Runde #230: Was bedeutet Qualität?

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echtschlecht165
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Re: Runde 230: Was bedeutet Qualität?

Beitrag von echtschlecht165 »

Schlagerfreund hat geschrieben: 2. Sep 2019, 10:51 Nur das die Anforderungen ja nicht nur aus einer Seite kommen. Da ist das Feld ja wie wir gesehen haben unglaublich komplex. Wer die aktuelle Folge zu The Surge 2 gehört hat, der hat erfahren welche Ansprüche Sony/Microsoft und Steam haben wenn es darum geht ein Spiel in ihre Stores zu bringen. Da gehen die Ansprüche zwischen den Konsolen und z.B Steam sehr weit auseinander.

Gehen wir dann noch in die Ansprüche der Spieler/Kunden dann wird es doch quasi unmöglich das zu vereinen. Wenn ich pro Monat z.B. 10.000€ zur freien Verfügung habe, dann juckt es mich wahrscheinlich auch nicht groß wenn ein Spiel 100€ statt 60€ kostet. Jemand der vielleicht nur 400€ zur Verfügung hat, der dürfte sich schon ärgern wenn ein Spiel das 60€ kostet seine Erwartungen und Ansprüche nicht komplett erfüllt.

So bleibt für mich Qualität die Deckungsgleichheit zwischen Anspruch, Erwartung und ob diese gedeckt werden. Wenn man mal von ganz einfachen Dingen absieht wie, startet dieses Spiel überhaupt? Dann wird es doch wie gesagt extrem subjektiv.
das ist mir schon bewusst. aber eigentlich ist es mir aus Spielersicht auch relativ wurscht.
Wenn zb. irgendwelche Features, die eigentlich in ein Spiel reingehören, nur halbherzig eingebaut sind, weil den Entwicklern die Zeit ausging, da der Releasetermin (der sicher auch aus Gründen festgesetzt wurde) naht, ist mir das als Spieler völlig egal. Da sehe ich einfach nur einen Mangel am Spiel.

Weshalb es auch Medien und Kritiken und Reviews gibt, die eher für Brancheninternas sind, (gameswirtschaft, Developperkongresse) während andere eher an Konsumenten gerichtet sind.

Andererseits schadet es sicher nicht, auch als Spieler etwas drüber bescheid zu wissen. Allein schon deshalb, um nicht einerseits auf grossspurige molyneuxeske Versprechungen reinzufallen, und andererseits nicht überzogene Erwartungen an seine Games zu haben.
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Schlagerfreund
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Re: Runde 230: Was bedeutet Qualität?

Beitrag von Schlagerfreund »

echtschlecht165 hat geschrieben: 2. Sep 2019, 11:25
Schlagerfreund hat geschrieben: 2. Sep 2019, 10:51 Nur das die Anforderungen ja nicht nur aus einer Seite kommen. Da ist das Feld ja wie wir gesehen haben unglaublich komplex. Wer die aktuelle Folge zu The Surge 2 gehört hat, der hat erfahren welche Ansprüche Sony/Microsoft und Steam haben wenn es darum geht ein Spiel in ihre Stores zu bringen. Da gehen die Ansprüche zwischen den Konsolen und z.B Steam sehr weit auseinander.

Gehen wir dann noch in die Ansprüche der Spieler/Kunden dann wird es doch quasi unmöglich das zu vereinen. Wenn ich pro Monat z.B. 10.000€ zur freien Verfügung habe, dann juckt es mich wahrscheinlich auch nicht groß wenn ein Spiel 100€ statt 60€ kostet. Jemand der vielleicht nur 400€ zur Verfügung hat, der dürfte sich schon ärgern wenn ein Spiel das 60€ kostet seine Erwartungen und Ansprüche nicht komplett erfüllt.

So bleibt für mich Qualität die Deckungsgleichheit zwischen Anspruch, Erwartung und ob diese gedeckt werden. Wenn man mal von ganz einfachen Dingen absieht wie, startet dieses Spiel überhaupt? Dann wird es doch wie gesagt extrem subjektiv.
das ist mir schon bewusst. aber eigentlich ist es mir aus Spielersicht auch relativ wurscht.
Wenn zb. irgendwelche Features, die eigentlich in ein Spiel reingehören, nur halbherzig eingebaut sind, weil den Entwicklern die Zeit ausging, da der Releasetermin (der sicher auch aus Gründen festgesetzt wurden) naht, ist mir das als Spieler völlig egal. Da sehe ich einfach nur einen Mangel am Spiel.

