Runde #235: Eine Verteidigung des Eskapismus

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Schlagerfreund
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Re: Runde 235: Eskapismus

Beitrag von Schlagerfreund »

Geez.

Wenn ich mir angucke, wie zumindest von einigen Personen die Debatte geführt wird, dann frage ich mich ganz ehrlich ob Eskapismus nicht doch grundsätzlich eher schlecht ist. Wenn "das" die Reaktion auf recht sachliche Kritik ist, dann kann man den Thread ganz ehrlich direkt dicht machen.
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johnnyD
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Re: Runde 235: Eskapismus

Beitrag von johnnyD »

Schließe mich @numfuddle an, das war mir scho weng zuviel Rant
"Wenn man den Sumpf trocken legen will, darf man nicht die Frösche fragen!"
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echtschlecht165
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Re: Runde 235: Eskapismus

Beitrag von echtschlecht165 »

Stuttgarter hat geschrieben: 6. Okt 2019, 21:01
echtschlecht165 hat geschrieben: 6. Okt 2019, 20:56

Bitte hör auf , deine Meinung als die "von uns allen" darzustellen.
Ich persönlich brauche jedenfalls keinen schwammigen kunst oder kulturbegriff, um mir selbst meine computerspielsucht schönzureden.
Und ich muss in einem Spiel garnix lernen
Sorry, aber irgendwie erinnere ich mich dunkel, dass die letzten 30 Jahre oder so Spieler sich ständig beschwert haben, dass sie nicht als ganz normaler kultureller Teil wahrgenommen werden wie Leser, Musikhörer oder Filmschauer. Und dass ihr Hobby nicht als gleichwertig zum Lesen, Musikhören, Filmschauen akzeptiert wurde. Habe ich das irgendwie falsch in Erinnerung?
Ja die gibts
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Stuttgarter
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Re: Runde 235: Eskapismus

Beitrag von Stuttgarter »

echtschlecht165 hat geschrieben: 6. Okt 2019, 21:06
Ja die gibts
Ich weiß nicht genau, was Du damit sagen willst. Aber grundsätzlich bin ich schon der Meinung, dass man nicht, wenns um das Zeigen von Hakenkreuzen geht, drauf bestehen kann, dass man genauso behandelt werden will wie Kinofilme, wenns aber um die Kritik am Medium geht, plötzlich von dieser Gleichbehandlung nix mehr wissen will.

Es ändert aber letztlich nix, was ich in meiner selbstgerechten Art denke - Computerspiele WERDEN mehr und mehr als ganz normale Kunst- und Kulturprodukte angesehen. Und insofern können sich die Spieler auf den Kopf stellen und die Luft anhalten solang sie wollen - die ganz normale Kulturkritik wird mehr und mehr angewendet werden. Die Spieler haben nur noch in der Hand, ob sie dann als erwachsene Konsumenten oder als kindische Brüllaffen wahrgenommen werden wollen. Die Tendenz derzeit geht eindeutig Richtung "Brüllaffe".
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Axel
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Re: Runde 235: Eskapismus

Beitrag von Axel »

Stuttgarter hat geschrieben: 6. Okt 2019, 19:51 Spieler müssen glaub einfach lernen, dass man an jedem einzelnen Spiel auch moralische, ethische oder andere die Aussage des Spiels betreffende Aspekte kritisieren kann, darf und sogar muss.
Nochmal: Bei Brettspielen oder Gesellschaftsspielen allgemein wird das nicht gemacht. Auch nicht bei Pen & Paper Rollenspielen! Ist das alles keine Kultur?

Warum soll für mechanische, nicht erzählende Games was anderes gelten? Wenn ein Computerspiel versucht eine Geschichte zu erzählen, dann sollte über Aussage und dergleichen auch gesprochen werden. Aber das will Anno ja garnicht! Welche moralischen und ethischen Aussagen treffen Spiele wie Tetris, Puyo Puyo, Angry Birds, Pac Man, Temple Run, Grid Motorsport, Mario Kart, Theme Park oder eben auch Anno?

