Eigentlich wollte ich folgendes Posting in das Thema "Was spielt ihr zurzeit?" setzen, aber dann habe ich gesehen, dass hier gerade schon so fleißig über Assassin's Creed gesprochen wird, also nutze ich mal die Gelegenheit:
Ich habe gestern und heute ein paar Stunden in mein persönlich erstes Assassin's Creed reingespielt: Black Flag. Und ... ich habe Fragen.
Diese Reihe eine der bekanntesten Videospielfranchises, hat viele Fans und einen guten Ruf. Bei der "Games of the Decade"-Wahl hier im Forum hat es einen respektablen Platz 47 belegt. Unser Jochen hat dem Spiel im GameStar-Test damals 90(!) Punkte vergeben. Warum finde ich es dann bislang so richtig kacke? ^^ Also, es ist IMO nichtmal "nur" durchschnittlich. Ich bin tatsächlich regelrecht entsetzt davon, dass es mir so überhaupt gar nicht gefällt, null. Ich will hier auch überhaupt nicht haten, ich stehe schlicht komplett ratlos da, und frage mich, was die Menschen denn daran finden. Ich
dachte, ich wüsste es, denn die Fantasie hinter einem Assassinenspiel kann ich voll nachvollziehen. Noch dazu mag ich das Piratensetting sehr gerne. Aber ich finde es vor allem spielerisch wirklich absolut zum kotzen. Ich hatte bislang kaum Spaß mit dem Spiel.
Kurz zum Hintergrund: Ich habe wie gesagt nie ein AC gespielt, die Serie ist mir aber natürlich ein Begriff. Vor einiger Zeit wurde mir dann Odyssey durch einen Freund von mir vorgestellt, und ich durfte auch mal eine Stunde reinspielen (und ich konnte in der kurzen Zeit schon sehen, warum er so ein großer Fan des Spiels ist, wenn ich auch enttäuscht war, wie wenig sich AAA-Games in den letzten Jahren weiterentwickelt haben, ich hatte lang keines mehr selbst gespielt). Jetzt, wo ich meinen neuen Rechner habe, wolle ich als Piratenfan das schon lange in meiner Bibliothek befindliche Black Flag angehen. Und bin wie gesagt konsterniert.
Mein größtes Problem ist die Steuerung. Die ist gleichzeitig zu simplifiziert und zu überladen. Und vor allem schrecklich ungenau und indirekt. Das liegt vor allem an der IMO schlecht umgesetzten Kontextsensitivität. Ich habe nie das Gefühl, die Kontrolle über die Spielfigur zu besitzen, ich weiß nie, wie Edward auf meine Eingaben reagiert (meist mit dem genauen Gegenteil von dem, was ich bezwecken wollte...). Die meiste Zeit klettert er automatisch, was die Herausforderung beim Parcour über Gebühr reduziert. Aber - aus mir nicht erkennbaren Gründen - manchmal auch einfach nicht, was sie in einer frustrierenden Art und Weise wieder erhöht. Meistens springt er nur dem linken Stick automatisch über Abgründe, manchmal muss ich zusätzlich den A-Button drücken. Manchmal springt er beim Drücken von A aber auch
in den Abgrund, besonders gerne in Wasser oder Heuhaufen. Meistens zieht er sich von alleine an Überhängen hoch, manchmal muss ich aber zusätzlich noch A drücken. Manchmal hänge ich an einer Dachkante und kann mit dem B-Button Wachen anlocken, manchmal lässt er aber mit B den Vorsprung los (obwohl eine Wache zwei Meter entfernt steht), und ich falle in die Tiefe. Das ist einfach alles fürchterlich willkürlich. Oder ich bin einfach nur zu blöd. Aber ich habe da nach sechs Stunden im Spiel noch kein verlässliches Muster ausmachen können. Das Spiel hat das Klettern schon automatisiert (zu simpel), muss aber trotzdem noch ständig oben rechts die Buttons einblenden (zu überladen und IMO nicht kohärent kontextsensitiv angepasst).
