Magazin #57

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mib
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Magazin #57

Beitrag von mib »

Ich finde, man sollte auch nicht unerwähnt lassen, dass schon die Kickstarter-Kampagne von Shenmue 3 eigentlich eine Farce war. Und ja, mir ist auch der Wortlaut arg aufgestoßen damals, dass man so froh sei, dass man mit dem Epic Launcher die beste bla bla... aber warum kommt es dann in einem Jahr auch auf Steam?

[Edit: Hier noch ein Link, was ich mit Farce meinte: https://www.gamepro.de/artikel/kolumne- ... 87234.html - im Grunde hatte der Entwickler damals schon seine hässliche Fratze gezeigt, ich würde jetzt nicht alles auf Deep Silver schieben]

Und noch eine Bitte, Sebastian :-)
Ich weiß, es ist nicht immer leicht Fremdwörter korrekt auszusprechen, wenn man die Sprache nicht wirklich gelernt hat. Aber "Guillemot" spricht man im Grunde nur "giemoh" aus. Manchmal helfen auch Seiten wie leo.org oder selbst die Google-Übersetzung, um sich Wörter vorlesen zu lassen.
Und ein Zitat stammt nicht von Sébastien "La" Prestre, sondern von Sébastien "Le" (gesprochen Lö) Prestre (und man spricht es fast wie das deutsche Sebastian aus, nur etwas anders betont und das "n" eher stumm). Und entgegen der Quelle ist er keineswegs Lead Developer (was auch nicht mit "Chefentwickler" übersetzt wird, weil "Lead" bezieht sich in der Hinsicht selten auf eine disziplinarische Führung, die ein Chef inne hat, sondern eher ein Leitwolf. Es kann auch viele Lead Developer in einem Projekt und mehrere in einem Team geben). Aber er ist auch kein Lead Developer, sondern (Associate) Lead Development Tester. Und ein Entwickler und ein Tester sehen das Projekt nun mal aus einem ganz anderen Blickwinkel. Klar, mehrere Quellen haben das anders geschrieben, aber ein Blick in sein Linked-In-Profil offenbart das nun mal.

P.S. Es liegt leider in meiner Natur/in meinen Genen/in meiner Herkunft, dass ich wenig lobe und eher den Finger in die Wunde lege :-) Bei uns gibt es leider das Sprichwort "nichts gesagt ist genug gelobt". Insofern bitte nicht böse sein, dass ich Dank und Lob weggelassen habe, ist schon spät :-)


Edit:
Auch ein interessanter Artikel: https://www.gamestar.de/artikel/shenmue ... 37453.html
Und der zeigt, warum ich von Crowdfunding im Bereich Software-Entwicklung wenig halte. Klar, es mag positive Ausnahmen geben.
Ich lasse mich allerdings hin und wieder mal durchringen, etwas zu Pre-Ordern. Allerdings handelt es sich dann um einen Titel wie GTA V, wo ich dann doch genug Vertrauen in Rockstar habe (und das Spiel vielleicht wirklich schon für etwa eine Stunde gespielt habe :-) Aber liegt nicht am Spiel sondern an mir). Aber da muss halt schon eine gewisse Portion Vertrauen da sein... die kann aber bei mir auch wieder verspielt werden, wie man an BioWare sehen kann.
Nichtsdestotrotz ist es genau dieses Vertrauen, was mir bei den meisten Crowdfunding-Kampagnen fehlt. Und wenn man dann sieht, dass ein RSI bei allem finanziellen Erfolg, den man erzielen konnte, immer noch auf Crowdfunding angewiesen ist, dann sieht man, dass Publisher, die auch mal Ergebnisse sehen wollen, vielleicht doch nicht immer das große Übel sind, für die sie oft genug hingestellt werden. Jemand, der mal sagt "Wir haben jetzt langsam wirklich genug Geld hingelegt, so langsam würden wir gerne mal was spielbares haben...", das gibt es bei Crowdfunding nicht. Und natürlich, man hat das Gefühl, etwas gutes zu tun, indem man einen Entwickler unterstützt. Gleichzeitig surft man mit Werbeblockern und kauft BIllig-Steam-Keys aus Fernost... und das für ein Spiel, das es bereits gibt, das kein vages Versprechen ist, wo man weiß, was man bekommt... (ja, das mag nicht für alle gelten).
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Dr. Zoidberg [np]
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Re: Magazin #57