Moralische und ethische Fragen kann nur an einer kleinen bestimmten Minderheit an Games erörtern. Nämlich denen, die eine Geschichte erzählen wollen. Und ansonsten an keine weiteren Spiele.
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Re: Runde 235: Eskapismus

Beitrag von Stuttgarter »

Axel hat geschrieben: 6. Okt 2019, 21:48

Moralische und ethische Fragen kann nur an einer kleinen bestimmten Minderheit an Games erörtern. Nämlich denen, die eine Geschichte erzählen wollen. Und ansonsten an keine weiteren Spiele.
Aber "Anno" erzählt doch grad eine Geschichte. :)

Und ich bin ziemlich sicher - würde ein Brettspiel die europäische Industrialisierung nachspielen lassen, dabei aber die negativen Aspekte einfach komplett unter den Tisch fallen lassen, würde das sicher eine Diskussion nach sich ziehen. :D Und selbstverständlich können moralische und ethische Fragen allein durch die Spielmechanik aufgeworfen werden. Würde man in MarioKart seine Waffen dadurch bekommen, dass man statt über Symbole über Tiere oder Menschen fahren müsste, dann wäre eine Moraldiskussion definitiv gerechtfertig, oder?

Pen and Paper solltest Du Dir eigentlich selbst beantworten können - das ist immer noch Nischenkultur.

An Dich speziell die Frage von oben: Wäre "Anno1800" das exakt gleiche Spiel, nur auf dem US-Kontinent ohne Indianerkriege und Sklaven und mit der Erschließung des Westens statt der Erschließung von Inseln. Würdest Du auch dann sagen, "Gar kein Problem"?
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Re: Runde 235: Eskapismus

Beitrag von Stuttgarter »

Ich warne aber schon mal vorsorglich vor - wenn Civ 7 irgendwann erscheint, wird auch DAS Spiel gewaltige Kritik nach und auf sich ziehen. Sowohl das Spielprinzip als solches als auch die Spielmechaniken im speziellen. Eben weil es mittlerweile Kritiker gibt, die sich mit sowas auseinandersetzen.

Nochmal, auch wenn es selbstgerecht sein mag: Daran müssen sich Spieler jetzt einfach gewöhnen.
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Axel
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Re: Runde 235: Eskapismus

Beitrag von Axel »

Stuttgarter hat geschrieben: 6. Okt 2019, 20:58 Würden wir ernsthaft diskutieren, wäre "Anno 1800" ein US-amerikanisches "In the year 1800" - und wir würden uns auf einem zwar nicht so benannten aber trotzdem eindeutig nordamerikanischen Kontinent wirtschaftlich immer weiter von Ost nach West ausbreiten, ohne dass dabei Sklaverei, Indianerkriege etc. thematisiert werden würde? Würden wir wirklich drüber diskutieren, ob das okay ist oder sehr kritikwürdig?
Du meinst 1849? Ein echt tolles Aufbauspiel zu Zeiten des Goldrausches. Vielleicht meinst Du aber auch Gold Rush, ein Remake eines alten Sierra Adventures, welches ebenfalls im 19. Jahrhundert spielt. Oder The Oregon Trail, eines der ersten Computerspiele überhaupt wo es darum geht im 19. Jahrhundert von Ost nach West zu reisen (verlinkt ist die Deluxe Version von 1991). Überall in diesen Spielen gibt es diese Darstellungen von Sklaverei & Co. nicht.
Nein, es wird nicht darüber diskutiert, Weil es keine Serious Games sind. Weil es die Spiele nicht weiterbringt. Weil es nicht der Punkt ist, worum es in den Spielen thematisch und mechanisch geht. Und weil in deren Rahmen Sklaverei auch nicht gut adäquat dargestellt werden kann.

