Runde #224: Kuscheln statt Killen: Beziehungsalltag in Videospielen

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Andre Peschke
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Re: Runde #224: Kuscheln statt Killen

Beitrag von Andre Peschke »

Claudine_Salome hat geschrieben: 26. Jul 2019, 15:17 Da muss ich zackzackab zustimmen. Ich habe die Stelle nochmal gehört und finde den Umgang mit typischen Symptomen der Depression auch schwierig.
Da existiert doch gar kein "Umgang mit typischen Symptomen einer Depression". Wir machen uns über das Geschichtenerzählen im Spiel lustig, indem wir vorsätzlich Ethans Unvermögen auch nur ein Essen zuzubereiten auf seine die vorher präsentierte, lächerliche Entkopplung von Haushaltsarbeiten zurückführen. Das ist eine absichtliche Fehldeutung, die humorig nochmal die schlechte Inszenierung der Eingangsszene aufgreift.

Unbenommen, dass dir und zackzackab das aufgrund persönlicher / beruflicher Nähe sauer aufstößt.

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Re: Runde #224: Kuscheln statt Killen

Beitrag von zackzackab »

Andre Peschke hat geschrieben: 26. Jul 2019, 16:13 Da existiert doch gar kein "Umgang mit typischen Symptomen einer Depression". Wir machen uns über das Geschichtenerzählen im Spiel lustig, indem wir vorsätzlich Ethans Unvermögen auch nur ein Essen zuzubereiten auf seine die vorher präsentierte, lächerliche Entkopplung von Haushaltsarbeiten zurückführen. Das ist eine absichtliche Fehldeutung, die humorig nochmal die schlechte Inszenierung der Eingangsszene aufgreift.
Es ist also kein Umgang mit typischen Symptomen einer Depression, sie humorig absichtlich fehlzudeuten? Man kann das natürlich zu einer Geschmacksfrage erklären. Ich persönlich finde, eure Behandlung ist durchaus ein medialer Beitrag, den man auch über die persönliche oder berufliche Nähebeziehung hinaus problematisch finden darf. Unsere Kritik hierauf zu reduzieren, ist mir zu einfach.
Zuletzt geändert von zackzackab am 26. Jul 2019, 16:33, insgesamt 1-mal geändert.
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Ines
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Re: Runde #224: Kuscheln statt Killen

Beitrag von Ines »

Andre Peschke hat geschrieben: 26. Jul 2019, 16:13
Claudine_Salome hat geschrieben: 26. Jul 2019, 15:17 Da muss ich zackzackab zustimmen. Ich habe die Stelle nochmal gehört und finde den Umgang mit typischen Symptomen der Depression auch schwierig.
Da existiert doch gar kein "Umgang mit typischen Symptomen einer Depression". Wir machen uns über das Geschichtenerzählen im Spiel lustig, indem wir vorsätzlich Ethans Unvermögen auch nur ein Essen zuzubereiten auf seine die vorher präsentierte, lächerliche Entkopplung von Haushaltsarbeiten zurückführen. Das ist eine absichtliche Fehldeutung, die humorig nochmal die schlechte Inszenierung der Eingangsszene aufgreift.

Unbenommen, dass dir und zackzackab das aufgrund persönlicher / beruflicher Nähe sauer aufstößt.

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Ja, kann ich nachvollziehen, aber ihr geht an der Stelle trotzdem mit typischen Symptomen einer Depression um, auch wenn ihr sie nicht als solche benennt und es absichtlich fehldeutet. Wie schlecht auch immer die Geschichte erzählt sein mag, da ist jemand, der (sogar nach einem nachvollziehbaren Schicksalsschlag) mindestens mit Antriebslosigkeit, Freudverlust und Grübeln reagiert. Du benennst es sogar als Depression. Da hätte ich mich über eine kurze sachliche Einordnung der Darstellung gefreut (auch wenn es nicht das Thema der Folge war)
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Andre Peschke
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Re: Runde #224: Kuscheln statt Killen