Weshalb es auch Medien und Kritiken und Reviews gibt, die eher für Brancheninternas sind, (gameswirtschaft, Developperkongresse) während andere eher an Konsumenten gerichtet sind.

Andererseits schadet es sicher nicht, auch als Spieler etwas drüber bescheid zu wissen. Allein schon deshalb, um nicht einerseits auf grossspurige molyneuxeske Versprechungen reinzufallen, und andererseits nicht überzogene Erwartungen an seine Games zu haben.

Eben dir ist es wurscht, anderen Leuten halt nicht. Mich hat zum Beispiel die UI des Inventars in The Division 1 und 2 in den Wahnsinn geführt. Sie könnte auch rein objektiv betrachtet auf dem PC viel besser sein. Es gibt aber haufenweise Leute denen ist das komplett egal. Die spielen das Spiel auch mit einem anderem Anspruch. Die wollen einfach nur mal eine Stunde ballern. Ich wollte dagegen meinen Charakter bzw. seine Ausrüstung min/maxen.

Falsche Versprechungen sind für mich eine andere Sache. Das ist dann der Qualitätsanspruch den ein Entwickler kommuniziert und was er letztendlich abliefert. Da geht es dann für mich in den Bereich der Integrität und Glaubhaftigkeit. Dabei können z.B. Features die angekündigt worden sind mir persönlich komplett egal sein. Wenn ich aber sehe das hier ein Entwickler/Publisher Quatsch erzählt hat, dann sehe ich das trotztem negativ und es hat in den meisten Fällen aus Auswirkungen auf mögliche Kaufentscheidungen oder die Investition meiner Spielzeit.
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Re: Runde 230: Was bedeutet Qualität?

Beitrag von echtschlecht165 »

dass es anderen nicht wurscht ist, ist zwar schön, aber im endeffekt freiwilliges Privatinteresse, das mit dem Qualitätsbegriff, den ich meine, nix zu tun hat.
Dem Kunden, der ein qualitativ Mangelhaftes Produkt in der Hand hat, sieht in erster Linie nur den Fehler, wo ihm egal sein kann, woher der stammt. In erster Linie ist der Fehler mal da.
Und dein Beispiel mit Division zeigt doch auch sehr schön, dass hier ein offensiochtlicher Qualitätmangel am Produkt ist. Ganz egal, ob Kunde A das jetzt als unwichtig nimmt, und Kunde B (du) das störend empfindet.
Division ist meines Wissens ein Lootshooter bei dem es um Looten und Leveln geht, und das auch so kommuniziert und. Da ist ein fummeliges Inventar einfach mies (ich kenne das Game nciht, aber glaube dir aber einfach, dass es auch besser gehen würde)
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Re: Runde 230: Was bedeutet Qualität?

Beitrag von Schlagerfreund »

Es gibt aber auch Leute, die stören sich nicht wenn ihr Auto eine sichtliche Beule in der Tür hat.
Mein aktuelles Handy hat inzwischen auch einen Kratzer auf dem Display. Der ist da und kann sogar mal stören, das Handy ist für mich aber aus diversen Gründen noch "gut genug" das ich mir erstmal kein neues Handy kaufe.

Wie gesagt gibt es bei Division 2 auch Leute die das Inventar viel weniger nutzen, die klatschen einfach das auf ihren Charakter was hohe Gear Score hat und was für die cool aussieht. Die müssen sich damit gar nicht so beschäftigen. Von daher juckt die das nicht. Vielleicht sind das auch Leute die einen anderen Hintergrund haben und mehr Zeit in Konsolen Menus verbringen als ich es jemals tun werde.
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Re: Runde 230: Was bedeutet Qualität?

Beitrag von echtschlecht165 »

war der Kratzer deines Handys schon ab Werk? ;)
Wenn ja, ist es dir wirklich wichtig zu wissen, ob dieser Kratzer schon beim Display -Sublieferanten entstand, ob der Zusammenschrauber deines Handies seinen 1. Tag nach dem 3 wöchigen Urlaub hatte, und deshalb nicht so aufmerksam mit dem Schraubenzieher umging wie sonst, oder ob der Amazonauslieferer das Paket fallen liess.?