Du möchtest aufgrund einer Ideologie erzwingen, dass Unterhaltungsmedien etwas anderes sind als sie sein wollen!
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Re: Runde 235: Eskapismus

Beitrag von Stuttgarter »

Axel hat geschrieben: 6. Okt 2019, 22:11 Du meinst 1849? Ein echt tolles Aufbauspiel zu Zeiten des Goldrausches. Vielleicht meinst Du aber auch Gold Rush, ein Remake eines alten Sierra Adventures, welches ebenfalls im 19. Jahrhundert spielt. Oder The Oregon Trail, eines der ersten Computerspiele überhaupt wo es darum geht im 19. Jahrhundert von Ost nach West zu reisen (verlinkt ist die Deluxe Version von 1991). Überall in diesen Spielen gibt es diese Darstellungen von Sklaverei & Co. nicht.
Nein, es wird nicht darüber diskutiert, Weil es keine Serious Games sind. Weil es die Spiele nicht weiterbringt. Weil es nicht der Punkt ist, worum es in den Spielen thematisch und mechanisch geht. Und weil in deren Rahmen Sklaverei auch nicht gut adäquat dargestellt werden kann.

Du möchtest aufgrund einer Ideologie erzwingen, dass Unterhaltungsmedien etwas anderes sind als sie sein wollen!
Hmmmm...
Gold Rush Steam Reviews: 47.
1849 Steam Reviews: 192.
Und das letzte ein Spiel von 1991. Dazu zunächst: Ich und auch andere haben Dir weiter oben schon erklärt, dass sich die Gesellschaft und das, was sie für akzeptabel hält, weiterentwickelt. Wenn Du mir das nicht glaubst, versuch Dir einfach vorzustellen, wie ich Dich aufgrund Deiner Krankheitsgeschichte noch vor 30 Jahren relativ unbehelligt bezeichnen hätte können. Gott sei Dank ändert sich sowas im Lauf der Jahrzehnte.

Zu den andern beiden Spielen: Wäre evtl. vorstellbar, dass denen - grade im Vergleich zu nem Anno - schlicht die Relevanz fehlt? Im Vergleich zu 47 Steam-Reviews dürfte ja selbst Dein oben angeführtes Pen and Paper Mainstreamunterhaltung sein. (Da ich die Spiele selbst alle nicht kenne, kann ich nicht beurteilen, ob sie inhaltlich überhaupt kritikwürdig sind. Bei "Anno" kann ichs dank eigner Erfahrung.)

Und auch, wenn wir da nicht auf einen Nenner kommen werden: Auch Unterhaltungsmedien haben nunmal nach meiner (und auch vieler anderer) Ansicht eine gesellschaftliche Verantwortung. Warum bist Du eigentlich nicht auf das MarioKart-Gedankenexperiment eingegangen? :)
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Axel
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Re: Runde 235: Eskapismus

Beitrag von Axel »

Stuttgarter hat geschrieben: 6. Okt 2019, 21:59
Und ich bin ziemlich sicher - würde ein Brettspiel die europäische Industrialisierung nachspielen lassen, dabei aber die negativen Aspekte einfach komplett unter den Tisch fallen lassen, würde das sicher eine Diskussion nach sich ziehen. :D
Wo waren und sind denn die Diskussionen zu Industria, Moderne Zeiten, Russian Railroads oder Kohle - Mit Volldampf zum Reichtum? In den letzten rund 20 Jahren ist Industrialisierung ein Setting, welches bei Gesellschaftsspielen durchaus immer mal wieder vorkommt.

Und jetzt darfst Du mir mal erklären, wie man ein Thema wie Sklaverei in einen launigen Gesellschaftsspiel thematisieren soll...

Weißt Du, Du bist ganz groß darin zu fordern! ABER: Du hast mit noch keinem Satz erklärt, wie denn ein SPIEL aussehen soll, welches diese Themen beinhaltet! Dabei wäre ich wirklich mal gespannt, wie Du Dir das eigentlich vorstellst...
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Re: Runde 235: Eskapismus

Beitrag von Phazonis »

