Neo Magazin Royale: Böhmi zerstört „Coin Master“

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Rigolax
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Re: Neo Magazin Royale: Böhmi zerstört „Coin Master“

Beitrag von Rigolax »

Hier noch ein lesenswerter (englischer) Beitrag von Rechtsanwalt Schwiddessen, bekannt hier durch die Reportage über NS-Symbole: https://www.linkedin.com/pulse/german-r ... sebastian/

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Puschkin hat geschrieben: 15. Okt 2019, 23:23Was ich mich da frage: guckt die BPJM zusehr auf Spielinhalte? Und vernachlässigte diese Mechaniken hier? Fehlt es hier an wissenschaftlicher Forschung?
Na ja, an Forschung kann es eigentlich kaum fehlen, denn auch bei Gewaltdarstellungen belegt diese eigentlich keineswegs (mehr) auch nur annähernd überzeugend derart restriktive Maßnahmen wie eine Indizierung oder gar strafrechtliche Verbote.

Tatsächlich steht z. B. aber auch immer noch in den im Juni aktualisieren USK-Leitkriterien: "Die Existenz von reliablen Merkmalen in Spielangeboten für die Förderung eines pathologischen, als süchtig zu kennzeichnenden Spielverhaltens ist wissenschaftlich umstritten, ebenso wie deren Anwendbarkeit im Rahmen des Jugendschutzes. Aus diesem Grund bleiben sie bei der Bewertung derzeit generell unberücksichtigt." Offensichtlich haben sie diese Annahme im IARC-Verfahren aber erstmal wegen des öffentlichen Drucks über den Haufen geschmissen und sich von der Spruchpraxis der OLJB/Gremienentscheide entfernt. (IARC-Ratings sollen eigentlich auf der OLJB/Gremienspruchpraxis aufbauen).

Im Übrigen, so stelle ich für mich fest, herrscht hierzulande -- leider -- mal wieder eine exzessive Moralpanik. Wie endlos zuvor bei allen möglichen Medienarten, wie lange beim Thema Gewalt, dann bei minderjährig wirkenden mehr oder weniger sexualisierten Darstellungen von Animefiguren, dann bei der NS-Symbolik, dann über die Gefahr von "Algorithmen", jetzt bezüglich eine Unterwanderung der Gaming-Szene durch Nazis oder die Alt Right, die mutmaßliche Verrohung der Sprache und so weiter und so fort. Immer soll die Gesellschaft und unsere Werte massiv in Gefahr sein. Statt das Thema dann sachlich auszudiskutieren, werden ad hoc Verbote gefordert, soll dies und jenes bitte als "jugendgefährdend" geächtet werden und damit das völlig überholte Konzept der "Indizierung" wie in der römisch-katholischen Kirche noch fortgesetzt werden.

Und damit will ich nicht sagen, dass man diese Themen nicht diskutieren sollte oder insbesondere das Coin Master ein tolles Spiel wäre, dass Kindern unbedingt zugänglich sein sollte.
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Desotho
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Re: Neo Magazin Royale: Böhmi zerstört „Coin Master“

Beitrag von Desotho »

Zielt jetzt nicht speziell auf das Spiel ab, ist aber ev. dennoch ganz interessant:
https://www.heise.de/ct/artikel/Die-Psy ... 47123.html
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Puschkin
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Re: Neo Magazin Royale: Böhmi zerstört „Coin Master“

Beitrag von Puschkin »

Das Spiel ist von vorne bis hinten darauf getrimmt Kindern Geld aus der Tasche zu ziehen. Diese Art Glücksspiel ist da marktwirtschaftliche zu wenig reguliert.