Und selbst wenn, was macht es für einen Unterschied für dich als Kunden?

Aber das ist schon wieder vielzu weit vom Thema weg.
Wollte nur drauf hinaus, dass Gebrauchsschäden nicht zwingend Qualitätsmängel sind
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Re: Runde 230: Was bedeutet Qualität?

Beitrag von Schlagerfreund »

echtschlecht165 hat geschrieben: 2. Sep 2019, 13:37 war der Kratzer deines Handys schon ab Werk? ;)
Wenn ja, ist es dir wirklich wichtig zu wissen, ob dieser Kratzer schon beim Display -Sublieferanten entstand, ob der Zusammenschrauber deines Handies seinen 1. Tag nach dem 3 wöchigen Urlaub hatte, und deshalb nicht so aufmerksam mit dem Schraubenzieher umging wie sonst, oder ob der Amazonauslieferer das Paket fallen liess.?

Und selbst wenn, was macht es für einen Unterschied für dich als Kunden?

Aber das ist schon wieder vielzu weit vom Thema weg.
Wollte nur drauf hinaus, dass Gebrauchsschäden nicht zwingend Qualitätsmängel sind
Nö, aber gewisse Dinge fallen auch erst bei starker Nutzung oder Investition auf. Der Kratzer war aber auch nur ein Beispiel das faktisch vorhandene Qualitätsmängel für manche Personen irrelevanter sind als für andere Personen. Dann hast du noch das ganze Feld wo eine Person oder Gruppe etwas als Qualitätsmangel ansieht und andere Leute das nicht tun. Ich war im Sommer eine Woche auf einer Jugendfreizeit wandern und habe mir dafür ein Paar Turnschuhe bei Deichmann für 30€ gekauft. Da habe ich nicht erwartet das die eine Woche überleben in der du im Sommer jeden Tag ca 25-30 Kilometer latscht. Ich erwarte z.B. bei einem Spiel das "nur" 20€ kostet auch keine lange Spielerfahrung. Und selbst da geht das eigene Qualitätsverständnis auseinander. Bei einem Gone Home war ich auch mit der Qualität glücklich obwohl ich für 15€ nur ca. 2 Stunden Spiel bekommen habe. Bei einem Ape Out habe ich für einen ähnlichen Preis auch ziemlich genau 2 Stunden Spiel bekommen. Bei Ape Out war ich aber eher angefressen darüber.
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echtschlecht165
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Re: Runde 230: Was bedeutet Qualität?

Beitrag von echtschlecht165 »

ja, deshalb sollten sich grade Kritiker bewusst sein, ob sie über Qualität oder persönlichen Geschmack reden.
Aber es soll auch welche geben die bei einem Forza Horizon die fehlende Story kritisieren. (das war nicht bei The Pod)
Das nicht zu mögen ist legitim, deswegen ein Autorennspiel abzuwerten ist Schwachsinn.
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philoponus
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Re: Runde 230: Was bedeutet Qualität?

Beitrag von philoponus »

Ich denke ein Aspekt bei dieser Diskussion bezüglich Computerspiele ist, dass das Medium noch so jung ist. Bei Literatur, Kunst und Musik hat man bereits seit Jahrtausenden Material und ohne historische Distanz ist es immer sehr schwierig, wirklich belastbare Kriterien zu kaufen.

Nachdem es hier gut passt, hier noch mal, was ich in einem anderen Thread mal zum Thema Kunst und Videospiele schrob. Hängt für mich sehr eng mit dem Qualitätsbegriff zusammen.

Ontologisch gesprochen gibt es auf der Welt viele Gegenstände, welche nicht trennscharf sind. Beispielsweise ein Sandhaufen. Ein Sandkorn ist sicher noch kein Sandhaufen, wenn man ein zweites dazu gibt auch noch nicht. Wenn man Millionen Sandkörner hat, ist es sicher ein Sandhaufen. Man wird aber keinen Moment finden, wo man durch das Hinzufügen von einem einzigen Sandkorn plötzlich eine Versammlung von Sandkörnern einen Sandhaufen verwandelt. Kurz: Der Übergang von Zustand A zum qualitativ anderen Zustand B ist schwammig, auch wenn A und B für sich glasklar sind.