Beitrag von Andre Peschke »

zackzackab hat geschrieben: 26. Jul 2019, 16:28 Es ist also kein Umgang mit typischen Symptomen einer Depression, sie humorig absichtlich fehlzudeuten? Man kann das natürlich zu einer Geschmacksfrage erklären. Ich persönlich finde, eure Behandlung ist durchaus ein medialer Beitrag, den man auch über die persönliche oder berufliche Nähebeziehung hinaus problematisch finden darf. Unsere Kritik hierauf zu reduzieren, ist mir zu einfach.
Es existiert halt hier schlicht kein Bezug. Es ist durch den Kontext erkennbar, dass wir hier lediglich über die Mängel der Erzählung und Cages Griff zu den Extremen herziehen. Das dir der Passus ungeachtet des Kontext nahegeht - wie gesagt, unbestritten. Wenn du magst, kannst du auch Kritik üben und sagen: "Sobald ein sensibles Thema auch nur im Umkreis auftaucht, halte ich Humor für deplaziert". Gegen diese Haltung habe ich nichts, ich teile sie aber nicht und falls daraus eine Forderung erwüchse, in Zukunft darauf derart weiträumig zu verzichten, lautet meine Antwort: Nein.

Wenn wir uns tatsächlich über Depression etc lustig gemacht hätten, sähe das ganz anders aus.
Claudine_Salome hat geschrieben: 26. Jul 2019, 16:31 Wie schlecht auch immer die Geschichte erzählt sein mag, da ist jemand, der (sogar nach einem nachvollziehbaren Schicksalsschlag) mindestens mit Antriebslosigkeit, Freudverlust und Grübeln reagiert. Du benennst es sogar als Depression. Da hätte ich mich über eine kurze sachliche Einordnung der Darstellung gefreut (auch wenn es nicht das Thema der Folge war)
Ich kann voll verstehen, dass du als jemand dem das Thema am Herzen liegt hier den Wunsch hattest, wir würden es aufgreifen, anstatt nur in seinem Dunstkreis einen Gag zu machen. Das war halt nur in doppelter Hinsicht nicht Inhalt dieser Folge. In der kommenden Sonntagsfolge spreche ich mit Dom über "Sea of Solitude" - da gibt's dafür erheblich mehr Diskussionen zur Darstellung von und Metaphorik über Depression etc.

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Ines
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Re: Runde #224: Kuscheln statt Killen

Beitrag von Ines »

Andre Peschke hat geschrieben: 26. Jul 2019, 16:56 Ich kann voll verstehen, dass du als jemand dem das Thema am Herzen liegt hier den Wunsch hattest, wir würden es aufgreifen, anstatt nur in seinem Dunstkreis einen Gag zu machen. Das war halt nur in doppelter Hinsicht nicht Inhalt dieser Folge. In der kommenden Sonntagsfolge spreche ich mit Dom über "Sea of Solitude" - da gibt's dafür erheblich mehr Diskussionen zur Darstellung von und Metaphorik über Depression etc.

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Ich glaube, du hast mein Anliegen nicht ganz verstanden. Mir ging es darum, dass es gar nicht so extrem klingt und ein Satz dazu, dass die konkrete Darstellung und nicht ein solches Verhalten an sich das ist, worüber ihr euch lustig macht, wäre aus meiner Sicht zur Einordnung gut gewesen. So klingt es, als wäre es lächerlich, wenn man Jahre später über den Tod seines Kindes klagt und wenn man seinen Haushalt in so einer Situation nicht mehr hinbekommt.
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Axel
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Re: Runde #224: Kuscheln statt Killen

Beitrag von Axel »