Naja die Erzählung eines Spiels ist das eine aber dazu tritt eben die Spielmechanik. Traditionell schaut der Jugendmedienschutz auf den inhalt. Aber eben beim Spiel ist doch die Mechanik der andere Part. Und warum soll der nicht für sich allein auch so bösartig sein können, dass er Indizierungsfähig ist?
Braucht es neuere Kulturwissenschaftliche Erkenntnisse für den Jugendmedienschutz?
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Rigolax
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Re: Neo Magazin Royale: Böhmi zerstört „Coin Master“

Beitrag von Rigolax »

Die Indizierung von Coin Master wurde nun abgelehnt, ebenso bei ein paar wohl artverwandten Apps (Coin Trip, Coin Kingdom). https://www.bundespruefstelle.de/bpjm/s ... zes/148760

Ich kopier mal die ganze BPjM-Meldung hierrein in einem Spoiler-Tag. Als behördliches Erzeugnis hat sie meines Erachtens kein Urheberrecht:
SpoilerShow
Die Spiele-Apps "Coin Master", "Coin Trip" und "Coin Kingdom" haben keine jugendgefährdende Wirkung im Sinne des Jugendschutzgesetzes

Die Verharmlosung von Glückspiel ist sozial-ethisch desorientierend. Die Spiele Apps „Coin Master“, „Coin Trip“ und „Coin Kingdom“ erfüllen diesen Tatbestand nicht. Dies hat das 12er-Gremium der Bundesprüfstelle aufgrund der mündlichen Verhandlung am 4. März 2020 entschieden.

Aus der Spielanlage ergeben sich zwar weitere Gefährdungen für die persönliche Integrität von Kindern und Jugendlichen. Hierzu gehören Spielanlagen, die zu exzessiver Nutzung sowie zur Schädigung finanzieller Interessen von Kindern und Jugendlichen führen können. Diese Gefahren gelten als sogenannte Interaktionsrisiken. Durch eine Indizierung werden Kinder und Jugendliche aufgrund geltenden Rechts vor inhaltebezogenen Konfrontationsrisiken geschützt. Interaktionsrisiken werden durch das für die Entscheidung über eine Listenaufnahme maßgebliche Jugendschutzgesetz derzeit nicht erfasst und waren nicht Gegenstand der durchgeführten Verfahren.

„Coin Master“ ist ein Online-Spiel, das als App auf dem Smartphone gespielt werden kann. Ziel des Spiels ist es, ein virtuelles Dorf aufzubauen und zu erhalten. Das Spiel umfasst mindestens 205 Level, wobei ein Level eine Spielhalle darstellt. Investitionen in das virtuelle Dorf werden durch virtuelles Geld, sogenannte „Coins“ finanziert. Die benötigte Spielwährung wird durch verschiedene Formen des simulierten Glücksspiels, insbesondere das Spielen am Spielautomaten erworben. Auch der Einsatz von Echtgeld ist möglich. „Coin Trip“ und „Coin Kingdom“ folgen einem ähnlichen Spielprinzip.

Medien, die die Entwicklung und Erziehung von Kindern oder Jugendlichen zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit gefährden, gelten als sozial-ethisch desorientierend und sind zu indizieren.

Der staatliche Schutzauftrag zielt vor diesem Hintergrund unter anderem darauf ab, Medieninhalte von Minderjährigen fernzuhalten, die die bloße Konsumbereitschaft bezogen auf ein Konsummittel mit Suchtgefährdungspotential fördern.

Dies erfordert ein Bewusstsein für Missbrauchsgefährdungen, ebenso wie die Sensibilisierung für Missbrauchsverhalten. Erziehungsziel ist daher ein altersentsprechender verantwortungsvoller Umgang mit substanzgebundenen wie substanzungebundenen legalen Konsummitteln, mit welchen ein Suchtgefährdungspotential verbunden ist.

Simuliertes Glücksspiel, wie es sich in den verfahrensgegenständlichen Apps in simulierten Spielautomaten findet, war bislang nicht Gegenstand der Spruchpraxis der Bundesprüfstelle.