Axel hat geschrieben: 6. Okt 2019, 21:48 Nochmal: Bei Brettspielen oder Gesellschaftsspielen allgemein wird das nicht gemacht. Auch nicht bei Pen & Paper Rollenspielen! Ist das alles keine Kultur?
Die Frage ist schwierig. Kulturell sind sie in jedem Fall nicht so anerkannt wie Film und Buch und im Gegensatz zum Computerspiel sehe ich dort auch keine Anstrengungen sie als Kulturgut zu etablieren, demententsprechend werden sie von der Kulturkritik nicht weiter analysiert. Wichtig dabei ich möchte hier keine Aussage treffen, ob diese nun Kultur sind oder nicht.
Axel hat geschrieben: 6. Okt 2019, 21:48 Warum soll für mechanische, nicht erzählende Games was anderes gelten? Wenn ein Computerspiel versucht eine Geschichte zu erzählen, dann sollte über Aussage und dergleichen auch gesprochen werden. Aber das will Anno ja garnicht! Welche moralischen und ethischen Aussagen treffen Spiele wie Tetris, Puyo Puyo, Angry Birds, Pac Man, Temple Run, Grid Motorsport, Mario Kart, Theme Park oder eben auch Anno?
Kurz nein auch ein Spiel ohne Geschichte und nur mit Mechanik trifft politische Aussagen, aber wenn du es herrausfordern willst moralische/ ethische Aussagen/ Kritikpunkte deiner Beispiele:
  • Tetris: Quasi eine Lobeshymne auf den Kollektivimus. Du gewinnst wenn jedes Teil seinen Platz in der Gesellschaft findet und dann in ihr aufgeht.
  • Puyo Puyo: Rassismusproblematik: Es ist absolut unmöglich für Teile unterschiedlicher Farbe miteinander klazukommen und man gewinnt nur wenn man gleichfarbige zusammensteckt.
  • Angry Birds: Selbstjustiz: Wenn dir ein unrecht getan wird ist es absolut in Ordnung, ohne jede Verhältnismäßigkeit, dich dafür zu rächen.
  • Pac-man: Konsum: Jemehr desto besser
  • Temple Run: moralische Fragwürdigkeit der Archäologie: Wie ok ist es andere Länder ihrer kulturellen Erbstücke zu berauben um sie dann in der westlichen Welt in Museen auszustellen?
  • Grid Motorsport: Hymne auf den Motorsport. Eventuelle Problematiken der ökologischen Folgen oder auch nur des parktischen Nutzens für die Gesellschaft werden nicht beleuchtet.
  • Mario Kart: Warum nicht einfach mal Motorsport mit dreckigen Mitteln umsetzen? Alles für den Sieg.
  • Theme Park: Die Tierfreakshow für den wohlhabenden Weißen, damit er sich schön an den Tieren anderer Kontinente ergötzen kann.
  • Anno: Je nach Spiel 1800: hurra Kolonialismus 1404: Hurra Herrschaft aufgrund von Adel
Und ja bevor das Argument kommt das mag alles weit hergeholt sein und ihr mögt es nie so gesehen haben, aber es wird ja auch behauptet diese Spiele treffen keine moralisch/ ethische Aussage. Oh doch das tun sie und nur weil ihr sie nie gesehen habt existiert sie trotzdem.
Axel hat geschrieben: 6. Okt 2019, 21:48 Moralische und ethische Fragen kann nur an einer kleinen bestimmten Minderheit an Games erörtern. Nämlich denen, die eine Geschichte erzählen wollen. Und ansonsten an keine weiteren Spiele.
Man kann also auch moralische und ethische Fragen an allen Spielen erörtern, auch Pen & Paper und Brettspielen.
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Schlagerfreund
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Re: Runde 235: Eskapismus

Beitrag von Schlagerfreund »

Tolle Argumentation. Weil etwas früher vielleicht nicht geschehen ist, darf es jetzt und in der Zukunft auch nicht sein.

Ich bin hier erstmal raus. Das ist für mich aktuell Zeitverschwendung. Der Thread bedarf mal die Aufmerksamkeit von Mods.
Stuttgarter
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Re: Runde 235: Eskapismus

Beitrag von Stuttgarter »

Axel hat geschrieben: 6. Okt 2019, 22:21
Wo waren und sind denn die Diskussionen zu Industria, Moderne Zeiten, Russian Railroads oder Kohle - Mit Volldampf zum Reichtum? In den letzten rund 20 Jahren ist Industrialisierung ein Setting, welches bei Gesellschaftsspielen durchaus immer mal wieder vorkommt.

Und jetzt darfst Du mir mal erklären, wie man ein Thema wie Sklaverei in einen launigen Gesellschaftsspiel thematisieren soll...