Beitrag von Dr. Zoidberg [np] »

mib hat geschrieben: 22. Jun 2019, 23:50 Ich finde, man sollte auch nicht unerwähnt lassen, dass schon die Kickstarter-Kampagne von Shenmue 3 eigentlich eine Farce war. Und ja, mir ist auch der Wortlaut arg aufgestoßen damals, dass man so froh sei, dass man mit dem Epic Launcher die beste bla bla... aber warum kommt es dann in einem Jahr auch auf Steam?

[Edit: Hier noch ein Link, was ich mit Farce meinte: https://www.gamepro.de/artikel/kolumne- ... 87234.html - im Grunde hatte der Entwickler damals schon seine hässliche Fratze gezeigt, ich würde jetzt nicht alles auf Deep Silver schieben]
Ich habe da ja eine andere Meinung dazu, diese habe ich seinerzeit hier ausführlich formuliert: http://agileblogorg.blogspot.com/2015/0 ... gn-is.html
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mib
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Re: Magazin #57

Beitrag von mib »

Puh, interessante Ansichten...

Also a) sehe ich einen MVP als etwas komplett anderes an.
Du zitierst die offizielle Definition von MVP, schneidest aber wichtige Teile weg. Ich zitiere mal den ganzen Absatz:
"A core component of Lean Startup methodology is the build-measure-learn feedback loop. The first step is figuring out the problem that needs to be solved and then developing a minimum viable product (MVP) to begin the process of learning as quickly as possible. Once the MVP is established, a startup can work on tuning the engine. This will involve measurement and learning and must include actionable metrics that can demonstrate cause and effect question."
Also der MVP dient dem Lernen. Der MVP ist kein Prototyp, den ich als Messe-Demo verwende. Der MVP ist ein tatsächliches nutzbares Produkt, das Feedback erlaubt. Nutzbar heißt dabei nicht vollumfänglich. Wo war das bitte bei dem, was damals für die Kickstarter-Kampagne gezeigt wurde, gegeben? Konnten Backer direkt auf den MVP zugreifen und Feedback geben?

b) Natürlich war es ein cleverer Schachzug. Aber nicht für die Spieler, sondern den Entwickler. Kickstarter bringt Geld ohne dafür irgendeine Gegenleistung erbringen zu müssen. Wunderbar. Ja, es ist kein Risiko. Und so wie sich dein Blog-Post anhört, ist nach zwei finanziellen Flops auch moralisch alles erlaubt.

c) Wie viel wurde für das Ziel von 2 Mio $ damals eigentlich versprochen? Ich weiß es nicht. Aber war den Backern damals bekannt, dass das kein fertiges Spiel ergeben würde? Und ja, dann gibt's ja immer neue Strech-Goals, weil sich Features ja linear mit dem Budget skalieren lassen ...

d) Bei Pre-Order hast du wenigstens rechtlichen Anspruch auf eine Leistung. Da kannst du dann auch rechtliche Mittel anwenden, um zu deinem Geld zu kommen, sollte nicht geliefert werden. Bei Kickstarter ... ja... sieht man ja, was mit unzufriedenen Backern passiert. Nichts. Wo man da einen Vorteil für Spieler sehen will, das kann ich ehrlich gesagt nicht nachvollziehen. Und mit Verlaub: Wer bereit ist, ein Kickstarter-Spiel zu backen, dem kann das Geld eigentlich nicht wichtig sein. Wo war denn der Einfluss, als es um die Entscheidung zugunsten von Epic ging?