Aufgrund der wissenschaftlich belegten Wirkung von simuliertem Glücksspiel kann die interaktive Spielhandlung grundsätzlich zur Prägung positiv gefärbter Glücksspieleinstellungen, einer Desensibilisierung gegenüber Glücksspielverlusten, der Förderung unrealistischer Gewinnerwartungen sowie zu einem (schnelleren) Umstieg zu echtem Glücksspiel führen. Dies führt zu einer Verharmlosung von Glücksspiel und einer damit einhergehenden Förderung der Bereitschaft zum Konsum bei hierfür anfälligen Kindern und Jugendlichen.

Zur Erfassung dieser jugendgefährdenden Wirkung bedarf es daher einer grundsätzlichen Erweiterung der gefestigten und durch Rechtsprechung bestätigten Spruchpraxis der Bundesprüfstelle zu Konsummitteln mit Suchtgefährdungspotential um den Tatbestand der Verherrlichung bzw. Verharmlosung von Glücksspiel.

Dieser Tatbestand war nach Einschätzung des Gremiums in den verfahrensgegenständlichen Verfahren zu den Spiele-Apps „Coin Master“, „Coin Trip“ und „Coin Kingdom“ auf Grundlage der genannten derzeitigen rein medieninhaltlichen Ausrichtung des Jugendschutzgesetzes nicht erfüllt. Dies ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass die Visualisierung der Spielautomaten auch von echten Spielautomaten abweichende Elemente aufweist, der Spielfluss immer wieder durch andere Spielhandlungen unterbrochen wird und neben dem Gewinn von Coins weitere für das Spiel relevante Alternativen gewonnen werden können.

Von einem hierdurch getriggerten realweltlichen Verhalten kann nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit ausgegangen werden.

Über eine mögliche unterhalb der Jugendgefährdungsschwelle liegende entwicklungsbeeinträchtigende Wirkung war nicht zu entscheiden.

Publikationshinweis: Im Dezember 2019 hat die BPjM den Gefährdungsatlas veröffentlicht. Dieser enthält einen Überblick über 35 Medienphänomene, die mit Gefährdungen und Interaktionsrisiken für eine unbeschwerte Teilhabe verbunden sind.
Artikel von GamesWirtschaft: https://www.gameswirtschaft.de/wirtscha ... ehmermann/
Spiegel: https://www.spiegel.de/netzwelt/apps/co ... 45f612f6eb

Die von der BPjM erwähnten "Interaktionsrisiken", die derzeit im für die Indizierung relevanten JuSchG nicht vorhanden sind, werden übrigens voraussichtlich in der JuSchG-Reform eingeführt. Laut Kommentar eines Anwalts auf Twitter dürfte das auf Basis des aktuellen Entwurfs aber dann wohl auch nicht für eine Indizierung reichen: https://twitter.com/Felix_CGN/status/12 ... 3727760385
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johnnyD
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Re: Neo Magazin Royale: Böhmi zerstört „Coin Master“

Beitrag von johnnyD »

Diese Entscheidung ist ein Armutszeugnis in meinen Augen und eine vertane Chance, dieser Seuche Herr zu werden. Warum nicht auch alle Spielotheken und Spielbanken ab 12 Jahren freigeben, auf den echten Euro kommt es dann eh immer an :snooty:
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PrinzEisenerz
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Re: Neo Magazin Royale: Böhmi zerstört „Coin Master“

Beitrag von PrinzEisenerz »

Es kann ja auch ab 18 freigegeben werden ohne Indizierung. Wofür wir so einen "Index" brauchen, sehe ich nicht.
Rigolax
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Re: Neo Magazin Royale: Böhmi zerstört „Coin Master“

Beitrag von Rigolax »

johnnyD hat geschrieben: 5. Mär 2020, 21:36 Diese Entscheidung ist ein Armutszeugnis in meinen Augen und eine vertane Chance, dieser Seuche Herr zu werden. Warum nicht auch alle Spielotheken und Spielbanken ab 12 Jahren freigeben, auf den echten Euro kommt es dann eh immer an :snooty:
Also ich bin froh, dass die doch anachronistische Maßnahme der Indizierung nicht immens ausgeweitet wurde. :P Die Vorstellung, dass nun hunderte, wenn nicht tausende Apps nur in Deutschland als einziges Mitgliedlands der EU gesperrt werden würden aufgrund der dann entstandenen Rechtsunsicherheit, finde ich auch nicht prickelnd.

