospieler.
Der Satz klingt für mich, als würdest du dich mit Videospielen rein auf der Konsumebene beschäftigen. Wenn das stimmt, frage ich mich woher die vorherigen Aussagen über den Handwerks-Charakter von Spieleentwicklung stammen? Das kann man glaube ich nur schwer beurteilen, wenn man den Prozess noch nie selbst erlebt hat.
Je weiter sich das Endprodukt auf dieser Axe verschiebt, entsteht lediglich ein Unterhaltungsprodukt, dass Verkauft werden will.
Unterhaltung und Kunst als gegensätzliche Pole auf einer Achse zu bezeichnen, kann ich persönlich null nachvollziehen. Super Mario Bros. ist ein unterhaltsames Spiel. Da wird wohl keiner widersprechen. Trotzdem ist sowohl die Eleganz der Spielmechanik und Entwicklung dieser, als auch die Art und Weise, wie das Spiel seine Mechaniken beibringt, dermaßen kreativ, bis ins Kleinste geplant, und perfekt ausgeführt, dass ich hier nur von großer Design Kunst sprechen kann.
Dasselbe gilt für Uncharted, was ja eins dieser mainstream Spiele ist, auf die du dich scheinbar beziehst. Es ist ein Action-Blockbuster und nicht besonders anspruchsvoll. Dafür ist es unterhaltend. Wenn man Uncharted aus der Ferne betrachtet kann man bestimmt sagen, es sei einfach nur Handwerk. Wenn man sich allerdings mal im Detail mit Aspekten wie beispielsweise der Spielerführung im Level Design beschäftigt, kann ich nur sagen: Das ist Kunst! Zumindest in diesem Aspekt.
Unterhaltung und Kunst sind keine Gegensätze. Kunst unterhält und Unterhaltung enthält sehr oft künstlerische Aspekte. Das Werk kann nichts dafür, dass diese in der Besprechung dann leider selten Erwähnung finden.