Es mag kein Shenmue 3 gegeben haben ohne Kickstarter. Wir werden es nie erfahren. Aber die Art und Weise, wie von Anfang an mit den Spielern umgegangen wurde, diese Respektlosigkeit, das mag für die Entwickler okay gewesen sein. Es hat schließlich zum Ziel geführt: Das Projekt ist finanziert. Aber langfristig kann das der Industrie ziemlich schaden.
Ich muss da an dieses Video denken: https://www.youtube.com/watch?v=IIpbgWyPsWQ
Und so ist es halt auch hier. Ein paar Entwickler fangen an, sich rücksichtslos gegenüber Spielern zu verhalten. Und ich meine nicht nur das hier... sieht man ja bei vielen Dingen.. Lootboxen, die irgendwann anfangen, Grenzen zu überschreiten.. und das Schlimme ist: Die haben sogar kurzfrsitig damit Erfolg. Aber irgendwann werden auch die Spieler es satt haben, auf diese Weise ver...t zu werden.

Ich persönlich halte wenig davon, Software und im Speziellen via Kickstarter zu finanzieren. Das hat einfache Gründe:
- Software-Entwicklung verläuft nun mal nicht immer reibungslos und so wie geplant (vor allem bei unerfahrenen Entwicklern)
- Wer bereits Erfahrung hat, bekommt meistens auch so Geld, das Spiel zu finanzieren
- Gerade in Bezug auf Spiele passiert es immer wieder, dass sich ein Spiel von der ursprünglichen Idee zunehmend entfernt (Ich frage mich z.B., wie viele der initialen Star-Citizen-Backer sich tatsächlich das gewünscht haben, was jetzt kommen soll...)
- Crowdfunding heißt eigentlich erst mal nur, dass das Geld aus der Menge kommt, und noch lange nicht, dass die Meinung berücksichtigt/respektiert wird (ich denke nicht, dass ich hierfür Beispiele heranführen muss) - Selbst wenn man Crowdfunding betreibt, dann es sein, dass sich ein Publisher einkauft und alles nach belieben umentscheidet...

Und das heißt nicht, dass ich ein generelles Problem mit Kickstarter hätte. Wenn man sich anschaut, wo Kickstarter her kommt, dann ergibt das ganze auch richtig Sinn. Musiker, die die Community bitten, sie beim Kauf neuer Instrumente zu unterstützen. Eine super tolle Gitarre kostet halt den Betrag, der vorher bekannt ist. Die wird nicht einfach mal aus unerwarteten Gründen teurer... und klar, als Gegenleistung bekomme ich dann z.B. Musik - da garantiert mir keiner, dass sie mir gefallen wird, ich habe auch nicht wirklich Mitspracherecht, was für Musik entsteht, aber das ist ja auch okay. Und wenn mir das erste Album nicht gefällt, dann vielleicht das zweite...
Und wenn er genug Geld einsackt, und nicht nur eine Gitarre, sondern auch noch ein neues Schlagzeug kaufen kann von dem Geld, dann ist das auch okay, das ändert aber nichts daran, dass es keinen Einfluss darauf hat, ob ich als Hörer von der Gitarre profitiere oder nicht... Wenn Strech-Goals sind, dass es mehr Lieder gibt usw, das nimmt ja nicht wirklich direkten Einfluss auf die anderen Lieder...

Würde ein Software-Entwickler sagen "Wir benötigen Geld für neue Hardware", "für Lizenzen" usw, das transparent aufschlüsseln, ganz ehrlich: Da würde ich sogar eher unterstützen. Aber sowas wäre halt als Kickstarter-Kampagne nicht sexy, weil sich die Leute fragen würden "Wofür denn? Die einen versprechen mir doch das Gelbe vom Ei..." Und außerdem kann man halt davon nicht leben... aber hey: Warum sollte ein Entwickler sowas machen? Diese Ausgaben lassen sich doch eh entsprechend absetzen ...

