Achtung! Dieser Text enthält massive Spoiler zum Content des Playable Teasers von Gothic 1 Remake.
Als mitte dieses Jahre die essener Firma
Piranha Bytes übernommen wurde, war vielen klar, dass die seit langem auf großer (Lizenz)Einkaufstour befindlichen
THQ Nordic nicht nur erpicht darauf waren, einem mittelgroßem Studio aus dem Ruhrpott das bisher nicht angekündigte aber
gereits geförderte ELEX 2 zu finanzieren. THQ Nordic hat einem neu gegründetem Studio,
THQ Nordic Barcelona, den Auftrag gegeben, ein Remake des Klassikers Gothic 1 zu produzieren. Der "Playable Teaser" präsentiert sich mir als
Reboot der Marke.
Die Welt von
Gothic 1 war damals die erste mir bekannte Welt, die dynamisch nachgeladen wurde. Es gab keine Ladebildschirme zwischen den Arealen. Dafür ist die
ZenGin-Engine damals eigens programmiert worden. Inzwischen können auch bekannte kommerzielle Engines das bewerkstelligen. Ich habe mich schon lange gefragt, gerade aufgrund der aktiven Moddingszene warum Piranha Bytes nicht irgendwann auf eine solche Engine umgestiegen sind. Ich freue mich wirklich, dass ein Remake in einer modernen Engine geplant ist. Aber...
Die einleitende Cutszene erzählt die bekannte Geschichte von
König Rhobar II und dem Krieg gegen die Orks. Auch die Entstehungsgeschichte, sowie die Machtübernahme über die Minenkolonie wird unterbreitet. Die Ankunft im Minental lässt schon erzählerische Änderungen vermuten.
Während der
'Namenlose Held' mit dem Fahrstuhl auf dem Weg in das Gefängnis ist und noch darüber sinniert, wieso ausgerechnet er den wichtigen Brief mitbekommen hat, wird der - moderner als im Original wirkende - Fahrstuhl mit viel Feuer, fallenden Gegenständen und Tam Tam in einer cineastischen Actionszene zerstört.
Nachdem ich die Kontrolle übernehmen kann ist hinter mir Wasser (der Held kann nicht schwimmen), rechts und links knistern brennenden Trümmer des Angriffes auf den Fahrstuhl. Der Blick nach vorne zeigt mir einen deutlich sichtbaren Ausgang aus dem Areal. Das befürchtete schlauchartige Tutorial hat sich kurzfristig in wohlgefallen aufgelöst, als ich bemerke, dass ich auch die Überreste des Fahrstuhls betreten oder eine andere Konstruktion erforschen kann.
Nur was ist da los? Hier steckt eindeutig ein Pfeil in einem Fass, normalerweise sollte ich den in mein Inventar wandern lassen können. Oder dort, das Schwert sieht nützlich aus. Wieso wird es mir nicht angezeigt? Und in den Kampfmodus kann ich auch nicht wechseln.
Spiel Neustarten, keine Änderung. Hmmm, vielleicht doch erst einmal das tun, was das Spiel mir vorgibt.
Kurz nachdem ich den Landeplatz verlassen habe laufe ich eine Weg entlang, bei dem der Held jedes noch so kleine Geräusch nervös Kommentiert. Ich erreiche eine Brücke auf der eine Leiche mit einem Schwert im Rücken liegt. Eine unnötig blutige Cutszene später in der ich als Held weiterhin aufgeregt vor mich hin plappere bin ich bewaffnet. Ein paar Meter später stolpere ich in die nächste Cutszene, die mich erneut aus der Immersion raus reißt. Ich bin umzingelt von drei Snappern und kommentiere das ganze wie ein Sidekick aus einer 80er Jahre Komödie und mache mit meinem Schwert rum wie mit einem Staubwedel.
Natürlich kann ich den Kampf nicht gewinnen. Schwer verletzt auf dem Boden liegend und darauf wartend, dass die Snapper ihr Werk vollenden, kommt ein NPC aus dem Nichts, erledigt die Snapper und rettet mich. Am nächsten morgen stellt er sich mir
mit einer Verbeugung!!! als Diego vor und gibt mir einen Spitznamen - ich musste sofort an
Dr. Cox und
J.D. aus
Scrubs denken. Das folgende Gespräch - voll affektierter Posen von Diego und mir (aus der Egosicht nur die Hände) - führt mich ein bisschen in die Welt ein und erzählt was mich erwartet und endet mit meiner ersten Quest. Das Gespräch steuert sich extrem konsolig.
Während ich nach ungefähr einer halben Stunde das erste mal die Welt wirklich frei erkunden kann, fällt mir die tolle Grafik auf. Jetzt kann ich auch das erste mal Gegenstände aufnehmen. Diese zeigen sich, sobald man sich nähert, durch einen Marker in der Welt. Fleischwanzen muss man nicht mit dem Schwert bekämpfen, sondern kann sie einfach zertreten, was durchaus komfortabler ist. Das Inventarsystem ist logisch aufgebaut und steuert sich flüssig und intuitiv. Das Spiel speichert automatisch hin und wieder, was sehr hilfreich ist, falls man mal vergisst auf "Save" zu drücken und das zeitliche segnet.
Der Quest von Diego folgend, eröffnet sich mir eine zweite Quest. Bei der schon zwei Entscheidungen (wahrscheinlich) Einfluss auf den späteren Spielverlauf haben.
Das Kampfsystem des Originals, wurde oft als zu einfach kritisiert. Für mich war es der Grund, warum mir das Spiel gefallen hat
Jetzt im Remake ist es keine Klickorgie mehr, sondern deutlich taktischer. Wie die Gespräche selbst, empfinde ich die Steuerung als konsolig. Die Scavenger haben das Gothic-3-Wildschwein-Problem. Ich finde sie unnötig schwierig. Auch die benötigten EXP bis zum ersten Levelaufstieg sind recht hoch gewählt, aber das vielleicht auch nur in dieser Demo.
Die Steuerungstutorials werden eingeblendet sobald man sie benötigt. Wenn man den ersten Feind sieht, das Kampftutorial, wenn man am ersten Topf vorbei läuft das Kochtutorial usw. Mit (vergammelten) Fleisch kann man auch Viecher anlocken, was einige Kämpfe oder Questlösungen im späteren Spielverlauf sicherlich etwas taktischer werden lassen. Klasse Idee.
Fazit: Gothic 1 war so einfach, dass keine Tutorials benötigt wurden. Du wurdest in die Welt geworfen und konntest sie erkunden wie du wolltest und musstest nicht erst eine halbe Stunde durch ein schlauchartiges Level geführt werden und dein "Mentor" Diego war ein wirklich harter Knochen und kein kämpfender Ballettänzer. Wenn du Dinge nehmen wolltest oder Lust auf einen Kampf hattest, konntest du das ab der 1. Sekunde und nicht erst nach einer halben Stunde.
Gothic 1 Remake mag ein sehr gutes RPG werden, ein bisschen freue ich mich drauf. Leider kam bei mir in den ersten 1,5 - 2,0 Stunden die ich benötigt habe 0,garkein Gothic-Feeling auf.