Weißt Du, Du bist ganz groß darin zu fordern! ABER: Du hast mit noch keinem Satz erklärt, wie denn ein SPIEL aussehen soll, welches diese Themen beinhaltet! Dabei wäre ich wirklich mal gespannt, wie Du Dir das eigentlich vorstellst...
Da ich noch von keinem einzigen dieser Spiele je gehört habe, kann ich Dir auch nicht sagen, ob die Spielekritik im Feuilleton darüber geurteilt hat oder nicht. Brettspiele sind zwar nicht ganz so nischig wie Pen and Paper - aber immer noch meilenweit von nem "Anno" weg, was die Bedeutung angeht. Aber okay - vielleicht war ich bei den Brettspielen zu keck.

Jetzt wurde aber beispielsweise als Argument für die Darstellung von Hakenkreuzen nie das Brettspiel als Vergleichsmedium herangezogen, sondern immer der Film. Bei Gewaltdarstellungen wurde auch häufig mit Filmen argumentiert, nicht mit Brettspielen. Abgesehen davon, dass Brettspiele zwangsläufig wirklich extrem abstrakt funktionieren - ich denke nicht, dass man einfach mal wild hin- und herspringen sollte, womit man argumentiert, nur weils grad besser passt. Nochmal: Der Anspruch der Spieler (außer der von echtschlecht) war immer, gleichbehandelt zu werden wie Filme. Nicht wie Brettspiele.

Wie so ein Spiel aussehen soll, kann ich Dir im übrigen nicht sagen. Muss ich aber auch nicht. Ich bin kein Spieleentwickler. Und trotzdem kann ich Spiele als ganzes oder Teile von ihnen schlecht finden. Wenn nach nem Auftritt zu mir jemand kommt und sagt, "Mir hat das und das nicht gefallen", frag ich ihn auch nicht, wie er es denn besser machen würde. Jeder Konsument hat das gottverdammte Recht, Kritik anzubringen ohne einen besseren Alternativvorschlag in der Tasche zu haben.

Abgesehen davon wurde einer hier schon mehrfach genannt: Einfach ein weniger historisches, mehr fantastisches Szenario wählen. Thema erledigt.
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Lurtz
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Re: Runde 235: Eskapismus

Beitrag von Lurtz »

Axel hat geschrieben: 6. Okt 2019, 21:48 Nochmal: Bei Brettspielen oder Gesellschaftsspielen allgemein wird das nicht gemacht. Auch nicht bei Pen & Paper Rollenspielen! Ist das alles keine Kultur?

Warum soll für mechanische, nicht erzählende Games was anderes gelten? Wenn ein Computerspiel versucht eine Geschichte zu erzählen, dann sollte über Aussage und dergleichen auch gesprochen werden. Aber das will Anno ja garnicht! Welche moralischen und ethischen Aussagen treffen Spiele wie Tetris, Puyo Puyo, Angry Birds, Pac Man, Temple Run, Grid Motorsport, Mario Kart, Theme Park oder eben auch Anno?

Moralische und ethische Fragen kann nur an einer kleinen bestimmten Minderheit an Games erörtern. Nämlich denen, die eine Geschichte erzählen wollen. Und ansonsten an keine weiteren Spiele.
Wieso hat es dann eine Kampagne, die sehr wohl eine Geschichte erzählt?
Children are dying.
That's a succinct summary of humankind, I'd say. Who needs tomes and volumes of history? Children are dying. The injustices of the world hide in those three words.
Phazonis
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Re: Runde 235: Eskapismus

Beitrag von Phazonis »

Axel hat geschrieben: 6. Okt 2019, 22:21 Wo waren und sind denn die Diskussionen zu Industria, Moderne Zeiten, Russian Railroads oder Kohle - Mit Volldampf zum Reichtum? In den letzten rund 20 Jahren ist Industrialisierung ein Setting, welches bei Gesellschaftsspielen durchaus immer mal wieder vorkommt.

Und jetzt darfst Du mir mal erklären, wie man ein Thema wie Sklaverei in einen launigen Gesellschaftsspiel thematisieren soll...