Das kommt in der Wirklichkeit oft vor und sehr wahrscheinlich gehört die Kunst auch dazu: Es gibt eindeutige Fälle auf beiden Seiten der Skala, weshalb sich die Diskussion gerne um die schwammige Mitte dreht. Deshalb darf man diese Diskussion nicht nur binär führen, also X ist Kunst oder X ist keine Kunst. Es gibt Übergänge dazwischen.

Diese voraus geschickt, vertrete ich die Position, dass man schon einigermaßen objektiv zwischen Kunst und Nicht-Kunst unterscheiden kann. Die Auffassung, Kunst sei ausschließlich subjektiv halte ich für falsch.

Gerade in den letzten 50 Jahren haben wir eine Reihe von Denkwerkzeugen entwickelt, mit denen man plausible Kriterien entwickeln kann, wie man Kunst erkennen kann, nämlich der Strukturalismus und die Semiotik.

Folgendes zeichnet Kunstwerke aus:

1. Sie sind syntaktisch und semantisch extrem dicht. D.h. sie haben deutlich mehr miteinander wechselwirkende Strukturen und Inhalte als Nicht-Kunstwerke.

2. Trotz dieser Wechselwirkung gibt es Leerstellen in Kunstwerken, die der Rezipient durch eigene Erfahrungen, Wissen etc. füllen kann. Ein Kunstwerk ist eine Partitur, welche ein fähiges menschliches Hirn quasi mental zur Aufführung bringt.

3. In der europäischen Kunsttradition zeichnet sich Kunstwerke sehr oft durch Normabweichungen aus. D.h. man übernimmt nicht vorgegebene Regeln (in der Musik, in der Literatur, in der Game-Mechanik) und kopiert mehr oder weniger stupide syntaktische oder semantische Strukturen, sondern entwickelt sie innovativ weiter. Deshalb ist Genre-Massenware in der Regel keine Kunst, weil hier Fließband-Strukturen reproduziert werden.

4. Die Normabweichungen beziehen sich nicht nur auf das Kunstwerk an sich, sondern auch auf gesellschaftliche Normen. Sehr viele Kunstwerke provozieren durch Abweichungen auf allen möglichen gesellschaftlichen Ebenen.

5. Gibt es einen soziologischen Rahmen, wie eine Kultur mit Kunstwerken umgeht. Steckt sie etwa ins Museum etc.

Nun kann man 1. bis 5. unterschiedlich gewichten etc. und lange diskutieren, wie der genaue Kriterienkatalog aussieht. Trotzdem sind diese Kriterien gut genug, um die Subjektivisten zu widerlegen.

Das war jetzt natürlich alles sehr verkürzt.
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Schlagerfreund
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Re: Runde 230: Was bedeutet Qualität?

Beitrag von Schlagerfreund »

echtschlecht165 hat geschrieben: 2. Sep 2019, 13:51 ja, deshalb sollten sich grade Kritiker bewusst sein, ob sie über Qualität oder persönlichen Geschmack reden.
Aber es soll auch welche geben die bei einem Forza Horizon die fehlende Story kritisieren. (das war nicht bei The Pod)
Das nicht zu mögen ist legitim, deswegen ein Autorennspiel abzuwerten ist Schwachsinn.
Kommt drauf an.

Wenn der Kritiker klar kommuniziert wo seine Schwerpunkte liegen, dann ist das für mich absolut legitim. Konkret fand ich die "Story" bei Forza Horizon sogar aktiv nervig und störend weil ich mit der Ästhetik davon nix anfangen kann. Ich denke da liegt auch eher die Entwicklung der Reviews. Kritiker formulieren klar wie ihr Standing ist, oder es ist aus einer Historie ersichtlich und entsprechend wird dann ziemlich subjektiv kritisiert.
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Re: Runde 230: Was bedeutet Qualität?

Beitrag von HerrVikarin »

echtschlecht165 hat geschrieben: 2. Sep 2019, 08:18 Ich finde die Definition von "Qualität", die ich in der Industrie gelernt habe auch für Spiele gut anwendbar.