Andre Peschke hat geschrieben: 26. Jul 2019, 16:56 Es ist durch den Kontext erkennbar, dass wir hier lediglich über die Mängel der Erzählung und Cages Griff zu den Extremen herziehen.
Dann ist es aber trotzdem ein falsches Beispiel. Etwa wenn Nina süffisant sagt, dass die Person in einer Depression „nicht mehr kochen könne“. Das ist ja leider das Tückische: Als gesunder Mensch kann man das nicht nachvollziehen was die Auswirkungen von Depressionen sind. Man hat häufig diese Klischeevorstellung, dass die Person nur traurig wäre oder so.
Es ist jedoch so, dass genau diese Antriebslosigkeit sehr häufig die Begleiterscheinung von einer schweren Depression, wie auch von einer posttraumatischen Belastungsstörung ist. Und das ist echt schlimm: Allein aufzustehen kann zu einer riesigen Herausforderung werden. Einfachste Dinge des Alltags werden zu einer übergroßen Aufgabe, die man in dem Moment nicht mehr bewältigen kann. Und da gehört das Aufräumen dazu, einkaufen, essen machen. Ich habe selber diese Phasen. Ich bin auch schon mal ins Krankenhaus aufgrund eines Schwächeanfalls gekommen, weil ich drei Tage nichts gegessen und getrunken habe. Und sämtliche Leute aus unserer Selbsthilfegruppe haben diese scheiße ebenfalls immer wieder. Auch nach Jahren mit der Krankheit, obwohl man eigentlich die nötigen Strategien hat. Es ist ein dauerhafter Kampf, unterbrochen von Phasen wo es mal besser läuft.

Ich habe Heavy Rain nie gespielt. Wenn aber genau das so dargestellt wird, ist das keine erzählerische Extreme, sondern sogar sehr realistisch. Auch wenn man das als gesunder Mensch vielleicht nicht nachvollziehen kann. Durch das Betiteln solcher Dinge als „erzählerische Extreme“ - also Fiktion - werden auch die gesellschaftlichen Stereotypen und Vorurteile aufrecht erhalten, die das Leben mit dieser Krankheit immer nur zusätzlich erschwert.
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Andre Peschke
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Re: Runde #224: Kuscheln statt Killen

Beitrag von Andre Peschke »

Claudine_Salome hat geschrieben: 26. Jul 2019, 17:31 So klingt es, als wäre es lächerlich, wenn man Jahre später über den Tod seines Kindes klagt und wenn man seinen Haushalt in so einer Situation nicht mehr hinbekommt.
Ja, das kann man so verstehen - du und zackzackab seid ja der Beleg dafür. Aber dann versteht man es falsch und ich finde, wenn man den Kontext einbezieht, ist das auch erkennbar. Und sicher bin ich als Kommunizierender daran mitschuldig, dass überhaupt ein Missverständnis entstehen konnte. Mir ist auch daran gelegen, das zu minimieren. Aber hier ist mir der Seismograph einfach zu fein eingestellt. Ich kann nur anerkennen, dass das bei euch so angekommen ist. Und natürlich war das nicht meine Absicht. Ich kann die Kritik verstehen und auch ernstnehmen - ganz besonders, wenn sie von dir kommt, das weißt du (hoffentlich). Es erreicht nur eben nicht die Schwelle die nötig wäre, dass daraus eine Reaktion erfolgt. Hier fordere ich eine längere Leine ein, als ihr sie mir geben wollt, weil der Spielraum sonst enger ist, als ich das für eine ungezwungene Diskussion im Podcast für notwendig halte. Die Passage muss IMO erlaubt sein, obwohl sie euch missfällt.

Andre
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Ines
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Re: Runde #224: Kuscheln statt Killen

Beitrag von Ines »

Andre Peschke hat geschrieben: 26. Jul 2019, 17:49 Die Passage muss IMO erlaubt sein, obwohl sie euch missfällt.