Aber es ist menschlich, dass man sich selbst versucht einzureden, dass es doch eine super Idee war, ... gemacht zu haben (vollkommen egal was für ein Irrtum es war, gilt für mich genauso wie für jeden anderen Menschen auch).
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Dr. Zoidberg [np]
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Re: Magazin #57

Beitrag von Dr. Zoidberg [np] »

mib hat geschrieben: 26. Jun 2019, 21:12 Puh, interessante Ansichten...

Also a) sehe ich einen MVP als etwas komplett anderes an.
Du zitierst die offizielle Definition von MVP, schneidest aber wichtige Teile weg. Ich zitiere mal den ganzen Absatz:
"A core component of Lean Startup methodology is the build-measure-learn feedback loop. The first step is figuring out the problem that needs to be solved and then developing a minimum viable product (MVP) to begin the process of learning as quickly as possible. Once the MVP is established, a startup can work on tuning the engine. This will involve measurement and learning and must include actionable metrics that can demonstrate cause and effect question."
Also der MVP dient dem Lernen. Der MVP ist kein Prototyp, den ich als Messe-Demo verwende. Der MVP ist ein tatsächliches nutzbares Produkt, das Feedback erlaubt. Nutzbar heißt dabei nicht vollumfänglich. Wo war das bitte bei dem, was damals für die Kickstarter-Kampagne gezeigt wurde, gegeben? Konnten Backer direkt auf den MVP zugreifen und Feedback geben?
Das ist so auch nicht richtig. Wenn du "Lean Startup" liest, wirst du merken, dass ein MVP kein konkretes Produkt sein muss. "Lernen" heißt in dem Zusammenhang: Funktioniert mein Produkt, so wie ich mir das vorstelle?" zusammen mit der Frage "Wie bekomme ich am einfachsten eine Antwort auf diese Frage?". Es gibt zig Beipiele, wo der MVP nur eine Umfrage oder eine Webseite ohne tatsächliche Funktionalität war.
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mib
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Re: Magazin #57

Beitrag von mib »

Vielleicht sollte ich dieses Buch lesen, denn offensichtlich kann damit kein Projekt scheitern genauso wenig wie wenn man agile Prozesse verwendet (und das sage ich als Entwickler, der bislang nur in agilen Projekten, ok, in Projekten, in denen die Entwicklungsteams agil arbeiten, arbeitet).

Könntest du ein paar der zig Beispiele für die MVP als Umfragen nennen? Weil wenn ich nichts finden sollte, wäre das keinerlei Beweis.

Und den MVP als Erfolg zu nennen, ohne gelernt zu haben, was die Kunden wollen?
"version of a new product which allows a team to collect the maximum amount of validated learning about customers with the least effort"
Also dass die Kunden keine (nicht mal eine zeitlich begrenzte) Epic-Exklusivität wollen, das hätte man auch ohne MVP wissen können.

Also meiner Meinung nach hat man durch den MVP nur eine Sache gelernt: Es gibt einen Markt. Mehr nicht. Und mehr hat die Entwickler ja auch gar nicht interessiert. Deshalb sage ich ja auch: Das mag für den Entwickler ein Erfolg gewesen sein, aber wie kann man bitte als Kunde dafür den Entwickler auch noch feiern und ihn loben und verteidigen?

Und ja, laut Tim Sweeny ist ja auch noch Valve daran schuld, dass die Backer keine Steam-Keys erhalten.
mib
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Re: Magazin #57

Beitrag von mib »

Und jetzt kommt noch eine ganz verrückte Idee: Mann könnte ja sogar den Backern eine digitale Version ganz ohne DRM, ganz ohne Store geben. Wenn man es denn nur wollte. Aber wer zu Epic geht sagt doch eh: "Wie viele Leute das Spiel kaufen, ist uns egal. Wir wissen, dass wir unser Geld auch so bekommen."

Aber dazu müsste man den Backern ja vertrauen... nur woher sollte man dieses Vertrauen denn nehmen? Vielleicht aus der Tatsache heraus, dass diese Leute Geld gegeben haben, ohne die Sicherheit zu haben, jemals etwas zu bekommen?
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