Aus Wikipedia:
Qualität wird laut der Norm DIN EN ISO 9000:2015-11 (der gültigen Norm zum Qualitätsmanagement) als „Grad, in dem ein Satz inhärenter Merkmale eines Objekts Anforderungen erfüllt“ definiert. Die Qualität gibt damit an, in welchem Maße ein Produkt (Ware oder Dienstleistung) den bestehenden Anforderungen entspricht. Die Benennung der Qualität kann zusammen mit Adjektiven wie schlecht, gut oder ausgezeichnet verwendet werden. Inhärent bedeutet im Gegensatz zu „zugeordnet“ einer Einheit innewohnend, insbesondere als ständiges Merkmal. Damit sind objektiv messbare Merkmale wie z. B. Länge, Breite, Gewicht, Materialspezifikationen gemeint.

Auf gut deutsch heisst das: Was muss das Produkt können, welche Anforderungen gibt es?
Und wie gut erfüllt es diese.

Auf spiele umgemünzt: [...] Welche gefühle will es triggern [...]
Und wie gut gelingt es dem Spiel.

[Hervorhebungen von HerrVikarin]
Diese Definition zeigt doch recht deutlich, dass sich der Qualitätsbegriff nicht auf alle Aspekte eines Spiels anwenden lässt. Der Punkt mit den Gefühlen z.B. stellt doch einen kaum messbaren Wert dar. Es ließen sich bestimmt noch weitere Beispiele finden.
Aufgrund dieser Definition komme ich zu dem Schluss, dass sich "Qualität" alleine nicht dazu eignet ein Spiel generell als "gut" oder "schlecht" zu qualifizieren. Ich bin der Meinung, man kann Qualität durchaus in dem von echtschlecht165 angebrachten Sinne verwenden. Dann sind aber Dinge wie Spielbarkeit (startet das Spiel überhaupt etc.), Steuerung, Technik usf. ausschlaggebend - eben all die Dinge, die messbar und damit objektivierbar und an (externen) Standards überprüfbar sind . Ganz im ursprünglichen Wortsinne: lateinisch qualitas, qualitatis = Beschaffenheit.
In diesem Sinne wird die Produktförmigkeit des Spiels betont und bewertet, wie bei einem Auto oder Staubsauger.
Gerade die Wikipediadefinition offenbart, dass "Qualität" ein Begriff der industriellen Moderne ist. Diese standardisiert und stellt Gleichförmigkeit her. Verlässliche Qualität ist die höchste Maxime für Konsumenten und die Tugend des Unternehmers ist es diese Qualität auch in ausreichender Quantität liefern zu können (Stichwort "Fordismus").
Das Computerspiel ist aber mehr als ein Produkt. Es ist auch Kulturgut und kann sogar ein Kunstwerk sein. Ein Kunstwerk entzieht sich aber gerade der industriellen Logik von Standardisierung und Gleichförmigkeit. Hier findet der Qualitätsbegriff keinen Platz. Oder würden wir Werke van Gogh alleine bewundern, weil sie von so "hoher Qualität" seien? Oder hört man einen Rezensenten sagen: "Die neue Novelle von Jonas Lüscher ist von ausgezeichneter Qualität"? Ich denke, das ist eher selten der Fall (vielleicht bei einem Bildband wie z.B. Navid Kermanis Ungläubigem Staunen über das Christentum).

Umso mehr ich darüber nachdenke, desto eher komme ich zu dem Schluss, dass der Begriff der Qualität einer aus meinen Augen guten Spielekritik nicht zuarbeitet. Vielleicht sollte man besser auf ihn verzichten, solange technische Minimalstandards (Startbarkeit, Menüführung, Ladezeiten etc.) nicht verletzt werden.
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Re: Runde 230: Was bedeutet Qualität?