Weißt Du, Du bist ganz groß darin zu fordern! ABER: Du hast mit noch keinem Satz erklärt, wie denn ein SPIEL aussehen soll, welches diese Themen beinhaltet! Dabei wäre ich wirklich mal gespannt, wie Du Dir das eigentlich vorstellst...
Da wir uns da schon ewig im Kreis drehen. Nicht jede Kritik verlangt Zwangsläufig nach einer Veränderung. Ich kann die Kritik wichtig und willkommen finden ohne gleich das kritisierte Produkt ändern zu wollen. Ich habe schon gesagt, dass ich die Spiele deshalb nicht ändern will und ich habe auch nirgendwo gesehen, dass Stuttgarter etwas in die Richtung tun will.
Nur wurde von vielen verlangt, dass Videospiele als Medium Ernst genommen werden und jetzt passiert es eben und sie werden auch in der Kunstkritik auseinander genommen. Da gehört die Analyse des Settings dazu und bei Echtweltanleihen auch der Abgleich mit der Realität. Jedwede Divergenz bei diesem Abgleich sollte man öffentlich auch anbringen können und durchaus als Kritik verstehen. Nur ist das nicht gleich auf Aufruf zum verbot/ zur Zensur.
Was ich mir da in erster Linie von erhoffe ist, dass sich mehr Spiele den Graubereich vornehmen und eventuell bessere Abbildungen finden. Das sich bei Entwicklern ein Bewusstsein bildet, was es bedeutet gewisse Szenarien anzufassen und man diese entweder besser bearbeitet oder halt umschifft, wenn man sich mit den negativen Aspekten diese Realszenarios nicht beschäftigen will. Und einen allgmein ehrlicheren Umgang mit dem Medium: Ja dann sag halt als Annoentwickler, dass Sklaverei nicht behandelt wurde, weil es Verkaufsaussichten schmälern würde, es zu schwer ist,... Damit können wir endlich dieses Spiele sind unpolitisch Fahrwasser hinter uns lassen und anerkennen jedes Spiel ist politisch. Manche sind damit offener, aber alle haben politische Aussagen und diese kann man kritisieren ohne gleich die Spiele dafür hängen zu wollen.
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Axel
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Re: Runde 235: Eskapismus

Beitrag von Axel »

Phazonis hat geschrieben: 6. Okt 2019, 22:53 Nicht jede Kritik verlangt Zwangsläufig nach einer Veränderung.
Und warum wird sie dann so absolutistisch und mit Forderungen vorgebracht? Ohne die Möglichkeit zu lassen, dass es auch ganz viele Menschen gibt, die das nicht so sehen? Warum kommt eurerseits immer solch eine sprachliche Schärfe ins Spiel?
Was ich mir da in erster Linie von erhoffe ist, dass sich mehr Spiele den Graubereich vornehmen und eventuell bessere Abbildungen finden. Das sich bei Entwicklern ein Bewusstsein bildet, was es bedeutet gewisse Szenarien anzufassen und man diese entweder besser bearbeitet oder halt umschifft, wenn man sich mit den negativen Aspekten diese Realszenarios nicht beschäftigen will.
Also forderst Du im Endeffekt Selbstzensur? Denn das lese ich heraus, wenn Du möchtest das gewisse Szenarien am besten nicht mehr angefasst werden, wenn man nicht dazu tausende von Nuancen und Facetten bedient.
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Re: Runde 235: Eskapismus

Beitrag von Stuttgarter »