Es muss imho bessere Methoden geben, als etwaige Spiele in einem gerichtsähnlichen, an sich nicht-öffentlichen Verfahren einer Behörde auf einen geheimen Index (Listenteile C/D für Online-Angebote/Telemedien werden in der Regel nicht-öffentlich geführt) zu setzen. Warnhinweise, Altersabfragen, mehr (sorry für das ausgelutschte Wort) Medienkomptenzförderungsmaßnahmen etc. sind da imho eher probat und verhältnismäßig.

Imho ist der Fall hier vielleicht mit der damaligen Entscheidung auf Nicht-Indizierung von Counter-Strike vergleichbar: eine massive Weichenstellung mit womöglich ungeahnten Folgen. Nur sind in dem Fall wohl offenbar viele Spieler auch für die Indizierung gewesen, weil ihnen die Inhalte nicht gefallen. Die faktische Verbotsmaßnahme sollte, wenn überhaupt, nur wohlüberlegt und in Maßen angesetzt werden.
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Axel
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Re: Neo Magazin Royale: Böhmi zerstört „Coin Master“

Beitrag von Axel »

Manchmal wünscht man sich wirklich den harten Jugendschutz der 80er und 90er zurück. Es ist absurd und besorgniserregend mit welchen Gefahren heutige Kinder aufwachsen müssen. Sei es süchtigmachende Kasino-Apps oder erfolgreiche Rapper, die in ihren Texten offen zu Gewalt und Vergewaltigung gegenüber Frauen aufrufen.

Ich habe den Eindruck, dass der Staat und seine Organe mittlerweile so dermaßen vom Neoliberalismus zerfressen sind, dass hier mittlerweile jeder machen kann was er will, solange er nur „erfolgreich“ ist. Eine Amerikanisierung der Gesellschaft. :roll: (Aber ein lustiger, nicht ernstgemeinter Spruch von Bernd Riexinger wird skandalisiert... :doh:)
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Desotho
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Re: Neo Magazin Royale: Böhmi zerstört „Coin Master“

Beitrag von Desotho »

Ist natürlich individuell, aber ich habe eher den Eindruck dass wir damals noch "unkontrollierter" mit dem Medium aufgewachsen sind.
Klar, da war noch nichts mit Internet (was zweifellos ein riesiges Gefahrenfeld ist) aber die Eltern hatten eigentlich allesamt keine Ahnung von Computern und damit haben wir mehr oder weniger alles gemacht was so ging.
Gab auch Zeiten in denen Rock'n'Roll und Heavy Metal als Teufelswerk angesehen wurden. Gut, wenn Coin Master oder dessen Mechaniken in 30 Jahren ein etablierterKlassiker ist dann erschieße ich mich.
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Rigolax
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Re: Neo Magazin Royale: Böhmi zerstört „Coin Master“

Beitrag von Rigolax »

Ich denke ja auch, dass das eher täuscht -- und im Übrigen wohl seit Jahrzehnten, wenn nicht Jahrhunderten so lamentiert wird.

Man nehme konkret z.B. Tabakwerbung, die früher ubiquitär war und auch durchaus Kinder (mit-)ansprach. Kurioser Weise ist der vielleichtige Jugendmedienschutzweltmeister Deutschland bei dem Thema auch absolut hinten dran in der EU: https://www.sueddeutsche.de/gesundheit/ ... -1.4824341 ("Kein anderer Staat der EU erlaubt noch Außenwerbung für Zigaretten, kein anderer unternimmt so wenig gegen das Rauchen."). Mag man jetzt für einen whataboutism halten, ist es vielleicht auch, aber sei mal hier da gelassen, zum Thema scheinbare Prioritäten hierzulande.