Beitrag von echtschlecht165 »

man darf sich auch nicht 1:1 an dieser Definition der ISO festhalten. Natürlich sind Spiele mit anderen Kriterien zu bewerten als ein Winterreifen.
Das habe ich auch versucht in meinen weiteren Posts darzulegen. Aber da für mich bei weitem nicht alle Spiele Kunst sind (eigentlich die wenigsten) sondern in erster Linie Handwerk, kann man diese auch danach bewerten.
Ein Actionspiel, dass mitunter einer überfrachteten Steuerung daherkommt, weil es neben Actionspiel auch Lifesimulator sein will, und man deswegen anstatt sich die Hände zu schütteln,sich ins Gesicht schiesst, ist nunmal kein gutes Actionspiel. bzw. wird dadurch abgewertet. (Ich nenne keine Namen :-) )

Da dir aber jedes Spiel zumindest verspricht, spielbar zu sein, gehe ich auf Bugs und Abstürze jetzt garnicht ein. Die sind ja undiskutabel ein Qualitätsmangel.
Interessanter sind die Aspekte, wo es weniger klar ist. Es mag ja Fehler geben, die einigen Spielern dennoch Spass machen, aber dennoch ein Qualitätsmangel sind. "Its not a Bug, its a feature. ;) "

P.S: Schöner Beitrag von Philoponus. Nähert sich von der akademischen Seite. Ich bin ja nur Techniker.
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Re: Runde 230: Was bedeutet Qualität?

Beitrag von HerrVikarin »

echtschlecht165 hat geschrieben: 2. Sep 2019, 14:15 man darf sich auch nicht 1:1 an dieser Definition der ISO festhalten. Natürlich sind Spiele mit anderen Kriterien zu bewerten als ein Winterreifen.
Das habe ich auch versucht in meinen weiteren Posts darzulegen. Aber da für mich bei weitem nicht alle Spiele Kunst sind (eigentlich die wenigsten) sondern in erster Linie Handwerk, kann man diese auch danach bewerten.
Ein Actionspiel, dass mitunter einer überfrachteten Steuerung daherkommt, weil es neben Actionspiel auch Lifesimulator sein will, und man deswegen anstatt sich die Hände zu schütteln, man sich ins Gesicht schiesst, ist nunmal kein gutes Actionspiel. bzw. wird dadurch abgewertet. (Ich nenne keine Namen :-) )
:D :D :D :D

Das Problem bei einer Wertung, in der die z.T. widersprüchlichen Güter von Produkt und Kunst in Eins fallen, wird dann aber immer sein, dass eine wachsende Anzahl von Spielen eine unsachgemäße und unfaire Behandlung in der Öffentlichkeit widerfährt.
Der Begriff Qualität in deinem Sinne ist recht gut für eine klassische Produkt-/Kaufberatung. Für eine eher feuilletonistische Besprechung taugt er nur bedingt.
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Re: Runde 230: Was bedeutet Qualität?

Beitrag von echtschlecht165 »

Für eine eher feuilletonistische Besprechung taugt er nur bedingt.
Da bin ich voll bei dir. Aber selbst der Feuilletonist sollte sich selbst immer bewusst sein, ob er von Geschmack oder Qualität (oder meinetwegen Güteklasse) spricht.
Und im guten Feuilleton macht er das normalerweise auch dem Leser/Hörer bewusst.
Ich bin aber auch nicht der grosse Feuilletonleser, aber im Normalfall geht es da eher wenig um einzelne Werke, sondern schon eher um übergeordnetere Themen, wo dann einzelne Werke gegenübergestellt werden und als Beispiel für größere Themen hergenommen werden.
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Re: Runde 230: Was bedeutet Qualität?

Beitrag von philoponus »

echtschlecht165 hat geschrieben: 2. Sep 2019, 14:15 P.S: Schöner Beitrag von Philoponus. Nähert sich von der akademischen Seite. Ich bin ja nur Techniker.
Schrob meine Dissertation im weiteren Sinn über das Thema, wie man ästhetischen Gegenständen wissenschaftlich / methodologisch am besten gerecht werden kann.
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Re: Runde 230: Was bedeutet Qualität?

Beitrag von Elb356 »

Jochens Unverständnis über den stummen Protagonisten in Spielen kann ich nicht wirklich nachvollziehen. Die Gründe warum sich viele Game Designer dafür entscheiden, liegen doch quasi auf der Hand. Ohne einen festdefinierten Charakter spielt man sich quasi selber und hat nicht das Problem, dass zum Beispiel ein Link in Zelda Dinge sagt, die man als Spieler so nicht sagen wollen würde. Sprich die Identifizierung ist automatisch höher.
Gibt also auf jeden Fall auch Vorteile für diese Stummheit. Sowas wie der Witcher oder Joel und Elly in TLOU haben sicherlich aber auch ihre Vorteile. Je nachdem was man für ein Spiel machen will.
Elb356
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Re: Runde 230: Was bedeutet Qualität?