Andre
Klar! Ich will ja nichts verbieten. Wäre ja furchtbar, wenn alles so wäre, wie ich es für richtig halte. Ich wollte nur meinen Unmut und einen Wunsch äußern und begründen.
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Asphyx
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Re: Runde #224: Kuscheln statt Killen

Beitrag von Asphyx »

Ich kann schon nachvollziehen, wenn man bei Themen, mit denen man persönliche Erfahrungen gemacht hat, feinfühliger ist als der Durschnittsmensch. Ich finde es auch okay, dann Kritik anzubringen. Bei all dem sollte man aber im Auge behalten, dass Andre und Nina im Podcast nicht über Depression oder den Tod von Kindern gesprochen haben, sondern über die mehr oder weniger gelungene Darstellung menschlicher Beziehungen bzw. Verhaltensweisen. Und ich finde es ein wenig unfair, ihnen vorzuwerfen, sie wären mit diesen Themen zu wenig ernsthaft und tiefgründig umgegangen, wenn der Autor des besprochenen Werkes - in diesem Fall eben David Cage - das nicht getan oder vermocht hat. Andre und insbesondere Nina kennen wir als Menschen, die durchaus bedacht, reflektiert und mit Sensibilität an heikle Themen herangehen, aber sie machen sich nicht über Depression lustig, sondern über ein (schlechtes) Spiel.
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Schlagerfreund
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Re: Runde #224: Kuscheln statt Killen

Beitrag von Schlagerfreund »

Gerade wenn man diesen Winkel ansetzt ist David Cage noch ein größerer Honk als eh schon.

- Ethans Aussetzer werden im Spiel konkret über Schizophrenia begründet. Das ist falsch und absurd.
- Er steht unter Generalverdacht wegen seiner Krankheit und das obwohl es absurd ist. Der Killer ist seit Jahren unterwegs und Ethan hat sich erst vor 6 Monaten den Kopf gestoßen.

Als jemand d er beruflich mit Leuten arbeitet die z.B. sehr depressiv sind wäre es auch eine krasse Verallgemeinerung. Depressiv heißt nicht das du in einer Ranzbude lebst, keine Ehe führen kannst und potentiell auch ein Serienmörder bist. So einfach sind solche Krankheiten halt nicht. Wenn Cage hier einen Fehler macht, dann das er wie immer nur in Extremen denken kann. Unglaublich wenn wir z.B. mit einem Ethan einsteigen der schon Konflikte und Selbstzweifel hätte, obwohl er nicht in einer Meth Junkie Bude lebt. Vielleicht wäre er ja sogar noch mit seiner Frau zusammen?

Das wäre auch eine Chance gewesen zu zeigen wie so eine picture perfect world zerfallen kann. Was bekommen wir? Einen absurd konstruierten Autounfall und ein Ethan der 6 Monate im Koma ist und dann der Story halber in den Staub muss. Warum? Weil David Cage entweder keinen Bock hat, oder unfähig ist halbwegs normale Personen oder Beziehungen zu schreiben. Man sollte ihn am besten mal in einen MMA Käfig mit Kojima stecken. Wäre interessant zu sehen was da rauskommt.
Phazonis
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Re: Runde #224: Kuscheln statt Killen

Beitrag von Phazonis »

Schlagerfreund hat geschrieben: 27. Jul 2019, 01:04 Man sollte ihn am besten mal in einen MMA Käfig mit Kojima stecken. Wäre interessant zu sehen was da rauskommt.
Ich kann dir nur sagen wer rauskommen sollte: Ganz klar Kojima. Ja der schreibt auch gerne mal prätentiöse Scheisse, aber das ist dann zumindest die lustige Art von Prätentiöser Scheisse.
zackzackab
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Re: Runde #224: Kuscheln statt Killen

Beitrag von zackzackab »

Andre Peschke hat geschrieben: 26. Jul 2019, 16:56
Es existiert halt hier schlicht kein Bezug. Es ist durch den Kontext erkennbar, dass wir hier lediglich über die Mängel der Erzählung und Cages Griff zu den Extremen herziehen.
Der Bezug zu Symptomen einer Depression existiert, weil ihr die aus Sicht eines Zuhörers durchaus glaufhafte Darstellung einer Depression im Spiel als kritikwürdig rausgreift und als weiteren Fall Cage'schen Unvermögens zitiert.
Andre Peschke hat geschrieben: 26. Jul 2019, 16:56 Wenn wir uns tatsächlich über Depression etc lustig gemacht hätten, sähe das ganz anders aus.
Dass ihr euch darüber lustig machen wolltet, hat euch niemand unterstellt. Ich schätze Dich und Nina allgemein dafür, wie ihr komplexe Themen analysiert und vor den Ohren des Publikums entpackt. Dass ihr euch nicht über Depressionen lustig machen wolltet, führt aber nicht dazu, dass man die Passage nicht kritisieren darf.