Ich denke, es ist legitim zu behaupten, dass Kinder und Jugendliche noch nie so kompetent im Umgang mit Medien waren wie heute, selbiges bei Erwachsenen/Eltern. Reicht das aus, um etwaigen Gefahren wie durch Coin Master zu begegnen? ich denke schon eigentlich, aber könnte natürlich besser sein. Man sollte diese Spiele imho ja auch durchaus regulieren, vielleicht besonders bei kinderaffiner Werbung ansetzen, aber die Indizierung ist imho halt das völlig falsche Instrument. Das macht konzeptuell bei den Inhalten imho einfach schon keinen Sinn, die würden dann neben Nazi-Zeugs, KiPo oder Pro-Anorexie-Seiten geführt.

Um übrigens auch mal noch eine richtig steile These in den Raum zu hauen: Kinder dürfen sich ja auch heute (noch) Süßigkeiten kaufen von ihrem Taschengeld. Der Konsum kann allerdings auch exzessiv werden und dann (sogar physisch) schädlich sein, vielleicht in gewisser Form "süchtig" machen. Etwaige Kinder könnten auch die Portemonnaies der Eltern plündern, um noch mehr Zeug zu kaufen. -- Kann sich jetzt jeder denken, worauf ich bei Coin Master hinaus will.

Uuund steile These 2 übrigens: Jede potentielle "Gefährdung" ist gleichzeitig auch eine Chance im Leben. Kinder rennen draußen rum und holen sich Schürfwunden -- sozial gewünscht. Kinder spielen Coin Master und entwickeln vielleicht zeitweise komische Vorstellungen, verzocken Taschengeld -- das Grauen, das Grauen. Ich denke halt, die Zahl der überhaupt potentiell nur pathologisch, eher langfristig Schädigbaren dürfte verschwindend gering sein, wie beim Thema Medienverbote allgemein. Aber solche Vorstellungen lehnt der tendenziell intransigente, bewahrpädagoisch verhafte Jugendmedienschutz in Deutschland ja ab. Während in Frankreich hierzulande indizierte Filme seit quasi jeher oft mit 12er-Ratings im Kino laufen, coz why not.

"Gut, wenn Coin Master oder dessen Mechaniken in 30 Jahren ein etablierter Klassiker ist dann erschieße ich mich." Da stimme ich tendenziell übrigens zu, aber das sollte die Indizierung auch eh nicht verhindern dürfen. Das ist nun ja kein kulturelles, eh, Ordnungsinstrument, obwohl es mE traditionell als solches missbraucht wurde bzw. wird, insbesondere um etwaigen medial induzierten "Ekel" zu begegnen bzw. der Furcht, dass die Unterhaltungsmedien zu Gewalt- und Sexorgien verkommen. Den letzten Teil des zitierten Satzes könnte man im Lichte einer erweiterten Auslegung des Werther-Effekts übrigens auch schon wieder problematisieren. :P
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johnnyD
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Re: Neo Magazin Royale: Böhmi zerstört „Coin Master“

Beitrag von johnnyD »

Die Analogie des Rauchens in dem hier behandelten Jugendschutz leuchtet mir nicht ein. Das Rauchen ist ab 18 Jahren, Punkt aus.

Glücksspiel Mechanismen nicht, und der springende Punkt ist das Gehirn Training in jungen Jahren an genau jene Mechanismen. Jede Spielbank kann so ihre Liedchen singen mit Personenkontrolle und Liste führen mit Personen, die zu deren Eigenschutz nicht mehr rein dürfen. Nur wir ziehen hier die fragwürdige Grenze, dass es zwingend ein monetärer Gewinn sein soll...
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Rigolax
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Re: Neo Magazin Royale: Böhmi zerstört „Coin Master“

Beitrag von Rigolax »

Ist doch imho okay, dass das Abgeben von Zigaretten erst ab 18 erlaubt. Ab 16 könnte man zwar auch diskutieren, denn das war's übrigens auch lange hierzulande, bis 2007. Ist wohl nicht bekannt. *hust**hust*

Wenn wir übers "Gehirn trainieren" reden, wo setzten wir dann an? Vielleicht auch besser Ü-Eier und Trading-Cards verbieten, die haben auch Glücksspielelemente. Ja, Unterschied digital, real, Hand halten etc. Aber was "trainiert" denn da genau das Gehirn? Gibt's denn da einen wissenschaftlichen "Konsens"? Was ist dann mit Diablo-mäßigen Spielen? Sind das nicht auch Glücksspiel-Mechanismen?