Beitrag von Elb356 »

ahja und bei dem Cuphead-Journalisten hat Jochen das wahrscheinlich irgendwo etwas falsch mitbekommen. Der Journalist wurde nicht kritisiert weil er schlecht gespielt hat, sondern weil er im Nachhinein alles auf das Spiel geschoben hat. Unter anderem das Cuphead so schwer sei obwohl er im Tutorial aus irgend einem Grund lange gebraucht hat und Tutorial-Hinweise ignoriert hat. Und das Tutorial hat wirklich rein gar nichts mit einem schweren Spiel zu tun.
Erst im Nachhinein nutzten Journalisten dies als Aufhänger um die komplett andere Diskussion "müssen Journalisten gut spielen?" zu starten und auf die böse Gaming-Community zu schimpfen.
Stuttgarter
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Re: Runde 230: Was bedeutet Qualität?

Beitrag von Stuttgarter »

echtschlecht165 hat geschrieben: 2. Sep 2019, 13:51 ja, deshalb sollten sich grade Kritiker bewusst sein, ob sie über Qualität oder persönlichen Geschmack reden.
Aber es soll auch welche geben die bei einem Forza Horizon die fehlende Story kritisieren. (das war nicht bei The Pod)
Das nicht zu mögen ist legitim, deswegen ein Autorennspiel abzuwerten ist Schwachsinn.
Aus KRITIKER-Sicht eben grade nicht. Damit sind wir aber wieder an dem Punkt, dass Kritik niemals fair sein muss - nur begründet. :)
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Soulaire
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Re: Runde 230: Was bedeutet Qualität?

Beitrag von Soulaire »

Stuttgarter hat geschrieben: 2. Sep 2019, 22:54
echtschlecht165 hat geschrieben: 2. Sep 2019, 13:51 ja, deshalb sollten sich grade Kritiker bewusst sein, ob sie über Qualität oder persönlichen Geschmack reden.
Aber es soll auch welche geben die bei einem Forza Horizon die fehlende Story kritisieren. (das war nicht bei The Pod)
Das nicht zu mögen ist legitim, deswegen ein Autorennspiel abzuwerten ist Schwachsinn.
Aus KRITIKER-Sicht eben grade nicht. Damit sind wir aber wieder an dem Punkt, dass Kritik niemals fair sein muss - nur begründet. :)
wirklich jeder kann sich eine Begründung aus den Finger saugen. Du kannst auch sagen dass du ein Spiel schlecht bewertest, weil du danach schlecht geschlafen hast. -ist auch eine Begründung.
Diese Art von Kritik ist für das Medium allerdings komplett wertlos und es entwertet auch den Begriff der "Kritik" enorm.
Stuttgarter
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Re: Runde 230: Was bedeutet Qualität?

Beitrag von Stuttgarter »

Soulaire hat geschrieben: 2. Sep 2019, 23:18 wirklich jeder kann sich eine Begründung aus den Finger saugen. Du kannst auch sagen dass du ein Spiel schlecht bewertest, weil du danach schlecht geschlafen hast. -ist auch eine Begründung.
Diese Art von Kritik ist für das Medium allerdings komplett wertlos und es entwertet auch den Begriff der "Kritik" enorm.
Ich frage mich grade, wieviele Kritiken Du tatsächlich kennst. Mal Filmkritiken von Harry Rowohlt gelesen? Theaterkritiken über - nach Ansicht des Kritikers - schlechte Vorstellungen? Musikkritiken im Rolling Stone? Kritiken sind immer hochgradig subjektiv.