Andre Peschke hat geschrieben: 26. Jul 2019, 16:56 Wenn du magst, kannst du auch Kritik üben und sagen: "Sobald ein sensibles Thema auch nur im Umkreis auftaucht, halte ich Humor für deplaziert".
So undifferenziert möchte hier glaube ich niemand Kritik üben:

Natürlich darf man über sensible Themen Witze machen. Faustregel sollte aber frei nach Ricky Gervais sein: Je sensibler das Thema, desto besser sollte der Witz sein. Besonders filigran fand ich den Humor an der Stelle nicht. Für mich ist Humor unter Einbeziehung sensibler Themen insbesondere gelungen, wenn hinter dem Witz eine idealerweise gesellschaftskritische Metaebene mit Bezug zum sensiblen Theam entdeckt werden kann. Diese Ebene fehlt bei euch. Stattdessen werden glaubhafte Symptome einer Depression ohne nähere Begründung als schlechtes Gamedesign ins Lächerliche gezogen; sicher nicht in böser Absicht und in einem gesprochenen Medium - trotzdem darf man es meiner Meinung nach kritisieren.
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Andre Peschke
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Re: Runde #224: Kuscheln statt Killen

Beitrag von Andre Peschke »

zackzackab hat geschrieben: 28. Jul 2019, 13:04 trotzdem darf man es meiner Meinung nach kritisieren.
Auch das hat ja niemand verboten. Natürlich kann man. Erwiesenermaßen darf man. Ich halte es unter Einbeziehung des Kontexts nur nicht für notwendig Kritik zu üben. Du übst ja Kritik nicht einfach nur der Kritik willen, sondern um ggf. eine Neubewertung bei mir auszulösen. Und da würde ich sagen, dass Kritik erst geübt wrden sollte, wenn eine gewisse Schwelle überschritten wird, wo eine Kurskorrektur wirklich notwendig ist - einfach weil sonst bei mir eine Übersensibilisierung befördert wird, die am Ende zu einer stärkeren Selbstzensur führt und den Podcast schlechter macht. "Diese 30 Sekunden in einem Podcast zu einem anderen Thema, die klar nicht ernstgemeint waren und an vorherige Aussagen anknüpfen sind so nicht okay" --> Das ist mir zu filigran. Was nicht bedeutet, dass ich deine Erläuterungen nicht verstehe. Ich sehe, was du da siehst - ich verstehe nur nicht, warum du es nicht einfach übersiehst.

Am Ende forderst du mehr Sensibilität, ich mehr Robustheit. Agree to disagree.

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Ines
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Re: Runde #224: Kuscheln statt Killen

Beitrag von Ines »

Das verstehe ich nicht ganz: Kritik soll nur geäußert werden, wenn du sie am Ende teilst? Wenn du am Ende anders gewichtest, kann ich damit leben und trotzem eine andere Haltung formulieren. Ich weiß nicht, ob du jetzt so eine Art normative Kritik-Schwelle etablieren möchtest? Interessant! :)
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Andre Peschke
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Re: Runde #224: Kuscheln statt Killen

Beitrag von Andre Peschke »

Claudine_Salome hat geschrieben: 28. Jul 2019, 16:38 Das verstehe ich nicht ganz: Kritik soll nur geäußert werden, wenn du sie am Ende teilst?
Wut? Wo schreibe ich das? Ich wünsche mir Augenmaß, wann Kritik geäußert wird. Kleine Verfehlungen einfach mal durchgehen lassen.

Andre
error42
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Re: Runde #224: Kuscheln statt Killen

Beitrag von error42 »

Eure Unterscheidung zwischen "echten" Darstellungen von Beziehungen und solchen, bei denen es nur um Punktesammeln oder Erraten "richtiger" Dialogoptionen geht finde ich sehr interessant. Macht auf jeden Fall Sinn, das zu unterscheiden.