Phazonis hat geschrieben: 6. Okt 2019, 22:53
Da wir uns da schon ewig im Kreis drehen. Nicht jede Kritik verlangt Zwangsläufig nach einer Veränderung. Ich kann die Kritik wichtig und willkommen finden ohne gleich das kritisierte Produkt ändern zu wollen. Ich habe schon gesagt, dass ich die Spiele deshalb nicht ändern will und ich habe auch nirgendwo gesehen, dass Stuttgarter etwas in die Richtung tun will.
Nur wurde von vielen verlangt, dass Videospiele als Medium Ernst genommen werden und jetzt passiert es eben und sie werden auch in der Kunstkritik auseinander genommen. Da gehört die Analyse des Settings dazu und bei Echtweltanleihen auch der Abgleich mit der Realität. Jedwede Divergenz bei diesem Abgleich sollte man öffentlich auch anbringen können und durchaus als Kritik verstehen. Nur ist das nicht gleich auf Aufruf zum verbot/ zur Zensur.
Was ich mir da in erster Linie von erhoffe ist, dass sich mehr Spiele den Graubereich vornehmen und eventuell bessere Abbildungen finden. Das sich bei Entwicklern ein Bewusstsein bildet, was es bedeutet gewisse Szenarien anzufassen und man diese entweder besser bearbeitet oder halt umschifft, wenn man sich mit den negativen Aspekten diese Realszenarios nicht beschäftigen will. Und einen allgmein ehrlicheren Umgang mit dem Medium: Ja dann sag halt als Annoentwickler, dass Sklaverei nicht behandelt wurde, weil es Verkaufsaussichten schmälern würde, es zu schwer ist,... Damit können wir endlich dieses Spiele sind unpolitisch Fahrwasser hinter uns lassen und anerkennen jedes Spiel ist politisch. Manche sind damit offener, aber alle haben politische Aussagen und diese kann man kritisieren ohne gleich die Spiele dafür hängen zu wollen.
Bei der Gelegenheit mal danke für all das, was Du hier so schreibst. :)
(Nachdem wir uns sonst in der Regel eher fetzen, war mir das jetzt doch ein Bedürfnis. ;) )

Und klar will ich das nicht - wie schon mindestens einmal geschrieben, habe ich großen Spaß an "Anno 1800". Genau so wie es ist. Und trotzdem kann ich eben die Behandlung einzelner Themen darin für kritikwürdig halten. Und ich seh es nunmal wirklich so, dass es noch jede Kunstrichtung letztlich weitergebracht hat, wenn über sie öffentlich gestritten und diskutiert wurde. Da man als Kunst-schaffender oft auf Feedback von außen angewiesen ist, um sich nicht immer im gleichen Kreis zu bewegen. (Das weiß ich nun wirklich aus eigner Erfahrung, irgendwann wird man betriebsblind.) Und diese Diskussion findet nunmal in der Regel nach der Routine "Künstler A veröffentlicht etwas - Kritiker B/C/D schreiben dazu eine Kritik" statt. Genau das passiert jetzt auch zunehmend bei Spielen. Eben nicht mehr "Grafik 8 von 10, Fans greifen zu, andere spielen Probe".

Was ich irgendwie amüsant finde - der Anstoß zu diesem ganzen Rumgestreite hier stammt von einem anerkanntermaßen begeisterten Spieler. Und ThePod-Mtarbeiter. Ich könnte die ablehnende Haltung ja noch halbwegs nachvollziehen, wenn der ZEIT-Kulturchef zum allerersten Mal überhaupt statt über die Bregenzer "Carmen" über ein Spiel geschrieben hätte. Aber Dom kann man wohl wirklich nicht vorwerfen, dass er was gegen Spiele hätte. Er will nur bessere Spiele. Aber okay - mit seinen Kritikpunkten an SotTR kamen hier ja einige auch nicht wirklich klar. :)
Stuttgarter
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Re: Runde 235: Eskapismus

Beitrag von Stuttgarter »

Axel, das einzige, was wirklich von manchen gefordert wird, ist, dass Spieleentwickler mit dem Sujet, das sie bearbeiten, verantwortungsvoll umgehen. Sich dessen bewusst sind, was sie damit im Zweifel für Aussagen treffen. Und das trifft auf die Far Cry- und Division-Macher nunmal genauso zu wie auf die Anno-Macher.

Aber weißte, die müssen das trotzdem immer noch nicht tun. Egal, ob es gefordert wird oder nicht. Nur wenn sie es nicht tun, müssen sie auch zukünftig mit Kritik rechnen. That's all.
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Re: Runde 235: Eskapismus

Beitrag von Guthwulf »

Axel hat geschrieben: 6. Okt 2019, 22:21Und jetzt darfst Du mir mal erklären, wie man ein Thema wie Sklaverei in einen launigen Gesellschaftsspiel thematisieren soll...
*hüstel* siehe z.B. Freedom: The Underground Railroad. Macht übrigens sehr viel Spaß.
Schon dabei schöne launige Abend in geselliger Runde mit Chips und Bier verbracht.