Na ja, das ist imho eine kaum zu lösende Debatte. Da darf ja jeder seine Meinung am Ende zu haben und die nicht sehr harten Sozialwissenschaften bzw. Psychologie wird wohl auch keine finale Lösung bringen, zumindest bei so Grenzfällen wie dem Coin Master.
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johnnyD
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Re: Neo Magazin Royale: Böhmi zerstört „Coin Master“

Beitrag von johnnyD »

Ich hatte gehofft, dass sich der mehr als hinkende Vergleich mit Ü-Eiern und Sammelkarten schon längst überlebt hat, was auch Thema in mehreren Podcasts war.

Das mit Tabak war mir schon bekannt, lustigerweise ist das teilweise unserer Jugend nicht bekannt, wenn man sie vorm Kino oder wie kürzlich beim erste Hilfe Kurs in deren "Raucherpause" darauf anspricht. Oder worauf zielte das *husthust* ab?
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Jon Zen
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Re: Neo Magazin Royale: Böhmi zerstört „Coin Master“

Beitrag von Jon Zen »

Ich denke, dass sich Casiono Apps wie Coin Master in ihrem Marketing mit dem von Zigarettenmarken (vor den Verboten) vergleichen lässt:
Man nutzt Vertriebswege und Personen, um insbesondere Jugendliche anzusprechen.
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Rigolax
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Re: Neo Magazin Royale: Böhmi zerstört „Coin Master“

Beitrag von Rigolax »

Warum soll der Ü-Eier/Sammelkarten-Vergleich denn per se hinken? Es gibt ja nicht die Autorität für hinkende Vergleiche. Ich habe ja eingeräumt, dass es Unterschiede gibt, aber es geht mE in eine ähnliche Richtung: Wir müssen uns dann eben fragen, bis wohin wir gehen. Ich denke, es gibt hierzulande vor allem die Tendenz, den Einfluss von Medien stark überzubewerten.

Und bei " Das Rauchen ist ab 18 Jahren, Punkt aus." klingt das für mich so, dass man noch nie gehört hat, dass es bis vor ein paar Jahren anders war. Es gibt kaum letzte, ultimative Meinungen, die finale Autorität bei solchen Dingen. Punkt aus gibt's halt eher nicht. -- Das *hust* *hust* war vor allem als schlechter Gag gemeint bezogen auf das damals gesetzlich quasi-legitimierte Qualmen von Jugendlichen. Im nachhinein wirkst's auch auf mich etwas assig, ich geb's zu.

Das Marketing von CM etc. ist schon ja fragwürdig, ich denke auch, die nehmen zumindest Kinder gerne mit. Wäre CM indiziert worden, wären die Werbeeinschränkungen aber ja wohl noch härter als aktuell bei Zigaretten, denn letztere kann man zumindest teils ja wohl noch öffentlich bewerben, bei CM wäre das dann nur in einer altersverifizierten Nutzergruppe, die kein relevanter Anbieter bereitstellt.
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Jon Zen
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Re: Neo Magazin Royale: Böhmi zerstört „Coin Master“

Beitrag von Jon Zen »