Das versaut mir das Spielerlebnis total, denn dadurch hat mir das Traversal (schreibt man das so? Ihr wisst bestimmt was ich meine^^) in den Städten keinerlei Freude bereitet. Ein Faktor dabei ist auch, dass einzelne Stadtwachen auch inmitten der Stadt auf den Dächern patroullieren. Das geht IMO komplett konträr mit der Faszination des Assassinen. Eigentlich sollten die Dächer der Stadt meine Domäne sein, in der ich mich frei bewegen kann (vielleicht abgesehen von ein paar wirklichen Points of Interest wie dem Gouverneurspalast oder dem Fort) - stattdessen muss ich selbst hier ständig auf der Hut sein, weil die Sperrzonen überall in der Stadt sind. Wenn man wie ich allerdings nicht darauf achtet, weil man eh schon viel zu sehr mit der Steuerung kämpft, zieht man ständig die Aggro der Wachen auf sich, welche einen dann auch lächerlich agil über die Dächer verfolgen, sodass man die mit Aufwand abschütteln muss. Wenn die Stadtwache genauso gut Parcour läuft als ich, bin ich ein verdammt mieser Assassine.
Das einzige Element in Black Flag, was ich bislang zumindest als nett empfunden habe, ist die Schifffahrt über das offene Meer (also das größerskalige Traversal im Spiel). Die fremde Inselwelt erkunden, das Piratenleben leben und dabei Schätze finden - das war bislang der einzige Moment, in dem mich ein echter, intrinsischer Entdeckergeist gepackt hatte (auch wenn mir klar ist, dass die Inselwelt grundsätzlich auch nur Kulisse für Craftingmaterialien & Collectibles sein wird, wenn auch eine weitläufige). Aber unmittelbar danach schickt mich die Hauptstory wieder in die nächste gleichförmige, kulissenhafte, langweilige Stadt - und wenn man
Nassau in einem Piratenspiel als langweilig bezeichnen muss, ist wirklich etwas schiefgelaufen.
Ich hoffe, meine Intention ist im Beitrag korrekt herüber gekommen. Ich bin ehrlich verwirrt, wie diese Spiele eine der beliebtesten Videospielfranchise darstellen können. Ich habe überhaupt keine Freude daran. Was entgeht mir? Was mache ich falsch? Entgeht mir überhaupt etwas? Ist es wirklich so kacke?
Ich stelle mir nicht die Frage, warum die größten AAA-Produktion aus durchschnittlichen bis soliden Spiele bestehen, mir ist schon klar, was der Begriff "Mainstream" bedeutet. Um bei folgendem Beispiel mal im Ubisoft-Universum zu bleiben: Die Far Cry-Reihe ist weder besonders herausragend noch innovativ, aber das Core-FPS-Gameplay ist grundsätzlich einfach unterhaltsam und spaßig. Zwar nicht überdurchschnittlich gut, aber doch so solide, dass es das Spiel über eine gewisse Dauer tragen kann. Ich kann - mit all der Inszenierung und dem Krachbumm - voll nachvollziehen, warum dies eine der größeren Franchises ist.
Aber ein Spiel, das einfach im Kern überhaupt gar keinen Spaß bereitet? Selbst wenn ich die anderen Aspekte sogar komplett außen vor lasse (eine Story, die mir egaler nicht seit könnte, und das klassische "statische Kulissen"-Problem der Ubsioft-Formel, durch welche die Nebenaufgaben und Collectibles zu reiner Arbeit ausarten und Exploration fast nie intrinisch motiviert ist; zumindest in den Städten, und das ist mWn ja das Kerngameplay von dieser Spielereihe) - Ich bin auf einer viel grundlegenderen Ebene verwirrt.
Vor allem Jochens Wertung & Testvideo von damals macht mich halt stutzig. Wo er zum Beispiel lobt, dass das Spiel Stealth mehr in den Fokus rückt - aber da fehlen doch so viele Funktionen eines guten Schleichspiels! Nicht mal eines guten, überhaupt irgendeines! Man kann sich nichtmal frei ducken.
Die Schleichpassagen funktionieren nur, weil die Gegner dümmer als doof sind und vor allem komplett taub. Das ist doch einfach nicht ... gut. Und die offenen Konfrontationen sind auch keinen Deut interessanter.
Ich bitte um Erhellung. ^^