Mal paar (willkürlich gewählte, weil im Kopf ohne große Recherche präsente) Schmankerl aus anderen Disziplinen:

"Die gute Nachricht gleich vorweg: W. Houston hat ihr bislang bestes Alkbum aufgenommen. Die schlechte: Es taugt nicht viel." (Rolling Stone)

"Nehmen wir mal an, Bon Jovi ist Ihre Lieblingsband. [Ganze Spalte, weshalb das neue Album trotzdem nicht gekauft werden sollte.] Ach, Bon Jovi ist gar nicht Ihre Lieblingsband? Dann hat sich die Sache ja eh erledigt." (Rolling Stone)

".. die als Faust und Mephisto verkleideten O. W. Fischer und Will Quadflieg.." (legendärer Verriss über eine Tourneeaufführung von Goethes Faust)

Und mein Liebling: Ein Kritiker bespricht eine "Minna von Barnhelm", schreibt mehrere Abteilung über die verschiedenen Aufführungsbestandteile, also Bühnenbild, Licht und so weiter, am Ende jeden Absatzes schreibt er nur immer "Nur ein eiserner Ofen vorn am Bühnenrand hat gestört", "Aber der eiserne Ofen war im Weg" und so weiter. Der letzte Satz der Kritik lautet "Der eiserne Ofen war Werner Hinz".

Kritik muss eben nicht fair sein. Das unterscheidet sie fundamental vom Produkttest. Und deshalb gibt es bislang auch praktisch keine (deutsche) Spielekritik - ThePod und die WASD sind die einzigen mir bekannten, die tatsächlich mal mehr, mal weniger in die Richtung gehen. Andrés legendäre "0 Euro"-Empfehlungen für große AAA-Titel kommen der Sache schon sehr nahe, auch Dominiks Kritik zu "Shadow of the Tomb Raider" ist tatsächliche Kritik. Da der Mann sich standhaft weigert, immer den Aspekt "..für ein Spiel" mitzudenken, sondern tatsächlich das Medium an und für sich mal in Frage stellt. Für diese Momente bekommt ThePod im Forum dann aber auch immer gehörig auf den Sack. :D

Kritik darf alles. Und der Konsument der Kritik darf dann entscheiden, ob er dem Kritiker in seiner Argumentation folgt oder es komplett anders sieht. Kritik ist aber - wie André irgendwo neulich auch gesagt hat - auch nicht in allererster Linie Kaufberatung. Sondern nichts anderes als die Meinung eines Menschen, der sich mit dem Medium an und für sich auskennt und erschienene Gattungsvertreter subjektiv bewertet.

Das, was 4players mit "PastCure" gemacht hat, war ein Verriss allererster Güte. Und in jeder anderen Kunstsparte wär das absolut okay gewesen - man hätte danach darüber diskutiert, man hätte einzelne Kritikpunkte hinterfragt, man hätte unter Umständen den Kritiker einen arroganten Volltrottel genannt. All das ist legitim, all das wollen Kritiker vermutlich. Aber es wäre nie die Diskussion entstanden, ob eine Kritik so sein darf. Darf sie.

Edit: Und das ist aus einem guten Grund legitim: Denn es gibt in den seltensten Fällen nur einen Kritiker. Nur sind in allen anderen Kunstbereichen Kritiker eben viel unterschiedlicher in ihren Bewertungen als die Spielepresse. Ein Kritiker mag eine Theatervorstellung verreissen, ein anderer dieselbe Vorstellung über den grünen Klee loben. Und - lustigerweise - sogar aus denselben Gründen. Als Künstler ist es dann meine Aufgabe, aus den Kritiken das mitzunehmen, was mir plausibel erscheint. Das bringt ein Medium voran. Nicht die Produkttesterei einer Gamestar, die letztlich einzelne Checkpunkte abhakt und dann jedem Spiel, das technisch up to date ist und nicht absolut menschenverachtend ist, ne 85 drunter schreibt. Solang Spiele so "kritisiert" werden, darf Spieler sich auch nicht beschweren, dass grad die großen Publisher seelenlosen Einheitsbrei auf den Markt werfen. Denn sie wissen genau - damit bekommen sie die guten Wertungen.

Edit2: Und um auf Dein Beispiel einzugehen: Sollte ein Machwerk einen Kritiker so sehr verstören, dass er danach wirklich nicht schlafen kann, dann ist das selbstverständlich ein Punkt, der in einer Kritik auftauchen darf, sogar die Kernaussage der Kritik bestimmen darf.
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Re: Runde 230: Was bedeutet Qualität?

Beitrag von echtschlecht165 »

OK,
und was ist jetzt Qualität? :ugly:
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