Ich frage mich aber wo dabei die Romanzen der frühen(!) Bioware Spiele einzuordnen sind. Spontan denkt man, eindeutig bei den primär spielmechanischen Darstellungen. Allerdings frage ich mich, ob man ihnen da nicht Unrecht tun würde. Erstens waren sie im Kontext ihrer Zeit ja durchaus fortschrittlich und haben zum Erfolg der Spiele und der Renaissance des Genres der RPG erheblich beigetragen und zweitens ging es in den Texten ja auch durchaus um den Versuch eine zwischenmenschliche Beziehung mit einer gewissen Ernsthaftigkeit und Tiefe darzustellen, auch wenn es aus heutiger Sicht natürlich primitiv wirkt.

Eure Meinung dazu würde mich interessieren (auch wenn's nicht direkt mit dem Podcastthema zu tun hat).
zackzackab
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Re: Runde #224: Kuscheln statt Killen

Beitrag von zackzackab »

Andre Peschke hat geschrieben: 28. Jul 2019, 13:45
Und da würde ich sagen, dass Kritik erst geübt wrden sollte, wenn eine gewisse Schwelle überschritten wird, wo eine Kurskorrektur wirklich notwendig ist - einfach weil sonst bei mir eine Übersensibilisierung befördert wird, die am Ende zu einer stärkeren Selbstzensur führt und den Podcast schlechter macht.
Ich glaube nicht daran, dass zielgerichtete Kritik einer Passage einer Folge durch einige Wenige im Forum bei Dir zu einer Selbszensur führt.

Der Wunsch, dass zB ich mich in Fällen wie diesem mit der Kritik zurückhalten möge, damit Du im Podcast nicht zurückhaltender wirst, enthält für mich außerdem einen Wertungswiderspruch: die Idee, dass idealerweise der Eine sich (in bestimmten Fällen) selbst zensieren möge, damit der André (sorry, could not resist) es nicht muss. Und von der Wahrheit der von Dir in den Raum gestellten These, dass etwas mehr Zurückhaltung im Dunstkreis sensibler Themen die Qualität des Podcasts beeinträchtigen würde, bin ich auch nicht überzeugt.

Also ja: Einigen wir uns, uns nicht einig zu werden. Hab einen guten Start in die neue Woche.
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Re: Runde #224: Kuscheln statt Killen

Beitrag von Axel »

Es gibt eine EU-Statistik aus dem letzten Jahr, die besagt, dass jeder zehnte Mensch in Deutschland in seinem Leben an Depressionen erkrankt. 10%, macht also circa 8-9 Millionen Menschen. Ist also keine Randgruppe. Wenn es also irgendwo um die Symptome von Depressionen geht, dann sollte man da schon behutsam sein. Denn: Obwohl so viele Menschen daran erkranken, ist es nach wie vor ein extrem vorurteilsbehaftetes Tabuthema. Besonders in einer Leistungsgesellschaft. Claudine kann Dir, Andre, bestimmt aus ihrer Arbeit aufzeigen, wie sich betroffene Patienten fühlen, die immer wieder da draußen auf Unverständnis treffen. Dass es für die Therapie auch häufig hinderlich ist, wenn immer wieder Rückschläge von außen kommen. Wenn wir also kritisieren, dass ein Herunterspielen eines Symptoms wie starke Antriebslosigkeit eher nicht so toll ist, dann ist das doch kein Aufruf zur Selbstzensur. Denn das perfide ist ja, dass besonders in dieser Beiläufigkeit Vorurteile geschürt werden. Ich verstehe auch die Vehemenz in der Verteidigung nicht so richtig. Ich meine, ihr habt auch schon bei weit weniger eingelenkt, Stichwort Mädchenbier. Es ist doch einfach nur die Bitte, sich dem Thema bewusst zu sein. Und jetzt wird so ein Hinweis als Aufruf zur Selbstzensur verstanden? Versteh ich ehrlich nicht.
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Schlagerfreund
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Re: Runde #224: Kuscheln statt Killen