Rigolax hat geschrieben: 7. Mär 2020, 00:44 Das Marketing von CM etc. ist schon ja fragwürdig, ich denke auch, die nehmen zumindest Kinder gerne mit. Wäre CM indiziert worden, wären die Werbeeinschränkungen aber ja wohl noch härter als aktuell bei Zigaretten, denn letztere kann man zumindest teils ja wohl noch öffentlich bewerben, bei CM wäre das dann nur in einer altersverifizierten Nutzergruppe, die kein relevanter Anbieter bereitstellt.
Dass die Tabakwerbung in Deutschland im Gegensatz zu allen anderen Ländern der EU nicht noch weiter eingeschränkt wurde, liegt nicht an den Argumenten, sondern wohl eher an der deutschen Lobbyarbeit der Tabakkonzerne (vgl. https://www.bundestag.de/hib#url=L3ByZX ... =mod454590).

Die Argumente zwischen Glücksspiel und Tabak für ein Werbeverbot sind schlecht vergleichbar.
Die Probleme bei Tabak sind der direkte Gesundheitsschaden für den Konsumenten und seine Mitmenschen (und die Belästigung derer) und damit den langfristigen volkswirtschaftlichen Schaden.
Glücksspiel ist nur für einen Anteil der Bevölkerung (und deren Angehörigen) schädigend, weil dadurch eine Sucht entstehen kann.
Volkswirtschaftlich gesehen ist aber auch Glücksspiel verwerflich, verstärkt es doch den Unterschied zwischen arm, ungebildet und reich, gebildet:
Wer arm ist, verliert prozentual mehr durch den Verlust von Glücksspiel, der Reiche hingegen profitiert vielleicht sogar davon, weil er am Kapital des Glückspielanbieters beteiligt ist. Der Ungebildete kann seine Chancen im Glücksspiel schlechter einschätzen und reflektiert z.B. schlechter seine Gewinne und Verluste.
Ein weiterer Faktor bei Werbung für Glücksspielportale ist, dass die Werbung der größte Kostenfaktor der Anbieter ist (und es nahezu keine variablen Kosten gibt). Deswegen wird die Bevölkerung mit deren Werbungen z.Z. zugekleistert. Ohne ein Werbeverbot wird dies solange anhalten, bis sich nur noch wenige Anbieter am Markt behaupten können. ("trendige" Casinoapps betrifft das weniger)
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Ingoknito
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Re: Neo Magazin Royale: Böhmi zerstört „Coin Master“

Beitrag von Ingoknito »

Das Spiel wurde kurz erwähnt im Gamestar Talk mit Felix Falk, dem Geschäftsführer vom Game-Verband.
https://youtu.be/qziXq5vCkR8
Man sei fein damit wenn für Jugendschutz gesorgt wird und das Spiel ab 16 freigegeben ist. Damit macht man sich einen schlanken Fuß und diese Reduzierung und Fokussierung auf Jugendschutz ist für mich eine Farce.
Wo ist dann noch ein Unterschied zu Casinos und Glücksspiel, die ebenfalls immer auf den Jugendschutz verweisen und Problematiken darüber hinaus willentlich ignorieren. Was ist das auch für eine Position gegenüber dem Medium? Dachte immer man sieht sich auf Augenhöhe mit dem Medium Film und anderen Kulturgütern?!

Zudem verharmlost Herr Falk das Thema Lootboxen, indem er betont dass das rechtlich gesehen ja gar kein Glücksspiel ist....zumindest in Deutschland.
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Crenshaw
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Re: Neo Magazin Royale: Böhmi zerstört „Coin Master“

Beitrag von Crenshaw »

die machen aber Unmengen InApp Werbung, bei einem Spiel wo es für Werbung abspielen kleine Boni gibt, ist teilweise jede zweite Werbung Coin Master, schwnakt aber manche Tage keine und manchmal noch öfter, wobei mit aufgefallen ist, das jetzt auch für richtiges Glücksspiel (zB tipico) Werbung gemacht wird, immer schön mit whitelist Einblendung, was mir auch aufgefallen ist, es gibt immer mehr pvp-spiele wo man echtgeld setzen und gewinnen kann, ob da den Leuten bewusst ist, das sie das versteuern müssen?
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