Hab die Folge noch nicht gehört, aber scheint ja mal wieder kontrovers zu sein.

Falls (!) Jochen in seinem Rant tatsächlich hart einen Artikel von Dom angegriffen hat, ohne das der dabei ist und seine Sichtweise erläutern kann, fänd ich das schlechten Stil und unhöflich. Schließlich ist Dom nicht irgendein Fremder sondern ein Mitpodcaster im Projekt.

Ansonsten bin ich verwirrt.
Wisst ihr noch, worüber ihr eigentlich diskutiert?
Ich lese viele akademische Luftschlösser und verstehe nicht mehr, was nu eigentlich der Dissenz ist?

Eskapismus ist toll... genau wie Schokolade... oder das Internet... Nicht der Eskapismus ist ein Problem oder Kritikwürdig, sondern der Umgang damit kann unter Umständen zu Problemen führen, genauso wie zu viel Schokolade oder unbedarfte Nutzung des Internets Probleme verursachen kann. Das gilt aber für vieles auf der Welt, inklusive aller "Kulturgüter". Das macht den Eskapismus nicht schlecht...

Person A: Anno macht sooo viel Spaß mit all dem heimeligen Wuselcharme...
Person B: Anno beleuchtet aber nicht die negativen Folgen der Industralisierung
Person A: Da hast du völlig recht! Ich hab trotzdem großen Spaß mit Anno.

Wo genau ist der Dissenz? An der Tatsache, das Persona A trotzdem Spaß hat? Darf er das nicht?

Geht es bei Eskapismus nicht genau darum? Wozu brauch ich Eskapismus, wenn ich dort doch nur wieder die deprimierende reale Welt vorfinden darf? Kann das dazu führen, dass vereinzelt jemand unterbewußt daraus vielleicht ein falsches Geschichtsbild entwickelt? Klar. Gilt ähnlich doch aber für Gewalt in Medien oder für das eigene Körperideal angesichts all der Instagram Supermodels? Das heißt doch nicht, das wir Gewalt oder unrealistische Körperideale als "gut" bewerten. Nur das wir unseren Umgang mit dem jeweiligen Medium sorgsam und bewusst gestalten müssen. Und hey... wir können auch Michael Bay Filmen und vielen anderen Medienbeispielen Gewaltverherrlichung oder Verzerrung wissenschaftlicher Fakten (Raumfahrt funktioniert nicht wie in Armageddon!) vorwerfen. Daran ist nix falsches. Das macht aber die Filme nicht weniger unterhaltsam oder es wert in den Kinokassen Millionen von Dollarn einzuspielen.

Ein Problem wird erst daraus, wenn die eine Seite solche Art von Eskapismus verbannen bzw. zensieren möchte oder die andere Seite das gezeigte / gespielte mit der Realität verwechselt. Sehen wir doch aktuell an der absurden Jokerdebatte, wo Kritiker befürchten, dass Zuschauer den Film als Gewaltverherrlichung empfinden könnten und der Film deshalb verboten gehört. Na viel Spaß mit Klassikern wie Taxi Driver und Co. Wenn Kunst nicht mehr provozieren darf und wir Unterhaltung verbieten wollen (weil es unrealistisch ist), dann siehts echt trübe mit unserer Gesellschaft aus.
Zuletzt geändert von Guthwulf am 6. Okt 2019, 23:24, insgesamt 2-mal geändert.
guthwulf04 (Steam), dreosan (PSN), Guthwulf06 (Xbox), Guthwulf16 (Switch: SW-7403-8257-5609)
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derblaueClaus
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Re: Runde 235: Eskapismus

Beitrag von derblaueClaus »

Axel hat geschrieben: 6. Okt 2019, 22:21
Und jetzt darfst Du mir mal erklären, wie man ein Thema wie Sklaverei in einen launigen Gesellschaftsspiel thematisieren soll...
Vielleicht nicht launig, aber es geht. Freedom: The Underground Railroad zum Beispiel.

https://www.boardgamegeek.com/boardgame ... d-railroad

Wie gesagt, es hängt immer davon ab was das Spiel sein möchte.

Edit: Verdammt. Ninjad von Guthwulf. :D
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