Beitrag von Schlagerfreund »

Axel hat geschrieben: 29. Jul 2019, 00:56 Es gibt eine EU-Statistik aus dem letzten Jahr, die besagt, dass jeder zehnte Mensch in Deutschland in seinem Leben an Depressionen erkrankt. 10%, macht also circa 8-9 Millionen Menschen. Ist also keine Randgruppe. Wenn es also irgendwo um die Symptome von Depressionen geht, dann sollte man da schon behutsam sein. Denn: Obwohl so viele Menschen daran erkranken, ist es nach wie vor ein extrem vorurteilsbehaftetes Tabuthema. Besonders in einer Leistungsgesellschaft. Claudine kann Dir, Andre, bestimmt aus ihrer Arbeit aufzeigen, wie sich betroffene Patienten fühlen, die immer wieder da draußen auf Unverständnis treffen. Dass es für die Therapie auch häufig hinderlich ist, wenn immer wieder Rückschläge von außen kommen. Wenn wir also kritisieren, dass ein Herunterspielen eines Symptoms wie starke Antriebslosigkeit eher nicht so toll ist, dann ist das doch kein Aufruf zur Selbstzensur. Denn das perfide ist ja, dass besonders in dieser Beiläufigkeit Vorurteile geschürt werden. Ich verstehe auch die Vehemenz in der Verteidigung nicht so richtig. Ich meine, ihr habt auch schon bei weit weniger eingelenkt, Stichwort Mädchenbier. Es ist doch einfach nur die Bitte, sich dem Thema bewusst zu sein. Und jetzt wird so ein Hinweis als Aufruf zur Selbstzensur verstanden? Versteh ich ehrlich nicht.
Kurzer Einwurf. Hier bitte bedenken das man zwei Dinge beachten muss.

1. Oft wird Depression diagnostiziert weil Ärzte es sich leicht machen wollen.
2. Traurig aber Wahr. Depressionen kommen halt vor. Bei vielen Leuten sind es aber einzelne Episoden oder welche mit großen Zwischenräumen.

Ich würde schon sagen das die Mehrheit der Leute in Deutschland nicht durchgehen depressiv ist. Entsprechend kann man hier von einer Minderheit bzw. einer Randgruppe reden. In dem Fall würde ich hier auch echt mal die Kirche im Dorf lassen und einfach mal den Kontext betrachten unter dem da Dinge gesagt worden sind.
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Re: Runde #224: Kuscheln statt Killen

Beitrag von Axel »

Schlagerfreund hat geschrieben: 29. Jul 2019, 01:04 1. Oft wird Depression diagnostiziert weil Ärzte es sich leicht machen wollen.
...
Entsprechend kann man hier von einer Minderheit bzw. einer Randgruppe reden. In dem Fall würde ich hier auch echt mal die Kirche im Dorf lassen und einfach mal den Kontext betrachten unter dem da Dinge gesagt worden sind.
1. Die Aussage beweis mir mal, dass Ärzte Depressionen diagnostizieren, weil sie sich es „leicht machen“ wollen. Da hätte ich doch mal ein paar seriöse Quellen dazu.

2. So eine Aussage ausgerechnet von Dir? Ist doch scheiß egal ob 50.000, 500.000 oder 5 Millionen betroffen sind. Gerade „Randgruppen“ haben also nicht das Recht, dass man auf sie Rücksicht nimmt? Wenn wir hier über intersexuelle Menschen oder was weiß ich reden würden, würdest Du 100% anders reagieren, wetten? Nur ausgerechnet von uns Menschen mit Krankheiten wird immer wieder gefordert „Hab Dich mal nicht so“, „Lass mal die Kirche im Dorf“ oder ähnliches. Das macht es übrigens nicht besser im Umgang mit chronischen Depressionen, kann ich Dir sagen! Was ist so schlimm daran, ein wenig Rücksicht zu nehmen im Bezug auf Vorurteile diesen Krankheiten gegenüber?
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